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Nachrichten vom und zum Mond kompakt

2. Februar 2012

First Light für die MoonKAMS auf den neuen Mondorbitern des GRAIL-Projekts der NASA, die am 31.12. und 1.1. problemlos in ihren vorläufigen Mondumlaufbahnen ankamen und inzwischen Ebb und Flow heißen: Hier hat die MoonKAM auf Ebb erste Impressionen der Mondrückseite eingefangen. Und zwar gleich ein ganzes Video [NACHTRAG: eine andere Version, vom Hersteller der Kamera]:

Noch sind Ebb und Flow damit beschäftigt, ihre endgültigen Orbits einzunehmen, damit – voraussichtlich um den 8. März – mit der präzisen Vermessung des Mondschwerefelds begonnen werden kann (siehe ISAN 144-4). Und kurz vor dem Erreichen des Mondes wurde überraschend auch bekannt, dass über den Juni hinaus eine Missionsverlängerung bis Jahresende angestrebt werden soll – falls es mit trickreichen Manövern gelingt, eine partielle MoFi zu überstehen!

Die beste topografische Karte des Mondes „Global Lunar DTM 100“ ist von den Kameraleuten des Lunar Reconnaissance Orbiter in Deutschland und in Arizona aus 70’000 Aufnahmen der Weitwinkelkamera WAC durch Stereoanalyse erstellt worden: Alle 100 Meter gibt es eine Höhenangabe.

Der Dynamo im Mondinneren war verblüffend lange in Aktion

und hat noch vor 3.7 Mrd. Jahren dafür gesorgt, dass das Mare-Basaltstück 10020 einem starken Magnetfeld ausgesetzt war, hat jetzt eine Untersuchung desselben gezeigt – und da andere Gesteinsproben auf einen Dynamo bereits vor 4.2 Mrd. Jahren hinweisen, muss er mindestens 500 Mio. Jahre lang „gelaufen“ sein. Die Abkühlung des Mondinneren als Motor kann das keineswegs bewirkt haben, da sie viel schneller abgelaufen sein muss – aber auch andere Mechanismen für einen langlebigeren Monddynamo, die letztes Jahr vorgeschagen wurden (kontinuierliches Umrühren durch Wechselwirkung mit der Erde oder durch gelegentliche Impakte) reichen vermutlich nicht. Da hat also ein am 20. Juli 1969 während der ersten bemannten Mondlandung aufgelesener Stein nach 43 Jahren die Mondforschung in Aufruhr versetzt – wer braucht da noch eine republikanische Mondbasis … (Shea & al., Science 335 [27.1.2012] 453-6, Dwyer & al. und Le Bars & al., Nature 479 [10.11.2011] 212-8, Jault, ibid. 183-4; Universe Today 30., Welt der Physik 27., Space.com 26.1.2012; UCSC Release, New Scientist, BdW 9., Sky & Tel. 10.11.2011. Und SwRI Release 13.1.2012 zu LRO-Daten von LAMP, die für besonders haltbares Wassereis in kalten Kratern sprechen)

Bemühungen zum Schutz historischer Stätten & Relikte auf dem Mond nehmen Fahrt auf, je näher die ersten unbemannten Mondlandungen – auch privater Gruppen – rücken: Rechtlich bindend sind die No-Go-Zonen rund um Apollo 11 und Co. allerdings nicht, da nach internationalem Recht die USA kein noch so kleines Gebiet auf dem Mond für sich beanspruchen können. Auch wenn die Hardware – bis hin zu zurück gelassenen Mülltüten – Eigentum der USA bleibt. (New York Times 9.1.2012. Auch New Scientist 13.12.2011, New York Times 21., Spiegel 22.1.2012 [NACHTRAG: und BBC 20.2.2012] zur Suche nach verbummeltem Mond-Gestein und anderen außerirdischen Proben)

Chandrayaan-2 hat ein Massenproblem bei der Nutzlast

Die stammt zwar diesmal – im Gegensatz zu Chandrayaan-1 – nur aus Indien und hat keine ausländischen Zugaben mehr, aber die Planer tun sich nun schwer, die 5 Instrumente auf dem Orbiter und 2 auf dem Rover leicht genug hin zu bekommen. Auch ist der Starttermin unklar: Eigentlich sollte es 2013 los gehen, aber die Probleme mit der großen Rakete GSLV werden wohl zu einer Verschiebung um etwa ein Jahr führen. (DNA India 27.12.2011. Auch Prakasam & al., Current Science 102 [10.1.2012] 105-9 zu Messungen seismischer Effekte beim Start von Chandrayaan 1. Und Spaceflight Now 9.1.2012 zu den chinesischen Absichten, Chang’e 3 weiterhin 2013 zu starten) NACHTRAG: Weitere Verzögerungen von Chandrayaan 2 scheint die Krise der russischen Planetenforschung zu bewirken: Start nicht vor 2016?

Fünf große Satelliten finanziert: China puscht – endlich – seine Weltraumforschung

23. Mai 2011

Über 100 Satelliten hat die VR China bereits in den Weltraum gebracht, aber nur ein einziges Projekt – Double Star zusammen mit der ESA – diente allein der Forschung; auch die beiden Mondmissionen waren bzw. sind (s.u.) eher als Ingenieurexperimente zu sehen. Aber das wird jetzt anders: Die Chinesische Akademie der Wissenschaften hat in ihren 10-Jahres-Plan „Innovation 2020“, der ab diesem Jahr gilt, fünf z.T. ziemlich anspruchsvolle Forschungssatelliten aufgenommen, die bis 2016 starten sollen. Für die Weltraumforschung stehen in den kommenden 5 Jahren 3.6 Mrd. Yuan (400 Mio. Euro) zur Verfügung, und es soll ein neues Nationales Zentrum für Weltraumforschung entstehen. Den Anfang der neuen Ära macht das Hard X-ray Modulation Telescope (HXMT), dessen Start schon mehrfach verschoben worden war und das nun 2014 abheben soll: Geplant ist eine Himmelsdurchmusterung mit großem Gesichtsfeld. Andere der nun möglich gewordenen Missionen beschäftigen sich u.a. mit Weltraumwetter, Dunkler Materie & Energie und … Quantenverschlüsselung. (Science 20.5.2011 S. 904)

Chang’e verlässt im Juni den Mondorbit wieder – und zwar in Richtung des zweiten Lagrange-Punkts

Die Informationen sind vage, aber es scheint nun fest zu stehen, dass der zweite chinesische Mondorbiter Chang’e 2 (siehe ISAN 123-8) nach der Aufnahme von allerlei Bildern (von denen aber kaum etwas veröffentlicht wurde) am 16. Juni wieder aus der Umlaufbahn entfernt und zum Lagrangepunkt 2 des Erde-Mond-Systems geschickt wird, also von der Erde aus gesehen „hinter“ den Mond. Was er dort tun soll, wird nicht verraten, und Beobachter vermuten, dass es vor allem um’s Ausprobieren der Himmelsmechanik geht. Und was hat Chang’e im Mondorbit getrieben? Geschichten von einer globalen Mondkarte mit 7 Metern pro Pixel erscheinen – im Vergleich mit anderen, großen Mondmissionen – eher fragwürdig. (Planetary Society Blog 18.5.2011. Und ein NASA Feature 19.5.2011 zur Fertigstellung des GRAIL-Mondorbiter-Paares der NASA, das Ende des Sommers starten soll [NACHTRAG: und soeben am Cape angekommen ist])

Ärger mit GSLV-Rakete verzögert zweiten indischen Mondorbiter: Frühestens 2014 kann Chandrayaan-2 („Russischer Lander …“) starten, weil die indische Raumfahrtbehörde die dafür notwendige Großrakete GSLV nach mehreren spektakulären Fehlstarts noch einmal gründlich in die Mangel nehmen will. Russland soll inzwischen zugegeben haben, dass eine Designschwäche der Nutzlastverkleidung die Ursache für zumindest das jüngste Versagen im Dezember 2010 war. (India Today, DNA 15.5.2011. Und PTI 27.4.2011 über eine mögliche indisch-amerikanische Mond-Kollaboration und BBC Online 18.5.2011 über einen vorgeschlagenen ESA-Mondlander 2018 als Vorbereitung eventueller bemannter Missionen, den aber der Ministerrat noch absegnen muss)

Nachrichten vom (Erd-)Mond kompakt

21. Oktober 2010

12 1/2 Monate danach: LCROSS-Papers endlich publiziert

Jetzt kann man endlich auch in referierten Papers – gleich 6 an der Zahl: morgen in Science – nachlesen, was beim LCROSS-Impakt heraus gekommen ist, ganz wörtlich gesehen: Es waren Körnchen aus reinem Wassereis, zuzüglich so vieler flüchtiger Beimischungen, dass eine ganze Reihe von Quellen (sowie komplexe chemische Prozesse) angenommen werden müssen. Dominante Lieferanten waren wohl Kometenkerne, ihre Hinterlassenschaften auf dem Mond sind ungleichmäßig verteilt, und allerlei leichte Metalle gibt es auch noch. Die genauen Abläufe während des Impakts liefern auch Aussagen über die physische Beschaffenheit des Regoliths und wie das flüchtige Material darunter gemengt ist. (Ames [telecon visuals], Brown, U of A, JPL, SwRI Releases, Washington Post, New York Times, Space.com, Planetary Society Blog, IO9, Universe Today [more] 21.10.2010)

Der LRO ist nun ein wissenschaftlicher Mondorbiter und keiner mehr, der in erster Linie die Landung von Astronauten vorbereiten soll: Am 16.9. beendete der Lunar Reconnaissance Orbiter seine „Exploration“ – alle Ziele wurden erreicht – und wird nun die kommenden 2 bis 4 Jahre reine Forschung betreiben. Als als Gehilfe der bemannten NASA-Fraktion hat der LRO eine Menge Wissenschaft (und mehr Daten als alle anderen Planetenmissionen zuvor zusammen) abgeworfen: So hat sein Laseraltimeter einen kompletten Katalog von 5185 Impaktkratern > 20 km Durchmesser geliefert, aus dem man schließen zu können glaubt, dass sich die Population der Impaktoren vor 3.8 Gyr veränderte. Und sein IR-Instrument Diviner hat gezeigt, dass der Mond geologisch komplexer als bisher gedacht ist. (Head & al./Greenhagen & al./Glotch & al., Science 329 [17.9.2010] 1504-13; NASA Release 15., JPL, Stony Brook Releases, Diviner Blog, Planetary Society Blog 16., Oxford Release, Science Journalism Tracker 17., Physics World 21.9.2010. Auch LROC-Bilder, Planetary Society Blog und Universe Today zu kleinen Mondbrücken, LROC-Bilder von Mondlöchern und Universe Today, StarStryder, New Scientist Blog mit weiteren LRO-Entdeckungen)

Wieviel über die Ausgasungen des Mondes fand Chandrayaan I schon 2008 heraus?

In Indien erhitzen sich die Gemüter („Zu wenig Anerkennung …“) weiter über die Frage, wie viel der vermeintlichen „NASA-Entdeckungen“ in Sachen Wasser & mehr im Mondboden – durch LCROSS bzw. NASA-Instrumente auf dem indischen Orbiter Chandrayaan I – eigentlich das kleine CHACE-Instrument vorweg genommen („Chandrayaans Moon Impact Probe …“) hat, das 2008 mit der Moon Impact Probe auf die Oberfläche stürzte. Diese Kapsel war primär ein Ingenieur-Experiment mit der Wissenschaft nur als Zugabe – aus diesem Grund war es nicht möglich, CHACE vor dem Abwurf ausgiebig zu eichen. Seine Daten während des Abstiegs, mit H2O, C02 und manchem mehr, sehen zwar gut aus (und scheinen zu den nun publizierten LCROSS-Auswertungen zu passen) – aber der letzte Beweis, dass es sich nicht doch überwiegend um Ausgasungen des Instruments oder der MIP selbst handelt, kann scheint’s nicht geführt werden. Und so ruhen die Hoffnungen nun auf einem ähnlichen Instrument auf dem Orbiter Chandrayaan II, das a) geeicht und b) wesentlich länger und systematischer nach Ausgasungen vom Mondboden – d.h. der Mondexosphäre – schnüffeln soll. (Frontline 25., Beyond Moon & Mars 24., Parallel Spirals 23., 21., Telegraph 19., Beyond Moon & Mars 15.9.2010. Und ein EuroPlaNet Release und Astronomy Now zu Chandrayaan-Beobachtungen zur Wechselwirkung von Mondoberfläche & Sonnenwind)

12 Instrumente werden auf dem russischen Lander von Chandrayaan II sitzen, wurde jetzt bekannt; der Orbiter und vom Lander ausgesetzte Rover („Russischer Lander …“) tragen weitere 5 bzw. 2 Instrumente. Bei der russischen Lander-Nutzlast geht es in erster Linie um die Entstehung des Mondbodens und Prozesse, die darin ablaufen. Derweil scheint es möglich, dass der kleine Rover u.a. in eine Höhle rollen wird. (Parallel Spirals 13., Space.com 9.10., Parallel Spirals 24.9.2010)

Wieder ein chinesischer Satellit im Mondorbit

Chang’e 2 ist das Ersatzmodell des erfolgreichen Orbiters Chang’e 1, das auch wieder mit denselben, wenn auch z.T. verbesserten, Instrumenten auf die Reise gegangen ist – aber diesmal in nur 5 Tagen (1. bis 6. Oktober) statt 12. Und der kurz nach der Ankunft eingenommene 100 km hohe Orbit liegt nur halb so hoch wie beim letzten Mal: Besonderes Interesse soll dem Sinus Iridum gelten, wo die Chinesen mit Chang’e 3 vermutlich die erste Landung wagen werden. (Und sich inzwischen wegen der ganzen lunaren Ausgasungen Sorgen machen, dass ein astronomisches UV-Teleskop auf den Lander womöglich Probleme haben wird.) Die Primärmission von Chang’e 2 dauert 6 Monate: Danach wird sie entweder verlängert oder aber Chang’e 2 in ein Ingenieurexperiment umgewandelt und entweder zur Erde zurück oder noch tiefer in den Raum hinein geschicht, beides als Training für künftige komplexere Missionen. Da diesmal auf der stärkeren Langer Marsch 3C statt der 3A gestartet wurde, konnte reichlich Sprit für exotische Manöver mitgenommen werden. (Beijing Review 18., Space Daily 12., Space Today 7., Xinhua, Spaceflight Now, Space Daily 6., Lunar Networks 4., Xinhua, Planetary Society Blog, Space Today 1.10., EPSC Release 21.9.2010. Und ein EPSC Release und der Spiegel zur 1. Mikrowellenkarte des Mondes von Chang’e 1)

Alle Daten von SMART-1 stehen nun der Wissenschaft zur Verfügung – und vor allem die vielen Bilder der AMIE-Kamera auf dem europäischen Mondorbiter sind bislang kaum ausgewertet worden: Sie zeigen die Mondoberfläche mit 40 m Auflösung unter vielen verschiedenen Beleuchtungen, woraus man einiges über die physische Beschaffenheit des Bodens lernen kann. (ESA Release 21.9.2010. Auch ESA und Astrium Releases und BBC zu einer Studie für einen ESA-Mondlander)

Hervorragende Laser-Echos vom lange verschollenen Lunochod 1, der erst dieses Jahr auf Bildern des LRO gefunden wurde, sind mit dem APOLLO-System des Apache Point Observatory erhalten worden: Sie sind viermal so stark wie von Lunochod 2. Nun eröffnen sich eine Menge Möglichkeiten für detaillierte Vermessungen der Mondbewegungen, „parkt“ doch der 1. sowjetische Mondrover als einziger nahe am Mondrand. Und weil sein Retroreflektor noch so gut ist, kann er sogar in der Sonne benutzt werden. (Murphy & al., Preprint 28.9., arXiv blog 1.10.2010)

Nachrichten vom Mond kompakt

19. August 2010

Der Mond ist um 200 Meter geschrumpft – und noch kein Ende in Sicht

Die Abkühlung des Mondes seit seiner Entstehung geht mit einem geringfügigen Verlust an Durchmesser einher, der sich durch tektonische Verwerfungen auf seiner Oberfläche bemerkbar macht: Bisher kannte man nur wenige solcher „lobate scarps“ (wörtlich: gelappte Böschungen), aber die Kamera des Lunar Reconnaissance Orbiter hat nun 14 weitere entdeckt und sie nun auf dem gesamten Körper nachgewiesen. Viel größere lobate scarps kennt man vom Merkur, der im Rahmen seiner Abkühlung gleich um Kilometer kleiner geworden ist – beim Mond dagegen spricht das scarp-Muster für einen Durchmesserverlust um gerade einmal 200 Meter.

Allerdings passierte das nicht schon in der fernen Vergangenheit: Die scarps sind so frisch und kraterarm, dass sie in den letzten 800 Mio. Jahren entstanden sein dürften. Und die Schrumpfung dürfte noch immer andauern, wenn sie auch mit abnehmender Restwärme des Mondes ständig langsamer wird und irgendwann ganz zum Erliegen kommt. Von der Erde aus nachweisen kann man den winzigen Effekt wohl gar nicht, aber er zeigt doch, dass der Mond geologisch gesehen noch ‚lebt‘. (NASA Telecon, Visuals, Press Release, Air & Space Blog, Scientific American, New Scientist, Telegraph 19.8.2010) NACHTRAG: wer sonst noch im Sonnensystem schrumpft.

Ein natürlicher Mondkrater, der höchstens 38 Jahre alt ist, findet sich auf einer LRO-Aufnahme: Zu Apollo-Zeiten (konkret: als Apollo 15 vorbei kam) war an dieser Stelle eindeutig noch nichts, und weit und breit ist kein – bekanntes – Stück Mondhardware eingeschlagen, der alle bisher vom LRO entdeckten neuen Krater zuzuschreiben sind. (Planetary Society Blog 27.7., LSI News 3.8.2010. Auch Details des Kraters Bhabha in schräger Sicht, Nature zur Datierung mit Mondkratern und LRO-Bilder eines Mond-Vulkans sowie von Löchern, die nun auch im Schrägblick untersucht werden sollen. Neue LRO-Datenprodukte auch von Diviner und Mini-RF)

Indizien für ein – moderat – feuchtes wie ein sehr trockenes Inneres des Mondes

sind kurz nacheinander veröffentlicht worden, basierend auf Untersuchungen von Mondgestein mit neuartigen Techniken: Ein klares Bild ergibt sich daraus nicht. Erst wurden Fluor, Chlor und das Hydroxyl-Ion OH- in Apatit (Kalziumphosphat) von einer Apollo-15-Probe („Tatsächlich Wasser …“) und einem Mondmeteoriten und Wasserstoff/OH-, Chlor und Schwefel in Apatit in einem Apollo-14-Stein gefunden, die im letzteren Fall auf Mengenanteile flüchtiger Substanzen (Wasser inklusive) wie in irdischem Magma hinwiesen – aber dann wurden in anderem Mondgestein stark schwankende Isotopenverhältnisse von Chlor entdeckt. Die Anwesenheit von Wasser hätte dies vermutlich verhindert, da das Chlor mit dem Wasserstoff eine Verbindung eingegangen wäre, sich so aber an Metalle halten musste; das führt zu anderen Entweich-Verhältnissen. Vielleicht haben beide Studien recht, und das Mondinnere ist sehr uneinheitlich: Um das zu klären, müssen noch viel mehr Mondproben untersucht werden. (Boyce & al., Nature 466 [22.7.2010] 466-9; PSRD 1., Caltech, Univ. TN Releases 21.7., Univ. of NM, LANL Releases 5.8.2010; Science News „28.“, Sky & Tel. 11., Nature 6., Scientific American 5.8.2010. Und Universe Today zum weiter konfusen lunaren „Wasserzyklus“ auf der Oberfläche)

Der erste Nachweis von Graphit auf dem Mond – teilweise in Gestalt sogenannter Whiskers – ist in einer Probe von Apollo 17 gelungen: Entweder brachte die der Impaktor mit, der das Mare Serenitatis schuf, oder sie kondensierten aus der Dampfwolke nach dem Einschlag. Auf jeden Fall scheint kohlenstoffhaltiges Material aus der Zeit des Late Heavy Bombardement noch auf dem Mond zu existieren. (Steele & al., Science 329 [2.7.2010] 51; JPL Release, Scientific American 1.7.2010)

Russischer Lander mit indischem Mini-Rover auf Chandrayaan-2

Nach gewisser Verwirrung scheint nun klar zu sein, dass die nächste indische Mondsonde („Der Bau von …“) nur einen Rover mitführen wird, und zwar einen selbst gebauten – aber abgesetzt wird er mit einem russischen Lander. Mit einer Masse von 15 kg ist der indische Rover ein Winzling, verglichen mit den russischen Lunochods (750 kg), aber für ein paar Instrumente reicht’s (während auf dem Lander bis zu 10 russische Instrumente, z.T. entwickelt im Rahmen von Fobos-Grunt, installiert werden könnten). Ungefähr zur selben Zeit – Anfang 2013 – soll auch im Rahmen der 3. chinesischen Mondmission Chang’e 3 („Ergebnisse …“) ein Rover abgesetzt werden: Hier zeichnet sich ein interessanter Wettlauf ab. (Parallel Spirals, Deccan Chronicle 15., BBC 13., Parallel Spirals 5., Ministry of Science and Technology PR 4.8., The Hindu 27.7.2010. Auch: Lunar Networks und Xinhua zu Ergebnissen von Chang’e und NASA und Parallel Spirals zu Ergebnissen von Chandrayaan-1 – und Current Science zu Unmut über dessen Datenpolitik …) NACHTRAG: Ein spanisches Blog hat Bilder des Landers. NACHTRAG 2: Warum kein russischer Rover mehr? Spekulationen … NACHTRAG 3: die Nutzlast von Chandrayaan-2 – erwartungsgemäß diesmal alles Made in India auf Orbiter & Rover. NACHTRAG 4: doch ein 30- bis 100-kg-Rover möglich, sagen die Russen. NACHTRAG 5: Der Orbiter wird tiefer fliegen als Chandrayaan-1.

Konsequenzen für den Google Lunar X-Prize werden möglicherweise die indischen und chinesischen Mondrover haben: Die Regularieren für den Wettbewerb, bei dem ein zu 90% privat finanzierter Mondrover abgesetzt werden soll, um dann bestimmte Aufgaben zu erfüllen, werden vermutlich verschärft. Sollte nämlich einer der Regierungs-Rover dem ersten privaten zuvor kommen, dann gibt’s ein geringeres Preisgeld – dafür wird aber gleichzeitig die Deadline entschärft. (Asia Times 12.8.2010)

Erste Artemis-Sonde (Ex-THEMIS) bald im Mondorbit: Diesen Monat und im Oktober sollen die beiden umgeleiteten Erdorbiter in Umlaufbahnen um den Mond eintreten („Die beiden …“); bis nächsten April müssen die Bahnen noch angepasst werden. Dann kann die neue Mission „Acceleration Reconnection and Turbulence and Electrodynamics of the Moon’s Interaction with the Sun“ beginnen, deren Finanzierung zwar noch nicht steht aber als ausgemacht gilt. (Discovery 27., New Scientist Blog 29., Lunar Networks 30.7., DLF 6.8.2010. Auch: JPL Release zum Bau der GRAIL-Mondorbiter) NACHTRAG: ARTEMIS-P1 ist am 25.8. im Orbit angekommen! NACHTRAG 2: Nee, nicht wirklich!

Nachrichten vom Mond kompakt

9. April 2010

Die Entdeckung eines bisher unbekannten Minerals auf Mond in Daten des Moon Mineralogy Mapper (M3) der NASA auf dem indischen Mondorbiter Chandrayaan-1 belegen diese Bilder: Für die rechte Darstellung des linken Ausschnitts aus der Mondoberfläche wurde für jedes Pixel der Wert des bei 2 µm reflektierten Sonnenlichts durch den Wert bei 1 µm dividiert. In zwei Bereichen der Ebene Sinus Aestuum macht sich so ChromitSpinell bemerkbar: Insgesamt bedeckt dieses Mineral zehntausende Quadratkilometer der Vorderseite des Mondes – und wurde bisher übersehen, weil es keine Daten bei 2 µm gab. (NASA-Feature 8.4.2010. Auch: Mondkarten – u.a. in Principal Components – von M3)

Chandrayaans Moon Impact Probe registrierte H2O und CO2

mit dem Massenspektrometer CHACE, während die 35-kg-Sonde im November 2008 auf den Mond zustürzte: Das ist erst jetzt mit der Veröffentlichung eines Papers bekannt geworden. Der Partialdruck der beiden nachgewiesenen Gase – eine irdische Verunreinigung des Detektors soll ausgeschlossen sein – ist zwar winzig, aber es passt wohl ins (neue!) Bild des Mondes, dass der Boden allerlei Flüchtiges ausdünstet. (Sridharan & al., Plan. & Space Sci. 6., Parallel Spirals 22., 24., 30.3., Plan. Soc. Blog 7.4.2010)

Auch – dicht – unter sonnigem Mondboden kann Wassereis überleben, besagen neue Modellrechnungen, die die mysteriösen Daten des Instruments LEND (1. Item) auf dem Lunar Reconnaissance Orbiter erklären könnten, wonach es auch Eis in Kratern ohne ständig schattigen Boden gibt. Ein paar Dezimeter Mondboden sollten genügen, um Eis zu konservieren: Das wäre eine gute Nachricht für künftige Siedler, die zum Eisholen nicht immer zu den Polen fahren müssten. Die weitere Analyse der LCROSS-Daten hat derweil gezeigt, dass nicht nur Wasserdampf sondern auch Eisteilchen in der Ejektawolke aus dem Krater Cabeus waren: Das Wasser war also nicht nur an irgendwelche Mineralien gebunden. (Science 19.3.2010 S. 1448)

Dänische Mondlande-Amateure wollen Testsatellit in der Südsee starten

Die European Lunar Exploration Association (Euroluna) ist ein dänischer Bewerber um den Google Lunar X PRIZE, bei dem ein kleines Fahrzeug auf dem Mond abgesetzt werden soll – und Computer, Radio, Kamera und v.a. der Raketenantrieb sollen diesen Dezember mit dem Kleinsatelliten MiniRomit1 getestet werden. Der wiederum auf der ersten „Neptune 30“ der US-Firma Interorbital Systems gestartet werden soll. Die dafür eine Startanlage im Südsee-Königreich Tonga auf der Insel ‚Eua errichten darf und dort v.a. einen Markt für Kleinstsatelliten („TubeSats“) anpeilt, die als Bausatz inklusive Start nur 8000 US-Dollar kosten. MiniRomit1 ist da – als Doppel-CubeSat – schon etwas größer (10 x 10 x 20 cm) und wird sich die N30 mit weiteren CubeSats und 26(!) TubeSats teilen: Die werden alle in 310 km Höhe ausgesetzt, was bewusst ihre Lebensdauer begrenzt; MiniRomit1 jedoch soll dank seines Triebwerks bis auf 700 km Höhe steigen. Funkamateure in aller Welt sind aufgerufen, die Bilddaten des Satelliten aufzufangen, so dass in Dänemark aus den Einzelpixeln komplette Bilder zusammengesetzt werden können. (Pacific Islands Report 8.1., Space News 1.2., Euroluna Press Release 25., ORF Future Zone, Science Blogs 29., KySat 31.3.2010) NACHTRAG: Hat’s noch wer gemerkt.

Deutscher GLXP-Bewerber unschlagbar „preiswert“? In einem Radiointerview geben sich die „Part-Time-Scientists“ („Deutsche Computerfreaks …“) ungebrochen optimistisch, dass sie gute Chancen auf den Gewinn des Mond-Preises haben. Und dafür nur 15 Mio. Euro benötigen würden, während die Mitbewerber eher in der 80-Mio.-Euro-Zone lägen – das sei ja wohl zu machen. (MotoFM 30.3.2010, über diese Seite abrufbar) NACHTRAG: Die neue Wikipedia-Seite zu den PTS vermisst auch Details zur Raumfahrttechnik …

Das Bild des Wassers auf dem Mond wird immer komplizierter

7. März 2010

Noch vor einem Jahr wurde das Thema kaum ernstgenommen, angesichts allenfalls schemenhafter Indizien, aber das hat sich dank einer Flut von Entdeckungen der aktuellen Generation von Mondmissionen schlagartig geändert – und schon wieder gibt es neue Erkenntnisse, die das Gesamtbild immer komplizierter erscheinen lassen.

  • Ein weiteres Instrument auf dem Lunar Reconnaissance Orbiter sorgt für Verwirrung, denn der Neutronendetektor LEND registriert die Signatur von Wassereis nur aus einem Bruchteil von schattigen Polkratern (darunter immerhin jenem Cabeus, wo LCROSS eine Wasserdampfwolke aufsteigen ließ), während andererseits auch in gut besonnten Mondregionen Eis vorzukommen scheint. Wenn sich das bestätigen sollte, haben wir einen wesentlichen Prozess des Mond-Wasser-Kreislaufs – Eisablagerung in größerer Menge nur in polaren Kältefallen – überhaupt nicht verstanden, doch es gibt auch gewisse Zweifel an den Messungen selbst. (Nature Blog 2.3.2010, New Scientist 22.12.2009)

  • In rund 40 – korrekt schattigen – Kratern in der Nähe des Mond-Nordpols hat das Radar Mini-SAR auf Chandrayaan-1 Hinweise auf Wassereis gefunden: Das streut nämlich dank vieler interner Reflexionen zirkular polarisierte Strahlung mit derselben Drehrichtung zurück, während normaler Boden die Richtung umdreht. Den Eis-Effekt kann zwar auch besonders rauher Boden nachahmen, der bei einem Impakt zu erwarten ist, aber die Mini-SAR-Daten zeigen, dass der Effekt auf die glatten Böden der 2 bis 15 km großen Krater beschränkt ist. Und es gibt ihn auch nur in permanent schattigen Kratern. Hochgerechnet mindestens 600 Mio. Tonnen Wassereis dürfte das Radar damit nachgewiesen haben, in grobem quantitativem Einklang mit alten Neutronendaten des Lunar Prospector. (NASA Feature, Air Space Mag Blog 1., ISRO Release, Tagesschau 2., Scientific American, Times of India, Space Today, Science Blogs 3.3.2010)

  • In der Ejektawolke nach dem LCROSS-Impakt („Wassereis …“) sind neben Wasserdampf inzwischen sicher SO2, CH3OH und H2C4 nachgewiesen worden. Eine klare Antwort auf den Ursprung des Wassers in Cabeus („Das Wassereis …“) und seiner Beimischungen wird aber offenbar weiter gesucht: Angesichts der Vielfalt der Daten scheint es nun möglich, dass das Wasser auf dem Mond mehrere verschiedene Quellen haben könnte. (Sky & Tel. 2.3.2010)

Die Anlieferung des Mondwassers durch Kometen oder bzw. Bildung mit Hilfe des Sonnenwinds, der Transport der Moleküle von einem Ort zum anderen und ihre langfristige Ablagerung sind ein ganz frisches Thema für die Planetenforschung geworden – während sich Inder und Amerikaner gerade noch um die Priorität streiten, wer als erster was klar nachgewiesen hat: Für die indische Presse sind diese ‚lunar water politics‘ bereits ein Thema … (Times of India 3.3.2010) NACHTRÄGE: Science@NASA und Discovery zur Herkunft des ‚Moon water‘.

Die Laser-Retroreflektoren auf dem Mond werden immer schlechter, offenbar die Wirkung von – elektrostatisch angehobenem und herumgeblasenem – Mondstaub: Entweder zerkratzt er die von Apollo-Astronauten und Lunochod-Rovern zurückgelassenen Katzenaugen oder er legt sich nur drauf. So oder so verändert er die thermischen Eigenschaften der Spiegel, die jeweils bei Vollmond – aber nicht während der Totalität einer MoFi – besonders schlecht die irdischen Laserblitze zurückwerfen. Das erschwert zumindest für kleinere Laserteleskope die Vermessung der Mondbahn, was für die Suche nach subtilen relativistischen Effekten immer noch interessant ist. Und dient als Warnung für die Planer futuristischer optischer Sternwarten auf der Mondoberfläche. (Murphy & al., Preprint 3.3.; New Scientist 15., Lunar Networks 16.2., Science Blogs 5.3.2010)

Lava-Tunnel auf dem Mond bleiben in den Schlagzeilen

Während die Kamera LROC des Lunar Reconnaissance Orbiters neue Bilder der bekannten „Marius-Hills-Grube“ geliefert hat, wo offenbar ein unterirdischer Lavakanal eingebrochen ist, gibt es von der Terrain Mapping Camera auf Chandrayaan-1 ein Bild aus dem Oceanus Procellarum, wo eine Mondrille streckenweise unterirdisch zu verlaufen scheint. Schon wird in der indischen Presse spekuliert, dass man doch in solch einem Mond-Tunnel gut einen Rover parken könnte … (The Hindu 9.2., LROC Featured Image 1., Parallel Spirals 3.3.2010) NACHTRAG: lunare Lavaröhren als Habitate für Mondbewohner.

Noch eine Chandrayaan-1-Entdeckung: eine „neue Art Mondgestein“, das von Magnesium-Spinel dominiert wird – das soll nicht zu gängigen Modellen der Entwicklung der Mondkruste passen. (The Hindu 9.2.2010)

Der Bau von Chandrayaan-2 beginnt dieses Jahr

Bei der 2. indischen Mondmission – deren Start für das 1. Quartal 2013 angepeilt wird – geht es um das Absetzen von zwei Mondrovern, die jeweils bis zu einem halben Jahr durchhalten sollen. Dafür wird die Zahl der mitgeführten Instrumente deutlich kleiner als bei Chandrayaan-1 mit seinen 11 ausfallen. Und Bewerber aus dem Ausland haben diesmal entsprechend weniger Chancen. (The Hindu 2., DNA 27., Sify 28.1.2010)

Chang’e-2 soll bis zu 1 Meter Auflösung erreichen: Zwar wird als Bildauflösung der Kamera des 2. chinesischen Mondorbiters – der noch dieses Jahr starten soll – 7 Meter angegeben, aber im Tiefflug könnte sie bis auf einen Meter steigen. Derweil hat China verkündet, die Technologie seit bald bereit für eine Mondlandung, und auch wenn es explizit keine konkret Pläne für eine bemannte solche gibt (die US-Politiker so gerne beschwören), so dürfen die Ingenieure des Landes zumindest schon mal über eine Mega-Rakete im Stil der Saturn V nachdenken. (People’s Daily 12.1., 8.2., AW&ST 5.3.2010) NACHTRAG: „Um 2013“ soll Chang’e 3 starten, mit Lander & Rover. NACHTRAG 2: Und über ein Labor für Mondgestein wird auch schon nachgedacht.

Nachrichten vom Mond kompakt

22. Dezember 2009

LRO-Erkenntnisse: kalte Krater, heiße Strahlung …

Im halben Jahr seit seinem Eintritt in den Mondorbit hat der Lunar Reconnaissance Orbiter schon eine Menge erreicht:

  • Das Diviner-Instrument hat auf polaren Kraterböden Temperaturen bis 25 Kelvin hinab gemessen (diesen Rekord hält Hermite, im Bild lila, aber in Peary und Bosch ist es kaum wärmer) – man muss sonst im Sonnensystem schon jenseits der Kuipergürtels nach so niedrigen Temperaturen suchen. Die Polkrater sind damit als ideale Kältefallen für Volatiles aller Art bestätigt, auch wenn die Extremwerte nur die obersten Millimeter des Bodens zur Zeit der lunaren Wintersonnenwende betreffen: Darunter dürfte etwas Wärme aus sonnigeren Jahreszeiten gespeichert sein.

  • Mit der Kamera LROC wurden zu Eichzwecken ausgiebig die Landestellen der Apollo-Missionen abgelichtet aber auch 50 ganz anders geartete Stellen möglicher künftiger Landungen, um die Szenerie dort einschätzen zu können: Der Mond ist weit vielseitiger als es aufgrund der Apollo-Naherkundung besonders sicherer Gebiete erscheinen könnte.

  • Das Instrument CRaTER fand heraus, dass neben der Galaktischen Kosmischen Strahlung (GCR) – die wegen der derzeit sehr geringen Sonnenaktivität besonders reich vorhanden ist – auf Astronauten auch überraschend viel sekundäre Strahlung wartet, die die GCR im Mondboden auslöst: Insgesamt liegt die Strahlungsbelastung 30-40% über der Erwartung, würde sich aber gut genug abschirmen lassen.
(NASA Release, Diviner Blog 15., San Francisco Chronicle 16., Discovery 17., Spaceflight Now 20.12.2009. Auch ein Image Prerelease der LROC – der erste große Bilderschwall soll dann Mitte März kommen – und viele Präsentationen von einer Mond-Tagung im November)

Das Wassereis, das LCROSS fand, stammt wahrscheinlich von Kometen: Dafür sprechen einmal die schiere Menge, die der Sonnenwind wohl nicht deponiert haben kann, zum anderen aber die vielen Beimischungen flüchtiger Substanzen, von denen inzwischen CO2, CH4, SO2, NH3 und H2S identifiziert zu sein scheinen – und es gibt auch Anzeichen für Gold sowie (vom LAMP-Instrument auf dem LRO gesehen) Quecksilber, das mobil genug zu sein scheint, um ebenfalls in die polare Kältefalle Cabeus gelangt zu sein. Und die dortige Wassermenge passt auch zu den Signalen, die einst der Lunar Prospector maß und die mancher damals nicht glauben wollte. (Martian Chronicles 17., Lunar Networks 8.12., The Hindu 26., New Scientist, Who hung the Moon 19.11.2009. Auch sehr ausführliche Berichte der letzten und vorletzten Schicht der LCROSS-Controller!)

Ergebnisse der 1., Starttermin der 2., Pläne zur 3. chinesischen Mondmission

Die ersten wissenschaftlichen Ergebnisse des chinesischen Mondorbiters Chang’e-1 sind gerade publiziert worden (darunter ein 3D-Geländemodell, in dem unbekannte Impaktbecken identifiziert wurden), und nun wird der Oktober 2010 als Starttermin von Chang’e-2 genannt: Diesmal soll der Mond in 100 statt 200 km Höhe umkreist werden. Der Orbiter war einst Back-Up für Chang’e-1, ist aber technisch verbessert worden und soll nun Daten mit höherer Auflösung liefern. Und noch „vor 2013“ ist mit Chang’e-3 die erste weiche Landung – und zwar im Sinus Iridum – geplant, bei der auch ein Rover ausgesetzt werden soll. „Vor 2017“ schließlich soll dann in einer 3. Phase des Mondprogramms eine Bodenprobe zur Erde gebracht werden. (China Daily 27., Lunar C/I 30.11., Science in China Press 1.12.2009; Österreichisches Weltraumforum)

Organische Chandrayaan-Spekulationen und Pläne für Indiens 2. Mondflug: Die Moon Impact Probe von Chandrayaan-1 soll kurz vor dem Aufschlag auf die Mondoberfläche mit einem Massenspektrometer Signaturen organischer Verbindungen registriert haben, wurde jetzt auf einer Tagung erzählt (was die Presse sogleich als „Zeichen von Leben auf dem Mond“ missverstand) – und es scheint jetzt festzustehen, dass Chandrayaan-2 im Jahr 2013 starten und gleich zwei Rover auf dem Mond absetzen soll. Diesmal sollen auch mehr indische Instrumente an Bord sein: Ausländische, die bei Chandrayaan-1 eine wesentliche Rolle spielten, dürfen nur mit, wenn noch Platz ist. (DNA 12., The Hindu 15., Discovery 16.12.2009)

Telemetrie-Bänder von Apollo 11 – mit besseren Videobildern – bleiben verschollen

Es war vor gut drei Jahren die Sensation (siehe ISAN 23-5): Irgendwo auf diesem Planeten könnte es noch ein paar Kisten mit Funkdaten von Apollo 11 geben, in denen auch Fernsehbilder in ungekannter Qualität schlummern würden – nämlich so, wie sie von den Bodenstationen direkt empfangen wurden, bevor man sie für den TV-Gebrauch auf primitive Weise umwandelte. Doch diese Bänder waren unauffindbar, und jetzt hat die NASA bekannt gegeben, dass sie wohl nie gefunden werden dürften: Vermutlich wurden sie entweder überspielt oder entsorgt. Künftig will man besser auf historisches Bildmaterial aufpassen … (NASA Report 22.12.2009) NACHTRAG: Am 22.12. ist der Entwicklungsleiter der Mond-TV-Kamera verstorben, Stan Lebar. NACHTRAG 2: ein detaillierterer Nachruf, auch zur Apollo-Kamera – und ein Video zur Emmy-Verleihung dafür diesen August. NACHTRAG 3: noch ein ganz später Nachruf.

US-Mondforscher-Star wollte Spion werden – und landete beim FBI (und dann im Knast)

28. Oktober 2009

nozette

Noch grinst er einen auf den Mission Pages der NASA an, ist er doch führender Wissenschaftler des Mondradars MiniRF, das sowohl auf dem US-Orbiter LRO wie auch dem indischen Chandrayaan-1 installiert wurde: Bei ersterem ist Steward „Stu“ Nozette sogar der Principal Investigator, bei der indischen Version Co-Investigator. Auch der – fehlgeschlagene – Versuch, beide Instrumente gleichzeitig zur Eissuche auf dem Mond zu verwenden, war v.a. seine Idee gewesen. Und Mondfans werden sich an Nozette natürlich auch als einen der führenden Köpfe beim Mondorbiter Clementine erinnern, der 1994 Technologie von Interesse für eine weltraumgestützte Raketenabwehr im Rahmen einer Wissenschaftsmission testete (und auf dessen Mondkarte der 25-m-Mond im Gasometer Oberhausen basiert!) – aber jetzt kennt ihn die ganze Welt als verhinderten Spion!

Ob Nozette überhaupt jemals als geheim eingestufte US-Informationen, zu denen er im Rahmen militärischer Forschungsprogramme zeitweise Zugang hatte, illegal weitergegeben hat, ist keineswegs sicher – aber er war dazu offenbar bereit. Nachdem sich eine FBI-Frau ihm gegenüber als Agent des israelischen Geheimdienstes Mossad ausgab, lieferte er zweimal Antworten, die als „secret“ bzw. „top secret“ galten, auf konkrete Fragen und nahm im Gegenzug insgesamt 11’000 US-Dollar entgegen, bevor er am 19. Oktober festgenommen wurde. Zuvor hatte Nozette u.a. jahrelang als externer Berater für den israelischen Konzern Israel Aerospace Industries gearbeitet, was durchaus nicht illegal gewesen zu sein braucht (schließlich arbeiten die USA und Israel auf militärischem Gebiet oft eng zusammen), aber gegenüber der falschen Agentin äußerte Nozette, er habe IAI immer schon für eine Tarnorganisation des Mossad gehalten! Und es sei ja geradezu an der Zeit gewesen, dass dieser sich ihm gegenüber mal offenbare. Zwar habe er inzwischen keinen Zugang zu aktuellen Geheimsachen mehr, aber von früher noch eine Menge im Kopf, was er auch gerne verkaufen würde – und ein israelischer Pass sei ja wohl auch drin.

Zu der filmreifen FBI-Stingoperation war es im Rahmen von Ermittlungen gegen eine (vermeintliche?) Nonprofit-Organisation gekommen, die Nozette 2000 gegründet hatte, und zuletzt hatte er sich im Januar verdächtig gemacht, als er mit mehreren Datenträgern in ein nicht näher genanntes Land geflogen und ohne sie zurückgekehrt war. Dabei hat es sich vermutlich um Indien gehandelt, wo Nozettes Verhaftung einige Aufregung ausgelöst hat: Als amerikanischer Chandrayaan-„Passagier“ war er öfters in den dortigen Medien aufgetreten und auch mehrmals in Einrichtungen der Weltraumbehörde ISRO unterwegs gewesen – aber dabei ständig bewacht, wie nun betont wird. (Dem Mitflug zweier US-Instrumente auf Chandrayaan war langes Tauziehen vorausgegangen, allerdings wegen Bedenken der US-Seite.) Über die Motivation von Nozette, 52, für die versuchte Karriere als Spion kann man nur spekulieren – vielleicht war es eine Midlife Crisis, die schon manchen Spitzenforscher auf Abwege geführt hat. Allerdings selten so gravierend: Im Falle einer Verurteilung droht Nozette bis zu lebenslange Haft …

Ein Press Release des Justizministeriums, eine Biografie und Artikel von Washington Post (früher, noch früher und noch früher), Wash. Examiner, NYT Blog, Astronomy, Space Movement, A Times, Deccan Herald, Times of India, TIME, Baltimore Sun, CSM, Nature Blog, Discovery, TPM, NASA Watch, Outlook, Independent und Space Today mit zusätzlichen Erkenntnissen oder Spekulationen.

Sonnenwind + Regolith = Wasser auf dem Mond

15. Oktober 2009

Die Wechselwirkung von Protonen – also Wasserstoff-Kernen – des Sonnenwinds mit Sauerstoff im Regolith des Mondbodens: Das ist der Prozess, der den kürzlich von mehreren Raumsonden nachgewiesenen extrem dünnen Wasserfilm auf der Mondoberfläche (siehe Header des Cosmic Mirror #331, untere Hälfte) erklären dürfte. Nun veröffentlichte Messungen eines weiteren Instruments auf dem – verstummten – indischen Orbiter Chandrayaan 1, dem Sub-keV Atom Reflecting Analyzer (SARA), stützen diese Hypothese. Allerdings bleibt jede 5. Proton nicht stecken, sondern wird reflektiert, fängt sich ein Elektron ein und wird zu einem Wasserstoffatom, das den Mond wieder verlässt und von SARA – einem der drei von der ESA beigestellten Chandrayaan-Instrumente – gesehen werden kann.

Chandrayaans Lageregelung gestört – Mondmission geht weiter

3. August 2009

chandrayaan-sofi
Kurz nachdem der indische Mondorbiter Chandrayaan-1 am 19. Mai seine Bahnhöhe von 100 auf 200 km angehoben hatte, ist – was die Weltraumbehörde ISRO zunächst für nicht mitteilenswert erachtete – ein Sternsensor ausgefallen, so dass die räumliche Ausrichtung nun schlechter kontrolliert werden kann (Science vom 17.7.2009 S. 253). Zuvor waren allerdings alle wesentlichen Missionsziele erreicht worden, und auch die ausländischen Wissenschaftler mit Instrumenten an Bord geben sich durchweg zufrieden. Aus der höheren Bahn – die inhärent stabiler ist – wird nun weiter beobachtet, auch wenn einige Instrumente nun weniger gut funktionieren.

Trotz der gestörten Lageregelung – jetzt wird improvisiert – gelang es auch, während der großen Sonnenfinsternis am 22. Juli den Kernschatten des Mondes auf der Erde mit der Kamera TMC abzubilden: Chandrayaans Bildersammlung und ein Artikel sowie ein ISRO PR vom Mai zur Bahnanhebung. NACHTRAG: Chandrayaans Moon Mineralogy Mapper hat am 22.7. auch Richtung Erde geguckt – aber die BU geht nicht auf den ’seltsamen‘ dunklen Fleck auf der Scheibe ein … NACHTRAG 2: Möglicherweise wird es bereits Anfang 2010 mit der Mission zuende gehen.