Zum Abschluss der dritten Kreuzfahrt ganz großes Kino
Um es vorweg zu nehmen: Die folgenden Bilder eines enormen – und in keiner Weise vorhergesagten – Substorms zwischen 20:15 und 21:15 MEZ am 10. Februar geben nicht annähernd den überwältigenden visuellen Anblick wieder.
Das Polarlicht war in diesen Minuten nicht nur sehr hell (mit seiner Reflexion im Meer problemlos zu sehen), sondern veränderte sich auch mit einer kaum zu fassenden Rasanz. Dabei began die Show ganz harmlos: Den Anfang hatte ein schmales Band gemacht, das sich bei der Ausfahrt der MS Polarlys aus dem Hafen von Svolvær auf den Lofoten über der Stadt aufspannte und wenig tat.
Fast schon wollte man es dabei bewenden lassen, als urplötzlich Polarlichter auch weit über dem Band erschienen und sich ab diesem Zeitpunkt so schnell entwickelten, dass ein einzelner Beobachter unmöglich alles mitbekommen konnte. Der rosa Flecken am Horizont ist jeweils Svolvær, alles andere aber die Aurora borealis.
Was in den teilweise nur wenige Sekunden – und doch um Größenordnungen zu lange – belichteten Aufnahmen gänzlich fehlt, ist neben dem Filigranen der wehenden Polarlicht-Vorhänge vor allem ein Phänomen, das nur ein paar Sekunden andauerte, aber den absoluten Höhepunkt des Substorms markierte: intensiv und viele Male pro Sekunde flackernde rote(!) und grüne Streifen in einem Teilband. Ab jetzt weiß dieser Blogger, woher der Begriff der „tanzenden Polarlichter“ kommt – und manch anderer historischer Begriff.
Zugleich wurde die Aurora auch immer raumgreifender, verblasste aber gleichzeitig wieder, so dass ein konfuses Muster aus buten Farbklecksen zurückblieb, …
… das sich immer noch weiter veränderte und – nahe am Horizont, also in weiter Ferne – noch weitere markante kurzlebige Formen ausbildete, …
… bis schließlich wieder nur noch ein grünes horizontnahes Band übrig blieb, das aber munter weiter Wellen schlug und erst langsam weiter verblasste.
Zwei Stunden später war dann dies der Anblick: mehrere grüne Bänder übereinander gestapelt entlang des Nordhorizonts, mit ständiger gemächlicher Veränderung aber keinen dramatischen Ausbrüchen mehr. Auch das Magnetometer-Bild ist seit Stunden ruhig. [0:15 MEZ am 11. Februar] Erste Parallelbilder desselben Substorms von der norwegischen Küste [NACHTRAG: noch eins] (wohl auch dieses und dieses Bild) sowie hier und hier von der MS Trollfjord weiter nördlich vor derselben – und das ruhige grüne Band nach dem (leider verpassten) Substorm aus Finnland. [1:15 MEZ]
Und der Himmelsanblick von der MS Polarlys gegen 1:30 MEZ, 5 Stunden nach dem Substorm und länger als die anderen Aufnahmen belichtet: Ein breites schwaches und strukturloses aber scharf begrenztes Band, gerade in seiner Ruhe – und bei dem brillianten Sternhimmel dahinter – ein erhabener Anblick (in größer im sechsten Album der dritten Reise). [8:45 MEZ] Man darf vermuten, dass dieses und dieses Bild und diese Bilder denselben Substorm zeigen, dieses Bild vielleicht seinen Ausklang. Und dies hier könnte der grüne Bogen danach von unten sein. [11:45 MEZ] Und noch zwei Bilder des Substorms – den keiner kommen sah – hier und hier. [15:00 MEZ] Zu guter Letzt wolkige Bilder von weiter nördlich von einem weiteren Schiff und ein weiteres Bild an Land. [21:40 MEZ]
Auch die folgende Nacht brachte noch einmal bei ~65°N – leider hinter immer mehr Wolken – eindeutige Polarlichter: Lang belichtete Aufnahmen (mehr in diesem Album) zeigten wieder ein grünes Band und darüber sogar rotes oder violettes Glimmen. Was mit erneuten Magnetometer-Ausschlägen zusammen hängen könnte. [23:55 MEZ – Ende. NACHTRAG: offenbar dieselbe Aurora, weiter nördlich gesehen]
Die Aurora über dem kanadischen Yellowknife vergangene Nacht um 9:02 MEZ, aus dem AuroraMAX-Archiv – zu einem Zeitpunkt, als die Magnetometer gar nichts taten. In den vergangenen zwei Stunden war dafür um so mehr los – mit einer grandiosen Aurora über Nordnorwegen als Folge. Bilder folgen … [22:20 MEZ am 10. Februar]
Selbst ein Australier in Nordeuropa auf Aurora-Jagd
Auch letzte Nacht gab es wieder Polarlicht über Nordskandinavien, allerdings nicht nur für diesen Fotografen hinter Wolken. Und zu den Scharen der aktuellen Aurorajäger gehört auch ein bekannter australischer Astrofotograf, der hier berichtet und in diesem Album seine Ergebnisse zeigt. Und gleich noch mehr aktuelle Polarlicht-Fotos sowie oben ein Zeitraffer-Video aus Finnland vom 8. Februar (auch eins von der Nacht davor); derweil kann man live in Kanada Aurora mit einer Fischaugenkamera gucken; vor zwei Stunden war eine Menge los. [10:40 MEZ. NACHTRAG: Musste leider hören, dass das eingebettete Video in Deutschland (aus leider nur zu bekannten Gründen) nicht geht – daher durch Link hinter Standbild ersetzt; es gibt Wege, es doch zu sehen …]
Hier startet eine Höhenforschungsrakete in ein Polarlicht hinein, in Alaska in der Nacht 6./7. Februar im Rahmen des VISIONS-Programms der NASA – und ein Fotograf schaute aus 200 km Entfernung zu, während die Raketen-Operation hier dokumentiert wurde. Die Abkürzung steht für „VISualizing Ion Outflow via Neutral atom imaging during a Substorm“, und erforscht wird, wie Polarlichter Sauerstoffatome in der oberen Atmosphäre in Fahrt bringen und so zuweilen einen interplanetaren „Aurora-Wind“ erzeugen. [17:05 MEZ am 9. Februar]
Zahlreiche Aurora-Expeditionen sind derzeit unterwegs
auf mindestens zwei Hurtigruten-Schiffen – Berichte von Ergebnissen dieses Bloggers in den vergangenen drei Nächten hier und hier und von der letzten Nacht von einem Schiff weiter südlich hier – und in zwei Camps in Finnland: Letztere bilden den ersten AuroraTweetup, aus dem bereits obiges Zeitraffer-Video der vergangenen ‚angeregten‘ Nacht, die Bilderalben hier (mit diesem Bild als bisher bestem) und hier sowie noch allerlei mehr (aber bisher keine systematische Gesamtschau) hervorgingen. [16:55 MEZ. NACHTRÄGE: weitere Bild-Ergebnisse hier, hier, hier, hier und hier, Bilderalben hier, hier und v.a. hier und hier. Und viel später auch der erste längere Bericht, allerdings auf Französisch, sowie ein längeres Zeitraffer-Video]
Schlagwörter: Aurora, Polarlicht
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