Die Aurora borealis von einem Schiff aus fotografieren? In der Barentssee und dem Europäischen Nordmeer? Im November? Geht gar nicht! Geht doch: Bilder wie dieses hier gelangen diesen Monat von Bord der MS Polarlys der Hurtigruten aus während der Runde Bergen – Kirkenes – Bergen vom 18. bis 29. (der ersten dieser Fahrten im Rahmen einer Tour von Polarlicht-Reisen; mit diesem Blogger als ‚Chef-Astronom‘) schon mit kleinen Kameras. In diesem Fall einer Panasonic DMC-FZ48, mit dem 24-fach-Zoom auf maximalem Weitwinkel, der 25 mm KB entspricht, und maximaler Blende 2.8: dies hier die vielleicht kontrastreichste Aufnahme, während einer außerplanmäßigen Umkreisung von Tromsø am 25. November (15 Sekunden bei ISO 800) in der letzten und besten Nacht mit klarem Himmel. Davon hatte in der ersten Aurora-Nacht jenseits des Polarkreises noch keine Rede sein können:
Während einer kleinen Einfahrt in den Trollfjord hatten sich am Abend des 21. November, nach drei komplett bewölkten Nächten, die ersten kleinen Lücken mit Sternen gezeigt – und einem eindeutig ‚zu hellen‘ Himmelshintergrund trotz Abwesenheit des Mondes und jedweder Quelle von Lichtverschmutzung. Fotos zeigten rasch, dass dieses Leuchten grün war: eindeutig die Aurora, wie auf 68.3°N auch zu erwarten. Eigentliche Strukturen waren in dieser Nacht bei den wenigen Lücken nicht auszumachen, wohl aber isolierte Felder sehr hellen Polarlichts durch die Wolken hindurch: Auf diesem Bild hier (15/1600) strahlt es hinter den Wolken über einer Insel im Süden der Polarlys. Bilder aus diesem Zeitraum gibt’s hier, hier und hier und von etwas später hier, hier und hier mit größeren Wolkenlücken aber geringerer Helligkeit.
In der übernächsten Nacht zwischen Nordkap und Kirkenes dann die nächsten Wolkenlücken, in denen sich sowohl grüne wie rote aber zunächst noch schwache Polarlichter blicken ließen (30/1600) – die unruhige See zog die Sterne in wirre Zitterkurven.
Später in der Nacht dann die ‚krasseste‘ Aurora-Beobachtung der ganzen Reise: Es stürmte, Gischt spritzte bis auf’s oberste Deck 7 – und trotzdem setzten sich die nun wieder sehr hellen Polarlichter dramatisch in mehr oder weniger großen Lücken durch (15/1600). Bilder dieser irren Nacht hier, hier und hier …
Am nächsten Abend – dem 24. November – zu Beginn der Rückreise die erste Aurora ohne schwankende Planken: Just als die Polarlys im Hafen von Båtsfjord (70.5°N) lag, gab es bei ziemlich klarem Himmel eine beachtliche Show (15/400 – gute Zeichnung trotz geringer ISO-Zahl), leider arg überstrahlt von der hafennahen Beleuchtung: Bilder hier und hier sowie, wieder auf See, hier und hier von einem ausnehmend hellen Polarlicht in einer leider nur schmalen Wolkenlücke.
Kurze Zeit später dann – bei wieder weitgehend klarem Himmel – ein gradioser Ausbruch von Aurora-Aktivität, die selbst das Bildfeld einer 25-mm-Optik bei weitem sprengte: Dies (15/1600, 20/1600 und 15/1600) sind jeweils nur kleine Ausschnitte aus dem den ganzen Himmel überspannenden Gesamtbild. Das sich überdies so rasant veränderte, dass die Aufnahmen – Bilder hier, hier, hier, hier und hier – immer nur Summen zahlreicher Strukturen wieder geben können.
Eine komplette Polarlicht-Show wie aus dem Lehrbuch, an perfekt klarem Himmel aber leider auch in der Nähe der einwohnerreichsten Stadt der gesamten Hurtigrute in der Aurora-Zone, wurde schließlich am Abend des 25. November geboten, als die MS Polarlys im Rahmen einer außerfahrplanmäßigen Weihnachtsfeier einmal komplett die Tromsø-Insel (69.7°N) umkreiste – auf so ruhigem Wasser und (dank Autopilot) streckenweise perfekter Geradeausfahrt, dass die Sterne fast so scharf wie sonst an Land erscheinen, nur der Vordergrund mit seinen Lichtern ist immer verwischt. Erst zeigte sich am Nordhorizont ein grünes Band, das immer höher stieg und sich schließlich von NW nach NO hoch über den Himmel zog, in dynamisch wallende Vorhänge und andere „Standard“-Strukturen mehr zerfallend und neu entstehend. Das Ganze über Stunden hinweg und so hell, dass auch die Lichtverschmutzung der Stadt kaum dagegen ankam (wie auch auf dieser älteren Aufnahme): Das letzte Bild hier (15/1600, 15/800 und 10/800) entstand Sekunden vor der Unterquerung der Tromsøbrua, einer Brücke im absoluten Zentrum der Stadt.
Weitere Bilder von diesem krönenden Finale auch als Aufmacher ganz oben sowie hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier! Mit DSLR-Kameras, die höhere ISO-Zahlen (für kürzere Belichtungen und damit besseres Einfrieren der wabernden Vorhänge) und/oder noch viel weitere Weitwinkel (für das Gesamtbild) verwenden konnten, gelangen anderen Teilnehmern der Fahrt übrigens noch beeindruckendere Ergebnisse. Für das Auge erschienen die meisten dieser Polarlichter weißlich mit allenfalls leichtem Grün-Ton und allenfalls einem Hauch von Rot darüber – denn eine nennenswerte Steigerung über das in diesen Breiten ‚Übliche‘ hinaus hatten sie angesichts ziemlich geringer Sonnenaktivität nicht erfahren. Zum einem kleinen CME-Impakt mit Aurora-Folgen kam es erst in der letzten Nacht, als die MS Polarlys schon wieder weit diesseits des Polarkreises und im selben Regen wie zu Beginn der Reise zwischen Ålesund und Bergen unterwegs war … NACHTRAG: weitere Bilder, ein kleines Video – und jede Menge mehr Links zu dieser und ähnlichen Reisen!
ist hier mit IceCube „aufgenommen“ worden, dem im Eis des Südpols versenkten Cherenkov-Teleskop: Seine Photomultiplier sehen nicht nur diese Strahlung von Leptonen, die (kosmische und v.a. atmosphärische) Neutrinos im Eis produzieren, sondern auch einen gewaltigen Hintergrund aus Myonen, die Kosmische Strahlung in der Atmosphäre über der Antarktis hinterlässt. Die werden im normalen Messbetrieb ignoriert, und das Teleskop schaut nur durch die Erde hindurch auf die Nordhalbkugel, aber man kann die Myonen-Tracks von oben natürlich auch auswerten – und anhand des Mondes als ortsbekanntem Absorber immerhin die Genauigkeit der Spur-Rekonstruktionen überprüfen (eine für den Zweck geeignete hochenergetische Neutrinoquelle stellen weder Natur noch Technik zur Verfügung). Offenbar ist das Pointing gut, auf das erhoffte Grad genau: Der Mond – nicht räumlich aufgelöst – macht sich klar als Absorber der anfliegenden Kosmischen Strahlung bemerkbar; in der jeweils auf die Mondposition zentrierten Darstellung codiert die Farbe den Grad der Abschattung.
Hat der LHC jetzt endlich etwas Neues entdeckt?
Er lief bisher besser als erhofft („Die Proton-Proton-Kollisionen …“) und hat längst das Standardmodell der Teilchenphysik mit hoher Präzision bestätigt – aber der Large Hadron Collider hat immer noch nichts gefunden, das man nicht schon von anderen Experimenten her kannte. Vielleicht hat’s nun aber doch geklappt, und zwar an einer Stelle, wo niemand mit gerechnet hatte: Nicht die großen Allround-Detektoren ATLAS und CMS zeichnen verantwortlich, sondern der Spezialdetektor LHCb, und die möglicherweise gesichtete Abweichung betrifft den Zerfall des D0-Partikels (einem schweren Meson aus einem Charm- und einem Anti-Up-Quark), den man gut verstanden zu haben glaubte. Aber mit einer Signifikanz von 3.5 Sigma – ein starker Hinweis aber noch keine Entdeckung, die 5 Sigma erfordern würde – scheint da eine direkte CP-Verletzung auf zu treten, die das Standardmodell nicht vorher sagt. Öffentlichen Wirbel hat es darob noch keinen gegeben, und der CERN-Chef Rolf-Dieter Heuer hat die Geschichte bei einem großen Review-Vortrag gestern in Bonn bezeichnenderweise nicht einmal erwähnt: Hier müssen klar noch weitere Kollisionsdaten in die Analyse einbezogen werden, und LHCb tut sich – im Gegensatz zu den großen Detektoren – mit der enormen Luminosität des LHC sogar schwer.
ATLAS und CMS werden dagegen bald etwas zum Higgs-Teilchen sagen bzw. es nahezu sicher ausschließen können: In ein paar Tagen wird ein neuer, noch eingeschränkterer Bereich seiner möglichen Massen publiziert – und man entwickelt für das abschließende Ergebnis irgendwann 2012 bereits eine Strategie zur Kommunikation der Nichtexistenz des Higgs, wenn’s denn so kommen sollte! Egal, wie’s auch ausgeht: Es wird eine bahnbrechende Entdeckung sein, sagt Heuer, und wenn’s kein Higgs gibt, dann muss der LHC irgendwann Ersatz finden, denn alle Erweiterungen des Standardmodells liegen in seinem TeV-Energie-Bereich. Für die einfache „constrained supersymmetry“ wird ebenfalls bereits „die Luft dünn“, Versionen mit mehr freien Parametern haben aber noch reichlich Spielraum. Und was den einst so begierig oder auch ängstlich erwarteten Durchbruch in zusätzliche Raumdimensionen betrifft, so Heuer, solle man ihn in 20 Jahren noch mal fragen. In diesem Zeitraum soll der LHC auch noch einmal dramatisch leistungsfähiger werden: Die Planung des High Luminosity LHC um 2020 hat gerade Fahrt aufgenommen. (Wolfgang Paul Lecture Heuer, CERN Press Release, Physics World, Reuters, Daily Mail 16., Symmetry Breaking, BBC 15., Nature, Symmetry Breaking, Cosmic Variance, Resonaances 14., TAZ 11., CERN Bulletin, Science, ArXiv Blogs 7., Uni Mainz PM, Nature 3., Physics World, Live Science 2., New Scientist 1.11.2011)
„Double Chooz“ auf dem Weg zum 3. Neutrino-Mischungs-Parameter: Das Messergebnis hat eine nur geringe Signifikanz, dafür aber jede Menge Pressemitteilungen produziert: Das neue Neutrino-Oszillations-Experiment Double Chooz mit einem Detektor 1 km neben einem KKW scheint das Verschwinden von Elektron-Antineutrinos zu sehen, woraus sich ein vager Wert für den letzten noch kaum bekannten Parameter Theta-13 der Neutrino-Oszillationen ableiten lässt; Ähnliches gelang in Japan auch schon und genau so unscharf. Aber die Technik funktioniert und wird noch verbessert. (MPK PM, CNRS Press Release 9., Uni Tübingen PM 10., Resonaances 11.11.2011. Auch Fermilab Release 4.11.2011 zum Neutrinodetektor SciBath – und Washington Post 14., Aspera, Science 2.0 11., CERN Bulletin 7., Science Blogs, Inverse Square 4., Scientific American Blog 3., Quantum Diaries 1.11.2011 mit nichts Neuem von den OPERA-Neutrinos …)
Fünf Minuten geballte Ladung nächtliche Zeitraffer-Sequenzen aus der ISS: Die 18 hier zusammen geschnittenen und ungewöhnlich vertonten Clips – aufgenommen zwischen August und Oktober – sind zwar schon eine Weile bekannt, wirken aber in dieser Fülle doch wieder neu.
Es gibt einen NASA-Haushalt für’s FY2012 – mit JWST!
Zumindest hat sich die ‚Conference‘, die die weit auseinander liegenden Haushaltspläne von Abgeordnetenhaus und Senat für das bereits seit dem 1.10. laufende US-Finanzjahr unter einen Hut bringen musste, heute einen Kompromiss gefunden, der nun noch abgesegnet werden muss: Mit 17.8 Mrd.$ entspricht er fast dem höheren Senats-Plan, liegt aber immer noch unter Obamas ursprünglichem Wunsch von 18.7 Mrd.$. Der Wissenschaftsbereich steht dabei mit 5.1 Mrd.$ sogar einen Hauch besser da als bei Obama – und das James Webb Space Telescope ist drin. Allerdings mit einer harten Obergrenze von 8 Mrd.$ Gesamtkosten und noch stärkerer Beaufsichtigung des Projekts: Läuft es erneut aus dem Ruder, gibt’s Saures. (Space Politics, Space News, Science Insider 15.11.2011) NACHTRAG: Der Kompromiss wurde schnell abgesegnet – womit das JWST bis nächsten September 530 Mio.$ bekommt.
LISA heißt jetzt „New Gravitational wave Observatory“, aber der LISA Pathfinder heißt weiter so und soll weiterhin 2014 zentrale Technologien für die Satellitenkonstellation zum Nachweis von Gravitationswellen testen, die die ESA nach dem Ausstieg der NASA alleine voran treibt. Das Optical Metrology Subsystem des Pathfinder hat gerade erste Tests in der Weltraumkammer passiert. (ESA Release 14.11.2011. Und ein Press Release der US-Demokraten, Space Policy Online, Space.com 15.11.2011 zur Krise des gemeinsamen Marsprogramms von ESA & NASA)
Voyager 2 wechselt Düsen – in 14 Mrd. km Entfernung
Die Raumsonde Voyager 2 hat mehr als 34 Jahre nach dem Start ein Kommando von der 14 Mrd. km entfernten Erde befolgt und ein Düsenpaar zur Lageregelung erfolgreich auf das – noch nie im All benutzte! – Ersatzpaar umgeschaltet: Nun brauchen die Treibstoffleitungen zum primären nicht mehr geheizt zu werden, die Sonde auf dem Weg aus dem Sonnensystem hinaus kann Strom sparen, und der Betrieb für ein weiteres Jahrzehnt ist gesichert. (JPL Release 14., Voyager Status 5.11.2011. [NACHTRAG: ein paar Grafiken.] Und EPOXI Status 1.11.2011 zu Hoffnungen auf eine Extended Extended Mission der Doppel-Kometen-Sonde)
Die Mission des Merkur-Orbiters MESSENGER ist verlängert worden, um ein ganzes Jahr, auch wenn die Finanzierung noch nicht ganz klar ist: In der neuen Phase ab März 2012 wird sich der Orbiter im Schnitt näher am Planeten aufhalten als während der Primärmission, was neue Forschungsmöglichkeiten eröffnet. (Mission News = NASA Release 14.11.2011. Und Science@NASA 14.11.2011 zur Ionosphäre … des Mondes. Sowie BBC 3.11.2011 zu Hoffnungen auf einen ESA-Mondlander)
Und noch kurz gemeldet
Shenzhou 8 hat zum zweiten Mal an Tiangong-1 angelegt, nachdem sich das unbemannte Raumschiff kurz vor der chinesischen Übungs-Raumstation gelöst und 140 m weit entfernt hatte – die Operation wurde von einem neuerlichen Schwall patriotischer Artikel begleitet. (Universe, Space Today 15.11.2011. Und Spaceflight Now 13.11.2011 zum verschneiten Soyuz-Start der neuen ISS-Besatzung)
Die Startkampagne für die erste Vega-Rakete hat begonnen, mit der Installation der 1. Stufe auf der Rampe bei Kourou – Ende Januar könnte es los gehen. (ESA Release 11.11.2011. Und NASA Release 10.11.2011 zum First Light eines der Instrumente auf dem NPP-Satelliten sowie ESA Release 4.11.2011 zur Übergabe der Kontrolle der ersten beiden Galileo-Satelliten an Oberpfaffenhofen)
Der Dragon darf frühestens im Januar zur ISS fliegen und realistisch kaum vor Februar: Die NASA überprüft den ersten Flug eines kommerziellen Transportschiffs zum Raumstation mit größter Akribie, bevor sich die Kapsel auch nur annähern darf. Diesmal wird viel mehr getestet als bei der Premiere 2010: U.a. hat die Kapsel jetzt Solarzellen und redundante aktive Kühlung. (Spaceflight Now 13.11.2011. Und NASA Releases zu einem Orion-Testflug 2014 und einem J-2X-Test jetzt)
Ein militärischer Frühwarn-Sensor arbeitet auf einem kommerziellen Nachrichtensatelliten, die Commercially Hosted IR Payload (CHIRP) auf SES-2: Solche preiswerten Lösungen könnte es in Zukunft öfters geben; hier bedient sich der Sensor – der IR-helle Flecken vor dem Hintergrund der Erde nachweisen soll – eines der Transponder des Satelliten für die Datenübertragung. (Spaceflight Now 4.11.2011. Und ESA Release 7.11.2011 zu 10 Jahren Beobachtung der Strahlungsgürtel durch Proba-1 und NASA Release 14.11.2011 zu Ionen-Beobachtungen mit MINI-ME auf dem FASTSAT)
Experimente in Richtung auf „Traktorstrahlen“ wie in SF-Filmen finanziert die NASA im Rahmen des Innovative Advanced Concept-Programms: Mit drei verschiedenen Methoden sollen – im Labor natürlich – Lichtwellen in spezieller Weise ‚geformt‘ werden, damit man mit ihnen kleine Teilchen bewegen kann. (NASA Release 31.10., Discovery 4.11.2011. Und Discovery 6.11.2011 mit Ideen & Experimenten zu bemannter Raumfahrt per Ballon …)
Der erste bekannte Kugelsternhaufen außerhalb der Milchstraße, Messier 54, auf einer HST-Aufnahme mit der ACS: Noch gehört er zum Sagittarius-Zwerg, aber da diese Zwerggalaxie gerade von der Milchstraße absorbiert wird, gehört er bald uns.
Röntgenstrahlung von sehr heißem Gas im Tarantelnebel ist hier (Chandradaten in blau) einem IR-Bild der Sternentstehungsregion in der LMC überlagert: Sternwinde und SN-Explosionen haben das Gas aufgeheizt.
Der Reflexionsnebel IC 4601 im Infraroten von WISE aufgenommen: Hier ist der Staub selbst zu sehen (mit unterschiedlicher Temperatur), während im Sichtbaren im Wesentlichen nichts da ist, lediglich mit bläulich schimmerndem Rand.
Eine partielle Epimetheus-Bedeckung durch Enceladus – dessen Fontänen vom Südpol im Gegenlicht wieder auffallen – am 1. Oktober von Cassini eingefangen.
Hier blubbert der unterseeische Vulkan vor El Hierro in den Kanaren: ein Bild des Advanced Land Imager auf dem NASA-Satelliten Earth Observing-1 vom 2. November. Noch sitzt der Vulkan 50 bis 100 m unter dem Meeresspiegel, aber die Wasserchemie verändert er schon jetzt (und führt zu einem Fischsterben, wie gerade im 3Sat-heute-Wetterbericht beklagt wurde).
Opportunity hat Homestake kaputt gefahren und dann Fahrerflucht begangen – allerdings war der ‚Unfall‘ geplant: Indem der Marsrover mehrfach über die kuriose ‚Vein‘ (ein geologischer Fachausdruck, im Deutschen etwa ‚Ganglagerstätte‘) gefahren war und sie zertrümmerte, konnte wohl etwas über die Beschaffenheit dieses auf dem Mars noch nie gesehen Aufschlusses gelernt werden. Danach hat der Rover freilich rasch die Flucht ergriffen: Bevor der nächste Winter kommt, muss er sich auf Cape York ideal mit seinen Sonnenzellen platzieren.
Die komplette Mars-Rundfahrt von Opportunity im Zeitraffer, gesehen mit der vorderen rechten ‚Hazcam‘, die 3418 Bilder lieferte – bis der Rover sich endgültig fest fuhr und dann der Kälte zum Opfer fiel …
Der Marsvulkan Tharsis Tholus – ein kollabierter Achttausender in einer dreifach überhöhten 3D-Rekonstruktion von Bildern des Mars Express: Die Grundfläche beträgt 155 x 125 km, die Caldera, wo der Vulkankegel nach Verbrauch des Magmas eingebrochen ist, misst 34 x 32 km.
Kaum noch Hoffnung für den gestrandeten Fobos-Grunt
in der niedrigen Erdumlaufbahn (208 x 331 km, Neigung 51.4°), wo die erste russische Marsmission seit 15 Jahren nach ihrem Bilderbuch-Start einer Zenit vor einer Woche hängen geblieben ist, besteht trotz intensiver Bemühungen der Bodenkontrolle: Die Sonde ist offenbar kurz nach Erreichen der Parkbahn, wo sie sich noch einmal kurz gemeldet haben soll, in einen tiefen Safe Mode geraten. Deswegen hat sie auch keine der beiden Zündungen ihres eigenen Triebwerks zur Vergrößerung der Ellipse und dann dem Abflug Richtung Mars durchgeführt – und weigert sich auch beharrlich mit der Erde zu kommunizieren, obwohl sie offenbar eine stabile, womöglich sogar aktiv kontrollierte, Fluglage hat und auch sonst keine Beobachtungen auf physischen Schäden an Bord hinweisen. Das Verlassen der Parkbahn hätte komplett autonom und außerhalb der Reichweite von Bodenstationen erfolgen sollen, weshalb Amateurastronomen sogar offiziell eingeladen worden waren, die Manöver zu beobachten: Das erste wäre ideal für Brasilien platziert gewesen. Die Nachricht, dass sich die Bahn von Fobos-Grunt nicht verändert hatte, war denn auch zuerst von internationalen Satellitenbeobachtern gekommen: Das russische Management befindet sich in einer unfassbaren Schockstarre und hat so gut wie nichts Offizielles zum Status der Mission und den konkreten Rettungsversuchen verlauten lassen!
Dass wieder und wieder keine Reaktion auf die – wegen der niedrigen Bahn nur Minuten lang möglichen – Versuche der in dieser Missionsphase nie vorgesehenen Kontaktaufnahme erfolgte, wurde immer nur hinten herum russischen Medien gesteckt, und dass die Sonde zumindest im Orbit nicht taumelt und womöglich gar einmal aktiv die Bahnhöhe ein wenig angehoben hat, machten wiederum die Amateurastronomen bekannt. (Ende November beginnt übrigens ein exzellentes visuelles Beobachtungsfenster für Deutschland.) Erst auf der traditionellen Pressekonferenz nach dem gestrigen Soyuz-Start zur ISS konnte Roskosmos-Chef Vladimir Popovkin den Fragen der Presse nicht mehr ausweichen: Bis Anfang Dezember habe man noch Zeit, die Sonde – deren Systeme er keck aber womöglich durchaus zutreffend als „nominal arbeitend“ beschrieb – wieder unter Kontrolle zu bringen und die Erdbahn noch zu verlassen, dann ist der Orbit zu tief gesunken, um mit dem vorhandenen Treibstoff noch weg zu kommen. Mit dem Wiedereintritt wäre dann im Januar zu rechnen (das sehen auch unabhängige Bahnrechner so; die Oberstufe der Zenit kommt dagegen schon Ende November herunter), wobei Popovkin von einer großen Explosion der 7.5 Tonnen Hydrazin ausgeht, die noch in den Tanks sein sollten: Die werde die Sonne derart zerreißen, dass kaum Trümmer den Boden erreichen könnten.
Andere Experten sehen das weniger optimistisch – und erwarten neben der ‚Landung‘ eines gefrorenen und giftigen Hydrazinklumpens auch die unbeschadete Rückkehr der Kapsel, mit der eigentlich 2014 Bodenproben vom Phobos eintreffen sollten. Und in der sich auch lebende Kleinstorganismen eines kuriosen „Transspermie“-Experiments der Planetary Society befinden: Die könnten es womöglich schaffen. Eigentlich sollten sie das Überleben einer Reise zum Mars und zurück demonstrieren, so wären es immerhin ein paar Wochen im Orbit. Die gesamte Raumsonde hat übrigens nur 1.2 Mrd. Rubel = 30 Mio. Euro gekostet und war voll versichert; in die komplette Entwicklung von Fobos-Grunt waren allerdings 5 Mrd. Rubel (120 Mio. Euro) gesteckt worden. (Physics World, Universe Today, Tagesspiegel 15., Spaceflight Now, Planetary Society Blog, Space.com 14., MarsPages 13., NASA Spaceflight 11., Nature News 4.11.2011 – viele weitere Artikel sind im roten Kasten des Cosmic Mirror #345 verlinkt, Status-Updates gibt es im RussianSpaceWeb und endlose Diskussionen im Forum von NASA Spaceflight. Und NASA Release 10., Space Policy Online 12., LA Times 13.11.2011 zu den Vorbereitungen für den Start des US-Marsrovers Curiosity am 25. November, die planmäßig voran kommen)
Der Ton auf dem Mars entstand überwiegend unterirdisch in 5 bis 10 km Tiefe, hat die ausgiebige Analyse von Daten mehrerer Marsorbiter ergeben: Auf längere Phasen mit flüssigem Wasser auf der Planetenoberfläche dürfe man zumindest aus den Ton-Vorkommen (wie sie Opportunity nach der Winterpause – s.o. – am Rande von Endeavour untersuchen soll; womöglich ist The Vein so ein Fall gewesen) nicht schließen. Die bildeten sich in heißem Wasser in der Tiefe und wurden erst durch Erosion frei gelegt, nur vereinzelt mag es auch zu Tonbildung an der Oberfläche gekommen sein – und der Mars war immer eine Wüste. Diese Schlussfolgerung – unter Marsforschern nicht unumstritten; andere halten die Morphologie vieler Täler für einen zwingenden Beweis reichen flüssigen Oberflächenwassers in ferner Vergangenheit – macht die Suche nach Fossilien nicht leichter, ist aber auch kein Argument gegen (früheres) Leben auf dem Mars: Auch auf der Erde gibt es, sogar komplexe, Lebensformen in erheblicher Tiefe. (Ehlmann & al., Nature479 [3.11.2011] 53-60; JPL Release, Science News 2., BdW 3.11.2011)
Nach „Melancholia“ und „Apollo 18“ schon wieder ein Spielfilm in den Kinos, der einen gewissen Bezug zur realen Astronomie und/oder Raumfahrt hat (was man von anderen diesjährigen SciFi-Filmen wie „Super 8“ oder „Cowboys and Aliens“ nun wirklich nicht behaupten könnte): „Another Earth“ spielt allerdings schon allein deswegen in einer anderen Liga, weil es sich um eine extrem preiswerte Produktion – Gesamtkosten unter 200’000 Dollar! – handelt, erkennbar auch am knappen Abspann, in dem viele Beteiligte gleich in einer ganzen Reihe von Funktionen auftauchen. Auf nennenswerte visuelle Effekte musste da verzichtet werden, was aber durch das starke Spiel der Hauptfiguren und z.T. experimentalfilmhafte Ideen recht überzeugend ausgeglichen wird. Die titelgebende zweite Erde ist indes einfach die unsrige, die am Himmel immer größer und … SPOILER AB HIER!
… von einer vagen Metapher für Selbstgespräche und Doppelgänger mehr und mehr zum realen Reiseziel mit womöglich einer zweiten Chance wird. Wobei man sich allerdings fragen muss, warum nach dem ersten Telefonat der SETI-Institute hüben und drüben – eine der stärksten Szenen des Films, durchaus dem ersten Kontakt im „Contact“ oder der ersten Sichtung der Invasionsschiffe in „Independence Day“ vergleichbar – nicht kräftig weiter kommuniziert wird. Woher diese zumindest bis zum Kontakt mit unserer offenbar in jedem Detail identische Kopie der Erde hergekommen ist, diskutiert der Film zwar nur ganz am Rande, aber im Original spricht den Off-Text immerhin der echte US-Astronom Richard Berendzen – übrigens interessanterweise selbst mit dramatischer persönlicher Vergangenheit, ganz wie die Hauptfigur, deren Karriere als Astrophysikerin gleich am Anfang ein jähes Ende findet, und ungewöhnlicher Veröffentlichungsliste.
Im Film ist Berendzen auch einmal kurz im TV zu sehen, und in zwei Promo-Videos der Produktion hier und hier zieht er Parallelen (no pun intended) zur populären Idee von Paralleluniversen. Und im TV-im-Film-Auftritt vertritt er die Hypothese, dass sich beide Welten nach der gegenseitigen Entdeckung unterschiedlich zu entwickeln begonnen haben könnten, was den Filmplot entscheidend voran treibt. Parallelen (sorry …) zu „Melancholia“ sind übrigens gleich mehrere vorhanden: nicht nur der ständig wachsende Planet am Himmel, auch die Beschränkung auf einige wenige Charaktere, die fast isoliert und ohne Kontakt zum Rest der Welt dem Phänomen ausgeliefert wird, das Nichtstellen von offensichtlichen Fragen, was den engagiert mitdenkenden Zuschauer auch mal nerven kann – und ein extrem abruptes Ende, das diesen mit den provokativen Ideen des Films (den übrigens Regisseur und Hauptdarstellerin zusammen schrieben, auch nicht alltäglich) allein vor der schwarzen Leinwand zurück lässt.
Noch ein paar Nachzügler zum Besuch von 2005 YU55 wie dieses Video hier, v.a. aber jede Menge Links zu Bildern der sehr aktiv gewordenen Sonne der vergangenen Woche und noch etwas mehr im neuen Cosmos 4 U!
Letzte Impressionen vom Asteroiden-Vorbeiflug: diesmal mit den Augen des Satelliten Swift, der natürlich keine Röntgenstrahlung sah, dafür aber UV-Fotometrie lieferte. Auch ein Video aus Deutschland von letzter Nacht und mehr, mehr und noch mehr Bewegtes – was sonst noch alles eintrifft, wird ggf. bei Twitter und auf jeden Fall später bei Cosmos 4 U verlinkt sein. Und die im Orbit gestrandete Fobos-Grunt-Mission, deren Schicksal die Asteroiden-Story arg in den Hintergrund drückte? Die weigert sich, mit der Erde zu sprechen, und die Hoffnungen schwinden von Tag zu Tag, wie man in epischer Breite, in einer Zusammenfassung und sehr kompakt nachlesen kann … [23:55 MEZ am 10. November – Ende]
Herschels Beobachtungen des Asteroiden sind im Kasten
Aber bis sie auch auf den irdischen Bildschirmen erscheinen, das dauert noch was: Projekt-Tweets eins, zwei und drei. Unter anderem geht es um eine unabhängige Durchmesserbestimmung – durchaus interessant, da die Keck-Beobachtungen mit AO (auch hier und hier erwähnt) einen kleineren Wert als die Radardaten zu liefern scheinen. Weiterhin noch Bilder und Videos aus der vergangenen Nacht hier (Einzelbilder), hier und hier und aus der vorangegangen Nacht hier, hier, hier, hier und hier – und ein Gedicht im Angesicht des Asteroiden … [19:10 MEZ]
Ein Video aus der Nacht der Erdnähe, entstanden auf Hawaii – und aus der jetzigen Nacht eine Bildmontage und ein Filmchen. Noch aus der vorigen Nacht dieser und dieser Film, ein paar Bilder, ein US-TV-Clip, Zusammenfassungen erster Erkenntnisse von Sky & Tel. und Cosmic Log – und ein Besuch in Goldstone bei der großen DSN/Radar-Antenne. [4:05 MEZ]
Was Radioastronomen alles über 2005 YU55 gelernt haben
in den vergangenen Stunden, hat gerade eine ‚Tania‘ vom NRAO atemlos gezwitschert: Danach berichtet Michael Busch, ein NRAO Jansky Fellow, dass das Green Bank Telescope „got temps 10 cms down into surface – we saw day/night changes w/EVLA, we got temps 1 meter into surface – we saw seasonal heat. […] Great data from all stations. It will take several months, however, to get asteroid’s true shape. […] Th/Fri/Sat VLBA begins radar speckle obs. We’ll learn how Earth affected #yu55’s spin and then calc. the orbit well past 2075. […] We needed GBT during close approach, cuz radar took only 3s roundtrip, but Arecibo needs 7s to shift between send/receive. It’s heading back out towards Mars, now, but ’scopes will keep obs through early next week. […] GBT back on #yu55 tonight, VLBA starts tomorrow.“ 2005 YU55 dürfte wohl einer der am besten untersuchten Asteroiden werden, der nicht von einer Raumsonde besucht wurde. [20:15 MEZ am 9. November]
Da saust der Asteroid über den Himmel, in der Nacht der größten Erdnähe, die viele Amateurastronomen für Bilder und Videosequenzen nutzen konnten: weitere Beispiele hier, hier, hier, hier, hier und hier und Sammlungen auch hier, hier und hier. Gerade ist es in Europa wieder Nacht geworden: 2005 YU steht nun höher als vor 24 Stunden, ist aber schwächer und der Mond stört erheblich (siehe Zeitplan unten). Die Fobos-Grunt-Krise ist derweil gerade hier umfassend aufgerollt worden: Noch besteht Hoffnung, in ein paar Stunden wieder die Kontrolle zu erlangen und doch noch gen Mars aufzubrechen … [18:00 MEZ]
So sah Keck den Asteroiden mit Adaptiver Optik! Dies ist freilich nur ein Rohbild, aus dem in den nächsten Tagen noch einiges heraus gekitzelt werden dürfte. Monde von 2005 YU55 wurden – auf Anhieb – auch keine entdeckt. [15:55 MEZ]
Ein Bild der „NellieCam“ in Oakland von vor 5 Minuten – und inzwischen ist auch Weiteres über die Keck-Pläne bekannt geworden: U.a. soll die Suche nach Monden von 2005 YU55 live übertragen werden. In Sachen Fobos-Grunt gibt es inzwischen auch offizielle Stellungnahmen: Danach hat keine der beiden Triebwerkszündungen in der Parkbahn stattgefunden – und nun wird nach dem Fehler gesucht, der ebenso in der Soft- wie der Hardware liegen könnte. Drei Tage habe man Zeit, um die Mission zu retten, heißt es noch in diversen russischsprachigen Agenturmeldungen, die der Blogger per Google Translate durchsah. [4:45 MEZ]
Jetzt laufen drei Webcasts mit dem Asteroiden gleichzeitig
Aber nur der vom Clay Center macht auf Anhieb Sinn, während ein neuerlicher bei SLOOH (jetzt aus Prescott, Arizona) möglicherweise zu lange pro Bild belichtet und der neue aus Oakland, Kalifornien erst recht nicht zu interpretieren ist. Ansonsten gibt es noch ein (mäßiges) Einzelbild und ein besseres von vor 10 Minuten, einen Erfolgsbericht einer Beobachtung mit Studenten und Artikel hier, hier, hier und hier. Und in Sachen Fobos-Grunt-Krise gibt es immer noch keine Klarheit: Angeblich – so eine anonyme Quelle aus dem Bodenstations-Wesen – ist die Marssonde in einen Safe Mode geraten und hat das erste von zwei Manövern in der Parkbahn verpasst. Damit wäre noch nicht alles verloren, aber die Lage scheint ziemlich ernst zu sein. [3:30 MEZ]
Die Radar-Astronomen rätseln über ihren kleinen Film
„The movie shows the small subset of images obtained at Goldstone on November 7 that have finished processing,“ sagt L. Brenner zu dem 6-„Bilder“-Clip (siehe gestern um 23:35 MEZ): „By animating a sequence of radar images, we can see more surface detail than is visible otherwise. The animation reveals a number of puzzling structures on the surface that we don’t yet understand. To date, we’ve seen less than one half of the surface, so we expect more surprises.“ Die Echos waren am 7. November zwischen 20:24 und 22:35 MEZ aufgefangen worden. Off Topic noch dies: Nach einem perfekten Start gestern um 21:16 MEZ ist möglicherweise ein Bahnmanöver von Fobos-Grunt in der Parkbahn um die Erde schief gegangen – und Amateurastronomen sind aufgerufen worden, nach der Marssonde zu suchen … [1:45 MEZ]
Und da entfernt er sich schon wieder von der Erde!
Vor 10 Minuten war die größte Annäherung – live übertragen vom Clay Center – von 2005 YU55 an die Erde, aber erst jetzt wird der Kleinplanet auch für optische Teleskope ein gutes Ziel: siehe den Zeitplan weiter unten. Die Live-Sendung aus Hawaii dürfte übrigens kaum vor 6:00 MEZ beginnen. [0:38 MEZ]
Ein exzellentes Live-Bild aus Massachussets liefert der 25-Zoll-Reflektor des Clay Center Observatory – Screencap von exakt Mitternacht MEZ anklicken! – mit einem ortsfesten Asteroiden, ein paar heißen Pixeln und dahinter her huschenden Sternen: Hier wird man wohl auch die größte Erdähe in knapp 25 Minuten mitnehmen können. Und noch mindestens ein weiterer Webcast aus Hawaii wird später beginnen. [0:05 MEZ]
Der erste Radar-Film-Clip des Asteroiden ist da
Die kurze Sequenz wurde aus sechs Delay-Doppler-„Bildern“ des Goldstone-Radars von gestern zusammen gesetzt. Nicht vergessen: Dies sind keine ’normalen‘ Helligkeit(x,y)-Bildern sondern Darstellungen der Laufzeit der Radarpulse (y-Achse) und des bei er Reflexion durch die Rotation des Objekts erlittenen Dopplereffekts (x-Achse) – erst später kann aus mehreren derartigen Datensätzen ein tatsächliches 3D-Modell des Körpers berechnet werden. Und die nächste optische Live-Übertragung hat hier begonnen, aus dem Clay Center Observatory an der US-Ostküste: Diesmal wird auf den Asteroiden nachgeführt, und die Sterne sausen im Hintergrund vorbei! [23:35 MEZ am 8. November]
Das ist 2005 YU55 im Anflug auf die Erde, für das 50-cm-Teleskop des SLOOH-Systems auf den Kanarischen Inseln bereits eine lange Strichspur! (Das diffuse Ding unten ist ein Artefakt.) Die „Show“ – Bild anklicken! – hat jetzt auch Ton: eine Talkshow mit Gästen, derzeit dem Entdecker des Asteroiden. [22:40 MEZ]
Die JPL-Radar-Astronomen feiern ihre bisherigen Erfolge
„I’m pleased to report that Goldstone radar observations of 2005 YU5 are going well. We obtained radar astrometry on Nov. 4, 6, and 7 and have already used it to update the orbit multiple times,“ schreibt Lance Benner: „The most recent solution is available in the JPL/Horizons online ephemeris system. 3-sigma plane-of-sky pointing uncertainties during the closest approach have shrunk from more than 80″ to about 10″.“ Und die beiden ‚Bilder‘ (s.u.) „achieve a resolution as fine as 3.75 meters and reveal a number of features that may be boulders on the surface, craters, and possibly ridges. Arecibo/Green Bank bistatic observations start today, so stay tuned for more results soon!“ [22:20 MEZ]
Noch genau 24 Stunden! Ein Fahrplan für den Asteroiden
Der JPL-Online-Ephemeriden-Rechner ist wohl das Tool, um sich – mit den neuesten Bahndaten, basierend auf den aktuellen Radarechos (oben ein Goldstone-„Bild“ von gestern 20:45 MEZ aus 1.38 Mio. km Entfernung) – einen Überblick zu verschaffen: In diesem Moment sind es noch genau 24 Stunden bis zur größten Annäherung von 2005 YU55 an den Erdmittelpunkt. Der Abstand von ihm beträgt jetzt noch 1.22 Mio. km, die Elongation von der Sonne 12.0°, der Asteroid steht in der Libra, der Phasenwinkel beträgt 168°, also fast Gegenlicht, und die Helligkeit ist entsprechend sehr gering, während der Abstand vom zu 93° beleuchteten Mond 137° beträgt. Diese Zahlen ändern sich nun immer schneller:
5:20 MEZ: Erdzentrumsabstand genau 1 Mio. km.
7:40 MEZ: Asteroid betritt Scorpio.
9:30 MEZ: Elongation erreicht 20°.
11:30 MEZ: Asteroid betritt Ophiuchus.
16:45 MEZ: Erdzentrumsabstand genau 500’000 km.
17:40 MEZ: Elongation erreicht 40°.
18:10 MEZ: Eintritt der Astronomischen Dämmerung in Bonn, Asteroid – sehr schwach! – 21° hoch und sinkend.
19:10 MEZ: Asteroid betritt Serpens.
20:55 MEZ: Asteroid in Bonn auf 10° gesunken.
21:15 MEZ: Elongation erreicht 60°, Phasenwinkel gefallen auf 90°.
21:50 MEZ: Asteroid betritt Aquila.
22:30 MEZ: Helligkeit erreicht 13.0 mag, Winkel zum Mond auf 90° gefallen.
23:10 MEZ: Helligkeit erreicht 12.5 mag.
9. November, 0:10 MEZ: Asteroid betritt Delphinus.
0:20 MEZ: Helligkeit erreicht 12.0 mag.
0:26 MEZ: Größte Annäherung an den Blogger (Bonn), Abstand 324,861 km.
0:28 MEZ: Größte Annäherung an den Erdmittelpunkt, Abstand 324’956 km (Abstand von der Erdoberfläche ca. 318’590 km).
0:40 MEZ: Asteroid geht für Bonn unter.
0:55 MEZ: Elongation erreicht 90°, Phasenwinkel gefallen auf 60°.
1:50 MEZ: Asteroid betritt Pegasus.
2:00 MEZ: Helligkeit erreicht 11.5 mag.
2:10 MEZ: Winkel zum Mond auf 60° gefallen.
4:30 MEZ: Winkel zum Mond auf 45° gefallen.
4:55 MEZ: Elongation erreicht 120°.
5:30 MEZ: Helligkeit erreicht Maximum von 11.1 mag.
7:40 MEZ: Winkel zum Mond (98% beleuchtet) auf 30° gefallen.
8:10 MEZ: Erdzentrumsabstand wieder 500’000 km, Phasenwinkel gefallen auf 45°.
10:20 MEZ: Asteroid betritt Pisces.
11:35 MEZ: Helligkeit wieder auf 11.5 mag. gefallen.
14:20 MEZ: Elongation erreicht 150°.
15:10 MEZ: Winkel zum Mond (98.5% beleuchtet) auf 15° gefallen.
17:50 MEZ: Helligkeit wieder auf 12.0 mag. gefallen.
18:10 MEZ: Eintritt der Astrononomischen Dämmerung in Bonn, Asteroid 30° hoch und steigend.
19:20 MEZ: Asteroid steht 40° hoch über Bonn.
19:40 MEZ: Erdzentrumsabstand wieder 1 Mio. km.
20:40 MEZ: Asteroid steht 50° hoch über Bonn.
22:45 MEZ: Asteroid kulminiert 58° hoch über Bonn.
10. November, 0:40 MEZ: Helligkeit wieder auf 12.5 mag. und Höhe über Bonn auf 50° gefallen.
4:30 MEZ: Winkel zum Mond (99.6% beleuchtet) erreicht Minimum von 9.9°.
6:30 MEZ: Asteroid betritt Aries und geht in Bonn unter.
9:00 MEZ: Helligkeit wieder auf 13.0 mag. gefallen.
Fazit: Wer dem grellen Mondlicht in ziemlicher Nähe trotzen kann, der darf 2005 YU55 wenigstens in der übernächsten Nacht hinterher winken, während Beobachtungen in der Nacht der Erdnähe von Deutschland aus fast unmöglich sind – der Asteroid steht unter 10° hoch, dafür stört allerdings der Mond weniger. Noch ein paar neue Links: eine generelle NASA-Seite, ein Press Release der University of Arizona zur Entdeckung YU’s, ein JPL Release zum neuen Radarbild, ein privates Blog-Posting über NRAO-Pläne mit YU und weitere Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. [0:28 MEZ]
Der Asteroid und die … Ottifanten? Weil 2005 YU55 der Erde so nahe kommt, dass er von jedem Ort aus auf einer etwas anderen Bahn am Himmel ziehen wird, hat sich Sky & Telescopeetwas einfallen lassen: eine detaillierte Aufsuchkarte für Kansas – und darauf die seitenverkehrten USA mit Süden oben (die in dieser Darstellung den Blogger extrem an ein gewisses Rüsseltier erinnern). So kann sich zumindest jeder Beobachter in den USA die Bahn entsprechend der Parallaxe zu Kansas zurecht rücken. Neues vom Asteroiden selbst – den weiterhin nur Radar beobachten kann, da er sich aus Richtung der Sonne nähert – gibt’s nicht, aber jede Menge weitere Vorschauen in drei Sprachen hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. [17:40 MEZ am 7. November]
Das Goldstone-Radar hat die Bahn schon stark verbessert
Eben noch war die Position von 2005 YU55 am Himmel während der Erdnähe nur auf 86 Bogensekunden genau gewesen, aber dank des Goldstone-Radars und seiner Delay-Doppler-Messungen ist der Fehler bereits auf 14 Bogensekunden (3 Sigma) geschrumpft. [9:50 MEZ]
Allerlei bewegte Bilder zum Besuch des Asteroiden: eine Einführung in die Radar-Pläne des JPL, diverse Animationen der Bahn zu Beethoven-Klängen und die Aufzeichung eines 62-Minuten-Videochats des JPL (auch hier archiviert) zur Radartechnik und allgemeinen Asteroidenfragen. Auch die Zeitschrift Science ließ chatten, was hier nachzulesen ist. Ansonsten noch die vage Ankündigung einer Live-Übertragung des Vorbeiflugs bei SLOOH, eine schöne Animation aus ‚Sicht‘ des Asteroiden und eine FAQ-Liste – die die Unzähligen besser gelesen hätten, die YouTube & Co. bereits mit absurdesten Verschwörungstheorien zu „YU55“ überflutet haben. Wozu hier natürlich nicht verlinkt wird … [2:35 MEZ]
Das Goldstone-Radar hat den Asteroiden bereits erfasst
und kann mit seiner Astrometrie – viel genauer als optische – schon die Bahninformation verbessern (und auch pretty pictures machen): Das hilft z.B. dem IR-Satelliten Herschel bei seinen Beobachtungen am 10. November, der noch nie ein so nahes kosmisches Objekt verfolgen musste. Zu dem mit Spannung von Profi- wie Amateurastronomen erwarteten Vorbeiflug des 400-km-Brockens am 8. November in 325’000 km Entfernung auch Artikel in ISAN 132-5 und 148-4, ein JPL Release (aus dem auch die obige Animation mit NEA, Erde und Mond stammt) und Beobachtungstipps – für Amateure: schwierig!! – von WAA, Dangl, BAA, Astroblog und S&T; viele weitere Links auch im heutigen Cosmos4U im 3. Absatz. [18:40 MEZ am 6. November]
Viele Links zu AR 1339 und den Aurorae von u.a. Ende Oktober, zur Jupiter-Opposition mit Mond- & Schatten-Effekten und v.a. zum bevorstehenden Besuch von 2005 YU55 (und noch einigem mehr) im neuen Cosmos 4 U!