Start einer Delta IV Heavy in Vandenberg am 20. Januar mit einem geheimen Aufklärungssatelliten (den Amateurastronomen aber schon im Orbit gefunden haben): Der Start war beeindruckend, aus der Nähe wie aus der Ferne. NACHTRAG: Der geheime Satellit ist rasch als neuer Keyhole identifiziert worden.
Wie Galaxy 15 vom „Zombie-Satelliten“ zum „Phönix“ wurde
Seit dem 23. Dezember ist der auf Abwege geratene Nachrichtensatellit („Dem amoklaufenden Satelliten …“) wieder unter Kontrolle: Der ausgebliebene Sonnenstrom führte zu einem tiefen Reset, er nahm wieder Kommandos entgegen – und ist bereits mit neuer Software versorgt worden, die ein erneutes Eintreten des „untoten“ Zustands verhindern soll. Das war im April eindeutig nicht auf Sonnenaktivität zurück zu führen gewesen, sondern die Folge einer Entladung in der Elektronik, wie sie Satelliten im Orbit nicht selten passiert (und im konkreten Fall bei Bodentests nachgespielt werden konnte). Schaden hat Galaxy 15 während seiner 8-monatigen Odysee im GEO nicht genommen und sogar Sprit gespart, der für das Einhalten des Orbit-Slots bestimmt war (und nun dazu benutzt wird, ihn wieder auf die ursprüngliche Position zu schieben): Nach eingehenden Tests wird der Satellit wieder in Betrieb genommen und sollte – wie einst geplant – bis 2022 brauchbar sein. (Space News, Satellite Spotlight 13., Broadband TV News, BBC 14., KosmoLogs 18., Raumfahrer 19.1.2011)
Weiter Rätseln um das Versagen des GSLV in Indien am 25. Dezember: Zwar steht außer Frage, dass das Abreissen von Kommando-Kabeln ursächlich („Wieder ein GSLV …“) für das Abweichen der Rakete von der Flugbahn und ihr Auseinanderbrechen war, doch der Grund dafür bleibt mysteriös. Ob unerwartet starke Belastungen – aus welchem Grund auch immer – dazu führten, dass sich gleich 10 Steckverbindungen (übrigens eines deutschen Zulieferers) gleichzeitig lösten und deshalb die Booster der 1. Stufe vom Bordrechner nicht mehr ausgerichtet werden konnten, muss die weitere Untersuchung klären. (ISRO Release 31.12.2010; TIME 29., Space News, Parallel Spirals, Spaceflight Now 31.12.2010, Hindu, Space Today 1., KosmoLogs 2., IBN 5., Outlook 10.1.2011) NACHTRAG: Die ISRO wartet noch auf russische Daten.
Galileo-NavSats: noch viel später, noch viel teurer …
Nächste Runde in der ewigen Saga des europäischen (primär) zivilen (ein bisschen) kommerziellen Gegenstücks zum amerikanischen GPS: Jetzt steht fest, dass 2014 höchstens ein Minimalservice mit 18 Satelliten geboten werden kann, und es mindestens 2020 wird und weitere 1.9 (bzw. insgesamt 5.4) Mrd. Euro kostet, bis alle 30 Satelliten für den Vollbetrieb im Orbit sind. Und die jährlichen Betriebskosten dürften sich auf 800 Mio. Euro belaufen: Dass Galileo überhaupt irgendwann direkt Profit abwirft, ist kaum zu erwarten. Man solle das System eben wie das Internet betrachten: eine Infrastruktur, die selbst nur Kosten produziert, mit deren Hilfe aber die dollsten Dinge möglich werden. Noch vor Jahresende soll immerhin mit dem Start der ersten (Test-)Satelliten begonnen werden. (Space News 20., BBC, AFP 18.1.2011) NACHTRAG: der BR zum Galileo-Status.
Gleich drei verschiedene Raketen gleichzeitig starten ab diesem Jahr in Kourou, wenn alles glatt geht: neben der bewährten Ariane auch die Soyuz (erstmals zwischen dem 15.8. und 15.9.) und die Vega. Das gibt der ESA zwar erheblich mehr Flexibilität bei der Auswahl des jeweils für eine Nutzlast geeignetsten Launchers, dürfte aber für erhebliches Durcheinander in der ausgedehnten Startanlage in Französisch-Guyana sorgen: Nicht mal der ESA-Chef ist sich sicher, dass man da an alles gedacht hat. (BBC 14.1.2011)
Konfusion um deutsche „HiROS“-Erdbeobachter-Pläne
Das Projekt von High Resolution Optical Satellites ist seit 2009 öffentlich bekannt, wenn auch hierzulande nie groß diskutiert worden – und ebenso ist es kein Geheimnis, dass Deutschland mit den SAR-Lupe-Radarsatelliten und speziellen Nachrichtensatelliten über ein eigenes militärisches Raumfahrtprogramm verfügt, wie andere europäische Länder auch. Trotzdem wurde es Anfang des Monats vielerorts als sensationalle Enthüllung verkündet, dass es die Idee einer deutsch-amerikanischen Konstellation von Satelliten zur Erdbeobachtung mit 50-cm-Pixeln und schnellem Download gibt, mit Dual Use durch zivile Dienste z.B. nach Katastrophen, den BND und ggf. die Bundeswehr. Es hatte halt in den WikiLeaks-Diplomaten-„Kabeln“ gestanden und war von einer norwegischen Zeitung, die irgendwie an die Dateien gelangt war, an die große Glocke gehängt worden. Allein, bereits 2009 hatte ein Fachinfo-Dienst all dies im Detail berichtet, inklusive des drohenden Ärgers mit Frankreich, das die optische Erdbeobachtung in Europa für eine Art Erbrecht halte. Und die technischen Details der Satelliten waren und sind auf einer Webseite der Uni Stuttgart frei verfügbar. Ob aus dem HiROS überhaupt etwas wird, ist übrigens immer noch unklar. (Aftenposten, Foreign Policy, SPIEGEL, ZEIT 3., Stuttgarter Zeitung 5., Wörner-Blog 6., KosmoLogs 10., Alles was Fliegt 19.1.2011)
Angebliches WikiLeaks-Zitat kostet deutschen Raumfahrt-Manager den Job: Weil er das Galileo-Programm (s.o.) laut ge-WikiLeak-ten Kabeln gegenüber den Amerikanern als „stupid idea“ bezeichnet haben soll, ist der CEO des deutschen Raumfahrtunternehmens OHB gefeuert worden – obwohl er das Zitat bestreitet, selbst massiv daran beteiligt war, dass OHB einen Galileo-Großauftrag („Drei wichtige …“) bekam und sich zur Zeit der angeblichen Aussage gegenüber Kollegen positiv darüber äußerte. Aber das Vertrauen war wohl zu nachhaltig erschüttert … (OHB Press Release, KosmoLogs, BBC 17., Tagesschau, Space Politics, Deutsche Welle, Nature Blog, Space Today 18.1.2011)
NASA zweifelt an Erfüllbarkeit des Schwerlast-Raketen-Befehls
Als Obama am 11.10.2010 die Authorization Bill für den NASA-Haushalt unterschrieb, begann eine Uhr zu ticken: Genau drei Monate hatte die Behörde Zeit, einen Plan vorzulegen, wie sie die dort festgeschriebenen Forderungen der Politik zu erfüllen gedenke. Gar nicht, lautet die – wenig überraschende – Antwort: Die geforderte Schwerlastrakete sei weder mit den in der Bill angegebenen (und dabei noch lange nicht tatsächlich zur Verfügung stehenden) Finanzmitteln noch bis zum Jahr 2016 zu realisieren! Dabei hatte man in dem Konzept schon reichlich auf existierende Komponenten aus den Shuttle- und Apollo-Programmen zurückgegriffen bzw. bei der Raumkapsel auf die Orion aus dem untergegangenen Constellation-Programm gesetzt. Alles halb so wild, beschwichtigt inzwischen der – ansonsten in Sachen Zukunft der bemannten Raumfahrt extrem wortkarge – NASA-Chef: Irgendwie werde das schon klappen. Unterdessen laufen wenigstens Bemühungen in der Politik, die sinnlosen Ausgaben für Constellation-Komponenten zu stoppen, die keinesfalls mehr gebraucht werden, im Rahmen der bis zum 4. März laufenden Continuing Resolution („Continuing …“) aber trotzdem vorgeschrieben werden – der Inspector General der NASA hatte sich darob bereits ungewöhnlich heftig beschwert … (Space Politics 20., 19., Science Insider 18., Space Review 17., Orlando Sentinel 16., Space Politics 15., Spaceflight Now 14., Space Politics 13., Space News 11.1.2011)
Zoff um den Weltraumbahnhof „Spaceport America“ in New Mexico: Die neue Gouverneurin hat den Chef zum Rücktritt genötigt und scheint von dem 209-Mio.$-Projekt (130 Mio.$ sind schon ausgegeben) weniger begeistert zu sein als ihr Vorgänger. Hier soll – vielleicht schon ab Jahresende – das SpaceShipTwo (dessen Testprogramm gut voran kommt, wie es heißt, und das schon 400 Kunden fest gebucht haben) seine suborbitalen Touristenflüge starten, und auch andere Anbieter wollen sich hier später niederlassen. (AW&ST, LA Times Blog, New Scientist, Parabolic Arc 23.12.2010, Las Cruces Sun News, Alamogordo Daily News 9., New Space Journal 14., 16., Cosmic Log 18.1.2011) NACHTRAG: Jedenfalls waren die Glaser da …
Urige sowjetische Raumstationen gelandet – auf der Isle of Man
Eine kuriose britische Firma hat zwei Raumstationen des alten Typs Almaz gekauft, die die Sowjetunion in den 1970-er Jahren teilweise fertigstellte aber nie startete: Nun warten sie auf der Isle of Man darauf, dass die Geschäfte des Unternehmens einmal so gut laufen, das sich ein Start als private bemannte Raumstation lohnen würde. Na dann viel Glück … (Excalibur Almaz Press Release 5., Universe Today 7., Parabolic Arc 10.1.2011)
Erster Start von Taurus II/Cygnus für Dezember angesetzt: Zum ersten Mal eine Kapsel in den Orbit und zur ISS bringen will der Falcon 9/Dragon-Konkurrent Orbital Sciences am 14.12., wurde nun angekündigt. Die Rakete („2. Test …“) soll zuvor auch einmal ohne die Kapsel getestet werden, wofür allerdings noch auf Geld vom US-Kongress gewartet wird. (AW&ST 6.1.2011)