Der gestrige Sonnenuntergang über Wien vom Donauturm ganz in der Nähe der IAU-Konferenz gesehen sowie der Mond über dem – allerdings vom dunklen Hochhaus weitgehend verdeckten – Tagungszentrum in der Donau City.
Aus einem gestrigen Vortrag von Heidi Hammel – mehr Slides im Album zur Tagung – über Beobachtungen im Sonnensystem mit dem James Webb Space Telescope: Praktisch alles wird sofort frei verfügbar sein! Und noch zwei Erkenntnisse aus dem Focus Meeting 5: Die Bahn des Halleyschen Kometen in Erdnähe 760 und v.a. 837 konnte anhand chinesischer und irakischer Chroniken besser bestimmt werden (aber neue Erkenntnisse über nicht-Keplersche Kräfte auf den Kern ergeben sich nicht, dazu sind die alten ‚Daten‘ viel zu ungenau). Und es gibt keinerlei eindeutige visuelle Beobachtungen von Plasmaschweifen von Kometen im Jahrhundert rund um’s Maunderminimum. [1:35 MESZ am 23. August]
Mond und Mars über dem Kunsthistorischen Museum und der Hofburg heute Nacht. Und von der Tagung aus dem Focus Meeting 14 zu Outreach-Fragen bemerkenswerte Zahlen zur Volksastronomie in Japan, ein kurioses Diskussions-Tool für Podiumsdiskussionen und Klick-optimierte Astro-„News“. Am Rand gab es auch die Schwarzschild-Medaille der AG während deren MV, und anderswo wurde der Landeplatz für MASCOT ausgewählt und startete der ESA-Satellit Aeolus zur Windmessung. [2:05 MESZ am 24. August]
„Under One Sky“ – eine Art zweites IYA nach 10 Jahren?
Im nächsten Jahr wird die Internationale Astronomische Union 100 Jahre alt, ebenfalls 100 Jahre werden seit jener Sonnenfinsternis vergangen sein, die der Allgemeinen Relativitätstheorie zum Durchbruch verhalf, und 50 Jahre seit der ersten Mondlandung: Anlass für die weltweite Dachorganisation der Astronomie, die letztere als solche, deren immens erfolgreiche letzte 100 Jahre aber auch sich selbst ordentlich zu feiern. Die „IAU100“-Festivitäten haben am Rande der laufenden General Assembly eine dezidierte Webseite bekommen und wurden gestern im Meeting der IAU-Divison C vorgestellt: Analog zum Internationalen Jahr der Astronomie 2009 wird es mehrere Projekte geben, die rund um den Globus von lokalen Aktivisten mit Leben zu füllen sein werden.
Das sind die Ausstellung „Above and Beyond“, deren Tafeln jeder selbst ausdrucken möge (in Wien ist eine Version zu sehen, die auf Wanderschaft gehen wird, allerdings ausgesprochen düster und kaum zu fotografieren), viele Starparties, namentlich eine Wiederholung der IYA-bewährten „100 Hours of Astronomy“ vom 18. bis 21. Januar, ein „Women & Girls in Astronomy“-Tag am 11. Februar, Events rund um das Apollo-11-Jubiläum am 20. Juli, „Dark Skies for all“, die bereits vorgestellte „Inspiring Stars“-Ausstellung (die dem Vernehmen nach demnächst in Chile, Belgien und Italien gastieren wird), die „Einstein Schools“, bei denen Sonnenfinsternisse für die Allgemeine Relativität und MINT allgemein werben sollen, die „Open Astronomy Schools“ zum Lehrer-Training und eine neuerliche Runde ExoWorld-Benennung.
Auch darüber hinaus gehende Initiativen rund um den Globus möge es geben, koordiniert von bereits über 90 IAU100-Nationalkomitees und/oder unabhängig bei der IAU eingereicht – und explizit sollen die rund um das IYA 2009 entstandenen Netzwerke reaktiviert werden. Fragt sich nur, ob sich die am Ende enorme Breitenwirkung des IYA auch nur annähernd wiederholen lässt – und wie sich (der Öffentlichkeit wie auch den Aktiven gegenüber) das Verhältnis von der Feier der Astronomie als solcher einerseits und Werbung für die IAU andererseits darstellt: Die astro-politische NGO tritt im Logo reichlich dominant auf, während das IYA-Logo gänzlich neutral war. Auch ist der Vorlauf diesmal auf wenige Monate beschränkt, während das IYA mehrere Jahre lang vorbereitet werden konnte: Mögen die National-Koordinatoren rasch in die Gänge kommen! [1:00 MESZ am 25. August. NACHTRAG: eine PM der Uni Wien und Artikel hier und hier zu „Above and Beyond“]
Zu Besuch im Globenmuseum in der Wiener Innenstadt: viele Bilder in diesem Posting, hier jeweils die ‚Konfrontation‘ von Krebs und Löwenkopf auf Globen von 1551 (Mercator) und 1621 und nach 1645 (zweimal Blaeu). Jede Menge mehr Wiener Museums-Astronomie folgt! [23:30 MESZ]
So sieht Japans Orbiter Akatsuki die Venus: Bilder der Kamera IR2 (oben bei 1.74 µm in Falschfarben), wie sie auf dem Planet Day der Tagung zu sehen waren – nebst zahlreichen weiteren, die eine Menge neue Einsichten über die Funktion der Venusatmosphäre geliefert haben, etwa zu stationären Wellen, eine Veränderung der Albedo bei 365 nm um einen Faktor 2 in nur 11 Jahren und bisher unbekannten Morphologien in den Wolken, die auf der Tagung noch vor der formellen Veröffentlichung gezeigt wurden. Mehr auf der Homepage der Mission, im Daten-Archiv und auch auf einer Seite für Parallel-Beobachtungen am Boden. [23:55 MESZ]
Heute vor 40 Jahren startete erstmals ein Deutscher ins All: eine Pressemitteilung der ESA und hier, hier, hier, hier und hier Artikel zum Flug des ‚Fliegerkosmonauten‘ Sigmund Jähn, der später auch viele seiner Nachfolger betreute. [0:25 MESZ am 26. August] Ein Grußwort der DLR-Chefin, ein Live-Event mit Gerst und weitere Artikel hier, hier und hier. [13:35 MESZ] Ein Posting von Roskosmos, eine Bilder-Serie, Tweets hier, hier und hier, Bilder vom Event und Artikel von einst und jetzt. [22:15 MESZ. NACHTRAG: noch ein Bericht vom Event]
Strategischer Plan der IAU nennt auch Amateurastronomen
Noch muss die laufende 30. Vollversammlung der Internationalen Astronomischen Union (am 30. August) über die entsprechende Resolution abstimmen, die den IAU Strategic Plan 2020-2030 implementieren soll, aber das gilt wohl als Formalie (wenn man die auf extra-schwerem Papier gedruckte Schrift in Zeiten ‚grüner‘ Papier-Einsparung betrachtet): So umfassend wie noch nie gibt sich die nächstes Jahr 100 werdende wichtigste internationale Vertretung der Fachastronomie mehr oder weniger konkrete Ziele für die kommende Dekade. Als da wären:
Während die Ziele 2 und 3 vornehmlich die freie Entfaltung der Astronomie in allen Ländern und sozialen Gruppen betreffen, wobei sie gleich noch zu den meisten der 17 Entwicklungs-Ziele der UNO für die Welt beitragen möge, haben die Ziele 1 und v.a. 4 und 5 elementar mit Kommunikation zu tun: der (Berufs-)Astronomen untereinander und zwischen Astronomie und Öffentlichkeit, speziell der Jugend aber auch jedem Bewohner des Planeten. Ziel Nr. 4 liegt dabei vornehmlich den Händen des in Japan angesiedelten IAU Office for Astronomy Outreach (OAO) und ihres Netzwerks von National Outreach Coordinators (NOCs), dessen wichtigste Aufgaben nun so ausgedrückt werden:
Hier tauchen im vierten Punkt doch tatsächlich Amateurastronomen auf, die in der IAU eigentlich nichts zu suchen haben (nur Doktores der Astronomie können Mitglieder, lediglich verdiente Mitarbeiter können neuerdings als „Assoziierte“ vorgeschlagen werden): Als Multiplikatoren sind sie freilich gern gesehen. Und im Text heißt es sogar: „Activities to connect professional and amateur astronomers will be strengthened in the coming decade.“ Das klingt nach gezielter Förderung von ‚Pro-Am‘-Projekten, bei denen Profis und Amateure zusammen arbeiten: Erfolge dabei – oft nur durch Zufall zustande gekommen – gibt es genug, aber keine der zahlreichen existierenden Divisions der IAU und ihrer Commissions und Working Groups bietet sich als offensichtliche ‚Heimat‘ für diese neuartige Koordinierungs-Aufgabe an. Anfragen an die Handvoll noch am ehesten passender Suborganisationen laufen … [23:05 MESZ]
Gesichter auf der IAU-Tagung (v.a. beim Focus Meeting 14 „IAU’s role on global astronomy outreach“ sowie beim Meeting der Division C „Education, Outreach and Heritage“) – Vielfalt wie selten in der Astronomie: Padma A. Yanamandra-Fisher, Oana Sandu (Barbulete), Franck Marchis, Richard Tresch Fienberg, Mike Simmons, Zhu Jin, Zara Randriamanakoto, ein Vertreter Ugandas und Jay M. Pasachoff. [22:25 MESZ am 27. August]
Jede Menge Facetten zu Astronomie und Öffentlichkeit
über Kommunikation und Citizen Science bis hin zu Pro-Am-Projekten (oben ein Poster in Sachen SoFi-Kollaboration; an- und mit „>“ weiterklicken) wurden am 23. und 24. August auf den vorgenannten Meetings sowie zahlreichen Postern zum FM 14 präsentiert und diskutiert: Zahlreiche Impressionen von dort und anderen Meetings der zweiten Wochenhälfte gibt es in einem zweiten Bilder-Album von der IAU-Tagung. Eine kleine Auswahl: ‚EuroVO for education‘ aus Italien bringt die Datenfluten des Virtual Observatory in die Öffentlichkeit und speziell an Schulen – die wiederum mit eigenen Remote-Teleskopen dazu beitragen; Esploracosmo bringt die Welten zusammen. Der Citizen-Science-Pionier Zooniverse bietet mit dem Tool ‚Project Builder‘ einen einfachen Weg für Wissenschaftler, sich der Massen zu bemächtigen: Derzeit laufen ~80 Projekte, insgesamt waren es schon 120+, momentan kommt etwa ein neues pro Woche dazu, und 1.7 Mio. Freiwillige machten schon mit. Man ist aber nicht Citizen-Fanatiker: Manchmal läuft maschinelles Lernen parallel, und dann ist der Roboter besser …
Das französische Dark Sky Lab verteilt Ninox-Himmelsmesser für präzise Lichtverschmutzungs-Messung, das CLIMSO-Projekt überwacht die Sonne und das Telescope Bernard Lyot stellare Magnetfelder – alles Pro-Am-Beispiele allein aus Okzitanien. Die Webseiten AAS Nova und Astrobites bereiten aktuelle Forschung auf. DAEPO ist Data-driven Astronomy Education & Public Outreach. Das Planetarium in Kapstadt visualisiert auch Daten für die Forschung. Die Museum Alliance bringt die NASA und (amerikanische) Museen etc. zusammen. Die portugiesischen Dark Skies Rangers klären über Lichtverschmutzung auf. Das Projekt AstroPix akkretiert Astro-Bilder für alle. Die Nr. 25 des CAP Journal wird eine Sonderausgabe zur SoFi 2017. Und die IAU-Kommission C2 „Communicating Astronomy with the Public“ will eine Arbeitsgruppe zu Volkssternwarten und Astrotourismus bilden und ein MOU mit der International Planetarium Society abschließen.
Am 24. August sprang dieser Blogger mehrfach zwischen dem o.g. Meeting der Divison C und dem ersten der „Planets Days“ der Division F hin- und her, wo reichlich Science in Sachen Planeten des Sonnensystems und außerhalb geboten wurde: Erkenntnisse von Raumsonden folgen in einem Extra-Artikel, und es gab reichlich bunte Bilder, aber hier seien zwei Beiträge zu Meteoren und Meteoriten hervorgehoben. Jiri Borovicka fand in den Lichtkurven gut beobachteter Feuerkugeln immer wieder harte Sprünge, die mit Fragmentationen einher gehen: Die Splitter haben dann jeweils eine stabilere Konsistenz als der Gesamtkörper zuvor und können tiefer in die Atmosphäre eindringen. Typischerweise erfolgt die Fragmentation in zwei Stufen.
Gonzalo Tancredi listete 76 Meteoritenfälle vom 18. Jh. bis jetzt auf, die Schäden irgendwelcher Art angerichtet hatten – während es hochgerechnet zu 1700 Fällen pro Jahr auf festem Land kommt. Damit kann man eine Menge Statistik versuchen, aber jährlich wiederkehrende „Meteoriten-Ströme“ gibt es offenbar nicht – und damit auch keine hervorgehobenen ‚gefährlichen Tage‘ (Slide oben). Da kann man ja zu sanften Klängen (vor dem käuflichen Radioteleskop) in die Kaffeepause gehen und zum Strudel greifen (auch aus der Division C; es geht um Neurale Netzwerke, die Exoplaneten in Lichtkurven suchen) … und die zweite Tagungswoche läuft seit heute, über die man per Twitter und Tagungs-Blog auf dem Laufenden bleiben kann. [23:35 MESZ – Ende. NACHTRAG: auch im neuesten IAU Astronomy Outreach Newsletter viele Links]
28. August 2018 um 21:34 |
[…] Abendstimmung vom Donauturm in Wien – den Sonnenuntergang gibt’s hier zu […]
14. April 2019 um 02:05 |
[…] IAU die Bedeutung von Amateurastronomen für Forschung wie Outreach zunehmend anerkennt, war schon auf der letzten Hauptversammlung 2018 angeklungen („Strategischer Plan der IAU nennt auch Amateurastronomen“), aber auch […]
23. September 2019 um 20:51 |
[…] ist der Interkosmos-Kosmonaut (oben mit Valery Bykovsky beim Einsteigen im August 1978, „Heute vor 40 Jahren …“) und spätere Mittler zwischen der westlichen und […]