Posts Tagged ‘MER’

Was Opportunity an Endeavours Rand entdeckte

4. Mai 2012

Seit Januar parkt der Mars Exploration Rover Opportunity auf dem langgestreckten Hügel Cape York am Rand des 22-km-Impaktkraters Endeavour, den er letztes Jahr erreicht hatte, um 15° gegen die tiefe Wintersonne geneigt: Zum ersten Mal hat er eine Winterpause – seine fünfte! – im Stehen verbracht, die Sonnenwende im April hat er abermals gut überstanden. Diesmal reichte der Strom seiner Solarzellen nicht mehr für’s Weiterfahren aber andererseits für allerlei Sinnvolles im Stehen. So hat Opportunity das Gestein in seiner unmittelbaren Umgebung ausgiebig untersucht, ein gigantisches Panorama aufgenommen (das größte der gesamten Mission, das gerade zusammen montiert wird und in ein paar Wochen vorgestellt werden soll) – und ausgiebig Radio Science betrieben. Die hatte man, zwecks Erkenntnissen über das Innenleben des Mars, mit dem festgefahrenen Spirit vorgehabt, doch der ist bekanntlich aus seinem letzten Winterschlaf („Spirit offenbar …“) nicht wieder erwacht.

Die Stromsituation Opportunitys entwickelt sich jetzt günstig: Vielleicht noch im Mai, spätestens aber Anfang Juli, wird er seine Marsrundfahrt fortsetzen können. Die soll zunächst zu einer besonders dicken Ganglagerstätte voll Gips führen, die im Gegensatz zum ersten derartigen Fund „Homestake“ das ‚Gesichtsfeld‘ des APXS-Instruments komplett ausfüllt und damit mineralogisch noch besser unter die Lupe genommen werden kann. Der Homestake-Gips muss – vor Jahrmilliarden – durch flüssiges, nur lauwarmes und damit prinzipiell lebensfreundliches Wasser entstanden sein, das kann man seit heute auch in der Fachliteratur nachlesen. Und auch, dass Opportunity ebenfalls am Endeavour-Rand mit dem Felsen Tisdale auf das Zink-reichste Gestein seiner gesamten Marsreise gestoßen war: Das dürfte, ebenfalls vor sehr langer Zeit, in einem hydrothermalen Umfeld entstanden sein.

Wenn die dicke Gips-‚Vein‘ abgehakt ist, wird sich Opportunity wohl auf die andere Seite von Cape York begeben: Dort hat das CRISM-Instrument auf dem Mars Reconnaissance Orbiter Phyllosilikate erspäht, Tonmineralien, die ebenfalls unter recht lebensfreundlichen Bedingungen entstanden sein dürften. Ihre ungefähre Ortung aus dem Orbit war einst überhaupt die Motivation für die große Fahrt Opportunitys bis zu Endeavour gewesen. Weiter geht’s dann zu ausgedehnten Gips-Feldern zwischen Cape York und Solander Point und weiter zum Cape Tribulation. Wie lange auch immer Opportunity noch durch zu halten gedenkt: Seine für drei Erdmonate geplante Marsrundfahrt dauert jetzt schon genau derer 100, ein für seine Betreuer schier unfassbares Jubiläum … Squyres & al., Science 336 [4.5.2012] 570-6; JPL Release, Planetary Society Story, Ars Technica 3.5., On the Outside, Road to Endeavour 29.4.2012

Jetzt wirklich da: Opportunity am „Spirit Point“!

10. August 2011

Man kann es lange debattieren, wann der Marsrover Opportunity nun genau den Krater Endeavour erreicht hat, aber gestern ist er bis auf den „Spirit Point“ an seinem Rand gerollt, etwas links von dieser Szene vom 6. August, hier in Falschfarben dargestellt, um unterschiedliche Bodentypen hervor zu heben. Endeavour verspricht Einsichten in ältere Schichten als die Rover bisher gesehen haben – und Daten von Orbitern weisen aus Tonmineralien aus wärmeren und feuchteren Zeiten hin. NACHTRAG: ein erster Blick in die Runde vom Spirit Point – und hier wird mit Hochdruck diskutiert, was es zu sehen gibt. NACHTRAG 2: nämlich diese bzw. diese Impressionen!

Opportunity hat den Krater Endeavour erreicht!

7. August 2011

Nicht dass dieser Meilenstein für die (bzw. den verbliebenen) Mars Exploration Rover der NASA bisher eine Pressemitteilung wert gewesen wäre, aber dafür gibt’s ja „Oppy’s“ globale Fanbasis, die z.B. hier, hier oder hier über die erstaunlichen Leistungen des betagten Marsrovers („Die Reise …“) auf dem Laufenden hält, der auch gerade sein viertes Marsjahr begonnen hat. Mit dem Erreichen des Randes des 22-km-Kraters Endeavour fällt der Blick der Roverkameras nun schlagartig in sein weites Inneres [NACHTRAG: noch mehr Impressionen] – Priorität hat aber nun erstmal die Untersuchung von Phyllosilikaten an seinem Rand. [NACHTRAG: Was aber etwas Bergsteigen erfordern dürfte.] Vielleicht fällt dann auch der NASA mal wieder was zum Erzählen ein … NACHTRAG: … die den „Spirit Point“ als Zielmarke definiert hat, und da fehlt noch ein winziges Bisschen.

Zwei – sehr verschiedene – Cassini-Videoclips

3. Juni 2011

aus den Unmengen von Rohbildern der schon fast sieben Jahre im Orbit befindlichen Sonde sind von Fans der Mission produziert worden: Der obere, das gerade einiges Aufsehen erregt, montiert Rohbilder – inklusive aller Artefakte – aneinander, das untere basiert ebenfalls ausschließlich auf Originalbildern der Sonde, die aber mit großem Aufwand bereinigt und in fließende Bewegung versetzt wurden. Hat beides was …

Nachruf auf Spirit – und Opportunity hat 30 km geschafft! Am 8. Juni wird zum allerletzten Mal nach einem Signal des Marsrovers Spirit gelauscht, der schon keine Kommandos mehr erhält – seinem Andenken dient auch obiges JPL-Video. Derweil hat Opportunity am 1. Juni die 30-km-Marke seiner Mars-Rundfahrt passiert, nach 88 Monaten auf dem Planeten: Dabei kam er im Mai auch an einem kleinen, jungen (<100'000 Jahre) 9-m-Krater vorbei (unten) der "Skylab" getauft wurde.

Drei MESSENGER-Bilder aus dem Merkur-Orbit, die schräge Kraterlandschaften, ein Stück Oberfläche in Falschfarben (Bilder mit 1000, 750 und 430 nm wurden RGB zugewiesen) und den 100-km-Krater Atget zeigen.

Wolken-Effekte von zwei Inseln vor Chile auf einem Bild des Aqua-Satelliten – Verwandte der von-Kármán-Wirbel.

Die Sonne im „Golden Tor der Ekliptik zwischen Hy- und Plejaden auf einem SOHO-Bild vom 28. Mai. Jede Menge mehr aktuelle Pretty Pictures aus dem Sonnensystem gibt’s übrigens im Großformat in The Atlantic zu bestaunen.

Saturns großer Sturm, von visuell bis 18 µm IR

19. Mai 2011

Der langlebige Sturm auf dem Saturn im sichtbaren Licht (Amateuraufnahme vom 19. Januar) und im mittleren IR vom VLT gesehen: in der Mitte mit Betonung der Wärmestrahlung aus der Tiefe, rechts von hohen Wolkenschichten. Kombiniert mit Cassini-Daten ergibt sich ein so vollständiges Bild der Vorgänge – die Struktur der gesamten Saturnatmosphäre ist betroffen – wie noch nie.

Ein neuer Saturnsturm ist auch auf der Südhalbhugel aufgetaucht: Weil er sich in höheren Schichten abspielt, ist er auf dieser Methan-lastigen Falschfarbenaufnahme Cassinis (weitere im Stream!) vom 12. Mai besonders auffällig.

Jupiters Wolkenströmungen von 1979 – neu gesehen! Insgesamt 58 Uralt-Bilder (von einer Röhrenkamera aufgenommen) von Anflug von Voyager 1 sind hier neu animiert worden – von einem Fan! Eine Sekunde entspricht 40 Stunden in der Realität.

Kuriose Spuren im Sand hinterlässt der Marsrover Opportunity bei einer speziellen autonomen Fahrweise, die große Strecken im Rückwärtsgang schafft. Allerdings sind dabei die entscheidenden Kameras teilweise blockiert, so dass sich der Rover alle 1.2 Meter um 17.5° drehen muss, um Hindernisse zu erkennen.

Ein aktuelles Bild des Vulkans Vesuv in Italien, letzte Woche aus der ISS gesehen (und hier vom atmosphärischen Blaustich befreit).

Nachrichten aus der Weltraumforschung kompakt

25. Januar 2011

Weltraumobservatorien dominieren das „HRD“ der Sternwarten: In diesem Diagramm von ASTRON-Direktor Mike Garrett (Anklicken -> groß), das dem Hertzsprung-Russell-Diagramm für Sterne nachempfunden ist, ist die Zahl der wissenschaftlichen Publikationen, die eine Sternwarte produziert hat, in der x-Achse und die Zahl ihrer Google-Treffer in der y-Achse aufgetragen (log-log; größer nach links & oben) – sozusagen die „Leuchtkraft“ gegen die wahre „Masse“. Erstaunlicherweise fallen die meisten Einrichtungen auf eine Art „Hauptreihe“, aus der allerdings Hubble (ganz links oben) und das britische Radioobservatorium von Jodrell Bank durch ‚übermäßige‘ Popularität ausbrechen. Obacht: Das Diagramm ist nur bzgl. der Radiosternwarten, für die es ursprünglich gezeichnet wurde, relativ komplett. Inspiriert wurde es übrigens durch ein HRD von Astronomen, das es gar zu einem Konferenz-Poster gebracht hatte und viel diskutiert wird.

Hier rotiert der Marsmond Phobos in einer weichen Animation, die ein Fan aus den Daten der HRSC vom Vorbeiflug am 9. Januar mit Morphing-Software & künstlicher Farbe hergestellt hat; das haben auch andere versucht. Und vom Flyby liegt nun auch ein IR-Spektrum vor.

Die Alpen komplett und wolkenlos bekam der NASA-Satellit Terra am 17. Januar zu sehen: ein Bild seines Moderate Resolution Imaging Spectroradiometers in natürlichen Farben. Dieser Teil der Erdkruste hat eine bewegte Geschichte hinter sich, so ist ein Teil der Alpen in den letzten 350 Millionen Jahren zweimal bis auf Tiefen von über 50 Kilometern in den Erdmantel abgetaucht.

Fotowettbewerb für’s NanoSail D läuft – aber noch keine einzige bestätigte Sichtung des Sonnensegelchens

Wie bereits beim Start angekündigt haben die NASA und Spaceweather.com zu einem Fotowettbewerb aufgerufen: Bis zu 500$ gibt es für überzeugende Bilder des NanoSail D im Orbit, die auf dieser Webseite einzureichen sind. Da dem Satelliten planmäßig der Strom ausgegangen ist („Dem NanoSail …“) ist die optische Beobachtung – neben der Verfolgung durch militärische Radaranlagen – besonders wichtig, um den Zustand des Segels und seine Wechselwirkung mit der Atmosphäre, um die es bei dem Experiment primär geht, zu ergründen. Zwar gibt es bereits Kunde von Fotos aus New Mexico, die eine Strichspur des Sonnenseglers nebst kleinen Flares zeigen könnten, wie auch von einer visuellen Sichtung aus Russland – aber nach wie vor fehlt eine Bestätigung, dass dies wirklich das NanoSail D war. Immerhin sind die Bahnelemente auf dem Dashboard heute aktualisiert worden, so dass die Prognosen von Überflügen z.B. durch CalSky und Heavens Above genauer werden dürften.

Die Meinungen über die zu erwartende Helligkeit reichen derzeit von einem Feldstecherobjekt bis zu „five to 10 times as bright as the planet Venus, especially later in the mission when the sail descends to lower orbits“ … NACHTRAG: Ein visueller Beobachtungsbericht mit 7. Größe und eine weitere Strichspur-Aufnahme mit 2. Größe (des o.g. Russen) stammen nach Analyse des Sat-Beobachtungs-Veteranen mit ziemlicher Sicherheit vom NanoSail D; auch Überlegungen zur räumlichen Lage des Segels. NACHTRAG 2: Der kesse Spruch mit der mehrfachen Venus-Helligkeit war am 26.1. von nanosail.org schon wieder verschwunden, wo es nun heisst, dass das „sail will occasionally be visible to the naked eye when sunlight glints off the spacecraft’s 10 m^2 sail, producing a spectacular flash akin to an Iridium Flare.“ Und es gibt genaue Regeln für den Fotowettbewerb. NACHTRAG 3: Hier und da tauchen Sichtungen mit +6 bis +7 mag. auf (sowie eine Strichspur neben dem Mond) – aber keine Beobachtungen Iridium-artiger Flares.

Heute vor sieben Jahren landete Opportunity auf dem Mars: Kurz nach 6 Uhr MEZ kam die Bestätigung, und vier Stunden später hagelte es faszinierende Bilder aus Meridiani Planum. Derzeit parkt der Marsrover zwar, um die Sonnenkonjunktion auszusitzen, aber dann geht die Reise weiter. Heute ist übrigens noch eine Art Feiertag auf dem Mars: Opportunity und Spirit befinden sich 2490 bzw. 2510 Sols – Marstage – auf der Oberfläche, macht zusammen genau 5000 Sols! Freilich ist der Zustand von Spirit weiter unklar.

Fünf aktuelle planetarische Perspektiven

14. Januar 2011

ESA/NASA bzw. NASA

Aktivitäten des Vulkans Ätna auf Sizilien heute Morgen (MEZ) von der ISS aus nach einem größeren Lava-Ausbruch aufgenommen (oben) bzw. vor drei Tagen (unten) kurz davor, vom MODIS-Instrument auf dem NASA-Satelliten Terra: mehr zu dem etwa zweistündigen Ausbruch in der Nacht 12./13. Januar auch hier, hier und hier und nächtliche Bilder hier!

NASA/JPL-Caltech

Panorama des Mars-Kraters Santa Maria aus Opportunity-Aufnahmen von seinem Westrand vom Sol 2454 (= 19.12.2010), die die NASA jetzt zusammengesticht hat. Das Panorama geht nach rechts noch weiter; es gibt auch eine 3D-Version und einen simulierten Blick von oben in Polar– und Vertikal-Ansicht. NACHTRAG: Ein aktuelleres Panorama aus Amateurhand ist erheblich schöner!

2 x NASA/JPL/Space Science Institute

Krater-Details auf dem Saturnmond Rhea, entstanden vor drei Tagen aus nur 200 km Abstand: Die Teleaufnahme oben macht erst gedreht und zusammen mit dem Kontextbild unten Sinn: Man sieht eine Kraterwand von innen!

Opportunity am Rand von Santa Maria – und der Mars Reconnaissance Orbiter weist den Weg

16. Dezember 2010

mars_stu

Gerade hat der Marsrover Opportunity den Rand des 80 m großen Impaktkraters Santa Maria erreicht (oben) – ein perfektes Timing, war doch heute auf dem alldezemberlichen Fall Meeting der American Geophysical Union eine Pressekonferenz zu genau diesem Thema angesetzt gewesen: Diesmal ist nämlich etwas anders als in den fast sieben Jahren, die das Marsfahrzeug nun schon unterwegs ist. Auf dem Weg zum Riesenkrater Endeavour ist Opportunity nun in eine Zone eingedrungen, wo Marsorbiter auf Tone und Mineralien mit Wassereffekten gestoßen sind – und anhand ihrer mineralogischen Karten (namentlich vom CRISM-Instrument auf dem MRO, das hier durch spezielle Schwenks und Oversampling eine Ortsauflösung von 6 bis 10 Metern pro Pixel erreicht hat), erhält Opportunity präzise Navigationshilfe zu den interessantesten Stellen, die er „taktisch ansteuern“ kann, CRISM-Pixel-genau.

„Noch nie haben wir einen Krater gesehen, der gleichzeitig so frisch und so groß war“ wie Santa Maria (Mitte), hieß es auf der PK: Hier dürfte das Gestein – wie wär’s mit einem Alligator-Schwanz zum Beispiel? 🙂 – noch relativ unverwittert sein, und mit seiner „RAT“-Bürste sollte es Opportunity gelingen, bis zu unverändertem Material vorzudringen. Allerdings stammt es wohl aus einer Zeit, als es mit der frühen feuchten Ära des Mars schon zuende ging: Anders ist das bei dem Gestein, das der gewaltige Endeavour-Impakt freigelegt hat und das aus einer früheren Epoche stammt, dafür aber stärker angegriffen ist. Zunächst wird sich der Rover aber Santa Maria und v.a. dessen Südostrand zuwenden, wo nach den CRISM-Daten monohydriertes Sulfat zu finden sein müsste.

Die kommunikationsgestörte Zeit der kommenden Konjunktion von Mars und Sonne soll Opportunity an einer besonders interessanten Stelle stehend verbringen: Manches ist doch arg gealtert (das IR-Instrument ist schmutzig, die radioaktiven Quellen für Materialanalysen fast ganz zerfallen, ein Gelenk des Instrumentenarms ist kaputt und das RAT ziemlich abgenutzt), aber die Kameras sind noch in Bestform. Und auch der Antrieb läuft noch gut: Opportunity ist „wie ein alter Marathonläufer“, und wird nach der Konjunktionspause richtig Gas geben, um die 6 km bis zum Endeavour-Rand (unten) zu schaffen. Der Sonnenhöchststand Mitte März wird ihm dabei zugute kommen, der übrigens auch für den schlafenden Schwesterrover Spirit gilt: Sollte der sich bis dann nicht gemeldet haben, wird er wohl aufgegeben. So oder so: Für Opportunity „ist noch eine Menge Abenteuer übrig“.

Nachrichten vom Mars kompakt

11. September 2010

Opportunity auf halbem Weg zu Endeavour – und jetzt geht’s schneller voran

Zwei Jahre hat der Mars Exploration Rover Opportunity gebraucht, bis er am 8. September die Hälfte des 19 km langen Weges zwischen dem 800-m-Krater Victoria und dem nächsten Rand des 22-km-Kraters Endeavour zurücklegte: Ein Dünenfeld hatte einen ca. 7 km langen Umweg erzwungen, und Interessantes am Wegesrand für Stopps gesorgt. Aber jetzt scheint der Weg einfacher zu sein, und bis zum nächsten großen Ziel wird es wahrscheinlich nicht noch einmal so lange dauern. Dort warten die ersten Aufschlüsse von Phyllosilikaten, die je in Reichweite eines Marslanders waren: Diese Art Gips entsteht nur unter geradezu lebensfreundlichen Bedingungen und wurde aus dem Orbit auch schon mancherorts aufgespürt. (Planetary Society Tweet 7., NASA Release, Bild, Cosmic Log 8., Road to Endeavour 10.9.2010)

Gebt dem schweigenden Spirit noch etwas Zeit! Eine überraschende – und widersprüchliche – Pressemitteilung des JPL, die fast wie ein Nachruf klang, versetzte die Fans des anderen Marsrovers Ende Juli in helle Aufregung, aber Gemach: Konkret mitgeteilt wurde nur, dass es diesem seit März schlafenden MER („Spirit offenbar …“) nach neuen Rechnungen möglicherweise so kalt geworden ist, dass seine innere Uhr ausfiel. In diesem Fall würde der Rover in einem zufälligen – und z.Z. nur kurzen – Intervall nach Kommandos von der Erde lauschen, die er sofort quittieren würde. Also wird Spirit seit dem 26. Juli systematisch angefunkt; realistisch mit einer Antwort rechnen kann man aber wohl nicht vor November, aber es kann auch bis April 2011 dauern. Erst wenn dann immer noch nichts vom Mars zurück kommt, darf man Spirit abschreiben. (Planetary Society 31., San Francisco Chronicle 1.8., Planetary Society, Space Today 31., JPL Release, Science@NASA, Spaceflight Now, Planetary Society Blog 30.7.2010)

Experimente für den 2016-er Marsorbiter von NASA und ESA ausgewählt

Unter 19 Kandidaten sind nun fünf Instrumente für den ersten Marsorbiter („Grünes Licht …“) des gemeinsamen Marsprogramms von NASA und ESA ausgewählt worden: Vier haben einen amerikanischen, eines einen belgischen Principal Investigator, aber in der Regel sind bei jedem Instrument Wissenschaftler beiderseits des Atlantiks beteiligt, allerdings nur bei einem – der Marskamera HiSCI aus Arizona – auch deutsche. Der ExoMars Trace Gas Orbiter startet auf einer US-Rakete und setzt nebenher auch einen Landedemonstrator der ESA ab, ferner dient er später als Funkrelais für die aufwändigere Mission von 2018.

Das Hauptinteresse gilt zwar der chemischen Erforschung der Marsatmosphäre mit ihren Spurengasen, die – v.a. das Methan – erhebliche Rätsel aufgeben: Sie werden mit verschiedenen Techniken mit enormer Empfindlichkeit gemessen; MATMOS z.B. könnte bereits drei irdische Kühe (aufgrund ihrer Methan-produzierenden Bakterien) auf dem Mars nachweisen. Aber es sind auch wieder zwei neue Kameras dabei. Die HiSCI ist dabei eine Variante von HiRISE auf dem MRO: Diesmal ist die Auflösung mit 2 m/Pixel geringer, dafür aber das Bildfeld so viel größer, dass der komplette Planet erfasst werden kann. Und zwar sofort in 3D, ähnlich wie mit der HRSC des Mars Express. (JPL, ESA, UA, Caltech Releases 2., Uni Bern PM 3., JPL Release 26.8.2010)

Der nächste Marslander Curiosity ist zum ersten Mal gefahren

Allerding nur einen Meter vor und zurück, nachdem das Mars Science Laboratory im Juli seine 6 Räder nebst Aufhängung und Motoren bekommen hat.Und auch der Robotarm hat sich erstmals bewegt: Das Vehikel ist nun zu 80-90% fertig, und alle wesentlichen Hürden scheinen genommen, so dass es mit dem Start im Fenster Ende 2011 klappen dürfte. Auch der Ärger mit dem Titan-Betrug liegt weitgehend hinter dem gebeutelten Projekt und gilt gleichfalls als zu 80-90% erledigt. (JPL Releases 1., 13., 23.7., 3.9.2010; Spaceflight Now 23., Space Today 24.7.2010. Auch ein JPL Release zur Abstiegs-Filmkamera MARDI und das Planetary Society Blog zum ebenfalls 2011 – als Mitpassagier auf Russlands Fobos-Grunt – startenden ersten chinesischen Marsorbiter Yinghuo-1)

Mars-Scout-Programm beendet – aber Billig-Mars-Missionen dürfen bei „Discovery“ eingereicht werden: Weil sich die NASA in Zukunft auf teure Landeoperationen (inklusive irgendwann einer Sample Return Mission) konzentrieren will, wird die Scout-Reihe für Marsmissionen bis 485 Mio.$ nach nur zwei Missionen, Phoenix (s.u.) und MAVEN (Start 2013) schon wieder eingestellt. Sollte aber doch noch jemand eine vielversprechende „preiswerte“ Marssonde einfallen, dann darf diese künftig im Rahmen der Discovery-Serie von Billigplanetensonden – bis 425 Mio.$ – eingereicht werden, wo der Mars bisher keinen Platz hatte. Die Konkurrenz von anderen spannenden Zielen im Sonnensystem ist dann natürlich gewaltig. (Spaceflight Now 29.7.2010)

CO2-Isotopen-Messungen von Phoenix sprechen für durchgehenden Vulkanismus auf dem Mars

und möglicherweise auch Kontakt der Atmosphäre des Planeten mit flüssigem Wasser bis in die Gegenwart: Das EGA-Spektrometer des TEGA-Instruments auf dem 2008-er Marslander Phoenix hat die Isotopenverhältnisse des CO2 in der Marsatmosphäre genauer als je zuvor bestimmen könnnen – und sie sind nicht so, wie man sie bei einem ‚toten‘ Planeten erwarten würde. Diverse geochemische Prozesse wirken auf dieses Verhältnis ein, und ziemlich klar ist wohl, dass Vulkane beständig CO2 mit leichtem C-12 nachliefern: Ansonsten hätte sich das schwerere Isotop C-13, das leichter in den Weltraum entweicht, längst anreichern müssen, was aber laut den EGA-Daten nicht der Fall ist. Strittiger ist da die andere Schlussfolgerung, dass das CO2 bis in die Gegenwart mit flüssigem Wasser in Kontakt gewesen sein müsse, doch für die beobachtete Anreicherung von O-18 kommen auch andere Prozesse in Betracht. (Niles & al., Science 329 [10.9.2010] 1334-7, auch 1267-8; JPL Release, UA News 9., CSM 10.9.2010)

Erzwingen Phoenix-Erkenntnisse die Neubewertung von Viking-Messungen? Das Fehlen von organischen Substanzen auf der Marsoberfläche, dass die NASA-Lander 1976 gemeldet hatten und das angesichts eines Regens derartiger Verbindungen (die mit Leben erst einmal gar nichts zu tun haben) aus dem Weltraum auf die Oberfläche Verblüffung ausgelöst hatte, ist vielleicht ein Artefakt des Messprozesses. Der 2008-er Lander Phoenix hatte auf der Marsoberfläche Perchlorat nachgewiesen, das mit organischen Verbindungen koexistieren kann – doch wenn man das Gemisch so erhitzt, wie in den Viking-„Labors“ geschehen, wird alle Organik zerstört, weil Perchlorat dann zu einem starken Oxidator wird. Wobei allerdings zwei Chlor-Methan-Verbindungen frei werden – und genau diese hatte Viking damals gemessen, aber sie waren für Rückstände eines Reinigungsmittels gehalten worden.

Ob die neuen Erkenntnisse im Umkehrschluss die Existenz organischer Substanz – welcher Quelle auch immer – auf der Marsoberfläche beweisen, ist allerdings nicht klar: Sie basieren nämlich auf Laborversuchen mit Erdreich aus der Atacama-Wüste als Analog des Marsbodens. (JPL Release 3., Washington Post 4., BBC 6., Science Insider 7., Science Journalism Tracker 8.9.2010) HISTORISCHE ANMERKUNG: Genau dieselbe Erklärung (minus das Atacama-Experiment) sorgte bereits im Frühjahr 2009 für Aufsehen; ein längerer Artikel wurde seither hinter einer Paywall versteckt, aber es gibt Zusammenfassungen bei Softpedia und auf SF- und Verschwörungs-Webseiten (s.a. diese Diskussion) …

Nachrichten aus der Weltraumforschung kompakt

1. Juli 2010

Der Marsrover Opportunity sieht den Rand des Kraters Endeavour immer deutlicher, und man hat bereits mit der Taufe einzelner Features am Kraterrand begonnen, nachdem ein Superresolution-Bild neue Details des 13 km entfernten Randes enthüllt hat.

Eins von vier Reaktionsrädern auf Dawn macht Ärger

und wurde am 17. Juni automatisch abgeschaltet, nachdem die Reibung zu stark geworden war. Die anderen drei arbeiten einwandfrei, und den Besuchen von Vesta und Ceres soll nichts im Wege stehen – schließlich werden nur 3 benötigt. Die Reaktionsräder, die zur räumlichen Ausrichtung der Sonde dienen, waren am 15. Juni nach dem Upload neuer Software hochgefahren worden. (Dawn Journal 27., Mission Status Update 29., AW&ST Blog 30.6.2010. Auch Novosti zu internationalen Gesprächen über Asteroidenabwehr und frühere – bizarre/fehlerreiche – Artikel von Evangelisch, Neues Deutschland, Allgemeine Zeitung (Windhoek) und Bayr. Rundfunk zu Asteroiden-Ängsten sowie der Spiegel zum Projekt Asteroid Finder)

Voyager 2 ist jetzt 12’000 Tage unterwegs, fast 33 Jahre, hat über 21 Mrd. km im Sonnensystem zurückgelegt und ist 14 Mrd. km von der Sonne entfernt – nur Voyager 1 ist noch weiter, da diese Sonde (die kurz nach Voyager 2 startete) keinen Umweg über den Saturn machte. (JPL Release 28.6., New Scientist Gallery 1.7.2010. Auch BBC zur geplanten Jupiter/Europa-Mission)

Astrometrie-Satellit Gaia in ernsten Schwierigkeiten

Die Positionen, Parallaxen und Eigenbewegungen von einer Milliarden Sternen in der Milchstraße soll der ESA-Satellit messen, dessen Start für 2012 vorgesehen ist – aber die Ingenieure mühen sich noch immer, ein fundamentales Problem mit den CCDs seiner Kameras anzugehen: Einschläge energiereicher Protonen von der Sonne, die solche Detektoren normalerweise abkönnen, können den Ausleseprozess der Sternbilder in einer Weise sabotieren, dass es nichts mit der angestrebten Positionsgenauigkeit weit jenseits von Hipparcos wird. Das Problem (das ein aktueller ESA Press Release nur beiläufig streift) ist schon seit einem Jahrzehnt bekannt und hat im Projekt schon zu erheblichem Ärger geführt – prinzipielle Gegenmaßnahmen scheinen unmöglich, und ob man des Problems durch Kalibrationsmaßnahmen Herr werden kann, zeigt sich vielleicht erst nach dem Start. (ESA Release 29., Physics World 30.6., Nature Blog 1.7.2010) NACHTRAG: Die UKSA sagt nix.

Eine neuerliche Startverschiebung des James Webb Space Telescope auf Oktober 2014 dürften weitere Tests verursachen, die das JWST Standing Review Board im April empfohlen hat – und es könnte sich sogar noch länger hin ziehen, wenn die NASA nicht mehr als die z.Z. für 2011 vorgesehen 445 Mio.$ für das 5-Mrd.$-Weltraumteleskop freigibt … (Space News 14.5.2010. Auch ein großer AW&ST-Artikel, Bilder von ISIM-Tests und NIRSpec – und ein Zeitrafferfilm vom Aufbau eines JWST-Modells im Central Park in New York) NACHTRAG: Und das JWST wird wohl schon wieder teurer – bloß um wieviel?