Planeten im Planetarium – zum Greifen nahe

Die Nummer drei ist ausgeschlüpft: Heute feierte im Planetarium Münster die dritte Gemeinschafts-Großproduktion deutschsprachiger Planetarien nach „Ferne Welten – fremdes Leben?“ 2012 und „Zeitreise – vom Urknall zum Menschen“ 2014 Premiere. An „Planeten – Expedition ins Sonnensystem“ waren nun schon 19 Planetarien beteiligt: alle finanziell, mehrere bei der inhaltlichen Konzeption (deren Federführung erneut in Münster lag) und zwei an der visuellen Umsetzung, an der auch zwei Firmen sowie das Adler-Planetarium in Chicago Anteil hatten.

Und das ist das Konzept, wie es Regisseur Björn Voss vor der Uraufführung auf den Punkt brachte: Ausgewählte Aspekte des Sonnensystems sollten auf der Basis der neuesten Raumsonden-Erkenntnisse so realistisch wie möglich dargestellt werden. Mit (anonymen und nur in Apollo-Satzfetzen kommunizierenden) Astronauten vor Ort, die vor allem als Größenskala dienen, aber auch zuweilen für ein bisschen Action sorgen, um den Zuschauer in die Szenen zu ziehen. Mit futuristischen Raumschiffen und Vehikeln sind sie unterwegs, die in Münster mit GCI wie für einen Kinofilm entwickelt wurden.

Vor allem aber steckt eine ungeheure Menge an wissenschaftlichen Daten (insbesondere digitalen Geländemodellen), Informationen und weitergehenden Überlegungen in der Show, die in Münster ab dem 6. Juni und in den anderen 19 Institutionen (in Berlin sind gleich beide Großplanetarien dabei) bald darauf anlaufen wird – der Off-Kommentar spricht nur einen Bruchteil davon an. So gibt es zum Beispiel, wenn die ‚Expedition‘ durch die Jupiteratmosphäre schwebt, ein scheinbar kurioses Halo-Phänomen um die Sonne zu sehen – das aber akribisch für diese spezielle Atmosphärenchemie berechnet worden war. Ein wiederkehrendes und ausgesprochen gelungenes Element ist der virtuelle ‚Sturz‘ auf eine neue Welt hinab, bis unsere Astronauten bei der Forschungsarbeit klar erkennbar werden.

Nicht alle besuchten Objekte des Sonnensystems (auf Inspektionen von Merkur und Venus aus der Nähe wurde verzichtet, und so mancher interessante Planetenmond fiel der Schere zum Opfer – es gibt einfach zu viele) erweisen sich als gleich dramatisch. Den Erdmond wie den Mars aus der Nähe „kennt“ man einfach irgendwie schon, ersteren, weil wirklich mal jemand da war, letzteren aus zahlreichen Animationen und etlichen aufwändigen Kinofilmen. Aber so wie ein Churyumov-Gerasimenko nachempfundener Komet angesteuert wird, werden die „Planeten“ zu einem visuellen Hochgenuss: Die 3D-Grafik von Northdocks und elegante Illumination lassen den bizarr geformten Kleinkörper regelrecht lebendig werden. Was bald auch buchstäblich der Fall ist, wenn der Kometenkern auseinander bricht (und sich der Zuschauer fragt, was wohl aus dem Astronauten wurde, der dabei fort geschleudert wird).

Eine andere besonders mitreißende Szene ist – von FrogFish – der Sturz in einen der „Tigerstreifen“ des Saturnmonds Enceladus hinein und geradewegs in den Ozean unter seiner Eiskruste, gemäß dem Postberg’schen Szenario („Die überzeugendsten Indizien für flüssiges Wasser im Inneren von Enceladus“), auf dessen Boden hydrothermale Quellen warten. Und eine weitere Augenweide: der Pluto aus der Nähe (vom Planetarium Bochum; den wissenschaftlichen Berater für diese Szenen hatte übrigens dieser Blogger vermittelt). Und erst die Saturnringe, in deren recht ungewohnt scheinende Modellierung die Erkenntnisse aus gleich mehreren Cassini-Papers gesteckt wurden … kurzum: Greifbarer – und auch unterhaltsamer – als in „Planeten – Expedition ins Sonnensystem“ wird man die Erkenntnisse der aktuellen Planetenforschung schwerlich serviert bekommen. Und den gesamten Halbraum über dem Betrachter füllend. NACHTRÄGE: nach der Premiere in Bochum eine PM und Artikel hier und hier.

5 Antworten to “Planeten im Planetarium – zum Greifen nahe”

  1. Planeten-Premiere in Münster – Daniels Dies & Das Says:

    […] Münster Premiere von „Planeten – Expedition ins Sonnensystem“, mit LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale und Produzent Björn […]

  2. Bochumer Planeten-Premiere – Daniels Dies & Das Says:

    […] besuchte PK zur Bochumer Premiere der „Planeten – Expedition ins Sonnensystem“ – auch der WDR (Lokalzeit Ruhr) ist wieder […]

  3. Allgemeines Live-Blog ab dem 1. April 2020 | Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] Una curiosa historia del Universo aus der Reihe „Planetario en casa“ aus Madrid und die Planetariums-Show „Planeten – Expedition ins Sonnensystem“ von zahlreichen deutschsprachigen Planetarien als gekürztes 360°-Video für zuhause. Die IAU hat […]

  4. Allgemeines Live-Blog ab dem 11. April 2020 | Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] des Bochumer Planetariums (die auch hier gewürdigt werden), eine VR/360°-Kurzversion der 2017-er Planeten-Gemeinschafts-Show. Das Planetarium Köln war wieder live, es gibt (nun mit Mikrofon!) die 5. Episode aus dem […]

  5. Allgemeines Live-Blog ab dem 16. Oktober 2022 | Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] diesem Wochen und Monaten hat – fünf Jahre nach der Expedition ins Sonnensystem – die vierte Gemeinschafts-Produktion von über einem Dutzend deutschsprachiger Planetarien […]

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