Open Access? Astronomen proben den Aufstand

„This so obviously flawed plan stinks to high heaven“: harsche Worte eines britischen Astronomen über den scheinbar tollen Plan der Regierung, wissenschaftliche Arbeiten aus dem eigenen Land künftig grundsätzlich ‚open access‘ veröffentlichen zu lassen, d.h. sofort kostenlos für die ganze Welt zu lesen – wobei aber die alte Struktur mit profitorientierten Wissenschaftsverlagen beibehalten wird, die nunmehr die Autoren (statt die Bibliotheken von deren Instituten) kräftig zur Kasse bitten dürfen. Wobei dieses Geld – womöglich tausende Pfund pro Paper – dann offenbar aus dem normalen Forschungshaushalt abgezweigt werden soll. Nicht nur die radikale Umstellung des Finanzierungssystems 2013 – die wenige Jahre später auch EU-weit kommen könnte (mehr, mehr) – wird teuer: Binnen Stunden spießten britische Science-Blogger zahllose Probleme mit dem neuen Verfahren auf, das viel böses Blut unter Kollegen verursachen und manch jungen Forschers Karriere ruinieren werde.

Und schon liegt der Vorschlag aus der Astronomie auf dem Tisch, den Plan der Regierung mit einem eigenen Konzept zu kontern: Zu gründen ist ein Verlags-unabhängiges Open-Access-Journal, das dank Peer Review gewohnter Qualität dieselbe Reputation wie die führenden kommerziellen Fachzeitschriften erlangt. Das Ganze sollte natürlich auf dem berühmten Preprint-Server ArXiv basieren, in dem heute ohnehin schon ein Großteil der astronomischen Papers der Welt landet – allerdings erst einmal ohne Qualitätskontrolle. „The idea is to set up a system whereby authors who submit papers to the arXiv can have their papers refereed“, lautet nun der Vorschlag: „I’m thinking of a website on which authors would simply have to post their arXiv ID and a request for peer review. Once accepted, the author would be allowed to mark the arXiv posting as ‚refereed‘ and an electronic version would be made available for free on the website.“ Würden genügend renommierte Astronomen, so die Hoffnung, liefe die Sache. Natürlch gibt es auch gegen dieses Konzept schon wieder Einwände: Wie verhindert man z.B., dass Spinner B das spinnerte Paper von Spinner A positiv bewertet? Im traditionellen System würden das in der Regel Fachleute im entsprechenden Verlag zu verhindern wissen.

„The missing ingredient is some respected authority who maintains a list of acceptable referees and only these referees are allowed to referee papers for the website“, lautet daher ein ergänzender Vorschlag – aber das artet schon wieder in Arbeit aus. Und was, wenn sich einfach keiner für ein Paper interessiert und es referieren will? Ohne eine Redaktion, die alles überwacht und ggf. steuert, geht es wohl nicht, meinen viele. Jedenfalls solle man jetzt nichts überstürzen und sich dann blamieren, wird auch gewarnt – aber da könnte nun etwas in Bewegung gekommen sein. Dieser Blogger hat übrigens eine praktisch identische Idee schon vor rund 15 Jahren am Rande einer Astronomentagung in Deutschland gehört: „Open Astronomy“ sollte die Zeitschrift damals heißen – über die allerdings nur Nachts im Weinkeller eines bekannten Tagungszentrums diskutiert worden war. Konkrete Schritte unternommen hat damals scheint’s keiner. Und dass der Anfang wohl das Schwerste sein wird, zeichnet sich auch jetzt wieder ab: Die vielen Kommentare zu dem „modest proposal“ – eine Anspielung auf eine Satire aus dem 18. Jh. – zeigen die Knackpunkte messerscharf auf … NACHTRAG: „The first steps towards a modern system of scientific publication“ passen zur Debatte.

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