Erste japanische 7-m-Antenne dem ALMA übergeben
Oder sollte man sich stattdessen lieber an die Abkürzung JAO – Joint ALMA Observatory – gewöhnen, die die Beteiligung von 16 japanischen Radioschüsseln an dem europäisch-amerikanischen Radio-Interferometer in Chile mit dann insgesamt 66 Antennen einschließt? 54 davon haben 12 m Durchmesser (inkl. 4 japanischer), zwölf 7 m (alle japanisch): Letztere lassen sich enger zusammen stellen als die 12-m-Schüsseln, was bessere Bilder von ausgedehnten Himmelsquellen verspricht. Die 16 japanischen Antennen bilden selbst auch wieder den Atacama Compact Array (ACA alias Izayoi), der auch alleine eingesetzt werden kann, wenn ihn ALMA gerade nicht im Netzwerk braucht. (NAO Press Release 18.5.2011. Auch ein NRAO Press Release 24.5.2011 zu den Errungenschaften des EVLA – s.a. Artikel 34 – plus Jackson, Preprint 11.5.2011 zur Beobachtung der schwächsten Radioquelle überhaupt mit selbiger VLA-Aufbesserung. Und Nature Blog 19., Caribbean Business, Science Insider 20.5.2011 zum Ende von Cornell als Betreiber von Arecibo)
Macht das Fehlen der USA den SKA zu einem Luftschloss? Im Founding Board für den Square Kilometer Array („‚Founding …'“) glänzen die USA durch Abwesenheit: Weil die Teilnahme größere Ausgaben für die Vorbereitung des Riesenradioteleskops in näherer Zukunft erfordern würde, sah sich die National Science Foundation angesichts leerer Kassen zu einem Eintritt außer Stande. Dabei hatte man gehofft, dass die USA ein Drittel der Gesamtkosten tragen würden. Aber nicht verzagen: Das Interferometer ist so modular gestrickt, dass es auch schon mit weniger Antennen viel Science liefern kann. (Scientific American 9.5.2011. Auch ein Chinese Acad. of Sci. PR 15.3. und Nan & al., Preprint 20.5.2011 zum großen chinesischen Radioteleskop FAST. Und Carnegie, TAMU Releases und Nature Blog 17.5.2011 zu einer privaten 25-Mio.$-Spende für das Giant Magellan Telescope)
Weiterhin nur ein Galaxien-Kandidat mit z~10 zu finden
Häufig sind Galaxien mit Rotverschiebungen von 10 nicht: Auch eine Suche in einem dreimal größeren Feld hat wieder nur den einen Kandidaten aus ISAN 130-6 zu Tage gefördert (der sich – siehe ISAN 137-6 – mit einem GRB um die Ehre des fernsten Himmelsobjekts streitet). Dank der umfassenderen Suche sind die statistischen Konsequenzen härter: Gäbe es bei z~10 so viele Galaxien wie bei 8>z>4, dann hätte man statt der einen 6 erwarten müssen. Mithin hat sich das Universum vor z=8 deutlich rasanter entwickelt. (Oesch & al., Preprint 11.5.2011)
Zwei weitere Bestätigungen der Dunklen Energie – ohne Rückgriff auf Supernovae – sind der australischen WiggleZ Dark Energy Survey gelungen, die auf 240’000 Galaxienentfernungen bis z=1 basiert, die mit dem AAT gemessen wurden. Auf zwei Wegen verrät sich in dem Galaxienmuster die DE: über das Wachstum großskaliger Strukturen und über Baryonen-akustische Oszillationen – und, na so was, das Standardbild der modernen Kosmologie mit Omega_Lambda um 72 wird wieder einmal gut bestätigt, wobei eine Konstanz des DE-Terms angedeutet ist. (Blake & al., Preprints 14. und 15., AAO und JPL Releases 19., Starts with a Bang 20.5.2011)
Die meisten Compact Massive Galaxies rotieren schnell
Diese Galaxien des jungen Universums (z~2) enthalten ähnlich viele Sterne wie die großen Galaxien heute, sind aber 4- bis 5-mal kleiner und 100-mal dichter – und in ihrer Mehrheit stark abgeflacht, wie sich jetzt (auf Hubble-WFC-3-Bildern von 14 Exemplaren) gezeigt hat. Offenbar rotieren sie sehr schnell, und ihre Sterne sausen mit 700 km/s um die Galaxienzentren (die Sonne in der Milchstraße bringt es auf 230 km/s). Kurioserweise rotieren die Elliptischen Galaxien der Gegenwart, die aus diesen kompakten Galaxien hervorgehen, fast gar nicht mehr. (van der Wel & al., Preprint 10.3.2011; van Dokkum, Nature 473 [12.5.2011] 160-1. Und PMn des MPIfR und der Uni Erlangen und ein NASA Release 20.5.2011 mit einer scharfen Radio-Aufnahme des Jets von Cen A)
Die Milchstraße und M 31 sind schon ziemlich weit entwickelt und im sog. „Green Valley“ angekommen: Die Sternentstehungsrate nimmt ab, da das zur Verfügung stehende kalte Gas bereits zur Neige geht – in spätestens 5 Mrd. Jahren ist Schluss damit. Das wird aus einem Vergleich ihrer Farben – bei der Milchstraße wegen unserer Position mitten drin sehr schwer zu ermitteln! – und Galaxien der SDSS geschlossen, die die beiden Galaxien bereits in der kritischen Übergangsphase, einer Mid-life Crisis sozusagen, sieht. (Mutch & al., Preprint 12., Welt der Physik 23., Swinburne Press Release 25.5.2011. Und ein ESA Release 9.5.2011 zu starken molekularen Massenausflüssen mancher Galaxien)
Altersbestimmungen von Sternen per „Gyrochronologie“
ermöglicht der Kepler-Satellit dank der unzähligen präzisen Lichtkurven, die er als Abfallprodukt seiner Planetensuche liefert: Durch mühsame Eichung am 1 Mrd. Jahre alten Sternhaufen NGC 6811 ist es gelungen, an 71 Sternen eine ziemlich strenge Beziehung zwischen Farbe = Masse und Rotationsrate (zwischen 1 und 10 Tagen) zu etablieren, wobei sich letztere dank über die Scheibe ziehender Sternflecken den Lichtkurven aufprägt. Schon vorher wurden entsprechende Gesetzmäßigkeiten in jüngeren Haufen gefunden, die sich nun mit dem neuen Ergebnis verbinden lassen: Mit dem Alter wird die Rotation immer langsamer. Das resultierende neue „Kepler-Gesetz“ erlaubt es nun, das Alter von Sternen irgendwo in der Milchstraße bei bekannter Farbe direkt aus deren Rotationsrate ablesen. (Meibom & al., Preprint 14.4., CfA Release, BdW 23.5.2011)
Koronale Spikulen können doch keine Korona-Temperatur erreichen, im Gegensatz zu einer früheren Untersuchung („Eine neue Art …“): Sonnensatelliten maßen in drei großen Spikulen keine Temperatur über 300’000 Kelvin. (Madjarska & al., Preprint 6.5.2011. Und Striani & al., Preprint 25. und Chandra, NASA Release 11.5.2011 zu mysteriösen Gamma-Flares im Krebsnebel, die nicht in anderen Wellenlängen auftreten)
Wie ‚falsch herum‘ laufende Exoplaneten entstehen könnten
Jeder vierte ‚heiße Jupiter‘ läuft andersherum um seinen Stern als dieser rotiert (jedenfalls in das in 8 von 32 gut untersuchten Fällen so): Störungen müssen ihren Bahndrehimpuls gewaltig verändert haben. Neue Simulationsrechnungen haben jetzt einen möglichen Mechanismus aufgezeigt, bei dem subtile Effekte bei der Wechselwirkung benachbarer Planeten den Ausschlag geben und etwas erreichen, das selbst die nahe Passage eines Sterns nicht zustande brächte. Voraussetzung ist allerdings, dass die gegenseitige Bahnneigung der beiden am Anfang mindestens 50° beträgt. (Naoz & al., Nature 473 [12.5.2011] 187-9; Northwestern, NSF Releases, AFP, BdW 11.5.2011. Auch das Zooniverse Blog 22.5.2011 zu Planethunters, die bis zu 88’000 Kepler-Lichtkurven checkten. Und ein Berkeley Release 13.5.2011 zu SETI-Beobachtungen an den 86 ‚besten‘ Kepler-Kandidaten)
Komet Hartley 2 veränderte schnell seine Rotationsperiode
Und zwar während er zur Unterstützung des Besuchs durch Deep Impact in der zweiten Jahreshälfte 2010 von 51 Teleskopen auf der Erde wie auch 8 Weltraumobservatorien überwacht wurde: Von August bis Dezember stieg die Rotationsperiode von 16.6 auf fast 19 Stunden an. Das ist eine Rarität: Zwar verändert sich auch die Periode von Tempel 1, aber 10-mal langsamer; dem kleinen Kern Hartleys müssen die Drehmomente von Gasjets oder generell irreguläres Ausgaben stark zugesetzt haben. Chemisch unterschied sich Hartley 2 kaum von anderen Kometen der Jupiter-Familie, ungewöhnlich war dagegen die Dominanz der von Kohlendioxid angetriebenen Aktivität nahe des Perihels, die zum ersten Mal überhaupt bei einem Kometen beobachtet wurde. Und auffällig war auch ein großer Halo aus Wassereis-Körnchen rund um den Kern, die nahe des Perihels signifikant zur gesamten Wasserproduktion beitrugen. (Meech & al., Ap.J.Lett. 734 [„10. Juni“ 2011] L1-9. Auch NASA Release 17., Centauri Dreams 18., BdW 19.5.2011 zu diesem und anderen Hartley-Papers von Parallel-Beobachtern – Papers des Deep-Impact-Projekts selbst sind dagegen immer noch nicht publiziert)
Die Staubkoma des Rosetta-Ziels Churyumov-Gerasimenko dehnt sich ungewöhnlich langsam aus, haben bodengebundene Beobachtungen zur Unterstützung der großen ESA-Kometenmission gezeigt, die 2008/9 in selben großen Bereich unterschiedlicher heliozentrischer Abstände des Kometen erfolgten, die Rosetta 2014 ‚vor Ort‘ erleben wird. Dabei wurde auch eine unerwartete Erhöhung der Komadichte in Kernnähe registriert, die am besten durch eine – in 3 AU Sonnenabstand – mit nur 1 m/s expandierende Staubwolke erklärt werden kann. Ob dies für Rosetta ein Problem darstellen könnte, darüber schweigt sich das Paper aus. (Tozzi & al., Preprint 2.5.2011)
Warum C/2010 A2 (LINEAR) derart lange ‚übersehen‘ wurde
Die Interpretation des verrückten ‚kopflosen Kometen‘ ist zwar kontrovers (siehe ISAN 122-7), aber in beiden Szenarien – Kollisionen zweier Asteroiden bzw. Aktivität eines Hauptgürtelkometen – entstand der markante Staubschweif etliche Monate bevor das Phänomen im Januar 2010 endlich entdeckt wurde. Das ist auch kein Wunder hat jetzt eine Analyse von Nicht-Entdeckungen durch erdgebundene Suchprogramme sowie die SOHO- und STEREO-Satelliten sowie von später aufgespürten Pre-Discovery-Beobachtungen durch LINEAR ab Nov. 2009 ergeben: Zuerst war das Objekt entweder zu sonnennah (für die Suchprogramme) oder zu schwach (für die Sonnensatelliten) gewesen, dann zwar da aber wiederum zu seltsam geformt, als dass es die automatische Software von LINEAR als reales Objekt erkennen konnte! Erst als es genau am hellsten zwar, klappte die Detektion endlich: Man darf mithin vermuten, dass so manches exotische Ding zwischen Asteroid und Komet unerkannt durch’s Sonnensystem zieht … (Jewitt & al., Preprint 18.5.2011. Und ein FECYT Release über kristallines Wassereis auf dem Zwergplaneten Haumea)
Die Meteoriten von Příbram und Neuschwanstein reisten 5000 Jahre auf nahezu identischen Bahnen um die Sonne, bevor sie 1959 bzw. 2002 in Europa niedergingen, haben neue numerische Integrationen der Bahnen der beiden gezeigt – und das gilt auch für ‚Klone‘ davon. Das stärkt den Verdacht, dass es hier doch einen Zusammenhang gibt (siehe auch ISAN 133-4), und tatsächlich lassen sich 5 Feuerkugeln und 6 Near Earth Asteroids mit heute den beiden Meteoriten vergleichbaren Orbits finden. Allerdings hatten nur je ein Feuerkugelverursacher und ein NEA in den letzten 2000 Jahren eine ähnliche Bahnentwicklung wie die Meteoriten erlebt – trotzdem macht sich diese Studie dafür stark, dass Příbram und Neuschwanstein denselben Mutterkörper hatten: einen Rubble-Pile-Asteroiden mit Brocken unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung. (Kornos & al., Preprint 15.4.2011)
Neues Mineral in Meteorit eines der frühesten überhaupt
Das erste natürliche Vorkommen von CaAl2O4 – genauer: Ca1.02Al1.99O4 – bei geringem Druck ist im Meteoriten NWA 1934 entdeckt und nach einem Hawaiianischen Meteoritenforscher „Krotit“ getauft worden: Es steckte in einer ‚refractory inclusion‘ des kosmischen Körpers, die zu dem ersten planetaren Material gehören, das überhaupt im Sonnensystem entstand, als sich der solare Urnebel abkühlte. (Univ. of HI Release 6.5.2011. Und Wired 12.5.2011 über fossile Mikrometeoriten)
Es gibt kein periodisches Signal bei den Impaktkratern auf der Erde, sagt eine tiefschürfende Analyse – und die Impaktrate scheint über Jahrhundertmillionen konstant zu sein: Etwaige Trends lassen sich zwanglos auf die Wirkung von Erosion und Probleme beim Entdecken von Kratern auf diesem lebendigen Planeten zurückführen. (Bailer-Jones, Preprint 20.5.2011) NACHTRAG: Monate später MPG und MPIA PMn dazu.