Die Daten als solche sind gut vom bisher engsten Vorbeiflug einer Raumsonde am Marsmond Phobos am 3. März – aber die Erhöhung der Distanz zur Oberfläche auf 72 km bereitet größere Probleme für die Analyse als die scheinbar kleine Differenz andeuten mag: So war es gestern auf der DPG-Tagung in Bonn aus erster Hand im Vortrag EP 9.2 zu vernehmen. Denn der Anteil des sphärisch-harmonischen Koeffizienten C20 des Gravitationspotentials, der (wie in Kap. 4 dieses Papers nachzulesen ist) die „Abplattung der Gravitation“ eines Körpers beschreibt, ist nun 8-mal geringer und nur noch mit großer Mühe in der Geschwindigkeitsveränderung des Mars Express im Schwerefeld des Phobos zu erkennen. Genau darin steckt aber die erhoffte Information über dessen innere Dichteverteilung: Vielleicht wird es noch gelingen, globale Aussagen darüber zu machen, aber eine Lokalisierung konkreter Hohlräume dürfte nicht eindeutig möglich sein.
Daß der Phobos-Körper zumindest pöros sein muss, steht indes außer Frage: Für alle im Prinzip in Frage kommenden Zusammensetzungen – wie ein C- oder ein D-Asteroid oder die Marskruste – muss der Marsmond mit seiner gemessenen mittleren Dichte von nur 1.88±0.02 g/cm^3 zu 32 bis 36 Prozent hohl sein. Das spricht auch dagegen, dass Phobos ein direkt eingefangener Asteroid ist: Am besten passt noch, dass ein Asteroid mit einem schon im Marsorbit vorhandenen Körper kollidierte und die Trümmer dann neu zusammen fanden. Der genaue Dichte-Wert ist übrigens das Ergebnis eines früheren Vorbeiflugs des Mars Express von 2008, als die Sonde bis auf 275 km heran kam und die Phobos-Masse bis auf 0.3% genau abgeleitet werden konnte – wobei die Beobachtung subtiler Bahnveränderungen von anderen Marsorbitern, die stets tausende km entfernt blieben, über mehrere Jahre hinweg ähnlich gute Phobos-Massen liefert.
Die überzeugendsten Indizien für flüssiges Wasser im Inneren von Enceladus
liefern Massenspektren von Eisteilchen in den Fontänen des Saturnmondes, die der Heidelberger Staubanalysator auf Cassini CDA beim Durchstoßen dieser Gasströme – mit festen Partikeln darin – im Jahre 2008 (Encounter E5) in großer Zahl messen konnte: Das machte der invited talk EP 9.1 o.g. DPG-Session klar. Bereits letzten Sommer war über die Salze in einigen dieser Teilchen in einem Paper berichtet worden (siehe Press Releases von ESA, MPG und JPL): Sie gelten geradezu als ‚Lackmus-Test‘ für flüssiges Wasser, das Natrium aus Gestein gelöst hat. Salzarme Partikel sind aus dem Wasserdampf der Fontänen kondensiert, die salzreichen sind schockgefrostete Aerosole, die eher die ursprüngliche Chemie des Wassers repräsentieren. Auch im – von den Enceladus-Fontänen produzierten – E-Ring Saturns hatte der CDA solche Teilchen gefunden, mit einem Anteil von 0.5 bis 2%. In den Fontänen selbst, so zeigen jetzt Modellierungen der CDA-Daten, liegt er jedoch bei 90%!
Die schon Jahre währende Diskussion über den Zustand des Wassers im Inneren von Enceladus war auch durch das CDA-Paper nicht beendet worden, aber vielleicht ist es bald so weit: Die Heidelberger sind sich inzwischen sicher, alle Szenarios bis auf eines ausschließen zu können, bei dem im Mondinneren Wasser von einer großen Fläche – in regelrechten Höhlen oder einer schwammartigen Struktur – verdampft und durch 100 m bis 2 km lange Spalte an die Oberfläche gelangt. Bei den Alternativen würden die Spalten (die berühmten Tiger-Streifen) sofort zufrieren, oder die Fontänen sähen anders aus. Die Temperatur des unterirdischen Ozeans muss dabei mindestens 250 Kelvin betragen, wobei aber nicht gesagt werden kann, ob es eher -20°C (bei denen das Wasser wegen der gelösten Salze auch flüssig wäre) oder 0°C sind. Auch die Wärmequelle, die es flüssig hält, ist unklar, weshalb eine nur zeitweise Aktivität („Enceladus nur 1-10% der Zeit …“) als gute Erklärung erscheint.
Modellrechungen zu den Polarlichtern von Io im Jupiterschatten wurden im Vortrag EP 9.5 der o.g. Session vorgestellt: Cassini 2001 und New Horizons 2007 haben jeweils leuchtendes Gas über der Oberfläche des Jupitermondes aufnehmen können, während dieser im Schatten des Planeten stand – Auroraerscheinungen sowohl in seiner Atmosphäre wie in der Gaswolke des Vulkans Tvashtar. Die Sondenbilder können durch die Modelle beider Komponenten recht gut reproduziert werden: So kann man zeigen, dass die Säulendichte der dünnen Io-Atmosphäre (die durch Photosublimation der Oberfläche und Ausgasen entsteht) während der Sonnenfinsternis auf 10 bis 1 Prozent absinkt, weil sie weitgehend ausfriert.
Schlagwörter: Enceladus, Mars Express, Phobos
27. März 2010 um 03:39 |
[…] an Impaktkratern. Derweil gibt es genaue Messungen & Modelle der Transportprozesse zwischen den Enceladus-Geysiren (“Die überzeugendsten …”) und dem E-Ring des […]
1. Mai 2010 um 03:49 |
[…] Aus den Daten erhofft man sich Rückschlüsse auf sein Innenleben, z.B. ob es tatsächlich flüssiges Wasser unter den Fontänen gibt (“Die überzeugendsten Indizien …”) und ob in Enceladus’ Tiefe Blasen […]
2. Dezember 2010 um 19:09 |
[…] vom 30. November im Zusammenhang mit dem engen Vorbeiflug, mit ungewöhnlicher Beleuchtung. Die Hinweise auf flüssiges Wasser im Inneren des kleinen Saturnmonds untermauern übrigens weitere Modellrechnungen – und wieder andere […]
26. Mai 2012 um 10:29 |
[…] 26 Monaten auf einer Tagung in Bonn ‘entdeckt (“Die überzeugendsten Indizien für flüssiges Wasser im Inneren von Enceladus”), […]
5. April 2014 um 22:59 |
[…] des Saturnmonds flüssiges Wasser geben muss, um seine südpolaren Fontänen zu erklären, ist seit vier Jahren praktisch sicher (“Die überzeugendsten Indizien für flüssiges Wasser im Inneren von Enceladus”), und […]
9. Februar 2017 um 00:31 |
[…] und ein fetter Grant für einen deutschen Forscher in Sachen Enceladus- und Europa-Ozeane, der hier schon vor 7 Jahren auffiel, als (namentlich ungenannter) Redner im 2. Artikel, der aber in der BU hier benannt wurde. Und zwei […]
1. Juni 2017 um 23:56 |
[…] des Saturnmonds Enceladus hinein und geradewegs in den Ozean unter seiner Eiskruste, gemäß dem Postberg’schen Szenario („Die überzeugendsten Indizien für flüssiges Wasser im Inneren von Enceladus“), auf […]