Beide ARTEMIS-Sonden kreisen um die Langrangepunkte L1 und L2 des Erde-Mond-Systems
Am 25. August bzw. 22. Oktober haben die beiden ehemaligen THEMIS-Satelliten („Erste ARTEMIS-Sonde …“) den ersten Schritt hin zu ihrer neuen Aufgabe als Mondorbiter geschafft: 60’000 km „vor“ bzw. „hinter“ dem Mond und knapp außerhalb der Erdmagnetosphäre kümmern sie sich zunächst mit ihren je 5 Instrumenten um den Sonnenwind in der Mondumgebung und immer gegen Vollmond auch um den Magnetschweif der Erde. Sechs Monate später sollen sie sich dann noch näher an den Mond heranpirschen und extrem elliptische Bahnen einnehmen, auf denen sie sich meist in bis zu 18’000 km Enfernung aufhalten aber auch gelegentlich in zunächst 100 und später wenigen Dutzend km Höhe über die Mondoberfläche schießen: Nun geht es um die Wechselwirkung von Sonnenwind und Regolith. „Acceleration, Reconnection, Turbulence and Electrodynamics of Moon’s Interaction with the Sun“ ist schließlich die wahre Bedeutung des neuen Akronyms für die NASA-Mondmission, die fast nichts kostet. Und den größtmöglichen Nutzen aus den beiden Satelliten der ehemaligen Fünferkonstellation zieht, die sonst durch zunehmenden Aufenthalt im Erdschatten erfroren wären; die anderen drei machen als verkleinertes THEMIS – „Time History of Events and Macroscale Interactions during Substorms“ – im Erdorbit weiter. (Berkeley Release, Science@NASA 27., UCLA Release 28.10.2010. Und eine NASA-Notiz über einen möglichen – harmlosen – Treffer eines Mikrometeoriten)
Chang’e ist jetzt auf einer 15×100-km-Bahn um den Mond, so dass sich der neue chinesische Mondorbiter („Wieder ein chinesischer …“) den Sinus Iridum aus der Nähe ansehen kann: Hier wird vermutlich eines Tages die erste Landung versucht. (Xinhua 26., Peoples‘ Daily 25.10.2010. Und Voice of Russia über die bevorstehende Wiederaufnahme des russischen Mondprogramms)
Analyse der Teilchen in Hayabusas Kapsel zieht sich hin
Inzwischen sind schon über 150 µm-große Partikel in der Probenkapsel von Hayabusa entdeckt und geborgen worden, aber noch immer vermag die japanische Weltraumbehörde nicht mit Sicherheit zu sagen, ob auch nur eins davon vom Asteroiden Itokawa stammt. Inzwischen ist von „mindestens Februar“ 2011 für eine Verlautbarung die Rede, aber der Optimismus ist doch gewachsen, denn um metallische Splitter von der Sondentechnik selbst handelt es sich nicht: Die meisten sind offenbar felsiger Natur. Bisher ist auch nur an einer von zwei Kammern („A“) gearbeitet worden: Die Kammer B, in der beim Kontakt mit Itokawa noch mehr Bodenmaterial gelangt sein müsste, wird erst dieser Tage angegangen. (Daily Yomiuri 28., Mainichi Daily News 9., Nature Blog 7., Science Journalism Tracker 6.10., Spaceflight Now 29.9.2010)
Erste Erkenntnisse des Rosetta-Vorbeiflugs an Lutetia im Juli sind im Oktober auf einer Konferenz berichtet worden: Danach zeigt der bis zu 130 km große Asteroid eine Menge geologische Strukturen (Header-Box) aber auch Anzeichen für eine bis zu 600 m dicke Regolith-Schicht, wie sich aus der Flachheit von Einschlagskratern ergibt. Fast 240 Felsbrocken bis 100 m Größe hinab wurden gezählt – und die Masse Lutetias durch die Ablenkung von Rosettas Bahn bestimmt, was wiederum zu einer Dichte von etwa 3.1 oder 3.4 g/cm^3 führt: Ein Konglomerat aus kleineren Körpern mit viel Hohlräumen dazwischen ist das nicht, die Zahl entspricht viel mehr unserem Mond. Bei der Volumenbestimmung helfen auch Aufnahmen mit Adaptiver Optik von der Erde aus, die zusätzliche Blickwinkel liefern. Zu welchem Typ Lutetia gehört, weiß man übrigens immer noch nicht: Wichtige IR-Daten harren noch der Auswertung. (Keck, SwRI Releases, ESO Announcement, Scientific American 7., ESA Tweet 6., Space.com 5.10.2010. Und ein ESA-Statement zu Ärger mit Rosettas Reaction Control System, der Änderungen beim Betrieb der Sonde erzwingt aber die Mission nicht gefährdet)
Staubdetektor auf New Horizons nun der sonnenfernste aller Zeiten
Nachdem die Raumsonde am 10. Oktober die Marke von 18 Astronomischen Einheiten oder 2.7 Mrd. km Sonnenabstand passierte, kann sich der Venetia Burney Student Dust Counter an Bord nun rühmen, das am weitesten von der Sonne entfernt arbeitende Staubinstrument zu sein: Ungefähr in dieser Distanz gaben Anfang der 1980-er Jahre entsprechende Detektoren auf Pioneer 10 & 11 den Geist auf. Bisher stimmten die Messungen des SDC zum interplanetaren Staub gut mit Daten von Galileo und Ulysses auf dem Weg zum Jupiter überein. (New Horizons Headlines, Colorado Daily 11.10.2010; SDC Homepage. Auch eine Headline zum Verbleib der Oberstufe – und ein Nature-Editorial mit einer möglichen makabren Beigabe zur Juno-Mission zum Jupiter …)
New Horizons hat genau die halbe Reisezeit zwischen Erde und Pluto hinter sich: Diese Marke zwischen Start im Januar 2006 (siehe Artikel B77 und Pluto-Passage im Juli 2015) wurde am 17. Oktober um 3:24 UTC passiert. Kurz zuvor hatten sich die Flugkontrolleure mächtig erschrocken: Am 6.10. war wie schon viele Male nach Telemetrie der Sonde gelauscht worden – aber da war gar nichts! Das gab’s in den fünf Reisejahren noch nie, und man fürchtete schon das Schlimmste – doch es war nur die Antenne am Boden falsch konfigutiert gewesen … (PI Perspective 18.10.2010 – man beachte die bizarre Bildunterschrift, die alles Mögliche zu „kleinen Planeten“ erklärt …)
Eintauchen in Venus-Atmosphäre liefert verblüffende Dichte-Daten
Immer wieder wird – unter streng kontrollierten Bedingungen – die Periapsis der Bahn des Venus Express etwas abgesenkt („Der Venus Express …“), auf dass die ESA-Sonde den Widerstand der oberen Atmosphäre spürt: Er wirkt sich auf die Bahn aus und verursacht auf ein Drehmoment auf die Sonde mit ihren zwei um 90° gegeneinander versetzten Solarsegeln. Beide Informationen können ausgewertet werden und haben u.a. zu der Erkenntnis geführt, dass die Dichtemodelle der Venusatmosphäre nicht stimmen: Über den Polen ist die Dichte 60% geringer als angenommen. Diese Erkenntnisse sind auch operationell interessant, denn Anfang 2012 soll die Bahnhöhe des VEX durch Aerobraking permanent verringert werden: Das ermöglicht neue Beobachtungen und auch eine weitere Missionsverlängerung, da eine niedrigere Bahn in der Apoapsis weniger von der Sonne gestört und Treibstoff für Korrekturen eingespart wird. (ESA Release. ESA Science Release 7.10.2010. Auch EPSC Releases zur Variabilität des Venus-Vortex und Venus-Blitzen, die irdischen vergleichbar sind)
Schlagwörter: Artemis, Chang'e, Hayabusa, Lutetia, mond, New Horizons, Rosetta, venus, Venus Express
9. November 2010 um 02:30 |
[…] von Chang’e-2, dem neuen chinesischen Orbiter (“Wieder …”), die aus dem neuen tiefen Orbit (“Chang’e …”) in nur 19 km Höhe entstand: Gestern wurde das Bild feierlich […]
21. November 2010 um 21:02 |
[…] schneller als eben noch befürchtet („Analyse der Teilchen in Hayabusas Kapsel zieht sich hin“) sind japanische […]
30. Juni 2011 um 21:40 |
[…] Richtung Mond geschickt worden (siehe ISAN 123-8</a). Zunächst hielten sie sich eine Weile quasi „hinter“ dem Mond auf, wo sie einem „veritablen Zoo von Plasma-Phänomenen“ begegneten, aber jetzt werden […]