Die Sonne ist nicht beängstigend inaktiv: Sie kehrt nur zur Normalität zurück

Auch wenn es mit der Sonnenaktivität nun wieder deutlich aufwärts geht: Das lange und tiefe Minimum warf so manche Fragen auf – die der prominente Sonnenforscher Sami Solanki heute im letzten Plenarvortrag der DPG-Tagung in Bonn zum Teil beantworten konnte. Das Minimum war tatsächlich ungewöhnlich, mit doppelt so vielen fleckenfreien Tagen (nämlich >800) als im Schnitt der vorangegangenen 8 Minima. Die Gesamtstrahlung der Sonne (TSI) war – geglättet – geringer als irgendwann seit Beginn der direkten Messungen im Orbit, und der magnetische Fluss sank auf die Hälfte des Wertes der vorangegangenen 5 Minima. Doch TSI wie Fluss wie Länge des Minimums sind nur im 20. Jahrhundert ohne Beispiel: Im 19. Jahrhundert hat sich die Sonne durchweg so verhalten wie jetzt!

Der vermeintliche Einbruch – der nebenbei drastisch vor Augen führt, dass die Sonnenaktivität nichts mit der globalen Erwärmung („Schwankungen der Sonnenleuchtkraft …“) zu tun hat; s.a. ISAN 106-5 – kann vielmehr als Abschied der Sonne von einem „Großen Maximum“ gedeutet werden, das 60-70 Jahre währte, und Rückkehr zur Normalität. Wie sie im 19. Jh. und überhaupt dem Großteil des Holozäns herrschte, dessen im letzten Diagramm geplottete Sonnenfleckenzahlen natürlich nicht von Höhlenmenschen beobachtet sondern aus radioaktiven Spuren rekonstruiert wurden. Was übrigens den Sonnendynamo zu seinen langfristigen Schwankungen treibt, konnte auch Solanki nicht sagen: Vielleicht steckt eine generelle Instabilität an der Grenze zwischen Strahlungs- und Konvektionszone der Sonne dahinter, wo der globale Dynamo lokalisiert ist.

Mit großen und kleinen Experimenten auf der Suche nach „Neuer Physik“

Auf einer der letzten Sessions der DPG-Tagung gab es heute von so manchem Experiment zu hören, das demnächst vielleicht Hinweise auf exotische physikalische Phänomene finden – oder diesen zumindest neue Grenzen zuweisen – und dabei womöglich den lang gesuchten Weg zu einer Theory of Everything weisen könnte.

  • Der Large Hadron Collider – dessen Protonenstrahlen just heute morgen erstmals 3.5 TeV Energie erreichten; siehe CERN und STFC Releases und Artikel von Physics World, Discovery, Telegraph, BBC, Cosmic Variance, Spiegel und Science Blogs – könnte, wenn es zusätzliche Raumdimensionen geben sollte, extrem kurzlebige (10^-26 Sekunden!) und winzige Schwarze Löcher produzieren, weil die Schwarzschildradien der kollidierenden Protonen dann erheblich größer wären und einander berühren könnten. Wie Berechnungen zeigen, wären die Signatur des explosiven Zerfalls dieser Löchlein erstaunlich einfach nachzuweisen: Die Suche hat bereits begonnen. (T54.4)

  • Es muss nicht immer ein Experiment sein, das mehrere Milliarden Euro kostet: Mit vom LHC-Projekt für lau ausgeliehenen starken Magneten und Lasern spürt das Experiment OSQAR am CERN mit einem Etat nahe Null der nie gemessenen magnetischen Vakuum-Doppelbrechung der QED aber auch Axionen nach, einem Kandidaten für die Dunkle Materie des Universums. Dummerweise ist der 18-Watt-Laser gerade kaputt gegangen: Wer einen ungepulsten Laser für sichtbares Licht mit 10-20 Watt Leistung übrig hat, möge sich melden … (T54.2)

  • Astrophysikalische abbildende Cherenkov-Teleskope, namentlich H.E.S.S. in Namibia, könnten nebenbei auch magnetische Monopole nachweisen: Diese müssten eine Menge Cherenkov-Strahlung aussenden und dabei – im Gegensatz zu ’normalen‘ Teilchenschauern – nur wenige Pixel der Kameras in charakteristischer Weise triggern. Gefunden wurde bisher nichts, und diese Nachweistechnik ist auch generell viel unempfindlicher als es ein direkter Fang von Monopolen in Neutrinoteleskopen sein sollte – aber es handelt sich um eine unabhängige Technik, die bei künftigen Cherenkov-Teleskopen immerhin 10-mal besser empfindlicher sein sollte. (T54.3)

Abgesehen von der gezielten Suche nach speziellen Partikeln oder Phänomenen (wovon es auf der Tagung noch einiges mehr zu hören gab), kann man aber auch ‚blind‘ nach ungewöhnlichen Phänomenen suchen, wie sie im gewaltigen Datenstrom des LHC auftauchen dürften: Dafür die richtigen statistischen Kriterien zu finden, die weder zuviel Insignifikantes durchlassen noch potenzielle Entdeckungen unterdrücken, ist freilich nicht leicht. (T54.8)

Pulsare sind das ultimative Labor zur Erforschung der Schwerkraft an sich und insbesondere Tests, ob die Allgemeine Relativitätstheorie die endgültige Antwort ist: Das machte Michael Kramer im vorletzten Plenarvortrag der DPG-Tagung (s.o.; PV IX) deutlich. Vor allem Pulsare mit Begleitern und insbesondere der Binärpulsar stellen derart extreme Systeme dar, dass subtile relativistische Effekte, die im Sonnensystem Jahrmillionen brauchen, hier binnen Jahre beobachtet werden können. Mehrere post-Kepler’sche Bahnveränderungen lassen sich messen und für direkte Tests der ART einsetzen – die bisher unangefochten bleibt. Insbesondere das sehr genau beobachtbare Verhalten einer Scheibe um einen der beiden Pulsare, die zeitweise den anderen Pulsar verfinstert, gibt eindeutige Antworten.

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Eine Antwort to “Die Sonne ist nicht beängstigend inaktiv: Sie kehrt nur zur Normalität zurück”

  1. Erste 7-TeV-Kollisionen im LHC ab dem 30. März « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] zwei Protonenstrahlen mit je 3.5 TeV Energie zur Kollision zu bringen, nachdem diese Energie am Freitag erreicht worden war (“Mit großen …”). Bis zu einem Routinebetrieb mit Kollisionen ohne […]

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