Posts Tagged ‘IceCube’

Der Mond-Schatten vor der Kosmischen Strahlung

17. November 2011

ist hier mit IceCube „aufgenommen“ worden, dem im Eis des Südpols versenkten Cherenkov-Teleskop: Seine Photomultiplier sehen nicht nur diese Strahlung von Leptonen, die (kosmische und v.a. atmosphärische) Neutrinos im Eis produzieren, sondern auch einen gewaltigen Hintergrund aus Myonen, die Kosmische Strahlung in der Atmosphäre über der Antarktis hinterlässt. Die werden im normalen Messbetrieb ignoriert, und das Teleskop schaut nur durch die Erde hindurch auf die Nordhalbkugel, aber man kann die Myonen-Tracks von oben natürlich auch auswerten – und anhand des Mondes als ortsbekanntem Absorber immerhin die Genauigkeit der Spur-Rekonstruktionen überprüfen (eine für den Zweck geeignete hochenergetische Neutrinoquelle stellen weder Natur noch Technik zur Verfügung). Offenbar ist das Pointing gut, auf das erhoffte Grad genau: Der Mond – nicht räumlich aufgelöst – macht sich klar als Absorber der anfliegenden Kosmischen Strahlung bemerkbar; in der jeweils auf die Mondposition zentrierten Darstellung codiert die Farbe den Grad der Abschattung.

Hat der LHC jetzt endlich etwas Neues entdeckt?

Er lief bisher besser als erhofft („Die Proton-Proton-Kollisionen …“) und hat längst das Standardmodell der Teilchenphysik mit hoher Präzision bestätigt – aber der Large Hadron Collider hat immer noch nichts gefunden, das man nicht schon von anderen Experimenten her kannte. Vielleicht hat’s nun aber doch geklappt, und zwar an einer Stelle, wo niemand mit gerechnet hatte: Nicht die großen Allround-Detektoren ATLAS und CMS zeichnen verantwortlich, sondern der Spezialdetektor LHCb, und die möglicherweise gesichtete Abweichung betrifft den Zerfall des D0-Partikels (einem schweren Meson aus einem Charm- und einem Anti-Up-Quark), den man gut verstanden zu haben glaubte. Aber mit einer Signifikanz von 3.5 Sigma – ein starker Hinweis aber noch keine Entdeckung, die 5 Sigma erfordern würde – scheint da eine direkte CP-Verletzung auf zu treten, die das Standardmodell nicht vorher sagt. Öffentlichen Wirbel hat es darob noch keinen gegeben, und der CERN-Chef Rolf-Dieter Heuer hat die Geschichte bei einem großen Review-Vortrag gestern in Bonn bezeichnenderweise nicht einmal erwähnt: Hier müssen klar noch weitere Kollisionsdaten in die Analyse einbezogen werden, und LHCb tut sich – im Gegensatz zu den großen Detektoren – mit der enormen Luminosität des LHC sogar schwer.

ATLAS und CMS werden dagegen bald etwas zum Higgs-Teilchen sagen bzw. es nahezu sicher ausschließen können: In ein paar Tagen wird ein neuer, noch eingeschränkterer Bereich seiner möglichen Massen publiziert – und man entwickelt für das abschließende Ergebnis irgendwann 2012 bereits eine Strategie zur Kommunikation der Nichtexistenz des Higgs, wenn’s denn so kommen sollte! Egal, wie’s auch ausgeht: Es wird eine bahnbrechende Entdeckung sein, sagt Heuer, und wenn’s kein Higgs gibt, dann muss der LHC irgendwann Ersatz finden, denn alle Erweiterungen des Standardmodells liegen in seinem TeV-Energie-Bereich. Für die einfache „constrained supersymmetry“ wird ebenfalls bereits „die Luft dünn“, Versionen mit mehr freien Parametern haben aber noch reichlich Spielraum. Und was den einst so begierig oder auch ängstlich erwarteten Durchbruch in zusätzliche Raumdimensionen betrifft, so Heuer, solle man ihn in 20 Jahren noch mal fragen. In diesem Zeitraum soll der LHC auch noch einmal dramatisch leistungsfähiger werden: Die Planung des High Luminosity LHC um 2020 hat gerade Fahrt aufgenommen. (Wolfgang Paul Lecture Heuer, CERN Press Release, Physics World, Reuters, Daily Mail 16., Symmetry Breaking, BBC 15., Nature, Symmetry Breaking, Cosmic Variance, Resonaances 14., TAZ 11., CERN Bulletin, Science, ArXiv Blogs 7., Uni Mainz PM, Nature 3., Physics World, Live Science 2., New Scientist 1.11.2011)

„Double Chooz“ auf dem Weg zum 3. Neutrino-Mischungs-Parameter: Das Messergebnis hat eine nur geringe Signifikanz, dafür aber jede Menge Pressemitteilungen produziert: Das neue Neutrino-Oszillations-Experiment Double Chooz mit einem Detektor 1 km neben einem KKW scheint das Verschwinden von Elektron-Antineutrinos zu sehen, woraus sich ein vager Wert für den letzten noch kaum bekannten Parameter Theta-13 der Neutrino-Oszillationen ableiten lässt; Ähnliches gelang in Japan auch schon und genau so unscharf. Aber die Technik funktioniert und wird noch verbessert. (MPK PM, CNRS Press Release 9., Uni Tübingen PM 10., Resonaances 11.11.2011. Auch Fermilab Release 4.11.2011 zum Neutrinodetektor SciBath – und Washington Post 14., Aspera, Science 2.0 11., CERN Bulletin 7., Science Blogs, Inverse Square 4., Scientific American Blog 3., Quantum Diaries 1.11.2011 mit nichts Neuem von den OPERA-Neutrinos …)

Gravity Probe B bestätigt Allgemeine Relativität – aber wer brauchte das noch?

6. Mai 2011

Kann man ein Forschungsprojekt als Erfolg verbuchen, bei dem 52 Jahre von der Idee bis zum Abschluss vergangen sind, das über 750 Mio.$ gekostet und dessen Entwicklung nebenher eine Menge bemerkenswerter Technologien abgeworfen hat – aber dessen Ergebnis, das aus genau zwei Zahlen besteht, in der Zwischenzeit längst von anderen Methoden mit wesentlich kleineren Fehlerbalken eingefahren wurde, wenn auch nicht ganz so direkt? Genau das ist die Quintessenz des Satelliten Gravity Probe B aus Artikel 889: erdacht 1959, ein (mehrfach abgebrochenes und dann wieder belebtes) NASA-Projekt von 1963 bis 2008. Und Abschluss am 4. Mai 2011 (oben der Chefwissenschaftler F. Everitt – seit 1962 dabei – auf einer NASA-PK; hinter dem Screenshot liegen weitere Bilder) mit der Feststellung: Zwei von der Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagte Effekte durch das Schwerefeld der Erde und den von ihrer Rotation quasi mitgeschleiften Raum auf vier ansonsten störungsfrei in einem Satelliten im Erdorbit rotierende Kugeln treten in genau dieser Größe ein.

Die geodätische Drift beträgt -6602±18 Millibogensekunden (mas) pro Jahr (a) bei vorausgesagten -6606 mas/a, das Frame-Dragging durch Gravitomagnetismus -37±7 mas/a (Theorie: -39 mas/a). Damit sind die Effekte auf 0.3% bzw. 19% genau bestätigt – dumm nur, dass im vergangenen Jahrzehnt Messungen an anderen Satelliten, der Mondbahn und im interplanetaren Raum beide Effekte mit um Größenordnungen höherer Genauigkeit – und ebenfalls im Einklang mit der Allgemeinen Relativität – vorgefunden haben: Der einzige Vorteil der Gravity Probe-Messungen ist, dass sie etwas direkterer Natur und ein kontrolliertes Experiment waren. Oder auch wieder nicht, denn unerwartete elektrostatische Wechselwirkungen zwischen den superpräzisen Kugeln in dem Satelliten und ihrer Einkapselung führten zu gewaltigen zusätzlichen Drehmomenten, die wenigstens teilweise heraus zu rechnen – die eigentlichen Messungen hatten von August 2004 bis August 2005 gedauert (siehe Artikel B31) – viele Jahre erfordert hatte.

Darin liegt eine weitere Ebene der Tragik dieses ungewöhnlichen Projekts: Wäre nämlich etwas anderes als die Einstein’schen Driftraten heraus gekommen, dann hätte das jeder auf Restfehler der Messung zurück geführt. Jetzt konnte zwar das „richtige“ Ergebnis präsentiert werden – wenn auch mit deutlich größeren Fehlerbalken als ohne den elektrostatischen Ärger zu erwarten gewesen wären – aber keinerlei neue Erkenntnis über das Wesen der Gravitation. Auf einer ziemlich nervigen Pressekonferenz der NASA (die die Finanzierung während der hoffnungslos scheinenden Datenauswertung abgebrochen hatte; die letzten 3 Jahre hielten Sponsoren – u.a. aus Saudiarabien! – das Projekt am Leben) gab es daher schlicht nichts über pyhsikalische Erkenntnisse zu hören. Stattdessen wurden im Wesentlichen Errungenschaften beim Lösen von technischen und Management-Problemen gefeiert … Stanford, Lockheed Martin, NASA Releases, Science@NASA 4.5.2011; Sky & Tel., NPR, Starts with a Bang, Science Journalism Tracker 6., Space Today, Bild der Wissenschaft, Science Blogs 5., Science News, New Scientist 4.5.2011. NACHTRAG: auch Nature News zur Frage, ob es das wert war

Keine Gravitationswellen vom Vela-Pulsar, die dieser während seiner abnehmenden Rotationsrate aussenden müsste, hat der VIRGO-Detektor nachweisen können: Das haben über 700 Autoren konstatiert, die aus dieser Grenze immerhin gewisse Schlüsse über das Wesen des Neutronensterns ziehen können. (LIGO & Virgo Collaborations, Preprint 15.4.2011)

Direkte Detektionsversuche der Dunklen Materie: Das Bild der Messdaten wird immer konfuser …

Denn nun sieht auch das CoGeNT-Experiment eine vage (nur 2.8 Sigma, also nicht signifikant!) jahreszeitliche Schwankung der Detektionsrate der von ihm angeblich erkannten massearmen WIMPs – in Phase mit den Schwankungen, die DAMA schon seit 1998 meldet und die sonst allgemein für einen kuriosen Störeffekt gehalten werden. Jedes Experiment für sich überzeugt nur wenig, aber die DAMA- und CoGeNT-Direktmessungen (442 Tage, typisch 3 Events/Tag), das Gammaglühen aus Richtung des Galaktischen Zentrums und ein nebulöser Radioeffekt, den der Satellit WMAP sah, wären alle mit einem WIMP von 5 bis 10 GeV verträglich. Das wiederum die Direktexperimente XENON100 und CDMS II ausgeschlossen zu haben glauben, was die DAMA- und CoGeNT-Forscher umgekehrt für Rechenfehler halten: Wieder einmal ging es gerade auf einer Tagung hoch her. Konstatieren kann man bisher nur, dass die Messverfahren fortwährend genauer werden (CoGeNT wie XENON 100 werden z.B. demnächst erheblich vergrößert) – aber ein Gesamtbild und ein klarer Nachweis eines spezifischen Dunkel-Materie-Teilchens lassen weiter auf sich warten … (Scientific American 6., Discovery 5., Starts with a Bang, Science Journalism Tracker 4., Cosmic Variance, New Scientist, Science News, Photonist 3.5., Physics Central 30., Physics World 26.4.2011)

309 Anti-Wasserstoff-Atome 1000 Sekunden lang eingesperrt hat jetzt das ALPHA-Experiment am CERN: eine deutliche Steigerung in Menge wie Zeit, die weitere Forschungen an diesem einfachsten Atom aus Antimaterie erlauben sollte. (ALPHA Collab., Preprint 26.4., Physics World 4., Bild der Wissenschaft 5.5.2011)

IceCube sieht keine diffusen Myon-Neutrinos aus dem All

Astrophysikalische Neutrinos würden sich von den allgegenwärtigen atmosphärischen – die durch Kosmische Strahlung produziert werden – deutlich unterscheiden, aber kein einziges von 12’877 Events, die das Teleskop unter dem Südpol sah und die genauer untersucht wurden, hat eine astronomische Charakteristik. Für einen diffusen Neutrino-Fluss würden viele über den Himmel verteilte Quellen sorgen, die IceCube nicht einzeln auflösen könnte. (IceCube Collab., Preprint 27.4.2011. Auch der CERN Courier 3.5.2011 über die Einweihung des Neutrino-et-al.-Detektors ICARUS im Gran Sasso)

IceCube sieht eine deutliche Anisotropie der Kosmischen Strahlung (die sich ihm über die o.g. Erzeugung atmosphärischer Neutrinos verrät): Nicht nur in Richtung des Vela-SN-Restes („IceCube misst …“) sondern auch anderswo am Südhimmel sieht das Teleskop Über- und Unterhäufigkeiten. Die von ziemlich nahen Quellen stammen müssen, da sonst das Magnetfeld der Milchstraße die Herkunftsspuren der geladenen Teilchen verwischt haben müsste. Vielleicht noch die am wenigsten exotische Hypothese: Der Rand der Heliosphäre funktioniert irgendwie als großer Teilchenbeschleuniger … (New Scientist 3.5.2011. [NACHTRAG: auch Physics World dazu.] Auch Quantum Diaries 28.4.2011 zu einem Kosmischen Strahlungs-Detektor auf dem Weg zu IceCube)

Keine Higgs-Anzeichen im anderen großen LHC-Detektor

Die angebliche Sichtung durch ATLAS wird – abermals in einem vertraulichen und natürlich sofort bekannt gewordenen – Dokument des konkurrierenden CMS-Detektors nicht bestätigt: Damit hat es sich wohl, wie eh‘ die meisten Beobachter vermuteten, nur um eine Fluktuation oder einen Dreckeffekt gehandelt. [NACHTRAG: Nach einer detaillierteren Analyse sieht ATLAS das Signal auch nicht (mehr).] Also: weitermessen – und das tut der LHC mit seiner gegenüber 2010 wie auch dem Konkurrenten Tevatron dramatisch gesteigerten Leuchtkraft besser denn je. (New Scientist 4.5., Symmetry Breaking 28., Quantum Diaries 27.4.2011. Und das Physics World Blog zum nahen Ende des Tevatron und seinem ‚Bump‘, der weiter im Raum steht) NACHTRAG: Nature News zu LHC-Leaks.

Nachrichten aus der extremen Physik kompakt

10. April 2011

Lauter Null-Resultate von IceCube und Super-Kamiokande

Da sage keiner, negative Resultate würden in der Wissenschaft nur ungern publiziert – zumindest wenn sie bei Einschränken theoretischer Möglichkeiten helfen, hagelt es Papers, wie jetzt gleich drei von zwei verschiedenen Detektoren für energiereiche Teilchen, die es in Eis bzw. Wasser blitzen lassen:

  • Das Neutrinoteleskop IceCube am Südpol sieht keine Neutrinoschauer bei Gamma Ray Bursts. In halbfertigem Zustand (40 Strings) wurde in der jeweils der halben Stunde nach 117 GRBs nichts gesehen: Das schließt bestimmte GRB-Modelle aus und macht es unwahrscheinlich, daß Gammabursts eine Quelle ultrahochenergetischer Kosmischer Strahlung sind. (APS Synopsis 7.4.2011) [NACHTRAG: Ist noch wem aufgefallen … NACHTRAG 2: … und noch jemand.]

  • Der japanische Super-Kamiokande sieht deutlich weniger aufwärts fliegende Myonen als zu erwarten wären, wenn die Dunkel-Materie-Detektoren DAMA und CoGeNT tatsächlich WIMPs sehen würden. Die sich dann in der Sonne ansammeln und vernichten müssten, wovon Super-Kamiokande etwas mitbekommen müsste. (Kappl & Winkler, Preprint 4.4.2011)

  • IceCube wiederum sieht keine Hinweise auf sterile Neutrinos, wie sie die Daten von LSND und MiniBooNE („Vage Hinweise …“) erklären könnten: Die würden den Fluss atmosphärischer Neutrinos – die der Eis-Detektor reichlich sieht – markant beeinflussen, weshalb das sterile Neutrino auf diesem Weg mit 3 Sigma Signifikanz ausgeschlossen werden kann. (Razzaque & Smirnov, Preprint 7.4.2011)

Zur Konfusion in Sachen Neutrinos, Antineutrinos und ggf. steriler Neutrinos tragen auch neue Berechnungen der Antineutrino-Produktion in Kernreaktoren bei, nach denen mehrere Generationen von Detektorexperimenten jeweils ca. 3% der flüchtigen Teilchen übersehen haben. (Mueller & al., Preprit 11., Mention & al., Preprint 23.3., Nature News 1.4.2011. Und das Nature Blog zu möglichen Detektorstörungen weltweit durch Fukushima-Teilchen)

Ein weltbewegendes schweres Elementarteilchen im Tevatron?

Wie schon kurz gemeldet („Hat das Tevatron …?“ Nachträge 3-5), hat sich bei Kollisionsexperimenten im amerikanischen Ringbeschleuniger möglicherweise ein schweres Elementarteilchen mit etwa 140-150 GeV Masse bemerkbar gemacht, das weder das lang gesuchte Higgs-Teilchen ist (dafür zerfällt es ganz anders) noch vom Standardmodell der Teilchenphysik vorhergesagt wird: Es könnte sogar der Träger einer fünften Grundkraft der Natur – ähnlich der starken Kernkraft – sein und wäre dann tatsächlich eine bahnbrechende Entdeckung. Wäre, denn der Effekt ist nur 3.2 Sigma groß und damit definitiv keine Entdeckung sondern nur eine interessante Schwankung, die man im Auge behalten sollte: Viele 3-Sigma-Effekte der Teilchenphysik sind mit mehr Daten wieder verschwunden, erst ab 5 Sigma spricht man von einer Entdeckung. Hier könnte der Effekt (bei Kollisionen, die ein W-Boson und zwei hadronische Jets erzeugen) sogar durch subtile systematische Fehler vorgetäuscht sein, und frühere Experimente sprechen tatsächlich in der Tendenz gegen das Teilchen.

Bis auf ein paar Schlagzeilen-Autoren sind sich daher alle einig: Geduld ist angesagt! Denn sowohl das Tevatron selbst hat bereits eine Menge Daten eingefahren, die nach Auswertung den Effekt deutlich stärker machen oder aber zum Verschwinden bringen werden, und auch der Large Hadron Collider würde noch dieses Jahr etwas sehen müssen. Das hindert die Theoretiker natürlich nicht, das mutmaßliche Teilchen schon mal ausgiebig in Modelle einzubauen – und eine vorgeschlagene Erweiterung des Standardmodells, die „Technicolour“-Hypothese, hat sogar etwas Ähnliches vorausgesagt. Spötter haben das Teilchen dagegen schon „Budgeton“ getauft: Schließlich ist die Abschaltung des Tevatron („Das Tevatron wird …“) noch dieses Jahr beschlossene Sache, und wer weiß, was eine potenziell große Entdeckung … (CDF Collaboration, Preprint 4., Fermilab Today 7.4.2011; zahlreiche weitere Artikel mit unterschiedlichem Tiefgang hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier) NACHTRAG: das Medienecho im Überblick.

Bis zu 430 Atome, trotzdem Quantenverhalten: die schwersten „Schrödinger-Katzen“

Die Rechnungen der Quantenmechanik funktionieren, daran gibt es nach bald einem Jahrhundert nichts zu mäkeln – aber was sie bedeutet, darüber wird immer noch nachgedacht. Und konkret experimentiert: Gesucht wird das größte physische Objekt, das sich im Versuch wie eine Welle benimmt, mit messbaren Interferenzeffekten. Heute wird weithin angenommen, dass ein Quantenobjekt durch Wechselwirkung mit der Umwelt „dekohärent“ wird und seine Wellenfunktion zu einem eindeutigen Gebilde kollabiert; je größer ein Ding, desto leichter wirkt es wechsel und desto labiler ist die Wellenfunktion. Bisher waren die größten Objekte, an denen als Wellen experimentiert wurde, C60-„Fußball“-Moleküle, aber nun ist es gelungen, organische Moleküle oktopusartiger Gestalt mit bis zu 430 Atomen, 6 nm Größe und Atomgewicht 6910 in einem Interferometer als Wellen mit sich selbst interferieren zu lassen.

Eine grundlegende physikalische Entdeckung ist das zwar nicht aber insofern verblüffend, als diese Moleküle bereits die Komplexität von Insulin haben und mancher – quasi-lebende – Virus auch nicht größer ist. Schrödingers berühmte Katze ist in dem legendären Gedankenexperiment von 1935 ja nur deshalb gleichzeitig lebendig & tot, weil sie sich ‚unbeobachtet‘ zusammen mit einem einzelnen Atom unbekannten Zerfallszustands in einer Kiste befindet. Jetzt scheint es nicht mehr ausgeschlossen, direkt mit lebenden Organismen Quantenexperimente zu machen – das gibt zumindest zu denken … (Gerlich & al., Nature Communications, Nature News 5., PM der Uni Wien 6.4.2011. Auch eine PM der Uni Innsbruck zum ersten Quantengas zwischen zwei fermionischen Elementen, Ars Technica zu einer kuriosen Gravitations-Theorie und die FAZ zu Problemen mit der Großen Vereinheitlichung)

Nachrichten aus der Astrophysik kompakt

23. Dezember 2010

Neutrinoteleskop „IceCube“ am Südpol fertig!

Am 18. Dezember (Neuseeland-Zeit) war es so weit: Der letzte von 86 Strings mit Photomultipliern des Neutrinoteleskops IceCube war mehrere Kilometer tief mit einem Heißwasserbohrer im Eis des Südpols versenkt, in dem nun 5160 dieser extrem empfindlichen Lichtdetektoren darauf lauern, das durchs Eis schießende Neutrinos charakteristische Cherenkov-Blitze aussenden. (Konkret funktionieren 98% der Photomultiplier perfekt und ein weiteres Prozent ist brauchbar – erfreulich, da sie nie wieder an die Oberfläche geholt werden können.) 279 Mio.$ hat das außergewöhnliche Observatorium gekostet, größtenteils finanziert von der amerikanischen National Science Foundation. Bereits seit 2005 hat der noch unfertige IceCube Daten gesammelt und allerlei Nullresultate („Auch keine …“) eingefahren – darunter das beste Limit zu Teilchen der Dunklen Materie im Sonneninneren. (LBL, NSF Releases 17., Jens’s Blog 19., Welt der Physik, Golem 20., Science News, Spiegel 21., Science Journalism Tracker 22., Scientific American, Discovery 23.12.2010) NACHTRAG: ein Nachzügler (lang). NACHTRAG 2: dito. NACHTRAG 3: dito (aber vor Ort). NACHTRAG 4: eine lange Geschichte des Projekts … NACHTRAG 5: … und ein Artikel von Spiering.

Noch ein Versuch, die Spiralstruktur der Milchstraße zu ergründen

Das Bild unserer eigenen Milchstraße („Wieder ein neues Bild …“) wird immer komplizierter: Nach einer farbenfrohen russischen Analyse ist der Innenbereich eine ordentliche vierarmige Spirale, die sich aber weiter draußen in eine asymmetrische Vielarm-Spirale verwandelt. Gewisse Ähnlichkeiten gibt es mit M 101 und M 31, aber es kommt ein – relativ kleiner – Balken dazu. Die besten Analogien am Himmel wären demnach NGC 3124, NGC 3992 = M 109 und NGC 2336. (Efremov, Preprint 20.11.2010)

„Dunkle“ Gamma-Ray Bursts sind v.a. die Folge von Staub in der Galaxie, wo die Sternexplosion stattgefunden hat, und stellen kein eigenständiges astrophysikalisches Phänomen dar: Das ist die Schlussfolgerung aus diversen GRB-Beobachtungen mit dem schnell und automatisch Richtung Quelle schwenkenden GROND-Teleskop – das in vielen Fällen doch noch schwindende schwache Strahlung im Sichtbaren sieht. Staub in der Galaxie oder eine einfach zu große Entfernung sind demnach der Grund, dass bisher bei 40-60% aller GRBs kein sichtbares Glühen gesehen wurde. (Greiner & al., Preprint 2.11., ESO PR 16., KosmoLogs 18.12.2010)

Auch stellare Jets werden von Magnetfeldern fokussiert

und sind damit tatsächlich genaue Gegenstücke von Jets Aktiver Galaktischer Kerne bzw. Mikroquasaren: Das zeigt der Nachweis polarisierter Synchrotronstrahlung von den Jets junger stellarer Objekte (YSOs) durch den Very Large Array. Alle astrophysikalischen Jets scheinen mithin nach denselben Prinzipien zu funktionieren. (Carrasco-González & al., Science 330 [26.11.2010] 1209-12; NRAO Release 25.11.2010)

Der bei weitem zirkonreichste Stern, der je gefunden wurde, hat einen 10’000-mal höheren Anteil dieses Elements als die Sonne, und auch Strontium, Germanium und Yttrium sind stark angereichert: Vermutlich haben sich in seinen äußeren Schichten – die allein der Beobachtung direkt zugänglich sind – kuriose Wolken gebildet; ein starkes Magnetfeld hat dabei auch eine Rolle gespielt. (Naslim & al., Preprint 25.10., R.A.S. Press Release 6.12.2010)

Erstes Atmosphärenspektrum einer „Super-Erde“ vielsagend öde

Keinerlei Features zeigt das Transmissionsspektrum der Super-Erde (2 bis 10 Erdmassen) GJ 1214b, das bei Transibeobachtungen mit dem VLT gewonnen wurde: Eine wolkenlose Wasserstoffatmosphäre scheidet damit aus. Entweder gibt es viel optisch dicken Dunst oder aber dichten Wasserdampf. (Bean & al., Nature 468 [2.12.2010] 669-72, auch Deming, ibid. 636-7; ESO, CfA, JPL Releases. Nature News, Physics World 1., Science Journalism Tracker, Space Today 2.12.2010)

Zwei verschiedene Zusammensetzungs-Gruppen bei den Trojanern des Jupiter zeigen NIR-Spektren dieser Asteroiden – und die rötlichere Gruppe (die räumlich genau so verteilt ist wie die andere) könnte ursprünglich aus dem äußeren Sonnensystem stammen: Dann wären dies die bei weitem am einfachsten zu erreichenden Materialproben aus dem Kuipergürtel! (Emery & al., Preprint 6.12.2010)

Nachrichten aus der Teilchenphysik kompakt

12. Juni 2010

Die erste Oszillation eines Neutrinos in ein anderes beobachtet

Neutrino-Oszillationen, die Umwandlung eines Typs in einen anderen, sind schon von etlichen Experimenten nachgewiesen worden: indem weniger Neutrinos eines bestimmten Typs gemessen wurden, als man erwarten sollte. Offenbar hatten sich welche in den nicht nachweisbaren Typ verwandelt, was auch die Erklärung des berühmten Sonnenneutrinoproblems ist. Dies sind als „disappearance“-Experimente, aber nun meldet das erste „appearance“-Experiment einen Erfolg: In einem gewaltigen Strom von Muon-Neutrinos, die ein Beschleuniger des CERN in Richtung des 723 km entfernten OPERA-Detektors im Gran-Sasso-Tunnel schickte, war am 22. August 2009 genau ein Tau-Neutrino aufgetaucht. Das hatte sich in OPERA (aus 150’000 Platten Fotoemulsion zwischen Bleiplatten) in ein Tau-Lepton verwandelt, das wiederum in Muonen zerfiel, die nachgewiesen wurden – allerdings beträgt die Wahrscheinlichkeit noch 2%, dass dies ein Irrtum ist. Das Experiment läuft bereits seit 2006 und wird noch mehrere Jahre fortgesetzt – aber mit mehr als 10 Tau-Neutrinos wird auch am Ende nicht gerechnet. Unterdessen hat, ebenfalls im Gran-Sasso-Tunnel, mit ICARUS ein anderes Experiment den Betrieb aufgenommen, das ebenfalls – mit ganz anderer Technik – Neutrinooszillationen aber auch andere exotische Partikel und sogar ggf. den Protonenzerfall nachweisen können soll. (CERN [Video], INFN Releases 31.5., Berkeley Release 3.6.2010; Scientific Blogging 27.5., Nature Blog, Science News, New Scientist, Welt der Physik, DLF 1., Physics World, Tracker 2., Discovery 10.6.2010)

Immer neue Ergebnisse des Large Hadron Colliders aber – natürlich – noch keine neuartigen Entdeckungen des neuen Beschleunigers („Immer höhere Kollisionsraten …“) werden inzwischen berichtet: Innerhalb von 2 Monaten hat der LHC gewissermassen fast die gesamte Teilchenphysik des Standardmodells quasi wiederentdeckt. Im kommenden Jahr könnte dann die ersehnte neue Physik beginnen, wenn der LHC so robust weiter läuft wie bisher – auch wenn immer wieder mal der Strom ausfällt, so ist er doch 90% der Zeit in Betrieb. (BBC 31.5., Symmetry Breaking 8., DLF, Welt der Physik Video 9.6.2010. Und Physics World über Teilchenbeschleuniger als Messgeräte für Erdbewegungen)

IceCube misst Anisotropie der Kosmischen Strahlung – steckt der Vela-Supernova-Rest dahinter?

Teilchen der Kosmischen Strahlung, die die Atmosphäre treffen, lösen dort Muonen-Schauer aus, und die lassen es wiederum im Neutrinoteleskop IceCube („Eis-Teleskop IceCube …“) blitzen: Die Analyse von 4.3 Milliarden solcher Blitze, deren Herkunftsrichtung auf 3° genau angegeben werden kann, hat jetzt eine anisotrope Verteilung am Himmel gezeigt. Eine Erklärung wird nicht mitgeliefert, aber es könnte einen Zusammenhang mit dem Vela-SNR geben: Die ausgedehnten Überreste explodierter Sterne werden schon lange als wichtige Quellen der Kosmischen Strahlung in der Milchstraße vermutet. (Preprint 17., New Scientist 31.5.2010. Und der Wichita Eagle zum Wunsch, ein nördliches Auger-Teleskop in Kansas und Colorado zu bauen) NACHTRAG: ein sehr später Press Release.

Neue CP-Verletzung 1. fraglich und 2. irrelevant: Die vermeintlich bedeutsame Anomalie beim B-Mesonen-Zerfall, die letzten Monat erhebliches Aufsehen erregte, wird erstens von einem anderen Tevatron-Experiment gar nicht bestätigt – und selbst wenn sie wahr wäre, ist es überhaupt nicht ausgemacht, dass sie irgendetwas mit dem leichten Materie-Überschuss nach dem Urknall zu tun hätte … (Carroll, Cosmic Variance 4.6.2010) NACHTRAG: Manche haben von den Zweifeln an der DO-Anomalie noch immer nichts gehört und spekulieren munter über exotische Erklärungen.

Ein Kilogramm – für (quasi) jedermann zum Selberbauen?

Die fundamentale Einheit Kilogramm ist ein Ärgernis für die Metrologie: Bislang gibt es – im Gegensatz etwa zum Meter, das über die Lichtgeschwindigkeit definiert ist – keine Möglichkeit, unabhängig in einem Labor eins herzustellen. Immer noch ist das eine Ur-kg in Frankreich das einzig wahre, kaum einer kommt direkt dran, und man weiß auch nicht wirklich, ob es nicht im Laufe der Zeit an Masse verloren oder dazu gewonnen hat. Vorschläge für eine neue, clevere Definition des Kilogramms werden seit vielen Jahren gemacht – hier ist ein, vielleicht, besonders einfacher: Das kg möge die Masse von 2250× 28148963^3 Kohlenstoff-12-Atomen sein. Ein Kilogramm wäre dann ein 8.11 cm großer Würfel, bei dem eine Seite der Länge von 368’855’762 Atomen entspricht. (Fox & al., Preprint 27., arXiv Blog 31.5., ORF 1.6.2010)

Nachrichten aus der Astrophysik kompakt

23. März 2010

Ein sehr kühles Binärsystem mit nur 500 K bei einem der Partner

aber leider nur sehr ungenau bestimmten Parametern ist SDSS J1416+13AB: Insbesondere weil die Entfernung noch nicht direkt per Parallaxe bestimmt werden konnte (was wegen der vermuteten Sonnennähe aber bald gelingen sollte), sind die Massen von 30 und 75 Jupitern und Temperaturen von 500 bis 600 und 1500 K der beiden Braune Zwerge noch mit einiger Vorsicht zu genießen. (Burningham & al., Preprint 25., Scholz, Preprint 28., Herts, R.A.S. Releases 29.1., Welt der Physik 2.2.2010)

Mehrere Wege führen wohl zu ‚Blue Stragglern‘ in Kugelsternhaufen, zeigen Untersuchungen an M 30 und NGC 188: Sowohl Sternkollisionen bei besonders hoher Sterndichte wie auch verschmelzende Binärsysteme können diese unerwartet massereichen Sterne produzieren. (Davies/Ferraro & al./Mathieu & Geller, Nature 462 [24.12.2009] 991-2/1028-35, ESA HST, ESA Releases 23.12.2009)

Schon wieder eine neue Klasse von Nova-Explosionen

ist identifiziert worden, eine Unterklasse der schwachen und schnellen Novae, die einem speziellen Suchprogramm mit dem 60″-Spiegel des Palomar Observatory für schnelle Veränderliche ins Netz ging und Eigenschaften hat, die man bisher nicht kannte. In Absoluthelligkeit wie Geschwindigkeit spannen Novaexplosionen jeweils zwei Größenordnungen auf – und ihre Eigenschaften scheinen von gleich vier Parametern (Masse des Weißen Zwergs, Temperatur, Chemie und Akkretionsrate) abzuhängen. (Kasliwal & al., Preprint 8.3.2010)

Der Ausbruch von P Cygni im 17. Jh. kam durch Massentransfer von einem B-Stern zustande, der den Luminous Blue Variable begleitet, sagt ein neues Modell – nachdem alle großen Ausbrüche dieser LBVs durch Wechselwirkung mit einem Begleiter verursacht werden. (Kashi, Preprint 23.2.2010)

Neue Supernova-Klasse mit Helium-Detonation auf einem Weißen Zwerg beobachtet?

Die SN 2002bj entwickelte sich außergewöhnlich schnell, erreichte eine Helligkeit von -18M und hatte ein Spektrum, das nur entfernt an eine Supernova des Typs Ia erinnerte: Vielleicht steckte ein bis dahin nur vermuteter Vorgänger dahinter, eine Detonation von Helium auf einem Weißen Zwerg, bei der nur wenig Material abgesprengt wird. Dieser noch wenig erforschte Mechanismus wird auch aus „.Ia SNe“ bezeichnet, weil nur 1/10 der Helligkeit einer typischen Ia erreicht wird und auch die Dauer der Explosion nur 1/10 so lang ist. (Poznanski & al., Science 327 [1.1.2010], Keck, Berkeley, NSF Releases 5.11.2009)

Relativistische Geschwindigkeiten in Supernova-Explosionen sind bei SN 2009bb vom Typ Ibc und SN 2007gr (Ic) nachgewiesen worden: So etwas kannte man bisher nur von Sternexplosionen, bei denen es auch zu einem Gammaburst kam, aber das war hier nicht der Fall. (Soderberg & al./Paragi & al., Nature 463 [28.1.2010] 513-8, CfA, NASA, JIVE, NRAO Releases, Megan’s Blog 27.1.2010)

Die Röntgenhelligkeit der SN 1987A in der LMC steigt immer weiter

mit fortschreitendem Eindringen der Schockwelle der Supernova in den zirkumstellaren Ring um das Vorgängersystem, zeigen XMM-Beobachtungen über die Jahre: Die Entstehung eines frischen Supernovarests kann weiter in allen Einzelheiten verfolgt werden! Inklusive solcher Details wie der Veränderung von Plasma-Parametern über die Jahre hinweg. (Sturm & al., Preprint 9.2.2010)

Eine „Hubble-Diagramm“ mit Supernovae des Typs II-P, das nur um 0.1 bis 0.15 mag. streut und diesen Typ Sternexplosionen als mögliche Standardkerze für kosmische Entfernungsmessungen hat sich im Nahen Infraroten aufstellen lassen: Da korreliert nämlich die absolute Maximalhelligkeit schön mit der Expansionsgeschwindigkeit. Ob die II-er SNe allerdings den Ia-SNe das Wasser reichen können, wird sich noch zeigen müssen. (Maguire & al., Preprint 16.12.2009)

Die Sternentstehungsrate der Milchstraße liegt bei 2/3 bis 1 1/2 Sonnenmassen im Jahr

Das ergibt sich aus der Statistik von rund 20’000 Young Stellar Objects, die im Rahmen der Himmelsdurchmusterung GLIMPSE des Spitzer Space Telescope – neben 100 Mio. anderen Sternen – gezählt wurden. Da die Milchstraße heute 100 Mrd. Sterne enthält, muss die Sternbildungsrate früher einmal wesentlich höher gewesen sein, für eine ausgewachsene Galaxie ist eine Sonnenmasse pro Jahr aber ein typischer Wert. (Spitzer Press Release 10.3.2010)

Das Magnetfeld nahe des Galaktischen Zentrums hat mindestens 50 µG, hat eine neue Analyse des nichtthermischen Radiospektrums ergeben, und wahrscheinlich liegt der Wert sogar nahe 100 µG: Über 10% der magnetischen Energie der Galaxis würden dann in weniger als 0.05% ihres Volumens stecken. (Crocker & al., Nature 463 [7.1.2010] 65-7)

Massen von Andromeda-Galaxie und Milchstraße nicht zu unterscheiden

Auch die Bahnen zahlreicher Zwerggalaxien im Orbit um die beiden Galaxien haben nicht zu entscheiden geholfen, welche die größere Masse hat: Die der Milchstraße kann demnach irgendwo zwischen 1.2 und 2.7 Billionen Sonnenmassen liegen – entweder über oder unter der den deutlich besser zu bestimmenden 1.3 bis 1.6 Billionen Sonnenmassen von M 31. (Watkins & al., Preprint 24.2.2010)

Junge Galaxie torpedierte ihre eigene Sternentstehung: In SMM J1237+6203 kam es schon früh zu derart heftigen Explosionen, dass alles für die weitere Sternentstehung nötige Gas schlicht hinaus geblasen wurde. (R.A.S. Press Release 10.3.2010)

Eis-Teleskop IceCube „sieht“ den Schatten des Mondes

Das Neutrinoteleskop am Südpol hat mit 40 ‚Strings‘ voller Photomultiplier zum ersten Mal eine Empfindlichkeit erreicht, dass sich die Abschattung der Kosmischen Strahlung durch den Mond tatsächlich bemerkbar macht: Es schießen weniger Myonen durch den überwachten Eisblock. (Boersma & al., Preprint 7.3.2010)

Aktive Galaxien sorgen für weniger als 30% der Gamma-Hintergrundstrahlung, die der Fermi-Satellit sieht: Zwischen 0.1 und 100 GeV spielen die ehemals führenden Kandidaten für die Gesamtheit dieses schwachen extragalaktischen Glühens nur eine minimale Rolle, hat die aufwändige Analyse der Beobachtungen – der helle galaktische Vordergrund musste sorgfältig subtrahiert werden – ergeben. (LAT Collaboration, Preprint 3., NASA News 2.3.2010)