Posts Tagged ‘Exoplaneten’

Trend der Super-Erden: mehr Größe ↔ mehr Gas

6. Januar 2014

Wie zu Beginn jeden Jahres steigt diese Woche die weltgrößte jährliche Astronomen-Tagung, die AAS 223 mit rund 3000 Teilnehmern: An dem Treiben kann man auch über eine Flut von Tweets teilhaben, oder über Webcasts von Pressekonferenzen. Deren zweite heute brachte allerlei neue Statistiken zu den Super-Erden bzw. Mini-Neptunen, die – eine Überraschung – das Gros der Exoplaneten auszumachen scheinen: 3/4 aller Kepler-Entdeckungen haben zwischen Erd- und Neptun-Durchmesser, und hundert Sterne haben zusammen etwa 30 Super-Erden. Und man muss sich mit ihrer Natur auseinandersetzen, denn 15 bis 22 Prozent aller sonnenähnlichen Sterne besitzen – laut den Daten des Kepler-Satelliten – Planeten von 1 bis 2 Erddurchmessern in ihren habitablen Zonen. Woraus aber bestehen diese?

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Diese Analyse basiert auf 42 kleinen Planeten, die Kepler im Transit entdeckte und in Sachen Durchmesser vermaß und für die dann per Radialgeschwindigkeit auch die Massen bestimmt wurden: Zum ersten Mal wird klar, dass die Supererden in zwei klar getrennte Gruppen zerfallen. Mit wachsendem Durchmesser nimmt ihre Dichte erst zu – aber dann wieder ab. Das kann nur bedeuten, dass sich um ihren felsigen Kern (den auch noch Wasser einhüllen mag) mit steigender Masse immer mehr Wasserstoff und Helium ansammelt: Die Mini-Neptune sind demnach wirklich kleine Neptune. Die Kepler-Daten bestätigen auch auf’s Beste die Theorie der planetaren Körper: Wenn man auf einen felsigen Körper immer mehr Material häuft, wird er durch dessen Eigengravitation immer dichter und kann nie mehr als den doppelten Erddurchmesser erreichen – und genau so ist es.

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Das gleiche Bild ergibt sich auch bei der Auswertung von Transit Timing Variations, bei denen sich die Bahnen mehrerer Kepler-Planeten gegenseitig stören und so ebenfalls die Massen der beteiligten Körper verraten: In rund 60 Fällen ist dies bereits gelungen. Wieder zeigt sich von 1.5 Erddurchmessern aufwärts ein klarer Trend: Die Dichte – hier logarithmisch aufgetragen – fällt rasant mit wachsendem Durchmesser. Erneut ist die Schlussfolgerung, dass es einen felsigen Kern aber eine zunehmende Menge Gas gibt.

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Allerdings gibt es für einen gegebenen Durchmesser eines (Exo-)Planeten immer noch eine große Bandbreite möglicher Dichten: Da wäre z.B. der Fall KOI-314c, der äußerste der drei bekannten Planeten dieses Kepler-Systems, der mit dem mittleren in einer 5:3-Resonanz steht, was zu starken TTVs und damit klaren Massenbestimmungen der beiden führt. In dem Diagramm hier sind ihre Durchmesser gegen ihre Massen aufgetragen KOC-314c (lila Kreuz) hat zwar eine Erdmasse – genauer 1.0±0.3, was ihn zum leichtesten Exoplaneten mit bekannter Größe macht – aber 1.6 Erddurchmesser und damit eine viel geringere Dichte als die Erde und damit eine ausgedehnte Gashülle, während KOI-341b (gelbes Kreuz) eine felsige Natur hat. Auch noch auf der PK diskutiert wurde die Atmosphäre der Supererde GJ 1214b (Artikel hier und hier und mehr Links), die nach intensiven Hubble-Durchleuchtungen (15 Transits, 60 HST-Orbits, 4 Tage Messzeit insgesamt – ein Hubble-Rekord für einen einzelnen Exoplaneten) nur mit Wolken modelliert werden kann, die die Sicht auf tiefere Atmosphärenschichten nimmt. NACHTRÄGE: ein PR zu den TTV und Artikel zur Super-Erden-Statistik, dem Fall KOI-314c und dem Gesamtbild.

87% der Kepler-Planeten-Kandidaten sind größer

4. Juni 2013

als bisher gedacht – denn die Sterne, vor denen sie her ziehen, sind größer als aufgrund nur ihrer Farben und Helligkeiten bestimmt und damit automatisch auch die Planeten: Diese rein statistische Erkenntnis wurde bereits vor einem Monat in diesem dicken Paper und heute in einer PK auf der 222. AAS-Tagung und in diesem Press Release erläutert.

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Sie basiert auf der Spektroskopie von 268 Sternen, bei denen Kepler Anzeichen für Planeten im Transit fand, mit dem 4-m-Teleskop auf dem Kitt Peak: Diese erwiesen sich zum großen Teil als weiter entwickelt als gedacht und damit größer im Durchmesser – in einem Viertel der Fälle sogar mindestens 35% größer. Mit dem größeren Durchmesser steigt auch die Leuchtkraft, womit die Habitable Zone weiter nach draußen und ein Planet eine größere Umlaufsperiode benötigt, um darin zu landen. Und auch zum Zusammenhang zwischen Metallizität und Planeten-Aufkommen gibt es neue Zahlen: Planeten ab Neptungröße verlangen viel „Metall“, kleinen scheint die Chemie ihres Sterns egal zu sein.

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Ob und wie sich die gesamte Statistik der Kepler-Entdeckungen bzgl. der Größenverteilung von Planeten und ihrer prinzipiellen Bewohnbarkeit durch die neuen Erkenntnisse verschiebt, ist noch nicht klar: So wandern z.B. manche in die HZ hinein, andere heraus. Auch gilt dies nur für die tausenden von Kepler-Planeten-Kandidaten, die zwar größtenteils – wiederum statistisch gesehen – echt sein sollten, deren Sterne aber noch nicht individuell untersucht worden sind. Die mit Kepler-xy-Nummern versehenen direkt bestätigten Exoplaneten sind ausgenommen, und was über sie publiziert wurde, bleibt im Einzelfall gültig: Hier sind stets die entsprechenden Sterne noch einmal genau untersucht worden und damit ihre Durchmesser (und mithin auch die ihrer Planeten) abgesichert.

AAS 221: vierte HST-Sichtung von Fomalhaut b

9. Januar 2013

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Die Saga um den einzigen mutmaßlichen Exoplaneten, der im sichtbaren Licht direkt zu sehen ist (siehe ISAN 175-6) dominierte die 6. PK der 221. AAS-Tagung (vollständige Aufzeichnung): Der Entdecker – und Verteidiger – von „Fomalhaut b“ präsentierte ein klares HST-Bild von 2012, viel deutlicher als eine Aufnahme von 2010, die manche an dem Objekt zweifeln lassen hatte.

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Die nunmehr vier Epochen sind jetzt mit solch einer exzentrischen Bahn mit rund 2000 Jahren Periode verträglich, die auch noch – das ist aber kaum abgesichert – um 20° gegenüber der Ebene der sehr dünnen Staubscheibe geneigt wäre (deren Bild man hier in einen Face-On-Position gekippt hat). Wegen der Neigung kommt es bei Scheibendurchgängen nur zu geringen Störungen, auch dieses Gegenargument soll nun erledigt sein. (Um das Jahr 2032 sollte „Fomalhaut b“ aber in den Hauptteil der Scheibe eindringen, was nicht ohne Folgen bleiben dürfte.) Und was steckt in der Staubwolke oder -scheibe, die da so effizient Licht des Sterns reflektiert und „es“ überhaupt sichtbar macht? Nach den neuesten Modellrechnungen würde ein Zwergplanet von 1.5-facher Ceres-Masse genügen, um genug Staub gravitativ zusammen zu halten, während das Fehlen von IR-Strahlung alles von mehr als einer Jupitermasse ausschließt. Vielleicht handelt es sich um einen entfernten Verwandten der Centauren in unserem Sonnensystem? Das ganze Fomalhaut-System – zu dem vermutlich noch andere Planeten gehören – ist jedenfalls ein besonders exotischer Testfall.

Auch Vega hat einen inneren und äußeren Staub-Gürtel

mit einer großen Lücke dazwischen, haben Spitzer- und Herschel-Beobachtungen zeigen können: Damit ist das System ein Verwandter des Fomalhaut-Systems. Die inneren Teile der jeweiligen Staubscheibe könnte man mit dem Asteroidengürtel vergleichen, die äußeren mit dem Kuiper-Gürtel. Und in beiden Fällen sind wohl mindestens zwei Planeten notwendig, um die große Lücke zu stabilisieren. Andere Beiträge auf der 6. PK – zugleich der 3. (und letzten) der 10 dieser Tagung, die sich mit Exoplaneten befasste – handelten vom verbreiteten Phänomen extrasolarer Kometen, die in ihre Sterne stürzen und sich als kurzlebige spektrale Signale bemerkbar machen, und Wetterbeobachtungen auf einem Braunen Zwerg, die zu Andeutungen einer Karte führen.

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Warum hat man so wenig Pulsar-Planeten gefunden, fragte der Entdecker des ersten Pulsar-Planeten-Systems auf der vierten PK der 221. AAS-Tagung: Nach wie vor ist nur dieses eine System mit mehreren Planeten von Erdformat bekannt. Ein Grund könnte der bisher nur geringe durchsuchte Parameter-Bereich für Pulsarplaneten sein – vielleicht orientiert sich die Suche zu sehr an „normalen“ Planetensystem? Bei der Entstehung ’seiner‘ Pulsarplaneten tippt Alexander Wolszczan jedenfalls auf Neubildung aus einer Scheibe, die sich erst nach der Supernova um den Pulsar bildete. Andere Präsentationen dieser PK („10:30 a.m.“) hatten sich mit „verschmutzten“ Weißen Zwergen befasst, was auf per se unsichtbare Planetensysteme hinweisen dürfte.

AAS 221: 2740 Kepler-Planeten bei 2036 Sternen

7. Januar 2013

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Diese Woche wird mal wieder von der halbjährlichen Mega-Tagung der American Astronomical Society dominiert – namentlich den Stories, die sich aus ihren 10 Pressekonferenzen ergeben (die auch heutzutage noch die mediale Berichterstattung lenken, obwohl natürlich noch viel mehr passiert). Die können – im Prinzip – hier live verfolgt werden, aber bei der ersten gab es viele technische Probleme (Fragmente sind trotzdem über die rechte Spalte abrufbar). Das Wichtigste waren 461 neue Kepler-Exoplaneten-„Kandidaten“, d.h. schon relativ gut als planetar abgesicherte wiederkehrende Transits, mit vermutlich nur 10-15% falsch positiven: Damit ist ihre Zahl auf 2740 gewachsen, die zusammen mit 801 bereits erwiesen falsch positiven 3541 Kepler Objects of Interest bilden. [NACHTRAG: Laut diesem lange erwarteten Paper, das erst ein paar Stunden nach der PK online ging, beträgt die globale False-Positive-Rate der Kepler-Kandidaten sogar nur 9.4%, mit ‚kleinen Neptunen‘ am sichersten aber auch 7 von 8 Exo-Erd-Kandidaten echten Planeten!]

Wie man der Grafik entnehmen kann, liegt der Zuwachs v.a. bei den Supererden und Erden, darunter KOI-172.02 als bisher bestem Kandidaten für einen ‚erdähnlichen‘ Planeten mit aber immer noch >1.5 Erddurchmessern in der Habitablen Zone eines sonnenähnlichen Sterns (drei weitere neue Kandidaten in HZs haben immerhin noch Durchmesser <2 Erden, und insgesamt bis zu 30 der 2740 scheinen habitabel). Ebenfalls deutlich gestiegen ist auch die Zahl der Sterne mit mehr als einem Planeten(kandidaten), von 365 auf 467: 43% der Keplerkandidaten haben einen Nachbarn. Nach wie vor ist nur ein System mit 6 Transit-Planeten dabei, aber mit 5 gibt es nunmehr 11 (statt 8), mit vier 44 (statt 30), mit drei 112 und mit zwei Planeten 299 Systeme. [NACHTRAG: Geballte Zahlen aus einem AAS-Review-Vortrag am nächsten Tag.] Und was ist mit den über 18’000 Threshold Crossing Events Keplers aus ISAN 178-5? Aus denen stammen zwar die 461 neuen Kandidaten, aber es dürften über 50% falsch positive darunter sein – weshalb eine Statistik habitabler Welten auf dieser wackligen Basis etwas gewagt scheint.

Solider ist dagegen eine unabhängige statistische Auswertung der Kepler-Daten, die auf der PK präsentiert wurde (und noch vor der Bekanntgabe der 461 neuen entstand, mit ihnen aber kompatibel ist): Danach besitzen 17% aller sonnenähnlichen Sterne einen Planeten von ungefährer Erdgröße mit Umlaufsperioden von 85 Tagen oder weniger und 70% aller Sterne Planeten irgendeiner Größe mit Perioden < 400 Tagen. Die Noch-nicht-Detektierbarkeit von erdgroßen Planeten auf fernen Bahnen in Betracht ziehend lässt sich sagen: "Praktisch alle sonnenähnlichen Sterne haben ein Planetensystem!" Derlei hörte man zwar schon seit Jahren in der Exoplanetenszene – aber so sauber aus echten Daten extrapoliert wurde es wohl noch nie. Und noch eine Erkenntnis: Kleine Planeten kommen bei Sternen der Spektraltypen M, K, G, F und A ungefähr gleich häufig vor, eine lange vermutete Abhängigkeit von der Sternmasse scheint nicht zu bestehen. Speziell für die M-Zwerge wurde auf der PK auch an eine Analyse auf der Basis von Kepler-32 erinnert, von der schon einiges zu lesen war: Danach haben M-Sterne im Mittel 1.0±0.1 Planeten – derer es, da 70% der Sterne in der Milchstraße M-Zwerge sind, rund 100 Milliarden in der Milchstraße geben dürfte.

ESA guckt Exoplaneten mit Kleinsatellit Cheops

21. Oktober 2012

Die beiden Spezialsatelliten für die Suche nach Exoplaneten mit der Transitmethode, Europas CoRoT von 2006 und Amerikas Kepler von 2009, bekommen 2017 Verstärkung durch den „CHaracterising ExOPlanets Satellite“ alias Cheops: Vorgestern hat ihn die ESA als erstes Projekt der neuen S-Serie von Kleinsatelliten genehmigt. Cheops beobachtet im Gegensatz zu den beiden Pionieren nur Sterne, wo schon Exoplaneten bekannt sind und konzentiert sich auf besonders helle Sterne, bei denen Planetenfunde dann wiederum mit anderen Teleskopen besonders gut weiter verfolgt werden können: Die Tabelle oben aus einem aktuellen Vortrag von H. Rauer vergleicht Cheops mit den beiden existierenden und zwei erhofften Exoplaneten-Satelliten, die beide auf ihre Auserwählung nächstes Jahr hoffen, sowie der erdgebundenen Next-Generation Transit Survey. Von Cheops, seinem 33.5-cm-Teleskop und einer CCD-Kamera für 400 nm bis 1.1 µm verspricht man sich exakte Radien der Transit-Planeten, was dann zu besseren Aussagen über ihre mittlere Dichte und damit ihren Aufbau führt.

Die erwähnte Next-Generation Transit Survey mit einem ganzen Feld voller Teleskope auf dem Cerro Paranal sollte bis 2017 etwa 50 nahe Exoplaneten mit einem bis sechs Erddurchmessern aufgespürt haben, deren Durchmesser Cheops dann auf 10% genau betimmt, während wieder andere Teleskope mit Spektrographen genaue Radialgeschwindigkeiten messen (die Massen braucht man für die Dichte schließlich auch hochgenau). Nicht weniger als 26 Missionen waren für die erste der S-Klasse vorgeschlagen worden, bei der aber noch nicht sicher zu sein scheint, ob es weitere Aufrufe geben wird: Cheops soll deutlich unter den im Prinzip erlaubten 150 Mio. Euro kosten, die zu je einem Drittel vom Wissenschaftsprogramm der ESA, von der federführenden Schweiz und weiteren beteiligten Nationen aufgebracht werden. PM der Uni Bern, ESA Science (alt.) Press Release, Space Policy Online 19., SEN, Raumfahrer 20., Eureka (am detailliertesten; selbst eine Maschinen-Übersetzung aus dem Spanischen lohnt sich) 21.10.2012. NACHTRAG: spätere Artikel von Space News, Guardian und Spaceflight Now – mit der Betonung, dass die endgültige Entscheidung über den Bau des Satelliten erst 2014 falle

Live-Blog zur 44. Tagung der DPS der AAS in Reno

15. Oktober 2012

Die drei(!) Sonnen-Transits der Venus im Jahre 2012

waren auch ein Thema auf der 3. und letzten Pressekonferenz der 44. DPS-Tagung der AAS (ab 28:37; Aufzeichnungen auch vom 15. und 16. Oktober): Jay Pasachoff zeigte in rasender Geschwindigkeit Ergebnisse seines Teams vom Halekala, wo 680’000 Bilder entstanden, darunter auch obiges Bild eines speziellen Koronographen, das ein Stück Licht-zur-Erde-brechende Venusatmosphäre bereits zeigt, bevor deren anderer Rand überhaupt den Sonnenrand berührt hat [NACHTRAG: die ganze Sequenz]. Auswertungsergebnisse der Datenflut bzgl. der Eigenschaften der Venusatmosphäre gab es noch nicht zu hören, wohl aber von den anderen beiden Venus-Transits des Jahres! Am 20. September hat Hubble 14 Orbits lang immer wieder den Jupiter durch diverse Filter aufgenommen (Pasachoff zeigte einige der hübschen Bilder, im oben verlinkten Video ab 37:40), und der leichte Rückgang der Einstrahlung, während die Venus vor der Sonne stand, wird sich vielleicht nachweisen lassen. Am 21. Dezember schließlich gibt es einen Venus-Transit für den Saturn: Den wird Cassini mit dem VIMS-Instrument zu beobachten versuchen. [23:30 MESZ am 17. Oktober – ENDE]

Typische Jupiter-Anblicke 2009, 2010, 2011 und 2012 (von oben; von links in RGB und im thermischen IR bei 4.8 und 8.7 µm) im vielsagenden Vergleich: Das Verschwinden und die Wiederkehr des SEB (unten) sind ebenso zu sehen wie die aktuellen Veränderungen am NEB. Auf der DPS-PK verwies Referent Glenn Orton explizit auf die immer größere Rolle der Jupiter-Überwachung durch Amateurastronomen, was inbesondere auch die Beobachtungen von Impakten. Nach dem letzten diesen September zeigten IR-Beobachtungen keinen Effekt: Der Körper war keine 15 m groß gewesen. [23:10 MESZ]

Io-Vulkane von der Erde überwacht: Ruhe seit Juni 2010

Mit Teleskopen der 8- bis 10-m-Klasse und Adaptiver Optik ist es ein Leichtes, die Vulkan-Aktivität auf dem Jupiter-Mond Io zu überwachen, wozu vor Ort bis zur Ankunft von JUICE 2030 keine Sonde in der Lage sein wird: Eine Gesamtschau von Daten über 9 Jahre hinweg zeigte zunächst ständig irgendwo Aktivität, v.a. bei einem mindestens 530 Tage langen Ausbruch von Tvashtar 2006/7 – aber die letzten 13 Beobachtungen seit Juni 2010 haben nichts mehr ergeben. Ist Io plötzlich ruhig geworden, oder hatte man nur Pech mit den Zeitfenstern? Auf der heutigen DPS-PK wussten sie es nicht. Die Bilder Ios im nahen IR werden jedenfalls bald noch besser: erst in ~3 Jahren mit neuer AO am Keck-Teleskop – und dann mit der nächsten Generation optischer Großteleskope. Das für den Mauna Kea angedachte Thirty Meter Telescope z.B. sollte 30 km Auflösung auf dem Mond schaffen, so wie auf vielen Aufnahmen der Galileo-Sonde. [23:00 MESZ. NACHTRAG: noch ein Press Release]

Die mittelgroßen Saturnmonde entstanden durch Kollisionen von Vorgänger-Körpern untereinander, als das Saturnsystem im Rahmen des ‚Umbaus‘ des jungen Sonnensystems – Stichwort Nice model – in Unordnung geriet, wurde heute auf der letzten DPS-PK vorgeschlagen: Bei 3 bis 4 energiereichen Verschmelzungs-Ereignissen entstanden einerseits der heutige Titan und andererseis aus Trümmern die mittelgroßen Eismonde. Deren Vielfalt so zu erklären ist, dass ihre Bestandteile aus unterschiedlicher Tiefe kamen. Solcherlei Monde fehlen dem Jupiter dessen System aus den vier großen Galileischen Monden einfach zu stabil gebaut ist. Auf derselben PK wurden auch verfeinerte Vorstellungen zur Entstehung des Erd-Monds durch einen Riesenimpakt in eine schnell rotierende Erde ausgeführt. [22:45 MESZ. NACHTRAG: noch ein Artikel]

Mars-Gletscher als guter Test für globale Klimamodelle

wurden gestern auf der PK der DPS-Tagung angepriesen: Die starken Schwankungen der – nicht durch einen dicken Mond stabilisierten – Rotationsache des Mars führen zu (gut berechenbaren) starken Klimaschwankungen – die wiederum zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten die Bildung von Gletschern fördern. Die Spuren letzterer sind auf Orbiter-Aufnahmen zu erkennen (im Krater Greg besonders gut untersucht), datieren kann man sie anhand der Zahl der Impaktkrater – und siehe da: Alles passt zusammen! Das hat auch eine politische Dimension für unseren Planeten: “Some public figures imply that modeling of global climate change on Earth is ‘junk science,’ but if climate models can explain features observed on other planets, then the models must have at least some validity.” [20:35 MESZ. NACHTRAG: Berichte vom 2. Konferenztag hier und hier]

Curiosity kann zur Aufklärung des Mars-Methan-Mysteriums beitragen, das die Planetenforschung seit einem Jahrzehnt umtreibt: Fernerkundungsdaten aus dem Orbit und von der Erde aus werden – nicht ganz unumstritten – als rasant auftauchendes und wieder verschwindendes Methan interpretiert. Wie es gestern auf einer DPS-PK hieß, sollte es mit dem TLS-Instrument auf Curiosity möglich sein, die behaupteten Methan-Mengen vor Ort nach zu weisen. Und ihre zeitliche Veränderungen würde – im Zusammenspiel mit Klimamodellen – endlich konkrete Aussagen über die Quellen erlauben. [20:25 MESZ. NACHTRAG: ein Press Release dazu]

Titans Ozeane werden alle 50’000 Jahre „umgepumpt“

Nämlich vom Nordpol des Saturnmonds, wo man derzeit ausgedehnte Methan-Meere findet, zum Südpol – wo jetzt auf Cassini-Radarbildern leere Becken vergleichbarer Größe ausgemacht wurden – und zurück: Dafür sorgen langfristige Klimaverschiebungen in Analogie zu den Milanković-Zyklen der Erde, die nun für den Titan als bestätigt gelten, hieß es gestern auf einer DPS-PK. Wie Cassini aber auch feststellte, können jeweils nach dem Ende der langen feuchten Sommer am entsprechenden Pol Methan-Tümpel zurück bleiben, so wie derzeit der „Ontario-See“ am Südpol (Bild), der in 50’000 Jahren wieder ein Ontario-„Meer“ in den markierten Grenzen werden dürfte. Präbiotische Chemie in derartigen Tümpeln braucht sich also nicht zu beeilen, sie kann unabhängig vom aktuellen Titan-Klima weiter laufen. [20:15 MESZ]

Intermezzo: Planet mit einer Erdmasse ganz nahe bei Alpha Centauri B gefunden – RV-Amplitude 50 cm/s!

Weil ein gewisser „NJD“, dessen Identität noch unklar ist [NACHTRAG: nicht mehr; siehe 2:35 MESZ!], unbedingt der erste sein wollte und mit diesem Artikel ein strenges News-Embargo brach, hat man sich entschieden, gut 19 Stunden früher als vorgesehen alles publik zu machen: Der erdnächste helle Stern Alpha Centauri B hat offensichtlich einen Planeten von nur einer Erdmasse auf einer extrem engen Umlaufbahn mit 3.2 Tagen Periode, was aber trotzdem selbst für den führenden Spektrographen HARPS der ESO nur ein sehr verrauschtes Signal liefert (2. Bild, aus einer geheimen Telecon gestern Nachmittag). Die Amplitude der Radialgeschwindigkeit von 1 m/s Peak-to-Valley ist nur halb so groß wie die Messfehler, aber dank einer sehr langen Messreihe soll die Wahrscheinlichkeit für ein falsch positives Signal nur bei 1:1000 liegen: gut genug für die Beobachter und die Referees von Nature, wo das Ganze heute erscheint (daher das ehemalige Embargo), noch nicht restlos überzeugend allerdings für einen anderen Exoplaneten-Forscher, der im selben Heft einen Kommentar abgeben durfte. Es ist der masseärmste Planet, den HARPS je beobachtete, und das Signal tauchte überhaupt erst auf, nachdem mit großem Aufwand Effekte durch Sternflecken heraus gerechnet wurden.

Die internationale Konkurrenz bei der Jagd nach Alpha-Cen-Planeten („“Noch eine Jagd …“) ist noch lange nicht so weit, um das schwache Signal bestätigen oder widerlegen zu können, man müht sich aber. Dummerweise kommen sich Alpha Cen A und B jetzt immer näher, und das Licht des ersteren strahlt nur noch bei sehr gutem Seeing nicht dazwischen. Andererseits besteht angesichts des extrem engen Orbits eine 10%-Chance auf Transits – ein ESO Press Release mit Link zum freien Original-Paper, eine Nature-Zusammenfassung und erste schon vorbereitete Artikel hier, hier und hier, die binnen Sekunden nach Aufhebung des Embargos online waren. [0:35 MESZ] Wie das Embargo gebrochen und aufgehoben wurde (dieser Blogger spielt auch mit!), die Story für Kinder und weitere Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. [2:35 MESZ] Und noch mehr hier, hier, hier, hier und hier. [4:05 MESZ] Unabhängig viele Details zur Zuverlässigkeit der HARPS-Analyse, an der es – wie dieses Blog erfahren hat – auch Zweifel gibt: Deswegen bestand Nature darauf, dass die Original-HARPS-Daten sofort frei zugänglich werden müssen. Und auch die US-Konkurrenz schläft nicht. [19:20 MESZ] Eine Aufzeichnung der Telecon, eine Gratulation der NASA und ein Artikel der AAVSO. [19:45 MESZ]

Neun alternative „Fluchtwege“ durch das Pluto-System

für New Horizons hat man sich inzwischen ausgedacht, um den befürchteten Staubwolken um den Zwergplaneten („New-Horizons-Planer besorgt …“) ggf. entgehen zu können, hat der Sonden-Chef heute auf einer PK in Reno erzählt: Noch bis 10 Tage vor der größten Annäherung kann auf eine der Alternativbahnen (Grafik) gewechselt werden. Die inzwischen 5 entdeckten Monde werden allgemein als Spitze eines Eisbergs interpretiert, denn das ganze System ist offenbar „kollisional“, was auch ein ausgeprägtes – von der Erde aus aber nicht nachweisbares – Ringsystem produziert haben dürfte. Werden nämlich die kleineren Monde getroffen, fallen die Splitter nicht wie bei Pluto und Charon zurück sondern entweichen auf Bahnen um den Zwergplaneten. Dort bildern sie dann eine ziemlich dreidimensionale Staubwolke: Die wird New Horizons in den letzten Wochen des Anflugs mit allen Mitteln zu charakterisieren versuchen, bevor allerspätestens am 4. Juli 2015 die Entscheidung fällt, wo man am 14. Juli mit 14 km/s entlang schießen will. Die 9 SHBOTs – Save Haven Bail Out Trajectories – mussten schon jetzt fest gelegt werden, weil sie zu programmieren noch eine Menge Arbeit ist. Morgen sind es exakt 1000 Tage bis zum Flyby! [23:25 MESZ am 16. Oktober. NACHTRAG: Artikel auch hier, hier und hier]

Intermezzo! Curiosity greift jetzt zum 3. Mal zu, und diese Bodenprobe wird zum ersten Mal in das CheMin-Labor geschickt. Die ganze Gegend – oben eine neue Perspektive; da liegt manch seltsamer Stein herum – hat sich als verschmutzt mit kleinen Resten von Lande-Hardware erwiesen: Man muss aufpassen, dass davon nichts eingesammelt wird. [2:20 MESZ] Zurück nach Reno: Was dort am 1. Konferenztag sonst noch so passierte. [6:35 MESZ. NACHTRAG: noch’n Artikel über Tag 1]

Immer neue Exoten unter Exoplaneten-Systemen

Das 44th Annual Meeting of the Division for Planetary Sciences (DPS) of the American Astronomical Society (AAS) diese Woche in Reno, Nevada, wird von ein paar Pressekonferenzen begleitet – hier gibt’s die Highlights. (Und am Mittwoch zwischendurch noch was ganz Besonderes, das dieser Blogger schon kennt aber noch nicht verraten darf.) Eine Erkenntnis – aus der Kepler-Statistik – heute: 85% aller Exoplaneten haben Bahnneigungen < 3°, die meisten Planetensysteme sind "platt wie Pfannkuchen".

Ein weiterer Kepler-Fund war dank des Papers und Projekt-Blogs ebenfalls bereits bekannt: das System KIC 4862625 mit dem Planeten „PH1“ – der im Transit beobachtet wird und um vier Sterne gleichzeitig kreist, eine Konfiguration, die noch nie gesehen worden war. Interessant auch, dass der Fund den Planet Hunters gelang, also echte Citizen Science ist – gefolgt von viel Nacharbeit der Profis natürlich. [NACHTRAG: Eine andere Gruppe fand den Planeten unabhängig und hat jetzt auch ein Paper fertig.]

Schon eine Weile bekannt ist auch das System KOI 500, das zu einer großen Gruppe von Kepler-Planetensystemen gehört, die inzwischen STIPs = Systems with Tightly Packed Inner Planets genannt werden: Mit 5 Planeten(kandidaten) im Transit hat es sich inzwischen allerdings als eine Seltenheit heraus gestellt, zumal es besonders kompakt geraten ist. Alle 191 Tage nehmen die äußeren 4 Planeten dieselbe Konfiguration ein („two interlocking 3-body resonances“), was man noch nirgendwo sonst sah. Diese Konfiguration hat sich wohl während der Migration der Planeten bei der Entstehung des Systems eingestellt: ein wichtiger Test für Modelle dazu, der auch die Frage aufwirft, warum es im Sonnensystem nicht so gekommen ist. [NACHTRAG: ein weiterer Artikel].

Als Zugabe noch Statistik des WISE-Satelliten zu den Trojanern des Jupiter, von denen der IR-Satellit bei seiner gleichmäßigen Himmelsdurchmusterung etwa 2000 fand: 40% mehr in der voraus laufenden Gruppe, aber die Körper in beiden Haufen waren gleich dunkel, rötlich und „primitiv“. Die könnte sich der Jupiter schon bei seiner Entstehung eingefangen haben. Und WISE konnte den Erd-Trojaner 2011 TK7 (aus ISAN 142-5) vermessen: Durchmesser 380±120 m, Albedo 6±5 % – ein mögliches Ziel für einen Besuch. Und WISE hat auch noch weitere NEAs auf erdähnlichen Bahnen gefunden und vermessen. [22:25 MESZ am 15. Oktober]

Sinn bringen in die irre Vielfalt der Exoplaneten

12. Oktober 2012

Das versuchte gestern Heike Rauer auf der Tagung from quantum to cosmos 5 mit diesem Log-Log-Diagramm: Aufgetragen ist die Dichte gegen die Masse für alle Exoplaneten, für die beide Größen halbwegs genau angegeben werden können; schraffierte Kurven markieren die Zusammensetzung der Planeten, die am besten passt. (Wie schwierig das ist, zeigt gerade der Fall des angeblichen „Diamant-Planeten“ 55 Cnc e, bei dem der Stand der Forschung weder eine reißerische PM noch das Echo hier, hier oder hier wirklich rechtfertigt. Und auch 55 Cnc b erstaunt.) Viele Exemplare sind’s leider noch nicht, aber die nicht gleichmäßige Verteilung in diesem Diagramm fällt doch auf. Dass es links und unten keine gibt, ist ein simpler Auswahleffekt: Messungen geringer Massen sind einfach furchtbar schwer. Aber die Lücke oben in der Mitte scheint für Rauer eine wesentliche Aussage zu beinhalten: Planeten mit grob 1/10 bis 1 Jupiter-Masse und sehr hohen Dichten stellt die Natur nicht her. (Die beiden Ausreißer ganz oben in dieser Zone lässt sie nicht gelten: zwei Kepler-Planeten, deren Massen nur durch Transit Timing Variations abgeschätzt wurden – womöglich falsch?)

Das Muster passt für Rauer zur klassischen Vorstellung der Planetenbildung, angedeutet durch die blauen Pfeile: Erst ballen sich feste Bestandteile zusammen, dann findet sich – ab Erreichen einer bestimmten kritischen Kern-Größe – massenweise Gas dazu, und die mittlere Dichte geht in den Keller. Der beste Weg, dies zu überprüfen und in die Vielfalt der Exoplaneten, die über die Beobachter gekommen sind, wieder Ordnung zu bringen, sind – wer hätte das gedacht – mehr und bessere Daten nötig: Für halbwegs verlässliche Aussagen über das Innenleben eines Planeten sollte man seinen Durchmesser auf 2% und die Masse auf 10% genau kennen, was präzise Transit-Lichtkurven und gute Spektren für den Radialgeschwindigkeits-Effekt erfordert. Und das ideale Werkzeug dafür wäre das Satelliten-Observatorium PLATO, das im ersten Anlauf gegen andere ESA-Kandidaten unterlag, sich aber schon wieder beworben hat: Ende 2013 wird über die M3-Mission entschieden. Rund 18’000 kleine Planeten im Transit um helle – und damit gut spektroskopierbare – Sterne könnte PLATO finden, über 100-mal mehr als von Kepler oder auch anderen Transit-Projekten zu erwarten sind.

Exoplaneten @ AG: CoRoT hat was zu bieten!

27. September 2012

Seit das Team des NASA-Satelliten Kepler die Welt mit tausenden von Exoplaneten-Kandidaten beglückt, ist es um den drei Jahre vorher gestarteten europäischen Satelliten CoRoT (siehe ISAN 34-2) ziemlich still geworden: Der Hauptgrund ist die Veröffentlichungspolitik des Projekts, das bislang die Kandidaten nicht bekannt gab und nur die – dank aufwändiger Boden-Beobachtungen durch zahlreiche involvierte Sternwarten – wirklich bestätigten Exoplaneten publizierte. Wie Teammitglied Artie Hatzes heute Morgen auf der AG-Tagung in Hamburg berichtete, steht CoRoT in dieser Beziehung trotz seiner eigentlich viel ungünstigeren Parameter (Tabellen) gar nicht so schlecht da: 25 bestätigten CoRoT-Planeten stehen 77 entsprechend abgesicherte Keplers entgegen.

Und nun hat Hatzes verraten, dass CoRoT fast 3000 Kandidaten eingesammelt hat, also Sterne, bei denen mindestens ein Helligkeitsminimum gesehen wurde, das wie ein Planetentransit aussieht. Erfahrungsgemäß stellen sich 17% der CoRoT-Kandidaten als echte Exoplaneten heraus, womit der kleine Satellit rund 500 Planeten auf der Spur sein könnte: Deren Realität zu beweisen ist wegen der geringen Helligkeit der verdächtigen Sterne allerdings extrem mühsam. Und bei Kepler? Der hat bei seinem bisher letzten Fazit schon über 2300 Kandidaten präsentiert, und im Team glaubt man, dass über 90% davon real sind. Hatzes verweist allerdings auf eine unabhängige Studie (die dieser Blogger auf die Schnelle nicht auftreiben konnte), nach der etwa jeder dritte Kepler-Kandidat kein Planet sei. Trotzdem lässt sich – da selbst dann noch ~1500 Kepler-Kandidaten echt wären – ihre Statistik als Wegweiser nehmen. Dort dominieren zur Zeit die Exo-Neptune über alle anderen Planetendurchmesser-Klassen, aber Hatzes sagt voraus, dass bei der nächsten Kandidaten-Präsentation bereits die Exo-Super-Erden die Führung übernehmen würden (ein Trend, den man auch im Kepler-Team sieht) – und am Ende der Mission die meisten Exoplaneten „andere Erden“ sein dürften.

Eine weitere Neuigkeit aus Hatzes‘ Vortrag war dieses Radialgeschwindigkeits-Diagramm für den Planeten CoRoT 7b, das Daten der beiden führenden RV-Instrumente kombiniert (die trickreich um die erheblichen Störeffekte durch Sternflecken auf dem leider sehr aktiven Stern korrigiert wurden): 7.0 Erdmassen seien nun klar abgesichert. Damit teilt sich CoRoT 7b mit Kepler 10b (siehe ISAN 128-9) die Eigenschaft einer mittleren Dichte über derjenigen von Venus, Erde und Mars: Eher könnte es sich um Eisen-angereicherte „Exo-Super-Merkure“ handeln. Die Fehlergrenzen der Dichten der beiden Planeten sind allerdings immer noch so groß, dass sie auch in die erdähnliche Kategorie hinein ragen. Und CoRoT-7c und -7d (Item 4)? An c glaubten die meisten im CoRoT-Team, so Hatzes, an d im Wesentlichen nur er selbst …

Der seltsame Fall von VLT, CRIRES & Tau Boo b

5. Juli 2012

Es begab sich am 27. Juni, dass binnen weniger Stunden zwei kleine Papers das Licht der Öffentlichkeit erblickten: mit derselben (durchaus bedeutenden) Entdeckung am selben Stern, mit demselben Instrument CRIRES am selben ESO-Teleskop VLT UT1 – aber von zwei völlig separaten Arbeitsgruppen, die durch zwei separate Anträge Beobachtungszeit bekommen hatten. Gemeint sind Brogi et al., The signature of orbital motion from the dayside of planet Tau Bootis b, Nature 486, 502-4, schon in der Nacht vorher auch als Preprint verbreitet und von einem ESO Press Release begleitet, und Rodler et al., Weighing The Non-Transiting Hot Jupiter Tau BOO b, als Preprint rund 10 Stunden nach der offiziellen Nature-Veröffentlichung verbreitet und von der Carnegie Institution beworben. Die die andere Arbeit erwähnt, die ESO aber nicht diese.

Beide Teams hatten im April bzw. Juni letzten Jahres 452 bzw. 116 Spektren des Sterns aufgenommen und es jeweils geschafft, das reflektierte Licht seines Planeten dank starker Kohlenmonoxid-Absorption zu isolieren: Damit konnten sie die Radialgeschwindigkeit des Planeten bestimmen, woraus sie wiederum auf seine Bahnneigung (rund 45°) und damit die genaue Masse (6 Jupiters) des Planeten schließen konnten. Der ist als solcher vielleicht nicht besonders interessant, von Atmosphären-Struktur-Details abgesehen, aber entscheidend war, dass erstmals eine neue Analysetechnik bei einem Exoplaneten funktionierte, der keine Transits vollführt, wie auch hier, hier und hier berichtet wird. Doch wie hatten die zwei Gruppen bei der ESO Meßzeit für ein identisches Projekt erhalten können? Normal ist das nicht, und so hat dieses Blog nachgefragt. Und Antwort bekommen.

Vom Head des Observing Programmes Office der ESO, Nando Patat: „This is indeed an interesting case. We will check how this could happen. One first explanation is that the two programmes were submitted in two different ESO semesters (86 and 87). They were therefore seen by different people, six months apart. One of the two is a large programme, meaning that it lasted over several semesters. This explains part of the problem. Although we have automatic target duplication checks in place (which spot conflicts in proposals submitted for the same period) what you report may signal a problem in the system, in the sense that there may be a glitch in the check between normal programmes against ongoing large programmes. This is now being checked.“

Vom Public Information Officer der ESO, Richard Hook: „This was indeed an odd occurrence. We (ESO ePOD) worked with the Leiden people [also Brogi et al.] to prepare the ESO press release and this all went pretty smoothly. They contacted us in plenty of time and were helpful. They didn’t mention the other paper at all and the first I heard was the AAS email on the same day as ours. The other team didn’t contact us and, as nothing had appeared publicly, we didn’t know anything about it.“

Von einem Mitglied des Leiden-Teams, Ignas Snellen: „It is indeed rather strange. It is indeed not ESO’s policy, but I think that something went wrong because our observations were done as part of a large program (already awarded a year earlier), while Rodler’s observations were awarded as a normal program. Our paper was already near acceptance with Nature when we learned about their work (and vice versa) – too late to combine things. In the end it does not make much difference. We got three times as much data as them, and therefore combining the data only increases the signal-to-noise by ~15%. In the end we have now two independent studies showing the same result – which is also valuable.“

Und von Florian Rodler: „[b]eide Proposals sind tatsaechlich voellig unabhaengig voneinander entstanden. Waehrend die Gruppe um Ignas Snellen (in der Matteo Brogi ist) ein ESO Large Program eingereicht hatten, hatten wir ein normales ESO Proposal mit einem aehnlichen Ziel eingereicht. Unser Proposal, bei dem ich der PI war, entstand aus dem alten Projekt meiner Doktorarbeit plus der Idee, im NIR nach CO-Absorption bei Tau Boo zu suchen. Beide Proposals wurden akzeptiert. ESO ist nie an mich herangetreten, damit unsere Gruppe mit Snellen’s Gruppe zusammenarbeiten moege. Wir fanden im Winter heraus, dass die andere Gruppe ein Naturepaper ueber Tau Boo eingereicht hatte und dieser bereits in Begutachtung war. Wir nahmen Kontakt auf und ueberprueften unsere Resultate und tauschten Informationen aus (allerdings nie die Artikel).

Wir koordinierten uns und beschlossen, unsere ApJ-Letters Publikation so lange zu verzoegern, bis der Artikel von Brogi et al. rauskam – denn waere unser Artikel frueher rausgekommen, so waere Brogi’s Artikel automatisch von Nature abgelehnt worden. Aus diesem Grund erschienen beide Artikel und Press-Releases am selben Tag. Natuerlich macht es Sinn, beide Resultate zu kombinieren. Allerdings wurden beide Datensaetze mit unterschiedlichen Datenreduktions- und Analysemethoden bearbeitet. Man muesste beide Datensaetze gemeinsam mit der selben Methode analysieren, um ein besseres Ergebnis zu erhalten.“

Live-Blog „von“ der 219. AAS-Tagung in Texas

9. Januar 2012

Der 1. Exoplanet mit großem Saturn-artigem Ringsystem?

Es gibt nur einen einzigen beobachteten Transit dieses höchst seltsamen Objekts vor dem Scheibchen seines Sterns, aber der dauerte ~54 Tage und wurde von zwei voneinander entfernten Teleskopen verfolgt (Lichtkurven oben): Die einfachste Interpretation ist ein kleiner Begleiter des Sterns mit einem ausgedehnten Ringsystem (Grafik Mitte), der sich 2007 in die Sichtlinie schob, mit einer dicken inneren Scheibe und drei dünnen äußeren Ringen und deutlichen Lücken dazwischen. Aber weder vorher noch nachher ist auch nur ein weiterer Transit beobachtet worden: Die Bahnperiode muss mindestens 850 Tage betragen, und auch Amateurastronomen sind aufgerufen, nach weiteren Durchgängen Ausschau zu halten, um wenigstens die Jahreslänge des Objekts einzugrenzen. Auch seine Masse ist noch unbekannt; spektroskopische Messungen der Radialgeschwindigkeit sind aber beantragt. Ob man bei solch einer gewaltigen Scheibe – von der Masse ungefähr unseres Mondes! – noch von einem Ring sprechen kann, ist im Vergleich mit den Saturnringen (artist’s view unten) die Frage: Die Entdecker sprechen selber von einem „protoexosatellite system“, da sich aus den Ringen – die mehrere Lücken aufweisen – durchaus noch mehrere Monde des Objekts (sei es nun ein Planet oder ein Brauner Zwerg) bilden dürften. Die Lücken zwischen den Ringen lassen vermuten, dass die Mondbildung schon begonnen hat.

Mehrere weitere Kepler-Entdeckungen wurden auf der letzten AAS-PK ebenfalls vorgestellt: zum einen zwei weitere Exoplaneten, die um Doppelsterne kreisen. Kepler-34b und Kepler-35b gesellen sich zu Kepler-16b (siehe ISAN 146-7) und etablieren Planeten auf stabilen Bahnen um Doppelsterne als nicht mal seltene Kategorie in der Milchstraße, mit hochgerechnet Millionen Exemplaren. Beide Planeten sind etwa Saturn-groß und liegen deutlich außerhalb der habitablen Zonen (zu nahe an ihren Sonnen). Und es gibt die drei vom Durchmesser her kleinsten Exoplaneten, die alle um den Roten Zwerg KOI-961 kreisen und 0.78, 0.73 und 0.57 Erddurchmesser haben: Entdeckt wurden sie nicht vom Kepler-Team selbst sondern in öffentlichen Daten des Satelliten.

Weitere Nachrichten von der Tagung, die am Donnerstagnachmittag zu Ende gehen und keine weiteren PKs mehr bieten wird, umfassen erste Entdeckungen von ALMA, die ‚amtliche‘ Abkürzung „Jansky VLA“ (wer’s denn benutzen wird), weitere Einsichten von SOFIA, eine AAS-Rede zu LGBT-Fragen und weitere umfangreiche Impressionen vom heutigen Nachmittag und Vormittag sowie vom ganzen Dienstag. Aufzeichungen aller PKs – auch mehrerer vorangegangener AAS Meetings – sind übrigens hier zu finden! [21:45 MEZ am 11. Januar – Ende! Weitere AAS-News auf Twitter und im Cosmic Mirror]

Die fernste Typ-Ia-Supernova mit spektroskopischer Rotverschiebung – nämlich 1.55, was einem Weltalter zum Explosionszeitpunkt von nur 4.2 Mrd. Jahren entspricht – ist im Rahmen eines großen Hubble-Programms entdeckt worden, mit der WFC3 und ihren neuen IR-Möglichkeiten im Hubble Ultra Deep Field. Damit erweitert sich das kosmologische Diagramm dieser SNe (für den linken Teil gab’s letztes Jahr den Nobelpreis) deutlich, und mit weiteren so fernen SNe – mehrere Kandidaten gibt’s schon – wird sich u.a. untersuchen lassen, ob die Dunkle Energie zeitlich variabel ist. Und man wird auch sehen, wie alt oder jung ein Ia-Progenitor (siehe 19:50 MEZ) sein kann, auch hilfreich. [20:05 MEZ]

Aufwind für doppelt entartete Progenitoren der Ia-Supernovae

gab es auf der nächsten – und vorletzten – AAS-PK zu hören: Insbesondere gibt es mit dem Supernova-Rest SNR 0509-67.5 in der LMC jetzt einen Fall, wo alles andere ausgeschlossen ist als die Fusion zweier Weißer Zwerge als Ursache der Ia-Supernova. Denn eine tiefe Suche im Zentrum der Blase (die die Autoren übrigens beim Astronomy Picture of the Day ‚entdeckt‘ hatten!) hat keinerlei verbliebene Sterne – bis 26.9 mag.V herab, was +8.4 Mag.V absoluter Helligkeit entspricht, zum Vorschein gebracht: Bei allen anderen Szenarien als Weißzwerg-Fusionen bleibt aber der materiespendende Partner zurück. Allerdings mehren sich die Anzeichen, dass es mehrere Wege zu einer Ia-Explosion geben könnte, und so ist dieser eine – per se klare – Fall kein Beweis, dass alle doppelt-entartet sind.

Auch bei der Aufklärung des Vorgänger-Systems der SN 2011fe in M 101 gibt es Fortschritte: Hatte die Analyse der frühen Lichtkurve anhand der Fotometrie durch das Entdecker-Teleskop der PTF (Nugent & al., Nature 480 [15.12.2011] 344-7, zusammen gefasst in ISAN 153-4) noch eine Obergrenze des explodierten Objekts von höchstens 1/10 Sonnendurchmesser geliefert, so zeigt die Nichtdetektion der Supernova auf einer 1-Stunden-Aufnahme des Teleskops PIRATE auf Mallorca noch 7 1/2 Stunden vor dem ersten PTF-Datenpunkt bzw. etwa 4 Stunden nach der Explosion, dass das Objekt sogar höchsten 2% des Sonnendurchmessers gehabt haben kann! Eindeutig ein Weißer Zwerg also: Das folgt sowohl aus Modellierungen – und damit ein paar Annahmen – des Shock-Breakouts wie der Interaktion mit dem Massenspender. Dessen Durchmesser ist in diesem Fall weniger gut eingeschränkt, dürfte aber unter 1/10 Sonnendurchmesser gelegen haben: „a compact object of some sort“. Auch wenn es also weiter kein abschließendes Urteil zur Natur der Ia-Supernovae gibt: Das Feld ist mächtig in Bewegung geraten! [19:50 MEZ]

Das schärfste Bild des „Doppelkerns“ der Andromeda-Galaxie gab‘ auf der 1. PK des 3. Tages zu sehen: Diese Aufnahme mit Hubbles High Resolution Channel der ACS zeigt einen Haufen blauer Sterne um das mutmaßliche Schwarze Loch im Galaxienzentrum und einen Haufen roter Sterne, der es in größerem Abstand umkreist – so kommt die Illusion des Doppelkerns zustand. Andere Beiträge beschäftigten sich mit „failed AGB stars“ in der Nähe des Zentrums derselben Galaxie (wo stärkere Metallizität die Sternentwicklung beeinflusst): Die sorgen für Extra-UV-Licht. Und durch Vergleich mit anderen ähnlichen Galaxien wurde berechnet, dass die Milchstraße eine Farbtemperatur von 4840 Kelvin hat und damit sehr weiß ist: Dem Auge erscheinen ja auch Glühlicht (3000 K) und die Mittagssonne (6500 K) weiß. [17:25 MEZ]

Der VLA heißt jetzt „Karl G. Jansky Very Large Array“

Das also ist das Ergebnis der – von Astronomen wie Lokalpolitikern mit Argwohn betrachteten – ‚Volksbefragung‘ zur Umbenennung des 1980 gebauten aber seit 2000 innerlich runderneuerten (siehe Artikel 34) Radiointerferometers. Ein neues Akronym enthält die Pressemitteilung – der ’neue‘ Name wird in diesen Minuten auf der AAS-Tagung feierlich verkündet – übrigens nicht … Weitere News von der Tagung: die Rolle von Mergers (oder auch nicht), keine Hinweise auf Raumzeit-Granularität durch einen fernen GRB („Die Lorentz-Invarianz …“) und wie man sicher kein Funding bekommt (Grafik) – und weitere Berichte vom Tagungsgeschehen vom Nachmittag und Vormittag des 10. Januar und Nachmittag sowie ganzen 9. Januar. [1:45 MEZ]

Infrarot-Extravaganz Nr. 5: SOFIA und die Folgen der Sternentstehung in W3, wo der massereiche Jungstern IRS2 einen Hohlraum in das umgebende ISM geblasen hat (links im SOFIA-Bild, dessen Ausschnitt auf einer Spitzer-Aufnahme markiert ist) – ein typischer Prozess in Sternbildungsgebieten, den hier das Instrument FORCAST der fliegenden Sternwarte bei 37 µm so scharf wie noch nie betrachten konnte. [22:55 MEZ am 10. Januar]

IR-Extravaganz Nr. 4: Sternentstehungs-Statistik mit WISE anhand eines 1000-Quadratgrad-Mosaiks der Milchstraße, von dem hier nur ein Ausschnitt zu sehen ist. Die Sterndichte in verschiedenen Regionen als Funktion vom Abstand eines Konzentrations-Peaks spricht klar für eine Sternbildung in Kettenreakion, sog. triggered star formation, und gegen ein Alternativmodell mit bevorzugter Sternbildung in einer Schale. [22:45 MEZ]

IR-Extravaganz Nr. 3: Die Spitzer Cygnus X Legacy Survey, eine Durchmusterung einer der aktivsten Sternentstehungsregionen der Milchstraße, umfasst 25 Quadratgrad und hat eine große Zahl Young Stellar Objecs erwischt. [22:40 MEZ]

Infrarot-Extravaganz Nr. 1+2 (so hieß der Obertitel der letzten AAS-PK des 2. Tages): Spitzer und Herschel betrachten die Magellanschen Wolken, oben die LMC, und die SMC. Zu sehen ist kalter Staub, erstmals auf der Skala der Sternentstehung – die in den metallarmen Magellanschen Wolken so ablaufen dürfte wie allerorten vor 10 Mrd. Jahren zur Zeit der heftigsten Sternbildung in der kosmischen Geschichte. [22:25 MEZ]

Auf zu hohen (Röntgen-)Energien: RXTE, Fermi & NuSTAR

spielten bei dem nächsten Runde Pressekonferenzen auf dem Süßwarenmarkt für Astronomen AAS die Hauptrolle.

  • Der (gerade abgeschaltete) Rossi X-ray Timing Explorer hat – zusammen mit dem Radiointerferometer VLBA – den Ausbruch eines Schwarz-Loch-Kandidaten in der Milchstraße nahezu perfekt überwacht: Erst gab’s QPOs, als etwas in der Akkretionsscheibe nach innen spiralierte, dann wurden Jets herausgeschleudert: Der Zusammenhang beider zentralen Phänomene der Astrophysik lässt sich an diesem Beispiel näher ergründen.
  • Der Satellit Fermi hat den Kosmos jenseits von 10 GeV Photonenenergie erschlossen – das dauerte eine Weile, weil manche Quellen nur alle vier Monate mal ein Photon schicken! Der Vorgänger EGRET (auf dem Satelliten CGRO) hatte insgesamt nur 1500 Photonen > 10 GeV in 9 Jahren gesehen, von gerade mal 4 diskreten Quellen, alles Pulsare. LAT auf Fermi hat dagegen in 3 Jahren bereits 496 solche Quellen mit mindestens 4 Sigma nachgewiesen, galaktische wie extragalaktische: 274 sind AGNs, 25 Pulsare, 25 SNR & Pulsarwind-Nebel – aber 168 haben kein Gegenstück bei niedrigerer oder höherer Energie und bleiben einstweilen unidentifiziert. Nach 10 Jahren sollte LAT etwa 1000 Quellen >10 GeV identifiziert haben, alles Objekte mit außerordentlich energiereichen Prozessen.
  • Schließlich wurde noch der NASA-Satellit NuSTAR vorgestellt, der Nuclear Spectroscopic Telescope Array mit den ersten fokussierenden Teleskopen für 6 bis 79 keV, die ein dramatisch schärferes Bild des Himmels in diesem Energiebereich als frühere Satelliten versprechen. Während seine Webseite vor allem Beobachtungen an Supernovaresten, mutmaßlichen Schwarzen Löchern etc. als zentrale Ziele nennt, wurde in der PK betont, dass sich NuSTAR auch der Sonne zuwenden wird: in der Hoffnung, den Mechanismus der Heizung ihrer Korona aufzuklären.
Ansonsten noch frohe Kunde von Gemini (wo die AO jetzt ein 90″-Feld korrigiert), eine Lichtverschmutzungs-Story und Werbung für’s JWST bei den Postern. [20:45 MEZ]

Drei aus dem Rahmen fallende Galaxienhaufen

waren das Thema der ersten Pressekonferenzen am 2. Tagungstag (an dessen Ende gegen 1:30 MEZ übrigens die – umstrittene! – Umbenennung des Very Large Array verkündet werden soll):

Von der Tagung gibt’s außerdem einen Bericht und noch einen über den Vortrag „Big Science in Crisis“, Tagungs-Impressionen aus Zooniverse-Sicht, einen Artikel über das Missions-Proposal FINESSE und die PM zur LOFAR-PK in Englisch (und einen Artikel dazu) sowie einen Bericht von einer Vortagung über Venustransits in der Geschichte. [18:35 MEZ]

Und war da noch … jenseits der Pressekonferenzen

am ersten Konferenztag zum Beispiel von der Entdeckung zweier weiterer Planetenkandidaten durch die Planethunters und von einem Exoplaneten mit 10 Jahren Umlaufszeit zu hören sowie von Spekulationen über einen Exomond von Kepler 16b. Eine andere Arbeitsgruppe hatte ebenfalls (siehe 9. Januar, 18:10 MEZ) eine große Karte der Dunklen Materie im Kosmos zu bieten, das James Webb Space Telescope – das finanziell angeblich aus dem Gröbsten raus sei – wurde schon mal vorab gelobt und vermutet, dass Chandra noch weitere 20 Jahre durchhalten könnte. Der erdgebundenen US-Astronomie geht’s dagegen nicht so gut. Und dann war da noch der Astronaut S. Hawley, der in einer Festrede zu 50 Jahren bemannter Raumfahrt behauptete, Shepard hätte vor Gagarin im All sein können, wenn man nicht wegen der Schwierigkeiten beim Flug des Schimpansen Ham den menschlichen Flug noch mal verschoben hätte. [0:05 MEZ]

Erste vielversprechende Ergebnisse von LOFAR, dem europaweiten Radio-Interferometer, das sich der Fertigstellung nähert aber schon jetzt Wissenschaft produziert: oben ein typisches Einzelbild einer großen Himmelsdurchmusterung (deren Parameter darunter stehen), eine Pulsarbeobachtung und ihre Auswertung (die überraschend nahelegt, dass die Radiostrahlung bei allen Wellenlängen aus der selben Region der Pulsarmagnetosphäre kommt) sowie ein Ausblick auf den möglichen Nachweis eines Signals aus der Ära der Reionisation (EoR) des Kosmos – das sich in etwa einem Jahr aus dem Rauschen schälen können sollte, wenn viele Daten aufintegriert sind. [22:15 MEZ am 9. Januar]

Erste Ergebnisse von APOGEE, dem neuesten Subprojekt der SDSS-III, dessen aufwändiger IR-Spektrograph vor wenigen Monaten den Betrieb aufnahm. Ziel ist die Spektroskopie eines gehörigen Teils der Milchstraße, um ihre Struktur besser zu verstehen: Die detailreichen Spektren verraten sowohl Chemie (oben) wie Radialgeschwindigkeit (Mitte: Verteilung im markierten Feld). Und der Vorgänger SEGUE-2 ist auf Sterne auf Abwegen gestoßen. [19:25 MEZ]

Die große Astro-Show hat begonnen: Wie jeden Januar steigt diese Woche eine der größten Astronomie-Tagungen des Jahres, diesmal in Austin, Texas: Seitens der Teilnehmer wird – was bei entsprechenden Tagungen in Europa leider noch nicht der Fall ist – kräftig gebloggt und getwittert. Und es gibt neun Pressekonferenzen, die auch per Webcast verfolgt werden können. Bei der ersten gerade (oben das Panel, mit 75% Frauenanteil) ging es um die Beobachtung von Dunkler Materie: ihre Kartierung auf der bisher größten Skala per Weak Lensing – und die Vermessung von DM-Halos einzelner Galaxien durch Gravitationseffekte von Nachbargalaxien auf den Wasserstoff in der ausgedehnten Scheibe. Ein Ableger einer Technik, den dieselbe Gruppe schon ein Jahr zuvor präsentiert hatte („‚Dunkle‘ Galaxien …“). [18:10 MEZ]