Im Rahmen des Treffens des Arbeitskreises Astronomiegeschichte im Rahmen der Jahrestagung der Astronomischen Gesellschaft heute in Mannheim gab es die Möglichkeit, die Abteilung Astronomiegeschichte des ‚Technoseums‘ (ehem. BW-Landesmuseum für Technik und Arbeit) zu bestaunen: zwar nur wenige Quadratmeter des riesigen Museums, aber gefüllt mit edlen Exponaten, vor allem aus dem Inventar der ehemaligen Mannheimer Sternwarte aus dem 18. Jahrhundert. Während deren Gebäude – hier ein Modell von 1991, das den Zustand um 1792 zeigt – vor sich hin gammelt und jetzt von einem Aktionsbündnis gerettet werden soll, sind die Schmuckstücke im Museum gesichert (und können vielleicht eines Tages an den alten Ort zurück). Als da z.B. wären:
Ein Mauerquadrant aus London von 1775 mit 2.5 m Radius und 450 kg Masse, der in dem merkwürdig vorstehendenen Bau des fünfstöckigen residierte und v.a. für Doppelsternbeobachtungen eingesetzt wurde, hier erläutert von Kurator Kai Budde.
Ein Refraktor mit Heliometer-Objektiv von Dollond aus der 2. Hälfte des 18. Jh., 1769 in London erworben, im Zusammenhang mit dem Venustransit dieses Jahres; wichtigte Teile der Mechanik fehlen leider.
Ein „Sternfinder“ von G. F. Brander (Augsburg) von 1776 mit einer aufwändigen Äquatorialscheibe.
Ein Tellurium aus London von 1796, dessen Räderwerk – das wie aus einem modernen Baukasten aussieht aber original ist – mit einer Handkurbel in Bewegung gesetzt wurde.
Zwei Himmelsgloben und ihre interessanten Details: oben einer von D. R. de Vaugondy aus Paris von 1751, auf dem das von Hevelius eingeführte aber wieder verschwundene Sternbild ‚Kleines Dreieck‘ unter dem richtigen Triangulum zu sehen ist, und der Hase auf einer Globus von ca. 1804 nach Sternkarten von J. E. Bode.
Ein Detail aus dem Sternbeobachtungsbuch Liber III von Christian Mayer von 1778/79 – als ob er es gestern geschrieben hätte!
Zum Schluss noch das – für diesen Blogger – erstaunlichste ‚Fundstück‘ aus der Mannheimer Ausstellung: eine colorierte Darstellung der Venus-Transits von 1761 und 1769 in dem Buch „Die Bestimmung der denkwürdigen Durchgänge der Venus durch die Sonne …“ von G. F. Kordenbusch von 1769 (als einziges Bild dieses Artikels durch Anklicken erheblich größer zu erhalten). Die Mannheimer Sammlung kann es zwar nicht mit der Pracht z.B. des Astronomisch-Physikalischen Kabinetts in Kassel (herunterscrollen) aufnehmen oder dem breiten Anspruch der großen IYA-Ausstellungen 2009/10, repräsentiert aber mit der Konzentration auf eine bestimmte Epoche vor über 200 Jahren eine bestimmte Phase der Astronomiegeschichte in anschaulicher Weise, neuerdings auch ergänzt durch bewegliche Modelle zur ‚Hands-On‘-Verdeutlichung einer Prinzipien astronomischer Instrumente. Besucher von Heidelberg – die auf der alten Landessternwarte schon eine Menge Astro-Geschichte geboten bekommen – oder Mannheim sollten den Ausflug ins oberste Stockwerk des Technoseums nicht versäumen!
Schlagwörter: Astronomiegeschichte, Mannheim, Sternwarte
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