Selbst ausgewählte Besuchergruppen schaffen es beim Effelsberger 100-Meter-Teleskop meist nur bis auf die horizontal rotierende Plattform mit dem Elevationsmotor – aber im Rahmen von Dreharbeiten für die September-Sternstunde wurde unser Team gestern überraschend von PR-Chef Norbert Junkes zu einer Expedition (in strömendem Regen) bis in die Primärfokus-Kabine eingeladen: Die fast vertikale Parkposition der Schüssel machte es möglich! Hier ein Interview mit Junkes, der Beobachtungsplan, der gerade nichts vorsah, grünes Licht für die Extratour, viel Gestänge, ein Blick auf’s LOFAR-Feld, der Sekundär- und Primärfokus (mit 7-Beam-Empfänger für 21 cm), der Weg zu letzterem, das Innenleben der Fokuskabine, der Weg zurück, die untere Plattform und – unter einem MPG-Video zum 40-Jährigen des Teleskops – noch der Königszapfenraum.
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Im Primärfokus des Radioteleskops Effelsberg
28. August 2015Live-Blog „von“ der 219. AAS-Tagung in Texas
9. Januar 2012Der 1. Exoplanet mit großem Saturn-artigem Ringsystem?
Es gibt nur einen einzigen beobachteten Transit dieses höchst seltsamen Objekts vor dem Scheibchen seines Sterns, aber der dauerte ~54 Tage und wurde von zwei voneinander entfernten Teleskopen verfolgt (Lichtkurven oben): Die einfachste Interpretation ist ein kleiner Begleiter des Sterns mit einem ausgedehnten Ringsystem (Grafik Mitte), der sich 2007 in die Sichtlinie schob, mit einer dicken inneren Scheibe und drei dünnen äußeren Ringen und deutlichen Lücken dazwischen. Aber weder vorher noch nachher ist auch nur ein weiterer Transit beobachtet worden: Die Bahnperiode muss mindestens 850 Tage betragen, und auch Amateurastronomen sind aufgerufen, nach weiteren Durchgängen Ausschau zu halten, um wenigstens die Jahreslänge des Objekts einzugrenzen. Auch seine Masse ist noch unbekannt; spektroskopische Messungen der Radialgeschwindigkeit sind aber beantragt. Ob man bei solch einer gewaltigen Scheibe – von der Masse ungefähr unseres Mondes! – noch von einem Ring sprechen kann, ist im Vergleich mit den Saturnringen (artist’s view unten) die Frage: Die Entdecker sprechen selber von einem „protoexosatellite system“, da sich aus den Ringen – die mehrere Lücken aufweisen – durchaus noch mehrere Monde des Objekts (sei es nun ein Planet oder ein Brauner Zwerg) bilden dürften. Die Lücken zwischen den Ringen lassen vermuten, dass die Mondbildung schon begonnen hat.
Mehrere weitere Kepler-Entdeckungen wurden auf der letzten AAS-PK ebenfalls vorgestellt: zum einen zwei weitere Exoplaneten, die um Doppelsterne kreisen. Kepler-34b und Kepler-35b gesellen sich zu Kepler-16b (siehe ISAN 146-7) und etablieren Planeten auf stabilen Bahnen um Doppelsterne als nicht mal seltene Kategorie in der Milchstraße, mit hochgerechnet Millionen Exemplaren. Beide Planeten sind etwa Saturn-groß und liegen deutlich außerhalb der habitablen Zonen (zu nahe an ihren Sonnen). Und es gibt die drei vom Durchmesser her kleinsten Exoplaneten, die alle um den Roten Zwerg KOI-961 kreisen und 0.78, 0.73 und 0.57 Erddurchmesser haben: Entdeckt wurden sie nicht vom Kepler-Team selbst sondern in öffentlichen Daten des Satelliten.
Weitere Nachrichten von der Tagung, die am Donnerstagnachmittag zu Ende gehen und keine weiteren PKs mehr bieten wird, umfassen erste Entdeckungen von ALMA, die ‚amtliche‘ Abkürzung „Jansky VLA“ (wer’s denn benutzen wird), weitere Einsichten von SOFIA, eine AAS-Rede zu LGBT-Fragen und weitere umfangreiche Impressionen vom heutigen Nachmittag und Vormittag sowie vom ganzen Dienstag. Aufzeichungen aller PKs – auch mehrerer vorangegangener AAS Meetings – sind übrigens hier zu finden! [21:45 MEZ am 11. Januar – Ende! Weitere AAS-News auf Twitter und im Cosmic Mirror]
Die fernste Typ-Ia-Supernova mit spektroskopischer Rotverschiebung – nämlich 1.55, was einem Weltalter zum Explosionszeitpunkt von nur 4.2 Mrd. Jahren entspricht – ist im Rahmen eines großen Hubble-Programms entdeckt worden, mit der WFC3 und ihren neuen IR-Möglichkeiten im Hubble Ultra Deep Field. Damit erweitert sich das kosmologische Diagramm dieser SNe (für den linken Teil gab’s letztes Jahr den Nobelpreis) deutlich, und mit weiteren so fernen SNe – mehrere Kandidaten gibt’s schon – wird sich u.a. untersuchen lassen, ob die Dunkle Energie zeitlich variabel ist. Und man wird auch sehen, wie alt oder jung ein Ia-Progenitor (siehe 19:50 MEZ) sein kann, auch hilfreich. [20:05 MEZ]
Aufwind für doppelt entartete Progenitoren der Ia-Supernovae
gab es auf der nächsten – und vorletzten – AAS-PK zu hören: Insbesondere gibt es mit dem Supernova-Rest SNR 0509-67.5 in der LMC jetzt einen Fall, wo alles andere ausgeschlossen ist als die Fusion zweier Weißer Zwerge als Ursache der Ia-Supernova. Denn eine tiefe Suche im Zentrum der Blase (die die Autoren übrigens beim Astronomy Picture of the Day ‚entdeckt‘ hatten!) hat keinerlei verbliebene Sterne – bis 26.9 mag.V herab, was +8.4 Mag.V absoluter Helligkeit entspricht, zum Vorschein gebracht: Bei allen anderen Szenarien als Weißzwerg-Fusionen bleibt aber der materiespendende Partner zurück. Allerdings mehren sich die Anzeichen, dass es mehrere Wege zu einer Ia-Explosion geben könnte, und so ist dieser eine – per se klare – Fall kein Beweis, dass alle doppelt-entartet sind.
Auch bei der Aufklärung des Vorgänger-Systems der SN 2011fe in M 101 gibt es Fortschritte: Hatte die Analyse der frühen Lichtkurve anhand der Fotometrie durch das Entdecker-Teleskop der PTF (Nugent & al., Nature 480 [15.12.2011] 344-7, zusammen gefasst in ISAN 153-4) noch eine Obergrenze des explodierten Objekts von höchstens 1/10 Sonnendurchmesser geliefert, so zeigt die Nichtdetektion der Supernova auf einer 1-Stunden-Aufnahme des Teleskops PIRATE auf Mallorca noch 7 1/2 Stunden vor dem ersten PTF-Datenpunkt bzw. etwa 4 Stunden nach der Explosion, dass das Objekt sogar höchsten 2% des Sonnendurchmessers gehabt haben kann! Eindeutig ein Weißer Zwerg also: Das folgt sowohl aus Modellierungen – und damit ein paar Annahmen – des Shock-Breakouts wie der Interaktion mit dem Massenspender. Dessen Durchmesser ist in diesem Fall weniger gut eingeschränkt, dürfte aber unter 1/10 Sonnendurchmesser gelegen haben: „a compact object of some sort“. Auch wenn es also weiter kein abschließendes Urteil zur Natur der Ia-Supernovae gibt: Das Feld ist mächtig in Bewegung geraten! [19:50 MEZ]
Das schärfste Bild des „Doppelkerns“ der Andromeda-Galaxie gab‘ auf der 1. PK des 3. Tages zu sehen: Diese Aufnahme mit Hubbles High Resolution Channel der ACS zeigt einen Haufen blauer Sterne um das mutmaßliche Schwarze Loch im Galaxienzentrum und einen Haufen roter Sterne, der es in größerem Abstand umkreist – so kommt die Illusion des Doppelkerns zustand. Andere Beiträge beschäftigten sich mit „failed AGB stars“ in der Nähe des Zentrums derselben Galaxie (wo stärkere Metallizität die Sternentwicklung beeinflusst): Die sorgen für Extra-UV-Licht. Und durch Vergleich mit anderen ähnlichen Galaxien wurde berechnet, dass die Milchstraße eine Farbtemperatur von 4840 Kelvin hat und damit sehr weiß ist: Dem Auge erscheinen ja auch Glühlicht (3000 K) und die Mittagssonne (6500 K) weiß. [17:25 MEZ]
Der VLA heißt jetzt „Karl G. Jansky Very Large Array“
Das also ist das Ergebnis der – von Astronomen wie Lokalpolitikern mit Argwohn betrachteten – ‚Volksbefragung‘ zur Umbenennung des 1980 gebauten aber seit 2000 innerlich runderneuerten (siehe Artikel 34) Radiointerferometers. Ein neues Akronym enthält die Pressemitteilung – der ’neue‘ Name wird in diesen Minuten auf der AAS-Tagung feierlich verkündet – übrigens nicht … Weitere News von der Tagung: die Rolle von Mergers (oder auch nicht), keine Hinweise auf Raumzeit-Granularität durch einen fernen GRB („Die Lorentz-Invarianz …“) und wie man sicher kein Funding bekommt (Grafik) – und weitere Berichte vom Tagungsgeschehen vom Nachmittag und Vormittag des 10. Januar und Nachmittag sowie ganzen 9. Januar. [1:45 MEZ]
Infrarot-Extravaganz Nr. 5: SOFIA und die Folgen der Sternentstehung in W3, wo der massereiche Jungstern IRS2 einen Hohlraum in das umgebende ISM geblasen hat (links im SOFIA-Bild, dessen Ausschnitt auf einer Spitzer-Aufnahme markiert ist) – ein typischer Prozess in Sternbildungsgebieten, den hier das Instrument FORCAST der fliegenden Sternwarte bei 37 µm so scharf wie noch nie betrachten konnte. [22:55 MEZ am 10. Januar]
IR-Extravaganz Nr. 4: Sternentstehungs-Statistik mit WISE anhand eines 1000-Quadratgrad-Mosaiks der Milchstraße, von dem hier nur ein Ausschnitt zu sehen ist. Die Sterndichte in verschiedenen Regionen als Funktion vom Abstand eines Konzentrations-Peaks spricht klar für eine Sternbildung in Kettenreakion, sog. triggered star formation, und gegen ein Alternativmodell mit bevorzugter Sternbildung in einer Schale. [22:45 MEZ]
IR-Extravaganz Nr. 3: Die Spitzer Cygnus X Legacy Survey, eine Durchmusterung einer der aktivsten Sternentstehungsregionen der Milchstraße, umfasst 25 Quadratgrad und hat eine große Zahl Young Stellar Objecs erwischt. [22:40 MEZ]
Infrarot-Extravaganz Nr. 1+2 (so hieß der Obertitel der letzten AAS-PK des 2. Tages): Spitzer und Herschel betrachten die Magellanschen Wolken, oben die LMC, und die SMC. Zu sehen ist kalter Staub, erstmals auf der Skala der Sternentstehung – die in den metallarmen Magellanschen Wolken so ablaufen dürfte wie allerorten vor 10 Mrd. Jahren zur Zeit der heftigsten Sternbildung in der kosmischen Geschichte. [22:25 MEZ]
Auf zu hohen (Röntgen-)Energien: RXTE, Fermi & NuSTAR
spielten bei dem nächsten Runde Pressekonferenzen auf dem Süßwarenmarkt für Astronomen AAS die Hauptrolle.
- Der (gerade abgeschaltete) Rossi X-ray Timing Explorer hat – zusammen mit dem Radiointerferometer VLBA – den Ausbruch eines Schwarz-Loch-Kandidaten in der Milchstraße nahezu perfekt überwacht: Erst gab’s QPOs, als etwas in der Akkretionsscheibe nach innen spiralierte, dann wurden Jets herausgeschleudert: Der Zusammenhang beider zentralen Phänomene der Astrophysik lässt sich an diesem Beispiel näher ergründen.
- Der Satellit Fermi hat den Kosmos jenseits von 10 GeV Photonenenergie erschlossen – das dauerte eine Weile, weil manche Quellen nur alle vier Monate mal ein Photon schicken! Der Vorgänger EGRET (auf dem Satelliten CGRO) hatte insgesamt nur 1500 Photonen > 10 GeV in 9 Jahren gesehen, von gerade mal 4 diskreten Quellen, alles Pulsare. LAT auf Fermi hat dagegen in 3 Jahren bereits 496 solche Quellen mit mindestens 4 Sigma nachgewiesen, galaktische wie extragalaktische: 274 sind AGNs, 25 Pulsare, 25 SNR & Pulsarwind-Nebel – aber 168 haben kein Gegenstück bei niedrigerer oder höherer Energie und bleiben einstweilen unidentifiziert. Nach 10 Jahren sollte LAT etwa 1000 Quellen >10 GeV identifiziert haben, alles Objekte mit außerordentlich energiereichen Prozessen.
- Schließlich wurde noch der NASA-Satellit NuSTAR vorgestellt, der Nuclear Spectroscopic Telescope Array mit den ersten fokussierenden Teleskopen für 6 bis 79 keV, die ein dramatisch schärferes Bild des Himmels in diesem Energiebereich als frühere Satelliten versprechen. Während seine Webseite vor allem Beobachtungen an Supernovaresten, mutmaßlichen Schwarzen Löchern etc. als zentrale Ziele nennt, wurde in der PK betont, dass sich NuSTAR auch der Sonne zuwenden wird: in der Hoffnung, den Mechanismus der Heizung ihrer Korona aufzuklären.
Drei aus dem Rahmen fallende Galaxienhaufen
waren das Thema der ersten Pressekonferenzen am 2. Tagungstag (an dessen Ende gegen 1:30 MEZ übrigens die – umstrittene! – Umbenennung des Very Large Array verkündet werden soll):
- der massereichste bisher bekannte Galaxienhaufen mit rund 2 Billiarden Sonnenmassen und dem Spritznamen „El Gordo“, auch hier, hier und hier beschrieben,
- der fernste Proto-Galaxienhaufen mit einer Rotverschiebung von 8, auch hier, hier, hier, hier und hier beschrieben, und
- die älteste & langsamste Kollision zweier Galaxienhaufen, bei der – wie beim Bullet Cluster – das Gas in der Mitte zurück blieb, während die beiden Haufen noch ihre Dunkle Materie besitzen; auch hier beschrieben.
Und war da noch … jenseits der Pressekonferenzen
am ersten Konferenztag zum Beispiel von der Entdeckung zweier weiterer Planetenkandidaten durch die Planethunters und von einem Exoplaneten mit 10 Jahren Umlaufszeit zu hören sowie von Spekulationen über einen Exomond von Kepler 16b. Eine andere Arbeitsgruppe hatte ebenfalls (siehe 9. Januar, 18:10 MEZ) eine große Karte der Dunklen Materie im Kosmos zu bieten, das James Webb Space Telescope – das finanziell angeblich aus dem Gröbsten raus sei – wurde schon mal vorab gelobt und vermutet, dass Chandra noch weitere 20 Jahre durchhalten könnte. Der erdgebundenen US-Astronomie geht’s dagegen nicht so gut. Und dann war da noch der Astronaut S. Hawley, der in einer Festrede zu 50 Jahren bemannter Raumfahrt behauptete, Shepard hätte vor Gagarin im All sein können, wenn man nicht wegen der Schwierigkeiten beim Flug des Schimpansen Ham den menschlichen Flug noch mal verschoben hätte. [0:05 MEZ]
Erste vielversprechende Ergebnisse von LOFAR, dem europaweiten Radio-Interferometer, das sich der Fertigstellung nähert aber schon jetzt Wissenschaft produziert: oben ein typisches Einzelbild einer großen Himmelsdurchmusterung (deren Parameter darunter stehen), eine Pulsarbeobachtung und ihre Auswertung (die überraschend nahelegt, dass die Radiostrahlung bei allen Wellenlängen aus der selben Region der Pulsarmagnetosphäre kommt) sowie ein Ausblick auf den möglichen Nachweis eines Signals aus der Ära der Reionisation (EoR) des Kosmos – das sich in etwa einem Jahr aus dem Rauschen schälen können sollte, wenn viele Daten aufintegriert sind. [22:15 MEZ am 9. Januar]
Erste Ergebnisse von APOGEE, dem neuesten Subprojekt der SDSS-III, dessen aufwändiger IR-Spektrograph vor wenigen Monaten den Betrieb aufnahm. Ziel ist die Spektroskopie eines gehörigen Teils der Milchstraße, um ihre Struktur besser zu verstehen: Die detailreichen Spektren verraten sowohl Chemie (oben) wie Radialgeschwindigkeit (Mitte: Verteilung im markierten Feld). Und der Vorgänger SEGUE-2 ist auf Sterne auf Abwegen gestoßen. [19:25 MEZ]
Die große Astro-Show hat begonnen: Wie jeden Januar steigt diese Woche eine der größten Astronomie-Tagungen des Jahres, diesmal in Austin, Texas: Seitens der Teilnehmer wird – was bei entsprechenden Tagungen in Europa leider noch nicht der Fall ist – kräftig gebloggt und getwittert. Und es gibt neun Pressekonferenzen, die auch per Webcast verfolgt werden können. Bei der ersten gerade (oben das Panel, mit 75% Frauenanteil) ging es um die Beobachtung von Dunkler Materie: ihre Kartierung auf der bisher größten Skala per Weak Lensing – und die Vermessung von DM-Halos einzelner Galaxien durch Gravitationseffekte von Nachbargalaxien auf den Wasserstoff in der ausgedehnten Scheibe. Ein Ableger einer Technik, den dieselbe Gruppe schon ein Jahr zuvor präsentiert hatte („‚Dunkle‘ Galaxien …“). [18:10 MEZ]
5. deutsche LOFAR-Station in Jülich übergeben
6. Oktober 2011Luftbild: Forschungszentrum Jülich. Alle anderen: Daniel Fischer
Mit einer höchst symbolischen Schlüsselübergabe ist am 5. Oktober auch die fünfte deutsche Station des Low Frequency Array Teil des europaweiten Radiointerferometers für lange Wellen („Formelle Einweihung von LOFAR …“) geworden, das nun zusammen mit je einer weiteren Station in England, Frankreich und Schweden und 36 in den Niederlanden aus insgesamt 44 dieser Antennenfelder besteht. Die neueste deutsche Station „DE605“ befindet sich direkt vor den Toren des Forschungszentrums Jülich, das zwar selbst keine Radioastronomie betreibt aber mit seinem Supercomputing Centre JSC eine Schlüsselrolle bei der Archivierung der Datenflut LOFARs spielen könnte. (An den viel gefragten JSC-Supercomputer JUGENE dürfen die LOFAR-DE605-Astronomen – die an den Universitäten Bochum und Bremen ansässig sind – natürlich nicht mal so eben.) Den DE605-‚Schlüssel‘ nimmt oben der Chef des International LOFAR Telescope, R. Vermeulen von ASTRON, links von R.-J. Dettmar und M. Brüggen (Bochum bzw. Bremen) sowie JSC-Chef T. Lippert entgegen. Woraufhin ihm Dettmar 10% des Schlüssels wieder ab nimmt: So viel der Messzeit dürfen die Betreiber einer internationalen Station selbst verwenden, während der Rest dem Gesamtprojekt zur Verfügung steht.
Wie die anderen internationalen Stationen auch besteht Jülichs DE605 aus zwei Antennenfeldern: 96 Kreuz-Dipolen über einer leitenden Plane für die Low Band Antenna (10 bis 80 MHz; obere zwei Bilder, dann ein 360°-Panorama; hinter Bild 2 und 3 liegen größere Versionen) und 96 „Kacheln“ mit jeweils 16 kleinen Dipolkreuzen, die in Styropor gefasst und mit Planen geschützt sind – unten wird ausnahmsweise mal eine für die Gäste der Feier ausgepackt. Unterirdische Kabel verbinden die einzelnen und bewusst besonders billig gehaltenen Antennen mit einem Container voller Elektronik (zu sehen die ankommenden Stränge und wie es weiter geht): Hier erst werden – ferngesteuert meist von der LOFAR-Zentrale im niederländischen Dwingeloo – der oder die Keulen der Gesamtstation am Himmel erzeugt, das sogenannte Beamforming. Wie eine hypermoderne Sternwarte sieht das Ganze nicht wirklich aus …
Über eine weitere Leitung gelangen die Daten aus dem Container ins nahe Forschungszentrum und von dort schließlich in ein Rechenzentrum in Groningen, wo ein (anderer) Blue Gene/P-Superrechner die eigentliche Korrelation der Datenströme von den vielen Stationen vornimmt: Erst dort entsteht dann das – trotz der langen Wellen – scharfe Bild. Grafiken aus Vorträgen während des Festakts im JSC zeigen das generelle Prinzip und die Lage der 44 Stationen (oben die von Tautenburg) in Europa: In den Niederlanden knubbeln sie sich als viele grüne Punkte, was für Empfindlichkeit sorgt und gut für die Abbildung flächenhafter Objekte ist, während die weiter entfernt liegenden niederländischen Stationen und vor allem die internationalen – eine 6. deutsche wird bei Hamburg entstehen, weitere Länder sind prinzipiell interessiert – für hohe Winkelauflösung sorgen. Und die produziere Datenmenge steigt inzwischen rapide an.
Zum Schluss noch ein paar frühe wissenschaftliche Ergebnisse LOFARs, zum Teil auch unter Einbeziehung der ersten internationalen Stationen entstanden, die anlässlich der Jülicher Übergabe präsentiert wurden: die Sonne mit einer aktiven Region, der Krebsnebel mit dem Pulsar als hellster Quelle, der Nebel um SS 433, der Coma-Galaxienhaufen und der Haufen Abell 2255 in immerhin rund 1 Mrd. Lichtjahren Entfernung. Das Abenteuer LOFAR hat gerade erst begonnen – aber auch schon ein Ende in Sicht: In etwa zehn Jahren werden die Antennenfelder vergammelt sein und müssen in den Niederlanden sogar wieder verschwinden. Aber bis dahin sollte der Bau der ersten Phase des Square Kilometer Array („Founding Board …“) längst begonnen haben, für den LOFAR ein direktes Vorgängerprojekt ist, das er dann weit hinter sich lassen wird.
Ein aktueller Streifzug durch’s Sonnensystem
9. Februar 2011Derzeit sehen wir die ganze Sonne auf einmal, dank der beiden STEREO-Satelliten, die einander rund um den 6. Februar genau gegenüber stehen. Hier die ‚ausgerollte‘ Sonne vom 5. Februar mit den SECCHI-EUV-Teleskopen aufgenommen; weitere Bilder & Videos hier, hier und hier – das Gesamtbild soll die Heliophysik wie auch konkret die Weltraum-Wettervorhersage voranbringen.
So erlebte LOFAR die partielle SoFi am 4. Januar! Aus jeweils 20-minütigen Messungen des noch im Aufbau befindlichen europäischen Radiointerferometers sind heute Bilder der mehr oder weniger bedeckten Sonne zwischen 9:40 und 11:00 MEZ – als die SoFi vorbei war – erstellt worden. NACHTRAG: das „Universe in a new light“ sozusagen.
Der qualmende japanische Vulkan Shinmoedake am 4. Februar aufgenommen vom ESA-Satelliten EnviSat – der Ausbruch war ziemlich überraschend gekommen.
Sichtbare Folgen des Zyklons Yasi für das Great Barrier Reef sind die blau erscheinenden großen Sedimentwolken im aufgewühlten Wasser auf einer Aufnahme des Aqua-Satelliten der NASA vom 4. Februar – vielfältig sind die Folgen des Sturms und der Überschwemmungen für das Riff.
Noch’n Mond von der ISS aus gesehen, diesmal im (relativ) neuen Licht am 6. Februar.
Ein „Einstieg“ unter die Mondoberfläche, gesehen vom Lunar Reconnaissance Orbiter in schräger Sicht und bei idealen Lichtverhältnissen: Anklicken des Bildes – die Bilder sowieso immer anklicken für mehr! – liefert auch eine Grafik mit der Sicht- und Lichtgeometrie und Schwärmerisches vom ASU-Autor: „What scientific riches wait to be discovered within the unseen reaches of sublunarean voids?“
Alte Marslandschaften im Argyre-Becken auf einem HiRISE-Bild des MRO: Unterschiedliches Gestein macht sich durch Farbdifferenzen bemerkbar – und zeugt von einer feuchteren Ära des Planeten.
Polygon-Strukturen auf dem Boden eines Mars-Kraters, ebenfalls von HiRISE aufgenommen: Ihre Größenskala spricht für einen zeitweise feuchten Boden; der Impakt hat vielleicht ein kurzlebiges hydrothermales System hervorgerufen.
Feine Brüche auf der ‚hinteren‘ Hemisphäre des Saturnmonds Dione bekam Cassini am 20. Dezember aus 107’000 km Entfernung zu sehen.
Nachrichten von Teleskopen kompakt
14. Juni 2010Ein Hubble-„Schnappschuss“ von einem kaum erforschten Nebel: Wenn zwischen zwei Beobachtungen des Weltraumteleskops noch etwas Zeit verbleibt, wird auf eine Liste vorbestellter Ziele geringer(er) Priorität zugegriffen – und hier hat es (mit dem Wide Field Channel der ACS) den Nebel IRAS 05437+2505 getroffen, über den wenig bekannt war. Vermutlich ein Sternentstehungsgebiet, wo die Strahlung junger Sterne den Nebel beeinflusst – aber da passiert wohl noch mehr: Der helle bumerangförmige Bogen deutet auf einen mit 55 km/s relativ zum Nebel ungewöhnlich schnellen Stern hin.
CoRoT hat schon 15 Exoplaneten entdeckt, darunter Exoten
Unter den neuesten sechs Funden des kleinen europäischen Satelliten CoRoT-8b, -10b, -11b, -12b, -13b und -14b ist mit CoRoT-11b z.B. ein Planet, der um einen Stern kreist, der sich alle 2 Tage um seine Achse dreht: Da lassen sich Exoplaneten überhaupt nur durch Transits nachweisen, weil das Signal der Radialgeschwindigkeit kaum auszuwerten ist. Von den 82 Planeten, die bisher per Transit entdeckt wurden, hat CoRoT 15 geliefert, dazu noch anderes wie jetzt einen Braunen Zwerg mit ca. 60 Jupitermassen, CoRoT-15b. (ESA Release 14.6.2010)
Schon fünf ALMA-Antennen arbeiten als Interferometer zusammen: Das gewaltige Radiointerferometer in Chile („Meilenstein …“) wächst munter weiter, weitere Antennen sind unterwegs und 2011 wird es mit einem teilweise fertigen Array die erste Wissenschaft geben. 2012 sollte das derzeit größte Astronomieprojekt auf dem Planeten dann fertig sein, mit 54 12-m- und 12 7-m-Antennenschüsseln. NACHTRAG: die NRAO eNews zu den ALMA-Fortschritten – und ein Bild aus dem Orbit von der OSF von ALMA.
Formelle Einweihung von LOFAR durch die Königin der Niederlande
Das futuristische Radiointerferometer für lange Wellen, das sich über mehrere europäische Länder erstreckt, liefert zwar schon seit Jahren Bilder und wissenschaftliche Ergebnisse (weitere in MPIfR-PMn zu einem Quasar und Pulsar-Messungen), aber erst am 12. Juni drückte Königin Beatrix feierlich auf den „Start“-Knopf – schließlich befinden sich das Herz der Anlage und auch der Zentralrechner, in dem erst die Himmelsbilder entstehen, in den Niederlanden. Und LOFAR wächst immer noch: Derzeit sind 22 Stationen (die jeweils aus hunderten einfachen Dipolantennen bestehen) im Betrieb, und am Ende sollen es mindestens 36 in den Niederlanden und 8 in Deutschland (wo schon drei Stationen Daten liefern), Frankreich, Großbritannien (dazu Uni Portsmouth und STFC Releases, ein Blog und Artikel von BBC und Will Gater) und Schweden sein. (MPIfR PM 12., ASTRON Release [früher], Jacobs Univ. PM, Welt der Physik [mehr], Spiegel 14.6.2010.) NACHTRAG: Bericht vom Event.
Die ersten vier MeerKAT-Teleskope arbeiten als Interferometer in Südafrika: Die 12-m-Schüsseln gehören zum MeerKAT Precursor Array, mit dem sich die Republik Südafrika als Standort für den Square Kilometer Array empfiehlt. Insgesamt stehen 7 dieser Antennen in der Nördlichen Kapprovinz, die als besonders radioruhig ausgewiesen ist: Hier könnte der zentrale Teil der mehrere Länder umfassenden Anlage entstehen – wenn nicht der einzige verbliebene Mitbewerber Westaustralien den Zuschlag bekommt … (SKA South Africa Release 10.5.2010) NACHTRAG: Auf einer großen SKA-Tagung im Anschluss an die LOFAR-Einweihung wurde heftig für RSA & friends und Oz/NZ die Werbetrommel gerührt – sogar mit einem Comic über MeerKAT. Und es soll dem Vernehmen nach hoch her gegangen sein …
Zoff im Untergrund: Jäger der Dunklen Materie zanken sich über ein Null-Resultat
8. Mai 2010Hat der Detektor XENON 100 harte Limits für Teilchen der Dunklen Materie mit geringer Masse geliefert und damit vermeintlich positive Resultate der Experimente DAMA und CoGeNT widerlegt – oder können (oder wollen) diese Physiker nicht richtig rechnen? Auf ein vielbeachtetes Paper der XENON100-Kollaboration – die mit ihrem Detektor aus 62 kg flüssigem Xenon im Gran-Sasso-Tunnel nicht ein WIMP-Teilchen fing, obwohl das nach den Daten der anderen beiden Untergrund-Experimente zu erwarten gewesen sei – haben zwei US-Physiker binnen Tagen mit einer außergewöhnlich aggressiven Arbeit geantwortet, in der den XENON-Auswertern unverholen Inkompetenz und Ignoranz vorgeworfen werden. Die Empfindlichkeit des Detektors gerade im kritischen niedrigen Energiebereich sei nämlich viel geringer als sie behaupten würden – und hätten sie die Literatur zum Thema gelesen, wüssten sie das auch. Mithin seien die (ansonsten wenig ernst genommenen) positiven Detektionen Dunkler Materie-Teilchen weiterhin unwiderlegt. Die XENON-Fraktion bereitet bereits den Gegenschlag vor. Immerhin: Hier wird über echte Messungen und Daten gestritten, durchaus ein Fortschritt, wenn auch in einem Stil, der eher an die Abgründe der Blogosphäre erinnert … Mehr bei Physics World 6., Scientific American 5., Cosmic Variance, Nature Blog 4., New York Times, New Scientist 3., Resonaances 1.5., 27., ArXiv Blog 26.4.2010. NACHTRAG: Die XENON-Gruppe steht zu ihrem Paper … NACHTRAG 2: … und es geht weiter hin und her und …
Der ganze Mond als Neutrino-Detektor genutzt werden kann vermutlich mit dem im Aufbau befindlichen europäischen Radiointerferometer LOFAR für ganz lange Wellen: Treffen die Teilchen den Regolith, entsteht kohärente Cherenkov-Strahlung mit ungefähr 3 GHz Frequenz. Das Westerbork-Radioteleskop hat diese zwar nicht gesehen, aber die bisher schärfste Obergrenze festlegen können – LOFAR aber müsste es dann schaffen. (ASPERA April 2010, auch zu den Neutrinoteleskopen IceCube und NEMO sowie ein LBL Release zum Neutrinodetektor ARIANNA und Spiegel zum Neutrinodetektor CUORE) NACHTRAG: noch’n CUORE-Artikel.
Immer höhere Kollisionsraten im Large Hadron Collider
werden seit Ende April erreicht, nachdem die Bündelung („squeezing“) der Protonenstrahlen mit den Magneten erhöht wurde: Die „Leuchtkraft“ des LHC stieg gleich um einen Faktor 10 an. Ziel ist es, bis Ende kommenden Jahres eine Million mal mehr Kollisionsereignisse („10 Millionen …“) zu beobachten als bis jetzt, und der Beschleuniger ist auf einem guten Weg: Bottom-Quarks, W-Bosonen und andere ‚Klassiker‘ der Teilchenphysik sind bereits beobachtet worden, was auch die Funktionsweise der riesigen Detektoren belegt. Bald könnten daher auch die ersten neuen Entdeckungen folgen, zwar noch nicht das Higgs-Teilchen, aber manch andere Exotika. (Symmetry Magazine April [Editorial]; Symmetry Breaking 6., Reuters 5., CERN Bulletin 3.5. [mehr], Science Blogs 29., Cosmic Variance 28., Bild der Wissenschaft 24., New Scientist 23., Physics World 15., New Scientist, Science Blogs 14.4.2010)
Neue – aber weiter indirekte – Hinweise auf ein Tetraquark und damit einen neuartigen Zustand der Materie sind in Elektron/Positron-Kollisionen im japanischen BELLE-Detektor gesehen worden: Eigentlich sollte „Bottonium“ erzeugt werden, ein Meson aus einem Bottom-Quark und seinem Antiteilchen, aber das Kollisionsprodukt zerfiel viel schneller. Ein Tetraquark (Bottom + Up + beider Antiteilchen) würde passen, aber die Signatur ist nicht eindeutig für das schon vor über 30 Jahren postulierte Teilchen. (Nature Blog 5., New Scientist 4.5., Physics World 27.4.2010)
Gewitter funktionieren als Teilchenbeschleuniger in der Natur
Davon zeugen nicht nur Terrestrische Gamma-Blitze („Auch Gewitterwolken …“; s.a. ISAN 105-6) sondern auch der Nachweis von Radiostrahlung, die mit dem Auftreten von Sprite-Entladungen hoch über Gewitterwolken korreliert – vorausgesagt wurde das Ganze übrigens schon 1925. Kosmische Strahlung ionisiert die Hochatmosphäre, und die elektrischen Felder der Sprites beschleunigen die geladenen Teilchen. Die dabei wiederum eine charakteristische Radiostrahlung aussenden – genau wie sie 2008 bei Messungen auf einem Pyrenäen-Gipfel parallel zu Sprite-Sichtungen gemessen wurde. Ein japanischer, ein russischer und ein französischer Satellit sollen sich demnächst diesen Phänomenen zuwenden. (Physics World 19.4.2010)
Weltraumforschung kompakt
25. Dezember 2009Neue Meilensteine bei Europas Radioriesenteleskop LOFAR
Diese Filmsequenz ist bemerkenswert: Sie zeigt den gesamten Himmel über Effelsberg in der Eifel nacheinander bei Frequenzen von 35 bis 190 MHz – und alle „Einzelbilder“ wurden innerhalb von Minuten gewonnen. Früher hätte man den Himmel Punkt für Punkt abtasten müssen, aber mit LOFAR (siehe z.B. Artikel 410, C43 und C67′) ist eben alles anders. Während in der Station in Effelsberg diesen Herbst auch die High-Band-Antennen aufgebaut wurden, die den großen Frequenzbereich ermöglichten, stehen in Potsdam wie in Chilbolton (U.K.) die ersten Low-Band-Antennen – und in den Niederlanden wurde dem Projekt sogar eine Briefmarke gewidmet und die Einweihung des Gesamtsystems für den 12.6.2010 angesetzt. (MPIfR PM 17., 10., AIP PM, LOFAR UK Blog 11., Uni Bonn PM 10., Spektrum 22., ASTRON LOFAR Tweets 10., 6.12., 6.10., Garrett, Preprint 17.9.2009) NACHTRAG: eine Zeitung über LOFAR Potsdam.
Direkte „Zusammenschaltung“ von Radioteleskopen erfolgreich getestet: Für das Projekt EXPReS (Express Production Real-time e-VLBI Service) wurden 3½ Jahre lang mehrere Radioteleskope direkt mit dem zentralen europäischen Korrelator in den Niederlanden verbunden – das lästige Versenden der Messungen auf Datenträger entfällt dabei. Zugleich war EXPReS ein wichtiger Test für das Riesenradioteleskop SKA. (ASTRON Press Release 11.12.2009. Auch Lazio, Preprint 4.10.2009 zum SKA)
Extreme Teilchenbeschleunigung im Mikroquasar Cyg X-3
Aus diesem Binärsystem haben der Fermi-Satellit erstmals energiereiche Gammastrahlung im Rhythmus der 4.8-Stunden-Orbitperiode und der AGILE-Satellit vier Gammaflares mit Energien über 100 MeV gesehen. (NASA Release 26.11.2009, Tavani & al., Nature 462 [3.12.2009] 620-3, Bignami, Science 326 [11.12.2009] 1490-1)
Kann ein SMBH seine eigene Galaxie bauen, indem es per Jet Sternentstehung auslöst? Solch ein Mechanismus wird möglicherweise im Quasar HE0450-2958 beobachtet, um den herum bislang keine Galaxie gefunden werden konnte, wohl aber daneben: Mit dieser Galaxie wird der Quasar eines Tages verschmelzen. (ESO Release 30.11.2009)
Ein „Atlas“ der Proplyds im Orion-Nebel
ist das Ergebnis des HST Treasury Program on the Orion Nebula, dem längsten Hubble-Projekt in Sachen Stern- und Planetenentstehung überhaupt: 42 Protoplanetare Scheiben wurden dabei entdeckt. (ESA HST Release 14.12.2009)
Das größte Reservoir seltener Metalle im All hat der japanische Röntgensatellit Suzaku in der Zentralregion des Perseus-Galaxienhaufens gefunden: Chrom und Mangan waren bisher im intergalaktischen Raum nicht bekannt. Um die gemessenen Mengen zu produzieren, waren 3 Mrd. Supernovae nötig. (NASA Release 2.12.2009)
In 1.1 Milliarden Jahren gibt es keine Totalen Sonnenfinsternisse mehr
Das ergibt sich aus Projektionen der Entwicklung der Mondbahn durch fortwährende Gezeiteneffekte – durch die sich der Mond immer weiter von der Erde entfernt – in Kombination mit Modellrechnungen über die weitere Entwicklung der Sonne, deren Durchmesser langsam anwächst. (Westfall, Solar Eclipse Mailing List 30.11.2009, unter Berücksichtigung dieses Modells der Sonne)
Die Röntgenstrahlung des Saturn setzt sich aus Sonnenstrahlung zusammen, die in der Planetenatmosphäre gestreut wird, und Sauerstoff-Linien-Emission aus den Saturnringen. Erstere Komponente hat von 2002-5 mit sinkender Sonnenaktivität abgenommen, letztere nicht. (Branduardi-Raymont & al., Preprint 27.11.2009)
Erstmals RNS-Komponente Uracil im Labor wie im Weltraum hergestellt
In einem NASA-Labor ist einer der vier Bestandteile der Ribonukleinsäure durch UV-Bestrahlung von in Wassereis eingelagertem Pyrimidin erzeugt worden, ein Prozess, wie er auch im Weltraum ablaufen kann – damit ist es wieder ein bisschen wahrscheinlicher geworden, dass wesentliche Chemie des Lebens im Weltraum „vorproduziert“ wurde und auf die Erde fiel. (NASA Ames Feature 5.11.2009)
CoRoT-7b ist eher ein Super-Io denn eine Super-Erde: Von seiner Dichte her ist dieser Exoplanet zwar felsiger Natur (siehe ISAN 94-9) – aber ihm wird nicht nur von seinem Stern gewaltig eingeheizt sondern, so nun theoretische Berechnungen, auch von starken Gezeitenkräften. Extremer Vulkanismus ist da zu erwarten, und der Planet könnte der Prototyp einer ganzen Klasse von Super-Ios sein, die CoRoT und Kepler noch entdecken dürften. (Barnes & al., Preprint 7.12.2009)
Soll man Kosmologen einen Teil ihrer Daten vorenthalten?
Die Kosmologie als Wissenschaft vom Ganzen und ohne Möglichkeit, das Experiment Universum ohne weiteres zu wiederholen, wirft manche wissenschaftstheoretischen Fragen auf – und hat nun gar zu der Forderung geführt, man möge den Forschern des Planck-Satelliten erst einmal nur Zugang zu einem Teil der erwarteten besten Daten der Kosmischen Hintergrundstrahlung gewähren. Damit sollten sie dann arbeiten und Voraussagen machen – die anschließend mit dem Rest der Daten überprüft werden können. Ob da wohl einer mitmacht …? (New Scientist 3.12.2009)
Ein neuer Algorithmus zum Verarbeiten astronomischer Bilder, der sich lokal an die Rausch-Situation anpasst, ist ADAPTSMOOTH: Überall wird dabei die geringstmögliche Glättung angewendet, um ein gewünschtes Signal-zu-Rausch-Verhältnis zu erreichen. (Zibetti, Preprint 25.11.2009)
Wir Kinder vom Galaxy Zoo …
Die Idee, Laien in Scharen als Galaxien-Klassifizierer einzusetzen, hat sich als dermaßen erfolgreich erwiesen (siehe z.B. ISAN 60-4, 73-7 und 90-7), dass das Konzept nicht nur auf andere astronomische Fragestellungen ausgeweitet wird (siehe ISAN 99-11), sondern jetzt ein ganzes „Zooniverse“ von Wissenschaftsprojekten möglich machen soll, die bis in die Archäologie, Meeresforschung und gar Verhaltensforschung führen sollen. Und die Citizen Science am eigenen Computer endgültig zu einem Teil der modernen Forschungslandschaft zu machen verspricht. (Universe Today 13.12.2009)
Ein Amateurastronom, der über 500’000 Helligkeitsschätzungen von Veränderlichen machte, in 6 Jahrzehnten, ist der Neuseeländer Albert Jones, der nun ein ausführliches Interview gegeben hat: Auch mit sehr moderatem Equipment bleibt in der Astronomie anspruchsvolle Forschung möglich – und Spaß macht es auch noch … (Simostronomy 27.11.2009)