Zwei kühne Ideen unter den drei Discovery-Finalisten: ein Titan-Schiff und ein Kometenhüpfer, alles ganz preiswert
Im Juni 2012 wird der Gewinner ausgewählt, und das Kandidaten-Feld für die 12. interplanetare Mission im Rahmen des preiswertesten NASA-Programms „Discovery“ ist nun von einstmals 28 auf 3 geschrumpft: Die Geophysical Monitoring Station auf dem Mars – mit Blickrichtung in dessen Inneres – wäre noch vergleichweise konventionell und würde auf dem Phoenix-Lander basieren [NACHTRAG: ein späterer Artikel über dieses „Frankenstein“-Proposal], aber die beiden anderen Finalisten erstaunen, dürfen sie doch (ohne den Start) keinesfalls mehr als 425 Mio.$ kosten. Da wäre zum einen der Titan Mare Explorer, der auf dem größten See auf dem Saturnmond ausgesetzt werden würde – und der Comet Hopper, der mehrfach auf einem Kometenkern aufsetzen würde [NACHTRAG: späte GSFC und UMD Releases dazu]. Der Gewinner unter den dreien, die jetzt für jeweils 3 Mio.$ ihre Konzepte präzisieren müssen, soll 2016 auf die Reise gehen. Ausserdem wurden jetzt noch drei Technology Developments für künftige Missionen genehmigt [NACHTRAG: sehr später SwRI Release zu einer davon], darunter NEOCam. (JPL, NASA, Mikulski Releases 5., JHU Release 6., CfA Release 9.5.2011; Women in Planetary Science 5., Science Blogs [detaillierteste Darstellung!] = Cosmic Diary, Space.com 6., Spaceflight Now 9.5.2011)
Die „Bakterien von Surveyor 3“ sind noch unwahrscheinlicher geworden, nachdem alte Dokumentationen systematisch analysiert wurden: Danach hatte die von den Apollo-12-Astronauten zurück gebrachte Kamera des unbemanten Landers reichlich Gelegenheit, nach ihrer Rückkehr mit irdischen Bakterien kontaminiert zu werden – die man damals als Überlebende betrachtet hatte, die es 2 1/2 Jahre auf dem Mond ausgehalten hatten. Daran waren freilich schon bald Zweifel aufgekommen, und die Akte ist nun geschlossen: eine wichtige Lektion immerhin, wie umsichtig man mit Proben von anderen Himmelskörpern umgehen muss. (Space.com 2.5.2011)
Planungen für das überübernächste große Weltraum-Teleskop der NASA
nach dem JWST und WFIRST laufen bereits, wann auch immer wieder genug Geld in der Kasse für ein Multi-Mrd.$-Observatorium im Erdorbit sein wird: Man erwägt ernsthaft, ein großes Ultraviolett-Teleskop mit einem Spezialteleskop für die detaillierte Beobachtung von Exoplaneten zu verschmelzen – das dann in der nächsten Decadal Survey für die US-Astrophysik auf Platz 1 der gewünschten Weltraumprojekte stehen möge. (Nature News 27.4.2011)
Vier potenzielle Instrumente für WFIRST schlägt eine detaillierte Studie vor, die sich an den drei Hauptfragestellungen des von der aktuellen Decadal Survey (siehe ISAN 117-5) geforderten IR-Teleskops orientiert. Besonderer Wert wird darauf gelegt, dass keine Fangspiegel im Strahlengang sind: Das gibt schärfere Point Spread Functions. (Levi & al., Preprint 4.5.2011)
Weitere Details der ersten kommerziellen Mondumrundung mit zahlenden Passagieren
hat Space Adventures verraten: Für das Unternehmen („Space Adventures …“) werden zunächst zwei Kunden – einer hat fest gebucht, mit einem zweiten wird offenbar schon verhandelt – und ihr Pilot für eine Woche auf die ISS geschickt, dann dockt ihr Soyuz TMA wieder ab und koppelt an ein weiteres Wohn- nebst Antriebsmodul an, das zwischendurch unbemannt gestartet wurde. Mit deutlich mehr Lebensraum als ihn die Apollo-Astronauten hatten, geht es dann in 3 1/2 Tagen zum Mond (wobei der Antriebsblock bald abgeworfen wird), um die erdabgewandte Seite herum und bis auf 100 km hinunter und dann zurück zur Erde, mit direktem Eintritt in die Atmosphäre 17 Tage nach dem Start. Und das alles vielleicht schon 2015, nach einem nicht näher beschriebenen Testflug! Ticketpreis: 120 bis eher 150 Mio.$. (Space Adventures Werbeseiten, Press Release 5.5.2011, Space.com, Universe Today, Cosmic Log 5., CSM, Delta V, Space Today 6.5.2011)
Der Wunder-Antrieb VASIMR wird auf der ISS getestet, vielleicht schon Ende 2014: Von diesem speziellen Magnetoplasmatriebwerk erhofft man sich u.a. wesentlich schnellere Reisen zum Mars; auf der Raumstation darf es sich schon mal durch das Anheben der ständig sinkenden Bahn beweisen. (Air&Space Mag. Blog 2.5.2011. Und BBC 5.5.2011 zu möglicher ESA/NASA-Kooperation bei der Weiterentwicklung des ATV zu einem bemannten System)
Wieder ein wichtiger Schritt für das SpaceShipTwo
auf dem Weg zum ersten Raumflug und dem Beginn des Suborbitaltourismus: Bei ihren siebten Freiflug nach Abwurf von der WhiteKnightTwo hat die „VSS Enterprise“ erstmals ihr Heck um 65° nach oben gereckt, um die für eine sichere Rückkehr nötige „Feder“-Stellung zu erproben. Das führt zu starkem Luftwiderstand und gleichzeitig einer stabilen Fluglage, was als wesentlicher Beitrag zur Sicherheit des ganzen Systems gilt. Für den ersten Test wurde die einem Federball abgeguckte Konfiguration für 75 Sekunden beibehalten, während das SS2 fast senkrecht nach unten stürzte, dann wurde es problemlos abgefangen. (Virgin Galactic Press Release, Universe Today, Space.com 4., LA Times, Space Today 5.5.2011. Auch Nature News 4.5.2011 zum wissenschaftlichen Nutzen von Suborbitalflügen)
Die Dragon-Kapsel ist in vielen Details für eine Mars-Landung ausgelegt, hat der quirlige SpaceX-Chef E. Musk verraten: Immer wenn eine Entscheidung über Materialien etc. anstand, habe man das im Hinterkopf gehabt. (Parabolic Arc 3.5.2011. Auch ein Statement von Musk zum Realismus der Falcon-Startpreise …)
Erster US-Frühwarnsatellit einer neuen Serie gestartet
Space Based Infrared Systems (SBIRS) GEO-1 wurde am 7. Mai von einer Atlas V in den Orbit gebracht, wo die alten Frühwarnsatelliten für Raketenstarts der DSP-Serie allmählich ersetzt werden. Allerdings hat sich das SBIRS-Programm durch unzählige technische und programmatische Schwierigkeiten um ein Jahrzehnt verzögert; allein der erste Satellit hat nun 1.2 Mrd.$ gekostet. (Space News 9., Space Today 8., Spaceflight Now 7.5.2011 sowie Pretty Pictures vom Atlas-Start hier, hier und hier. Und dramatische Bilder von einem russischen Start, der zu einer Lichtshow über Jekaterinburg führte!)
Erste Soyuz-Startsimulation in Kourou ohne Probleme verlaufen: der komplett durchgespielte Ablauf mit einer echten Rakete überzeugte auch die ESA, die daraufhin die Schlüssel für die Startanlagen an Arianespace übergab. Der erste echte Start – mit zwei Galileo-Validierungs-Satelliten – ist nun für den Oktober geplant. (ESA Releases 7., 4., Arianespace Releases 5., 4., 2., Space News 9.5.2011. Und eine PM der französischen Botschaft 6.5.2011 zum letzten Ariane-V-Rekord-Start mit 10 Tonnen Nutzlast)
Vom Winde verweht: NASA-Maskottchen im Sumpf vermisst
Das Gummihuhn Camilla Corona, als Maskottchen für das Solar Dynamics Observatory ständig im Einsatz für die Öffentlichkeitsarbeit der NASA hat ein schreckliches Schicksal ereilt: Zusammen mit einem Bären und einem Schwein (vom American Institute of Aeronautics and Astronautics) war Camilla gestern mit einem Stratosphärenballon in Texas gestartet – den es viel weiter nach Osten abtrieb als irgendwer erwartet hatte. Die Reise der „Inspiration“ endete irgendwo in ausgedehnten Sümpfen in Louisiana, und die Suche nach den Passagieren blieb auch den zweiten Tag erfolglos. Maskottchen hat es in der Raumfahrt – auch der deutschen, der bemannten jedenfalls – schon viele gegeben, aber nun ist wohl zum ersten Mal eines im Einsatz verschollen. Die Verantwortung für die Ballonfahrt lag zwar nicht bei der NASA sondern der Aktion „Bears on Patrol“, aber Camilla war als die ‚Kommandantin‘ der Mission vorgestellt worden: Sollte das Gummihuhn – nach eigener Darstellung das Original – unauffindbar bleiben, wird die Verarbeitung des Vorfalls in der Öffentlichkeitsarbeit interessant sein. Man könnte daran z.B. die Frage der „launch decision“ diskutieren, die auch bei jedem gescheiterten Raumflug aufkommt …
Schlagwörter: Discovery-Programm, Space Adventures, SpaceShipTwo
13. Mai 2011 um 23:04 |
[…] die das Drama um den verschollenen Ballon („Vom Winde verweht …“) mit drei Maskottchen – u.a. des Solar Dynamics […]
12. Juli 2011 um 22:33 |
[…] wissenschaftlicher und Management-Erfahrung, denen man die alleinige Leitung einer dieser (relativ) preiswerten & innovativen Planetenmissionen als Principal Investigator (PI) anvertrauen kann: Einer demografischen Analyse zufolge wird schon […]
30. Juli 2012 um 21:50 |
[…] Messen etc. Unterdessen naht die Entscheidung über die nächste Discovery-Mission der NASA unter den drei Finalisten – wie mutig wird man wohl diesmal sein: Geht es zu einem Kometen, gar zum Titan – oder […]
20. August 2012 um 21:36 |
[…] Würfel sind gefallen: Unter den drei Finalisten für die 12. Discovery-Mission der NASA ist der Marslander InSIGHT ausgewählt worden – der eine Art Maulwurf aus […]