12. Dezember

Physik funktioniert: Supernova-Bild pünktlich erschienen!
In solchen Momenten wird einem so richtig bewusst, dass Wissenschaft – und nur sie – das Universum richtig beschreibt: Im Galaxienhaufen MACS J1149.6+2223 ist eine neue Punktquelle aufgeflammt (als „SX“ markiert) – genau wie bereits im April vorhergesagt und dann im November noch einmal genauer. Denn der Haufen wirkt als Gravitationslinse und hatte eine Supernova in einer Galaxie weit hinter dem Haufen bereits viermal ‚abgebildet (rechts markiert), was für großes Aufsehen gesorgt hatte. Und weil sich die Lichtwege und das Schwerefeld des Haufens gut modellieren ließen, kam bald auch die Vorhersage eines fünften Bildes zustande, das wegen des längeren Lichtweges später erscheinen sollte. Nun ist es da, pünktlich zum 100. Geburtstag der Allgemeinen Relativitätstheorie, die diesen Linsen-Effekt vorraussagt: Ein Hubble-Bild vom 30. Oktober zeigte es noch nicht, im November war da „marginal“ etwas gewesen, und am vom 10. Dezember (oben) war das 5. Bild schon deutlich, wenn auch – der Voraussage entsprechend – deutlich schwächer als die anderen vier Bilder der Supernova. [23:35 MEZ – Ende. NACHTRÄGE: ein Paper und weitere Artikel hier und hier]

Der Schweif von Komet Catalina ist wieder „ganz“ nach den gestrigen Disconnection Events: eine Aufnahme von heute von Martin Mobberley, weitere hier, hier, hier und hier. Auch ein angebliches Geminiden-Foto von der ISS, die Rolle der Sonne für’s Klima präzisiert (und eine Reaktion der AGU auf das Pariser Klima-Abkommen heute), neue Laser-AO für und das gefeierte öffentliche Archiv des Keck Observatory, Diskussionsbeiträge hier, hier und hier zur Mauna-Kea-Krise, der Prototyp des Cherenkov Telescope Array – und das ewige Thema Farbe in der Astronomie. [23:15 MEZ]
Hans-Peter Röser, deutscher Vater von SOFIA, 1949-2015
Am 8. Dezember ist mit nur 66 Jahren der langjährige Direktor und Leiter des Instituts für Raumfahrtsysteme (IRS) der Universität Stuttgart, Prof. Hans-Peter Röser, verstorben: Die Universität trauert um den Gründer des Deutschen SOFIA-Instituts und Initiator des Raumfahrtzentrums Baden-Württemberg. Röser war von Hause aus Radioastronom – und wollte immer schon hoch hinaus, wo die Atmosphäre nicht stört: Zu Beginn seiner wissenschaftlichen Laufbahn arbeitete er am MPIfR in Bonn an der Entwicklung von Beobachtungsinstrumenten (Heterodyn-Spektrometer) für den Einsatz an Bodenteleskopen und auf dem Kuiper Airborne Observatory (KAO). 1994 wechselte Röser an die Technische Universität Berlin, wo er die Professur für Weltraumsensorik übernahm. Bis 2002 war er zugleich Direktor des Instituts für Weltraumsensorik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Im September 2002 wurde Röser dann zum geschäftsführenden Direktor des Instituts für Raumfahrtsysteme (IRS) der Universität Stuttgart berufen und übernahm den Lehrstuhl für Raumfahrtsysteme und Anwendungen. Und Röser war Gründer des Deutschen SOFIA Instituts (DSI) an der Universität Stuttgart, welches verantwortlich ist für die Erfüllung des deutschen Anteils am deutsch-amerikanischen Stratosphären Observatorium für Infrarot Astronomie (SOFIA). [0:15 MEZ]
11. Dezember

Ein super-komplexes Disconnection Event im Schweif von Komet Catalina konnte heute Morgen beobachtet werden: ein Bild von Michael Jäger mit 10″/4.0 Moravian G3-11002 (zwei Felder, jeweils 3 x 450 Sekunden blau), weitere Bilder von heute hier, hier (Animation), hier und hier und von gestern hier, hier (Update), hier und hier. [23:45 MEZ. NACHTRAG: farbige und/oder weiter verarbeitete Versionen hier erwähnter Bilder hier (auch entsternt), hier und hier]



ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA
Ein Bild der Top-Kamera OSIRIS auf Rosetta. Von gestern!
Sechzehn Monate nach der Ankunft der Raumsonde Rosetta am Kometen Churyumov-Gerasimenko ein verblüffendes Geschenk zur zweiten Kometen-Weihnacht – und ein Kulturschock. Bislang waren die Bilder ihrer bei weitem schärfsten Kamera OSIRIS bis auf winzige Kostproben eisern unter Verschluss gehalten worden, bis heute ist kein Rohbild seit Juni 2014 im öffentlichen Archiv verfügbar (nächste Woche soll es immerhin alle Bilder bis September 2014 zu sehen geben), und aller Unmut bis weit ins Missions-Management hinein half nichts: Erst wollte das Instrumenten-Team genug eigene Papers verfassen, damit sich die Mühen von Kamera-Entwicklung und Betrieb in zitierfähigem Ruhm auszahlen sollten, der ‚Währung‘ der Wissenschaft. Dieser Punkt scheint nach der Veröffentlichung oder Einreichung dutzender Arbeiten nun erreicht zu sein: Völlig überraschend wurde soeben die Veröffentlichung aktueller OSIRIS-Bilder im Wochen- bis Tagestakt angekündigt, die in diesem Archiv landen. Schon diese erste Kostprobe von gestern aus 103 km Abstand mit 1.9 m/Pixel Auflösung – in der Mitte der ganze Kern, oben und unten Ausschnitte mit voller Auflösung – demonstriert die Qualität von OSIRIS gegenüber der Navigationskamera, von der bisher praktisch alles aktuelle Bildmaterial stammte. Irgendwie ist es nun wieder wie im Sommer 2014: Abstand 100 km, langsame Annäherung, diesmal sogar bis zum Aufsetzen im September 2016. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass die Öffentlichkeit jetzt endlich mit der optimalen Sicht quasi live dabei sein darf. [16:45 MEZ] Und hier ein aktuelles NavCam-Bild mit 8.8 m/Pixel zum Vergleich. Derweil hofft das Rosetta-Management, dass bald unabhängige Geister mit den rohen OSIRIS-Daten arbeiten können: „long overdue, IMO“. Und dass es so lange dauert: „no comment“ – nicht wirklich. Der frühere Projetmanager Rosettas kann es kaum fassen, dass da nun was kommt, andere spotten nur – und OSIRIS ist jetzt auf Twitter angekommen: welch Outreach-Offensive … [18:05 MEZ] Versuche von Bildverarbeitung am Premieren-Bild hier und hier – und ein böser Kommentar zu den verpassten Chancen bisher. [19:20 MEZ. NACHTRAG: weitere Verarbeitungen hier und hier]

Spuren des Reentry der Soyuz TMA-17M mit Expedition 45, von der ISS aus gesehen: Von der Nacht-Landung liegen wegen sehr widriger Umstände bislang keine Bilder vor. Nur 1/2 Stunde später startete die vielleicht letzte Zenit-Rakete, ebenfalls in Kasachstan. [14:50 MEZ] Ein erster Video-Clip der zurückgekehrten Crew (mehr, mehr und mehr) – und die letzte Zenit hat erfolgreich die Parkbahn erreicht. [15:15 MEZ] Zur Soyuz-Landung ein NASA Release und Artikel dazu und zur Nutzlast der Zenit. [15:35 MEZ. NACHTRÄGE: noch ein ISS-Bild vom Rückstand, Fotos von der Landestelle in Schnee & Nacht, ein sparsamer JAXA Release und mehr Soyuz-Artikel hier, hier, hier, hier und hier und zum Zenit-Start Artikel hier, hier und hier]
Heinrich Wänke, Pionier der Weltraumforschung, 1928-2015
Wie erst jetzt bekannt wurde, ist am 21. November der ehemalige Direktor des Max-Planck-Instituts für Chemie, Prof. Dr. Dr. h.c. Heinrich Wänke, im Alter von 87 Jahren verstorben: Der promovierte Kernphysiker und Meteoriten-Fan leitete von 1967 bis 1996 die Abteilung Kosmochemie am MPI für Chemie. Zu den Höhepunkten seiner wissenschaftlichen Karriere zählten die Untersuchung des Mondgesteins aus der Apollo 11-Mission sowie 1997 der Mars Pathfinder: Dessen Rover Sojourner hatte ein APX-Spektrometer aus Mainz an Bord, das die ersten chemischen Gesteinsanalysen auf dem Mars lieferte. Wänkes Forschungsarbeit fand breite internationale Anerkennung und wurde mit Preisen und Auszeichnungen geehrt. Bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1996 legte er eine umfangreiche Sammlung von 1900 Meteoriten aus allen Kontinenten an, die nach der Schließung der Abteilung Kosmochemie 2005 als Dauerleihgabe an das Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt kam. [1:15 MEZ]



Asteroiden-Radar-Beobachtungen mit dem Arecibo-Teleskop findet derzeit viele statt: oben vom 2-km-Brocken 2003 SD220 (dessen ‚Bilder‘ sogleich die Coverstory einer Zeitung in Puerto Rico wider irgendeinen Impakt-Unfug zierten), unten von (163696) 2003 EB50. Plus tödliche Algenblüte nach dem K/PB-Impakt vor 65 Mio. Jahren in den Meeren. [1:05 MEZ]
10. Dezember


Die beiden Gesichter des Kometen Catalina – heute früh
im direkten Vergleich: oben eine weitere Aufnahme von Michael Jäger aus den Alpen mit einem 10-Zöller, unten ein Bild dieses Bloggers aus dem suburbanen NRW mit einer Bridgekamera auf einem Stativ (Kometen ganz oben links; man erkennt einige der Sterne aus Jägers Bild wieder, unten die Venus) – Anklicken liefert weitere Bilder und technische Daten. Das untere Foto entspricht auch ganz gut dem Anblick im Fernglas: Catalina ist schwach und klein, die Koma ist so winzig, dass sie bei zu geringer Vergrößerung mit einem Stern verwechselt werden könnte. Und auch die Schweife machen sich rar: Dafür lohnt das frühe Aufstehen – kurz vor Beginn der Dämmerung steht der Komet am höchsten, heute 20° – nicht wirklich. Weitere Aufnahmen von heute hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier, von gestern hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier, von vorgestern im Detail hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier und mit größerem Feld hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier, vom 7. Dezember hier (aus solchem Material) und hier und vom 6. Dezember hier und hier, plus weitere Bilder und eine Übersicht – und ein neuer Komet Elenin, aber schwach. [23:35 MEZ]



Der Himmel über der Erde aus der Raumstation in den letzten Tagen aufgenommen – unten mit der Venus zwei Tage bevor Akatsuki ankam (und sie mancherorts vom Mond bedeckt wurde, wovon noch dieses hochauflösende Video des Eintritts aufgetaucht ist). Drei Besatzungsmitglieder kehren morgen zurück, etwas früher als geplant: eine Spätfolge des Progress-Fehlstarts. [22:50 MEZ]
Fand ALMA etwas Großes am Rand des Sonnensystems?
„Comments/suggestions on the nature of the source extremely welcome“ bzw. „Comments very welcome!“ Ungewöhnlich explizite Bitten um Hilfe begleiten „The serendipitous discovery of a possible new solar system object with ALMA“ und „A new submm source within a few arcseconds of α Centauri: ALMA discovers the most distant object of the solar system“, die seit heute Nacht für Aufsehen unter Spezialisten für das äußere Sonnensystem sorgen. Was da berichte wird, sind Detektionen sich langsam bewegender Radioquellen durch das Rieseninterferometer, die die Entdecker mit aller Vorsicht dem fernen Sonnensystem zuschreiben – was sie ungewöhnlich groß machen würde. Und sofort regte sich Widerspruch: Andere Himmelsdurchmusterungen im Infraroten hätten derlei kategorisch ausgeschlossen, die Entdeckungen bei nur wenig abgesuchtem Himmel würden eine absurde Anzahl solcher Körper implizieren – und womöglich seien eh alles nur Artefakte. Beide Papers sind noch nicht ‚referiert‘, und es ist wohl völlig offen, ob da nun etwas fundamental Neues über das äußere Sonnensystem gelernt wurde – oder über unbekannte Störungen des aufwändigen Radioteleskops … [11:30 MEZ] Artikel zu den Papers auch hier, hier und hier. [19:55 MEZ] Und die detaillierteste Hinterfragung der Papers bisher und gleich noch eine. [21:25 MEZ. NACHTRÄGE: dito hier, hier und hier – und ein Interview mit einem der Autoren]