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AAS 221: 2740 Kepler-Planeten bei 2036 Sternen

7. Januar 2013

aas00

Diese Woche wird mal wieder von der halbjährlichen Mega-Tagung der American Astronomical Society dominiert – namentlich den Stories, die sich aus ihren 10 Pressekonferenzen ergeben (die auch heutzutage noch die mediale Berichterstattung lenken, obwohl natürlich noch viel mehr passiert). Die können – im Prinzip – hier live verfolgt werden, aber bei der ersten gab es viele technische Probleme (Fragmente sind trotzdem über die rechte Spalte abrufbar). Das Wichtigste waren 461 neue Kepler-Exoplaneten-„Kandidaten“, d.h. schon relativ gut als planetar abgesicherte wiederkehrende Transits, mit vermutlich nur 10-15% falsch positiven: Damit ist ihre Zahl auf 2740 gewachsen, die zusammen mit 801 bereits erwiesen falsch positiven 3541 Kepler Objects of Interest bilden. [NACHTRAG: Laut diesem lange erwarteten Paper, das erst ein paar Stunden nach der PK online ging, beträgt die globale False-Positive-Rate der Kepler-Kandidaten sogar nur 9.4%, mit ‚kleinen Neptunen‘ am sichersten aber auch 7 von 8 Exo-Erd-Kandidaten echten Planeten!]

Wie man der Grafik entnehmen kann, liegt der Zuwachs v.a. bei den Supererden und Erden, darunter KOI-172.02 als bisher bestem Kandidaten für einen ‚erdähnlichen‘ Planeten mit aber immer noch >1.5 Erddurchmessern in der Habitablen Zone eines sonnenähnlichen Sterns (drei weitere neue Kandidaten in HZs haben immerhin noch Durchmesser <2 Erden, und insgesamt bis zu 30 der 2740 scheinen habitabel). Ebenfalls deutlich gestiegen ist auch die Zahl der Sterne mit mehr als einem Planeten(kandidaten), von 365 auf 467: 43% der Keplerkandidaten haben einen Nachbarn. Nach wie vor ist nur ein System mit 6 Transit-Planeten dabei, aber mit 5 gibt es nunmehr 11 (statt 8), mit vier 44 (statt 30), mit drei 112 und mit zwei Planeten 299 Systeme. [NACHTRAG: Geballte Zahlen aus einem AAS-Review-Vortrag am nächsten Tag.] Und was ist mit den über 18’000 Threshold Crossing Events Keplers aus ISAN 178-5? Aus denen stammen zwar die 461 neuen Kandidaten, aber es dürften über 50% falsch positive darunter sein – weshalb eine Statistik habitabler Welten auf dieser wackligen Basis etwas gewagt scheint.

Solider ist dagegen eine unabhängige statistische Auswertung der Kepler-Daten, die auf der PK präsentiert wurde (und noch vor der Bekanntgabe der 461 neuen entstand, mit ihnen aber kompatibel ist): Danach besitzen 17% aller sonnenähnlichen Sterne einen Planeten von ungefährer Erdgröße mit Umlaufsperioden von 85 Tagen oder weniger und 70% aller Sterne Planeten irgendeiner Größe mit Perioden < 400 Tagen. Die Noch-nicht-Detektierbarkeit von erdgroßen Planeten auf fernen Bahnen in Betracht ziehend lässt sich sagen: "Praktisch alle sonnenähnlichen Sterne haben ein Planetensystem!" Derlei hörte man zwar schon seit Jahren in der Exoplanetenszene – aber so sauber aus echten Daten extrapoliert wurde es wohl noch nie. Und noch eine Erkenntnis: Kleine Planeten kommen bei Sternen der Spektraltypen M, K, G, F und A ungefähr gleich häufig vor, eine lange vermutete Abhängigkeit von der Sternmasse scheint nicht zu bestehen. Speziell für die M-Zwerge wurde auf der PK auch an eine Analyse auf der Basis von Kepler-32 erinnert, von der schon einiges zu lesen war: Danach haben M-Sterne im Mittel 1.0±0.1 Planeten – derer es, da 70% der Sterne in der Milchstraße M-Zwerge sind, rund 100 Milliarden in der Milchstraße geben dürfte.