Posts Tagged ‘CoRoT’

Nachrichten von Teleskopen kompakt

14. Juni 2010

Ein Hubble-„Schnappschuss“ von einem kaum erforschten Nebel: Wenn zwischen zwei Beobachtungen des Weltraumteleskops noch etwas Zeit verbleibt, wird auf eine Liste vorbestellter Ziele geringer(er) Priorität zugegriffen – und hier hat es (mit dem Wide Field Channel der ACS) den Nebel IRAS 05437+2505 getroffen, über den wenig bekannt war. Vermutlich ein Sternentstehungsgebiet, wo die Strahlung junger Sterne den Nebel beeinflusst – aber da passiert wohl noch mehr: Der helle bumerangförmige Bogen deutet auf einen mit 55 km/s relativ zum Nebel ungewöhnlich schnellen Stern hin.

CoRoT hat schon 15 Exoplaneten entdeckt, darunter Exoten

Unter den neuesten sechs Funden des kleinen europäischen Satelliten CoRoT-8b, -10b, -11b, -12b, -13b und -14b ist mit CoRoT-11b z.B. ein Planet, der um einen Stern kreist, der sich alle 2 Tage um seine Achse dreht: Da lassen sich Exoplaneten überhaupt nur durch Transits nachweisen, weil das Signal der Radialgeschwindigkeit kaum auszuwerten ist. Von den 82 Planeten, die bisher per Transit entdeckt wurden, hat CoRoT 15 geliefert, dazu noch anderes wie jetzt einen Braunen Zwerg mit ca. 60 Jupitermassen, CoRoT-15b. (ESA Release 14.6.2010)

Schon fünf ALMA-Antennen arbeiten als Interferometer zusammen: Das gewaltige Radiointerferometer in Chile („Meilenstein …“) wächst munter weiter, weitere Antennen sind unterwegs und 2011 wird es mit einem teilweise fertigen Array die erste Wissenschaft geben. 2012 sollte das derzeit größte Astronomieprojekt auf dem Planeten dann fertig sein, mit 54 12-m- und 12 7-m-Antennenschüsseln. NACHTRAG: die NRAO eNews zu den ALMA-Fortschritten – und ein Bild aus dem Orbit von der OSF von ALMA.

Formelle Einweihung von LOFAR durch die Königin der Niederlande

Das futuristische Radiointerferometer für lange Wellen, das sich über mehrere europäische Länder erstreckt, liefert zwar schon seit Jahren Bilder und wissenschaftliche Ergebnisse (weitere in MPIfR-PMn zu einem Quasar und Pulsar-Messungen), aber erst am 12. Juni drückte Königin Beatrix feierlich auf den „Start“-Knopf – schließlich befinden sich das Herz der Anlage und auch der Zentralrechner, in dem erst die Himmelsbilder entstehen, in den Niederlanden. Und LOFAR wächst immer noch: Derzeit sind 22 Stationen (die jeweils aus hunderten einfachen Dipolantennen bestehen) im Betrieb, und am Ende sollen es mindestens 36 in den Niederlanden und 8 in Deutschland (wo schon drei Stationen Daten liefern), Frankreich, Großbritannien (dazu Uni Portsmouth und STFC Releases, ein Blog und Artikel von BBC und Will Gater) und Schweden sein. (MPIfR PM 12., ASTRON Release [früher], Jacobs Univ. PM, Welt der Physik [mehr], Spiegel 14.6.2010.) NACHTRAG: Bericht vom Event.

Die ersten vier MeerKAT-Teleskope arbeiten als Interferometer in Südafrika: Die 12-m-Schüsseln gehören zum MeerKAT Precursor Array, mit dem sich die Republik Südafrika als Standort für den Square Kilometer Array empfiehlt. Insgesamt stehen 7 dieser Antennen in der Nördlichen Kapprovinz, die als besonders radioruhig ausgewiesen ist: Hier könnte der zentrale Teil der mehrere Länder umfassenden Anlage entstehen – wenn nicht der einzige verbliebene Mitbewerber Westaustralien den Zuschlag bekommt … (SKA South Africa Release 10.5.2010) NACHTRAG: Auf einer großen SKA-Tagung im Anschluss an die LOFAR-Einweihung wurde heftig für RSA & friends und Oz/NZ die Werbetrommel gerührt – sogar mit einem Comic über MeerKAT. Und es soll dem Vernehmen nach hoch her gegangen sein …

Weltraumforschung kompakt

19. November 2009

Ein riesiges VLBI-Projekt zur Verbesserung des kosmischen Koordinatensystems

International Celestial Reference Frame (ICRF2; s.a. hier die GPS-Notiz) findet im Augenblick statt: Am 18. und 19. November beobachten 35 Radioteleskope rund um den Globus 243 Quasare. Das ICRF2 wurde auf der IAU GA diesen Sommer als das fundamentale Referenzsystem der Astronomie festgelegt und ist an 295 himmlischen Radioquellen ohne Eigenbewegung aufgehängt; leider gibt es zu wenig Radioteleskope auf der Südhemisphäre, um sie alle gleichzeitig einzubeziehen. (NRAO Release, Malkin, Preprint 16., Mittelbayerische Zeitung 17., Nature Blog 19.11.2009; auch eine Outreach-Seite dazu)

Starburst-Galaxien „neue“ Quelle von Gamma-Strahlung

Sowohl Gammastrahlen-Teleskope auf dem Boden wie VERITAS als auch der Fermi-Satellit haben diffuse Gammastrahlung aus – relativ nahen – Galaxien mit hoher Sternbildungsrate entdeckt, so NGC 253 und M 82, und auch die 30-Doradus-Region in der LMC ist eine Gammaquelle. Hinter der harten Strahlung steckt jeweils Kosmische Strahlung – und die wiederum wird vermutlich in Supernovaresten beschleunigt, die ein Abfallprodukt der Bildung massereicher (und damit kurzlebiger) Sterne sind. (CfA, NASA Press Releases 2.11.2009)

NACHTRAG: Acero & al. (Science 326 [20.11.2009] 1080-2) haben Gammastrahlung von NGC 253 auch mit H.E.S.S. nachgewiesen, wo 5-mal so viel Energie der Kosmischen Strahlung in diesen Kanal geht als in der Milchstraße. NACHTRAG 2: Der Nachweis von M 82 mit VERITAS wird von dessen Kollaboration in Nature 462 [10.12.2009] 770-2 diskutiert – dies Dichte der Kosmischen Strahlung in der Starburst-Zone der Galaxie ist 500-mal so hoch wie in der Milchstraße. NACHTRAG 3: noch ein Paper zu VERITAS & M 82. NACHTRAG 4: Guten Morgen! Sky & Tel. hat’s auch mitbekommen …

22 ganz junge Galaxien sind mit der neuen WFC3 des HST aufgespürt worden und lassen neue Rückschlüsse über den Verlauf der kosmischen Reionisation zu – und bei einer der z=7-Galaxien (siehe auch hier) gelang sogar die direkte spektroskopische Messung der Rotverschiebung. (Ouchi & al. Preprint 14.10., Carnegie Release 6.11.2009)

Komplizierte Gravitationslinse bei z=1.0 hilft bei Eichung der Massenbestimmung von Galaxienhaufen

Ein Galaxienhaufen WARPS J1415+36 bei z=1.03 ist einer der am weitesten entfernten, der das Bild einer weit dahinterstehenden (z=3.9) Galaxie dramatisch verzerrt: An ihm lassen sich gut verschiedene Verfahren der Massenbestimmung von Galaxienhaufen testen und zeigen, dass sie auch bei z~1 noch ganz gut gelten. (Huang & al., Preprint 4.11.2009)

Eine „gewaltige kosmische Struktur“ bei z=0.55 von mindestens 60 Mio. LJ Ausdehnung gilt als bis dato prominenteste Einzelstruktur des kosmischen ‚Skeletts‘. (ESO Release 3.11.2009)

Der Neutronenstern im SNR Cassiopeia A hat eine Kohlenstoffatmosphäre

Jedenfalls kann man nur so ein Emissionsverhalten der zentralen Röntgenquelle des jungen Supernovarestes modellieren, das seine ganze Oberfläche involviert und nicht nur einen Hotspot – denn dann würde der ~330 Jahre alte Neutronenstern pulsieren, was es aber nicht tut. (Ho & Heinke, Nature 462 [5.11.2009] 71-3, Chandra Release 4.11.2009)

Ist NGC 5408 X-1 ein „Mittelklasse“-Schwarzloch? Diese Ultraluminous X-ray Source (ULX) zeigt 100-mal langsamere quasiperiodische Oszillationen der Helligkeit als SL-Kandidaten stellarer Masse und ist gleichzeitig 100-mal heller als diese: Das könnte zu einem SL mit 1000 bis 9000 Sonnenmassen passen. (NASA Feature 10.11.2009)

Untersuchung an Sternhaufen: Lange Sonnen-Minima „normal“?

Das – spektroskopisch bestimmbare – Aktivitätsniveau von 60 ziemlich sonnenähnlichen Sternen im offenen Sternhaufen Messier 67 mag Rückschlüsse auf den „typischen“ Zustand der Sonne zulassen: Danach waren Sterne mit sonnengleicher Rotation eher geringer aktiv als die Sonne, während die aktiveren zugleich schneller rotierten. Bedeutet das, dass die Sonne einen „signifikanten Teil ihrer Zeit“ in einem Maunder-Minimums-artigen Zustand verbringt? (Reiners & Giampapa, Preprint 2., Physics World 12.11.2009)

Die Temperatur der Sonnenkorona fiel von 2006 bis 2008: Das ergibt sich aus der Vergleich von Emissionslinien, die während der Sonnenfinsternisse der beiden Jahre beobachtet wurden – insbesondere war die [Fe XIV]-Linie 2008 wesentlich schwächer geworden. (Voulgaris & al., Preprint 30.10.2009)

Jede Menge Details über Lage und Wanderung der Sternflecken auf CoRoT-2a

haben sich aus 142 Tagen ununterbrochener Photometrie durch den Satelliten herausfinden lassen: So gab es zu Beginn der Beobachtungen zwei einander gegenüber liegende Aktivitätszentren, die sich aber aufeinander zu bewegten. (Lanza & al., Preprint 4.11.2008)

Kapteyn’s Stern aus Omega Centauri entlaufen? Der 25.-nächste Stern (13 Lichtjahre Entfernung von der Sonne) ist wohl nur zufällig hier – er scheint aus derselben Zwerggalaxie zu stammen, die die Milchstraße einst verschluckte und deren Kern nun als „Kugelsternhaufen“ Omega Cen bekannt ist. (New Scientist 11.11.2009)

Sonnenähnliche Sterne mit Planeten haben weniger Lithium

auf ihren Oberflächen – dieser Effekt ist nach den Daten der HARPS-Durchmusterung sehr signifikant. Offenbar wird die Sternkonvektion in einer Phase der Planetenentstehung markant beeinflusst; was da allerdings genau passiert, ist noch ziemlich offen. Aber den Effekt – der wohl auch für das Lithium-Defizit unserer Sonne verantwortlich ist – könnte man zur Vorauswahl von Sternen nutzen, bei denen man Planeten suchen will. (Israelian & al., Nature 462 [12.11.2009] 189-91, auch Pinsonneault, ibid. 168-9, Tracker 13., Welt der Physik 12., ESO Release 11.11.2009) NACHTRÄGE: das Paper als Preprint – und tiefschürfende(re) Gedanken.

Staubscheibe von HR 8799 nachgewiesen, dem Stern mit den drei abgebildeten (mutmaßlichen) Planeten (siehe z.B. hier): Der Staub, den das Spitzer Space Telescope glühen sieht, ist bei Kollisionen von kleinen Körpern untereinander entstanden – die drei Planeten haben wohl noch nicht ihre endgültigen Bahnen gefunden. (Spitzer Feature 4.11.2009)

Ultra-primitive Staubteilchen von Komet Grigg-Skjellerup eingefangen

Im April 2003 zog die Erde durch den Staubschweif des Kometen G-S, und in der Stratosphäre wurde gezielt Jagd auf diese Teilchen gemacht – mit Erfolg: Es handelt sich um deutlich ursprünglichere Partikel als was die Stardust-Sonde aus der Koma des Kometen Wild 2 holte (siehe Artikel C00), und diese IDPs sind sogar älter als die Sonne. (Carnegie PR 2.11.2009) NACHTRAG: ein reichlich später Press Release aus Manchester.

Die „beste“ Sternbedeckung durch Pluto für Europa in mindestens einem Jahrzehnt scheint am 14. Februar 2010 bevorzustehen, wenn ein Stern 11. Größe getroffen wird – schon mit einem Sechszöller müsste man die schwindende Atmosphäre des Zwergplaneten nachweisen können. (PlanOccult 8.11.2009; Sonderseite der IOTA-ES)

Der 50. Jupitermond hat einen Namen erhalten

S/2003 J17, der diesen August wiederentdeckt worden war, ist nun amtlich und darf sich „Herse“ nennen; 12 weitere Jupitermonde warten noch auf ihre Bestätigung. Und der Mond des Kuiper-Gürtel-Objekts (50’000) Quaoar heißt nun ganz offiziell Weywot. (IAUC #9094 11., Planetary Society Blog 12.11.2009)

Saturnmond dank seines Schattenwurfs entdeckt: Als S/2009 S1 wird jetzt ein nur etwa 300 m großer Saturnmond ínmitten des B-Rings geführt, der sich im Juli mit der Sonne fast in der Ringebene durch einen 36 km langen Schatten bemerkbar machte. (IAUC #9091 2.11.2009)

Raumfahrt kurz & bündig

29. Oktober 2009

Von THEMIS zu Artemis: 2 Mondorbiter quasi für lau

genehmigt sich die NASA, indem die beiden äußeren der 5 Satelliten der THEMIS-Konstellation (siehe ISAN 34-3) durch komplizierte Flugmanöver seit diesem Juli bis Herbst 2010 in Umlaufbahnen um den Mond bugsiert werden. Dort können sie dann die „Umwelt“ des Erdtrabanten erforschen, während die anderen drei weiter den erdnahen Raum erkunden. Die zwei auf den ausholenderen Bahnen wären dort in so tiefe Finsternisse geraten, dass sie dies nicht überlebt hätten – nun können sie sich am Mond nützlich machen! (365 Days of Astronomy 18.6., THEMIS News 20.7., DailyTech 20.10.2009)

Mars Reconnaissance Orbiter droht Totalausfall – Welle von Safe Modes gefährdet Computer

Bereits seit 9 Wochen ist der MRO in einem Safe Mode, schon dem vierten dieses Jahr, und die Ursache war immer ein – echtes oder auch nur ‚eingebildetes‘ – Spannungsproblem, dessen eigentliche Ursache bislang vergeblich gesucht wird. Beim Eintritt in diese eigentlich der Sicherheit des Satelliten dienenden Modi könnte es aber unter unglücklichen Umständen zu einer Komplettlöschung des Bordspeichers kommen: Der MRO würde dann ‚denken‘, er säße noch auf der Erde – und darauf warten, dass jemand den Einschaltknopf drückt. Dieses Horrorszenario gilt es durch behutsame Softwareänderungen zu beheben: Wann der MRO wieder seine Arbeit aufnehmen kann, ist noch völlig offen. (JPL Release 4.9., Arizona Daily Star 28., Planetary Society Blog 29.10.2009) NACHTRAG: ein Update der Lage.

Russland träumt wieder von einer Venus-Landung

Aber diesmal soll der Lander einen ganzen Tag auf der Oberfläche durchhalten und auf Venusbeben warten, aus denen man etwas über das Innenleben des Planeten lernen könnte. Venera D soll offiziell 2016 starten und die konkrete Entwicklung nächstes Jahr beginnen: Von der ursprünglichen Idee, einen ganzen Monat auszuhalten, ist man wieder abgerückt, stattdessen sind mehrere kleine Ballons als ‚Trostpreis‘ geplant. (BBC 7.10.2009)

Mission von CoRoT bis 2013 verlängert

Wegen seiner großen Erfolge bei der Asteroseismologie und Exoplanetensuche (7 bestätigte Entdeckunge, darunter – siehe z.B. ISAN 94-9 – eine Reihe Extremfälle) haben die französische Weltraumbehörde CNES und ihre europäischen Partner am 23.10. die Verlängerung der Mission (siehe ISAN 34-2) um 3 Jahre bis zum 31. März 2013 beschlossen. Neue Typen von Sternen können nun in das Seismologieprogramm aufgenommen und die Jagd auf heiße Supererden verschärft werden. (ESA Release 28.10.2009. Auch ein A&A Press Release 22.10.2009 zu einem Sonderheft mit 55 CoRoT-Papers. Und Konkurrent Kepler soll Bildprobleme haben)

Hydrologie-Satellit SMOS der ESA vor dem Start

Am 2. November um 2:50 MEZ soll er auf einer Rockot-KM in Plesetsk starten: Soil Moisture & Ocean Salinity, ein ESA-Satellit des „Living Planet“-Programms, der mit einem einzigen Instrument, dem interferometrischen Mikrowellenradiometer MIRAS bei 1.4 GHz Emission von Wasser auffangen soll – daraus können die Bodenfeuchte und der Salzgehalt der Meere global bestimmt werden. Ein wichtiger Schritt zum besseren Verständnis des Wasserkreislaufs der Erde, wo noch viel zu tun ist – siehe z.B. Artikel C54 zu Messungen über das Erdschwerefeld. (ESA-Artikelpaket in Deutsch 29.10.2009)