Die bekannteste Enzyklopädie der Exoplaneten verzeichnet im Augenblick 443 Planeten in 352 Planetensystemen, von denen 41 mehr als einen enthalten, und auch auf der DPG-Tagung in Bonn waren die fremden Welten u.a. Gegenstand einer Session und eines Symposiums mit Übersichtsvorträgen.
- Da er auf der Tagung bereits 1 1/2 Stunden vor der allgemeinen Veröffentlichung vorgestellt wurde, darf die Entdeckung von CoRoT-9b hier an erster Stelle genannt werden: Dies ist natürlich nicht der erste gefundene jupiterähnliche Exoplanet in größerem Sternabstand und mit ‚gemäßigten‘ Temperaturen, sondern der erste dieser Art, der zugleich im Transit beobachtet wird. Das legt nicht nur seine Bahnneigung und damit die Masse exakt fest sondern erlaubt auch die Ableitung eine Fülle weiterer Daten: So ergibt sich aus den Transit-Lichtkurven der Durchmesser des Planeten, womit man auch seine Dichte kennt, etc. (SYEW 1.1)
- Auch die Exoplaneten CoRoT-8b, -10b und -11b sind bereits im Kasten, aber noch nicht veröffentlicht (wie auch in dieser ESA-Präsentation auf Seite 19 zu sehen ist): Artie Hatzes wagte daher ob der strengen CoRoT-Regularien nicht, etwas Näheres über diese Funde des kleinen französischen Satelliten (siehe ISAN 34-2) zu verraten. Sein Erfolg als Exoplanetenjäger überrascht umso mehr, da er sich ursprünglich nur um Sternschwingungen kümmern sollte und die Planeten nachträglich ‚an Bord‘ kamen, um überhaupt seine Finanzierung zu schaffen … (SYEW 1.1)
- Mehr und mehr der CoRoT-Daten werden inzwischen öffentlich verfügbar und können hier heruntergeladen werden. Die Analyse der tausenden Sternlichtkurven beginnt mit dem Eliminieren vom CCD-Gain-Veränderungen durch Treffer Kosmischer Strahlung, gefolgt von einer sehr flexiblen Suche nach Periodizitäten, um eine Vielzahl möglicher Exoplanetenbahnen erfassen zu können. Nach einem Fund (etwa 40 Kandidaten werden z.Z. analysiert) geht es – zusammen mit vielen erdgebundenen Beobachtungen – um die Bestimmung von Radius, Masse, Dichte, Atmosphäre und Bahnstörungen durch andere Planeten, während auch eventuelle Aktivität des Stern selbst charakterisiert werden muss. (EP 11.2)
- Wieviele Planeten umkreisen den Stern CoRoT-7 außer der berühmten Super-Erde CoRoT-7b? Der aktive Stern macht die Analyse ungewöhnlich schwer (siehe ISAN 78-4 und 94-2), und so gibt Hatzes jetzt erneut andere Massen an: 6.9, 12.4 und 16.7 Erdmassen für die Planeten 7b, 7c und 7d. (SYEW 1.1) Der 3. Planet wartet nach wie vor auf seine Aufnahme in o.g. Enzyklopädie, wo man auch noch die ‚alten‘ Massen 4.8 bzw. 8.4 Erden (1 Jupiter = 318 Erden) findet.
- Nach – einfachen! – Modellrechnungen zum Innenleben von CoRoT 7-b ist dieser eher ein „Super-Mond“ als eine „Super-Erde“: ein felsiger und trockener Körper mit einer erdähnlichen Dichte von 5.6±1.3 g/cm^3, einem Kern mit weniger as 15% wt. (Erde: 33%) und über 1000°C Oberflächentemperatur. (EP 11.3) Sollte der Planet allerdings Gezeitenkräften unterliegen, sähe alles ganz anders aus, und wir hätten es – siehe ISAN 102-9 – eher mit einem Super-Io zu tun, und vielleicht war der Planet früher auch viel massereicher.
- Allmählich gibt es so viele Exoplaneten, dass sich – trotz z.T. krasser Auswahleffekte bei der Suche – allerlei statistische Trends erkennen lassen. So scheint es einen Mangel an kurzperiodischen massereichen Planeten zu mit weniger als 0.03 AU Sternabstand zu geben: Die ersten derartigen Fälle, WASP-18b und -19b, wurden erst 2009 entdeckt. Nach Modellrechnungen in Köln könnten Gezeitenkräfte derartige Planeten innerhalb von weit unter 1 Mrd. Jahren so nahe an ihre Sterne ziehen, dass sie die Roche-Grenze erreichen und zerrissen werden. Supererden wie CoRoT-7b und GJ 1214b aus ISAN 100-8 droht dieses Schicksal aber nicht. (EP 11.1)
- Die Suche nach – einfachen – „Biomarkern“ in den Atmosphären von Exoplaneten ist gar nicht so schwer: Die Erde z.B. weist CO2, H2O und O3 auf, Venus und Mars dagegen nur CO2. Und Modellrechnungen für diverse Sterntypen und Planetenmassen legen nun nahe, dass das James Webb Space Telescope die wichtigsten Bestandteile der Atmosphären vieler Exoplaneten nachweisen können sollte, wenn man nur Spektren von genügend Transits aufaddiert. Insbesondere O3 bliebe gut erkennbar, selbst in sehr wolkigen Atmosphären. (EP 11.6)
- Exoplaneten können ihren Stern zusätzlich „leuchten“ lassen, ebenso wie es Io, Europa und Ganymed mit dem Jupiter machen, in dessen Polarlichtern sie „Fußabdrücke“ hinterlassen: Derselbe Mechanismus – v.a. über den Poynting-Fluss, also Plasmawellen – funktioniert auch bei Exoplaneten. Der Stern HD 179949 könnte so z.B. zu ‚überschüssiger‘ Emission bei 395 nm gekommen sein. Erste Modellrechnungen passen sowohl zum Jupitersystem wie zu diesem Stern, wobei jeweils nur ein paar % der Energie im UV-Licht landen. (EP 11.5)
- Microlensing ist zwar eine der exotischsten Techniken der Exoplanetenjagd, aber auch diejenige mit den vielleicht interessantesten statistischen Aussagen – und alle Einwände sind haltlos, man muss halt nur gut genug die Lichtkurven messen (wozu auch – siehe z.B. ISAN 58-4 – Amateurastronomen beitragen). So war etwa das Microlensing, das die Häufigkeit ‚kalter Neptune‘ aufzeigte oder zu der Aussage führte, dass hochgerechnet etwa jeder sechste Stern ein Planetensystem wie unseres hat. (SYEW 1.2)
Schon einem halben Jahr wird es an genau demselben Ort – dem Hauptgebäude der Universität Bonn – im Rahmen der Jahrestagung der Astronomischen Gesellschaft – (auch) wieder um Exoplaneten gehen, u.a. im Rahmen eines Splinter-Meetings, dessen Programm erst im Sommer festgelegt wird: Wer weiss, wo der Exoplaneten-Zähler dann wohl stehen wird …
Schlagwörter: CoRoT-7b, CoRoT-9b, Exoplaneten
14. Juni 2010 um 21:02 |
[…] den neuesten sechs Funden des kleinen europäischen Satelliten CoRoT-8b, -10b, -11b, -12b, -13b und -14b ist mit CoRoT-11b z.B. ein Planet, der um einen Stern […]
22. September 2010 um 13:59 |
444 schon?! Ich freu mich tierisch auf den Satelliten, der die Exoplaneten nach Ozon absucht. Hoffentlich werden wir da fündig.
Wie dann allerding der nächste Schritt aussieht -> Schulter zuck
Lieben Gruß, Dennis
27. September 2012 um 12:37 |
[…] sind allerdings immer noch so groß, dass sie auch in die erdähnliche Kategorie hinein ragen. Und CoRoT-7c und -7d (Item 4)? An c glaubten die meisten im CoRoT-Team, so Hatzes, an d im Wesentlichen nur er selbst […]