
Die drei(!) Sonnen-Transits der Venus im Jahre 2012
waren auch ein Thema auf der 3. und letzten Pressekonferenz der 44. DPS-Tagung der AAS (ab 28:37; Aufzeichnungen auch vom 15. und 16. Oktober): Jay Pasachoff zeigte in rasender Geschwindigkeit Ergebnisse seines Teams vom Halekala, wo 680’000 Bilder entstanden, darunter auch obiges Bild eines speziellen Koronographen, das ein Stück Licht-zur-Erde-brechende Venusatmosphäre bereits zeigt, bevor deren anderer Rand überhaupt den Sonnenrand berührt hat [NACHTRAG: die ganze Sequenz]. Auswertungsergebnisse der Datenflut bzgl. der Eigenschaften der Venusatmosphäre gab es noch nicht zu hören, wohl aber von den anderen beiden Venus-Transits des Jahres! Am 20. September hat Hubble 14 Orbits lang immer wieder den Jupiter durch diverse Filter aufgenommen (Pasachoff zeigte einige der hübschen Bilder, im oben verlinkten Video ab 37:40), und der leichte Rückgang der Einstrahlung, während die Venus vor der Sonne stand, wird sich vielleicht nachweisen lassen. Am 21. Dezember schließlich gibt es einen Venus-Transit für den Saturn: Den wird Cassini mit dem VIMS-Instrument zu beobachten versuchen. [23:30 MESZ am 17. Oktober – ENDE]

Typische Jupiter-Anblicke 2009, 2010, 2011 und 2012 (von oben; von links in RGB und im thermischen IR bei 4.8 und 8.7 µm) im vielsagenden Vergleich: Das Verschwinden und die Wiederkehr des SEB (unten) sind ebenso zu sehen wie die aktuellen Veränderungen am NEB. Auf der DPS-PK verwies Referent Glenn Orton explizit auf die immer größere Rolle der Jupiter-Überwachung durch Amateurastronomen, was inbesondere auch die Beobachtungen von Impakten. Nach dem letzten diesen September zeigten IR-Beobachtungen keinen Effekt: Der Körper war keine 15 m groß gewesen. [23:10 MESZ]

Io-Vulkane von der Erde überwacht: Ruhe seit Juni 2010
Mit Teleskopen der 8- bis 10-m-Klasse und Adaptiver Optik ist es ein Leichtes, die Vulkan-Aktivität auf dem Jupiter-Mond Io zu überwachen, wozu vor Ort bis zur Ankunft von JUICE 2030 keine Sonde in der Lage sein wird: Eine Gesamtschau von Daten über 9 Jahre hinweg zeigte zunächst ständig irgendwo Aktivität, v.a. bei einem mindestens 530 Tage langen Ausbruch von Tvashtar 2006/7 – aber die letzten 13 Beobachtungen seit Juni 2010 haben nichts mehr ergeben. Ist Io plötzlich ruhig geworden, oder hatte man nur Pech mit den Zeitfenstern? Auf der heutigen DPS-PK wussten sie es nicht. Die Bilder Ios im nahen IR werden jedenfalls bald noch besser: erst in ~3 Jahren mit neuer AO am Keck-Teleskop – und dann mit der nächsten Generation optischer Großteleskope. Das für den Mauna Kea angedachte Thirty Meter Telescope z.B. sollte 30 km Auflösung auf dem Mond schaffen, so wie auf vielen Aufnahmen der Galileo-Sonde. [23:00 MESZ. NACHTRAG: noch ein Press Release]

Die mittelgroßen Saturnmonde entstanden durch Kollisionen von Vorgänger-Körpern untereinander, als das Saturnsystem im Rahmen des ‚Umbaus‘ des jungen Sonnensystems – Stichwort Nice model – in Unordnung geriet, wurde heute auf der letzten DPS-PK vorgeschlagen: Bei 3 bis 4 energiereichen Verschmelzungs-Ereignissen entstanden einerseits der heutige Titan und andererseis aus Trümmern die mittelgroßen Eismonde. Deren Vielfalt so zu erklären ist, dass ihre Bestandteile aus unterschiedlicher Tiefe kamen. Solcherlei Monde fehlen dem Jupiter dessen System aus den vier großen Galileischen Monden einfach zu stabil gebaut ist. Auf derselben PK wurden auch verfeinerte Vorstellungen zur Entstehung des Erd-Monds durch einen Riesenimpakt in eine schnell rotierende Erde ausgeführt. [22:45 MESZ. NACHTRAG: noch ein Artikel]

Mars-Gletscher als guter Test für globale Klimamodelle
wurden gestern auf der PK der DPS-Tagung angepriesen: Die starken Schwankungen der – nicht durch einen dicken Mond stabilisierten – Rotationsache des Mars führen zu (gut berechenbaren) starken Klimaschwankungen – die wiederum zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten die Bildung von Gletschern fördern. Die Spuren letzterer sind auf Orbiter-Aufnahmen zu erkennen (im Krater Greg besonders gut untersucht), datieren kann man sie anhand der Zahl der Impaktkrater – und siehe da: Alles passt zusammen! Das hat auch eine politische Dimension für unseren Planeten: “Some public figures imply that modeling of global climate change on Earth is ‘junk science,’ but if climate models can explain features observed on other planets, then the models must have at least some validity.” [20:35 MESZ. NACHTRAG: Berichte vom 2. Konferenztag hier und hier]

Curiosity kann zur Aufklärung des Mars-Methan-Mysteriums beitragen, das die Planetenforschung seit einem Jahrzehnt umtreibt: Fernerkundungsdaten aus dem Orbit und von der Erde aus werden – nicht ganz unumstritten – als rasant auftauchendes und wieder verschwindendes Methan interpretiert. Wie es gestern auf einer DPS-PK hieß, sollte es mit dem TLS-Instrument auf Curiosity möglich sein, die behaupteten Methan-Mengen vor Ort nach zu weisen. Und ihre zeitliche Veränderungen würde – im Zusammenspiel mit Klimamodellen – endlich konkrete Aussagen über die Quellen erlauben. [20:25 MESZ. NACHTRAG: ein Press Release dazu]

Titans Ozeane werden alle 50’000 Jahre „umgepumpt“
Nämlich vom Nordpol des Saturnmonds, wo man derzeit ausgedehnte Methan-Meere findet, zum Südpol – wo jetzt auf Cassini-Radarbildern leere Becken vergleichbarer Größe ausgemacht wurden – und zurück: Dafür sorgen langfristige Klimaverschiebungen in Analogie zu den Milanković-Zyklen der Erde, die nun für den Titan als bestätigt gelten, hieß es gestern auf einer DPS-PK. Wie Cassini aber auch feststellte, können jeweils nach dem Ende der langen feuchten Sommer am entsprechenden Pol Methan-Tümpel zurück bleiben, so wie derzeit der „Ontario-See“ am Südpol (Bild), der in 50’000 Jahren wieder ein Ontario-„Meer“ in den markierten Grenzen werden dürfte. Präbiotische Chemie in derartigen Tümpeln braucht sich also nicht zu beeilen, sie kann unabhängig vom aktuellen Titan-Klima weiter laufen. [20:15 MESZ]





Intermezzo: Planet mit einer Erdmasse ganz nahe bei Alpha Centauri B gefunden – RV-Amplitude 50 cm/s!
Weil ein gewisser „NJD“, dessen Identität noch unklar ist [NACHTRAG: nicht mehr; siehe 2:35 MESZ!], unbedingt der erste sein wollte und mit diesem Artikel ein strenges News-Embargo brach, hat man sich entschieden, gut 19 Stunden früher als vorgesehen alles publik zu machen: Der erdnächste helle Stern Alpha Centauri B hat offensichtlich einen Planeten von nur einer Erdmasse auf einer extrem engen Umlaufbahn mit 3.2 Tagen Periode, was aber trotzdem selbst für den führenden Spektrographen HARPS der ESO nur ein sehr verrauschtes Signal liefert (2. Bild, aus einer geheimen Telecon gestern Nachmittag). Die Amplitude der Radialgeschwindigkeit von 1 m/s Peak-to-Valley ist nur halb so groß wie die Messfehler, aber dank einer sehr langen Messreihe soll die Wahrscheinlichkeit für ein falsch positives Signal nur bei 1:1000 liegen: gut genug für die Beobachter und die Referees von Nature, wo das Ganze heute erscheint (daher das ehemalige Embargo), noch nicht restlos überzeugend allerdings für einen anderen Exoplaneten-Forscher, der im selben Heft einen Kommentar abgeben durfte. Es ist der masseärmste Planet, den HARPS je beobachtete, und das Signal tauchte überhaupt erst auf, nachdem mit großem Aufwand Effekte durch Sternflecken heraus gerechnet wurden.
Die internationale Konkurrenz bei der Jagd nach Alpha-Cen-Planeten („“Noch eine Jagd …“) ist noch lange nicht so weit, um das schwache Signal bestätigen oder widerlegen zu können, man müht sich aber. Dummerweise kommen sich Alpha Cen A und B jetzt immer näher, und das Licht des ersteren strahlt nur noch bei sehr gutem Seeing nicht dazwischen. Andererseits besteht angesichts des extrem engen Orbits eine 10%-Chance auf Transits – ein ESO Press Release mit Link zum freien Original-Paper, eine Nature-Zusammenfassung und erste schon vorbereitete Artikel hier, hier und hier, die binnen Sekunden nach Aufhebung des Embargos online waren. [0:35 MESZ] Wie das Embargo gebrochen und aufgehoben wurde (dieser Blogger spielt auch mit!), die Story für Kinder und weitere Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. [2:35 MESZ] Und noch mehr hier, hier, hier, hier und hier. [4:05 MESZ] Unabhängig viele Details zur Zuverlässigkeit der HARPS-Analyse, an der es – wie dieses Blog erfahren hat – auch Zweifel gibt: Deswegen bestand Nature darauf, dass die Original-HARPS-Daten sofort frei zugänglich werden müssen. Und auch die US-Konkurrenz schläft nicht. [19:20 MESZ] Eine Aufzeichnung der Telecon, eine Gratulation der NASA und ein Artikel der AAVSO. [19:45 MESZ]

Neun alternative „Fluchtwege“ durch das Pluto-System
für New Horizons hat man sich inzwischen ausgedacht, um den befürchteten Staubwolken um den Zwergplaneten („New-Horizons-Planer besorgt …“) ggf. entgehen zu können, hat der Sonden-Chef heute auf einer PK in Reno erzählt: Noch bis 10 Tage vor der größten Annäherung kann auf eine der Alternativbahnen (Grafik) gewechselt werden. Die inzwischen 5 entdeckten Monde werden allgemein als Spitze eines Eisbergs interpretiert, denn das ganze System ist offenbar „kollisional“, was auch ein ausgeprägtes – von der Erde aus aber nicht nachweisbares – Ringsystem produziert haben dürfte. Werden nämlich die kleineren Monde getroffen, fallen die Splitter nicht wie bei Pluto und Charon zurück sondern entweichen auf Bahnen um den Zwergplaneten. Dort bildern sie dann eine ziemlich dreidimensionale Staubwolke: Die wird New Horizons in den letzten Wochen des Anflugs mit allen Mitteln zu charakterisieren versuchen, bevor allerspätestens am 4. Juli 2015 die Entscheidung fällt, wo man am 14. Juli mit 14 km/s entlang schießen will. Die 9 SHBOTs – Save Haven Bail Out Trajectories – mussten schon jetzt fest gelegt werden, weil sie zu programmieren noch eine Menge Arbeit ist. Morgen sind es exakt 1000 Tage bis zum Flyby! [23:25 MESZ am 16. Oktober. NACHTRAG: Artikel auch hier, hier und hier]

Intermezzo! Curiosity greift jetzt zum 3. Mal zu, und diese Bodenprobe wird zum ersten Mal in das CheMin-Labor geschickt. Die ganze Gegend – oben eine neue Perspektive; da liegt manch seltsamer Stein herum – hat sich als verschmutzt mit kleinen Resten von Lande-Hardware erwiesen: Man muss aufpassen, dass davon nichts eingesammelt wird. [2:20 MESZ] Zurück nach Reno: Was dort am 1. Konferenztag sonst noch so passierte. [6:35 MESZ. NACHTRAG: noch’n Artikel über Tag 1]
Immer neue Exoten unter Exoplaneten-Systemen
Das 44th Annual Meeting of the Division for Planetary Sciences (DPS) of the American Astronomical Society (AAS) diese Woche in Reno, Nevada, wird von ein paar Pressekonferenzen begleitet – hier gibt’s die Highlights. (Und am Mittwoch zwischendurch noch was ganz Besonderes, das dieser Blogger schon kennt aber noch nicht verraten darf.) Eine Erkenntnis – aus der Kepler-Statistik – heute: 85% aller Exoplaneten haben Bahnneigungen < 3°, die meisten Planetensysteme sind "platt wie Pfannkuchen".

Ein weiterer Kepler-Fund war dank des Papers und Projekt-Blogs ebenfalls bereits bekannt: das System KIC 4862625 mit dem Planeten „PH1“ – der im Transit beobachtet wird und um vier Sterne gleichzeitig kreist, eine Konfiguration, die noch nie gesehen worden war. Interessant auch, dass der Fund den Planet Hunters gelang, also echte Citizen Science ist – gefolgt von viel Nacharbeit der Profis natürlich. [NACHTRAG: Eine andere Gruppe fand den Planeten unabhängig und hat jetzt auch ein Paper fertig.]

Schon eine Weile bekannt ist auch das System KOI 500, das zu einer großen Gruppe von Kepler-Planetensystemen gehört, die inzwischen STIPs = Systems with Tightly Packed Inner Planets genannt werden: Mit 5 Planeten(kandidaten) im Transit hat es sich inzwischen allerdings als eine Seltenheit heraus gestellt, zumal es besonders kompakt geraten ist. Alle 191 Tage nehmen die äußeren 4 Planeten dieselbe Konfiguration ein („two interlocking 3-body resonances“), was man noch nirgendwo sonst sah. Diese Konfiguration hat sich wohl während der Migration der Planeten bei der Entstehung des Systems eingestellt: ein wichtiger Test für Modelle dazu, der auch die Frage aufwirft, warum es im Sonnensystem nicht so gekommen ist. [NACHTRAG: ein weiterer Artikel].

Als Zugabe noch Statistik des WISE-Satelliten zu den Trojanern des Jupiter, von denen der IR-Satellit bei seiner gleichmäßigen Himmelsdurchmusterung etwa 2000 fand: 40% mehr in der voraus laufenden Gruppe, aber die Körper in beiden Haufen waren gleich dunkel, rötlich und „primitiv“. Die könnte sich der Jupiter schon bei seiner Entstehung eingefangen haben. Und WISE konnte den Erd-Trojaner 2011 TK7 (aus ISAN 142-5) vermessen: Durchmesser 380±120 m, Albedo 6±5 % – ein mögliches Ziel für einen Besuch. Und WISE hat auch noch weitere NEAs auf erdähnlichen Bahnen gefunden und vermessen. [22:25 MESZ am 15. Oktober]