Schlammschlacht um die letzten Space Shuttles …
Das musste ja so kommen, wenn sich zuletzt 21 Museen um genau vier Space-Shuttle-Orbiter – die drei noch existierenden geflogenen sowie den Lande-Tester Enterprise – bewerben: 17 gehen zwangsläufig leer aus. Die exakten Kriterien, nach denen NASA-Chef Charlie Bolden (oben bei der Bekanntgabe bei einem Festakt am KSC zum 30. Jahrestag von STS-1; hinter ihm die Atlantis) mehr oder weniger allein die vier Gewinner ausgesucht hatte, sind nicht bekannt, aber es ging ihm erklärtermaßen weniger darum, die entscheidenden Schauplätze des Shuttle-Programms zu ehren, als dafür zu sorgen, dass möglichst viele Menschen der Orbiter ansichtig werden. Deswegen wird die derzeit im James S. McDonnell Space Hangar des Steven F. Udvar-Hazy Center des National Air & Space Museums in der Nähe des Washington Dulles International Airport ausgestellte Enterprise ins Intrepid Museum in New York City geschafft (wobei auf dem Flugzeugträger selbst kein Platz mehr ist, so dass an Land eine Extrahalle entsteht). Das NASM erhält dafür – wie schon lange angedeutet – die Discovery und muss nicht einmal für den Transport zahlen. Dito das Kennedy Space Center in Florida, wo die Atlantis nach ihrer letzten Mission ins Visitor Center gerollt werden wird, das den Orbiter als einziges der Museen in der üblichen Lage auf dem Rücken zeigen wird.
Die Endeavour schließlich kommt ins California Science Center in Los Angeles (das offenbar so überrascht war, dass es als einziger Gewinner keine Webseite vorbereitet hatte): Hier fallen die vollständigen 28.8 Mio.$ Gebühr für die Aufbereitung des Orbiters und den Lufttransport quer über den Kontinent an. Unter den Verlieren fällt besonders Houston auf, wo das Entsetzen groß ist und man sich in jeder Beziehung für besser als New York hält (das selbst wiederum lieber einen ‚echten‘ Orbiter bekommen hätte). Schon gibt es Versuche aus republikanischer Ecke, die Entscheidung zu revidieren, aber sowohl ein ehemaliger Shuttle-Chef wie auch besonnenere Kommentatoren weisen politische Verschwörungstheorien zurück und erinnern eher an die schlechteren Voraussetzungen in Houston. Die Orbiter dürften im kommenden Jahr ihre Reisen zu den Museen antreten: Dabei wird erwogen, die Discovery und v.a. Endeavour bei Zwischenlandungen ihres Transport-Jumbos jeweils groß zu feiern. Zahlreiche kleinere Artefakte des STS-Programms werden derweil über Museen im ganzen Land verteilt. (CollectSpace, New York, Los Angeles Times, Washington Post, Universe Today, BBC, Parabolic Arc, Nature Blog, Space Policy Online 12., Space.com, Space Today, Alles was fliegt 13., Space News 14., Space Politics, NY Daily News 15.4.2011. Und Space.com zum Fehlen eines Nachfolgers, möglichen künftigen Raumfähren und der Dragon als Hoffnungsträger)
Endgültiger NASA-Etat für 2011 bleibt noch hinter 2010 zurück
Vergangene Nacht haben beide Häuser des US-Kongresses doch tatsächlich einen US-Haushalt bis zum Ende des laufenden Finanzjahres verabschiedet, den Obama rasch unterzeichnen dürfte: das Ergebnis eines Kompromisses, der 80 Minuten vor dem Auslaufen der letzten Continuing Resolution und eines Shutdowns der Regierung erreicht worden war. Für die NASA sieht er 18.485 Mrd.$ für das FY 2011 vor, das sind 241 Mio.$ weniger als es im FY 2010 gab (auf diesem Level wurde auch seit vergangenem Oktober weiter gearbeitet) – und 515 Mio.$ weniger als in Obamas Plan für das FY 2011 gestanden hatte und auch einst Kongress-seitig „authorisiert“ war. Space Operations (das sind im Wesentlichen der ISS- und Shuttlebetrieb) wird am stärksten beschnitten, aber auch das Wissenschaftsprogramm, während 1.8 Mrd.$ in eine Schwerlastrakete und 1.2 Mrd.$ in eine Kapsel auf Basis der Orion gesteckt werden – aber das alte Constellation-Programm (und damit v.a. die Ares I, an der sinnloserweise immer weiter gearbeitet werden musste) ist nun formell beendet. (Space News, Space Politics, Orlando Sentines Blog, Space Today 12., Space Policy Online 13.4.2011) NACHTRAG: Yup, Obama hat unterschrieben!
Amateurastronomen finden geheimnisvollen NRO-Satelliten wieder: Der am 12. März gestartete NROL-27 ist auf einer geosynchronen Bahn aufgespürt worden und damit tatsächlich ein Datenrelaissatellit der SDS-Serie für Aufklärungsdaten tiefer fliegender Satelliten. (Spaceflight Now 11.4.2011. Und Space Today, Spaceflight Now, Eureka und Palomar Skies zu schon wieder einem NRO-Satellitenstart letzte Nacht)
Meteosat 6 ist Geschichte
Nach 17 Jahren Betrieb ist der europäische Wettersatellit – der zuletzt über dem Indischen Ozean stand – außer Betrieb genommen worden: Er wanderte aus dem geostationären Orbit in eine 380 km höhere Bahn und ließ allen Resttreibstoff ab, so daß er im Falle einer Kollision nicht explodieren und eine gefährliche Trümmerwolke produzieren kann. Die letzte Aufgabe des Satelliten – Datenrelais für Tsunami-Warnbojen – übernimmt nun Meteosat 7. (Space News 15.4.2011)
Ein verwegenes Konzept zur „Reinigung“ des Erdorbits durch das gezielte Aussetzen von 20 Tonnen mikroskopischer Wolframteilchen in 1100 km Höhe, die langsam durch die Atmosphäre sinken und dabei Raumschrott zermahlen (aber gesunden Satelliten angeblich nicht schaden), sorgt für Aufsehen wie Bedenken. So könnten Solarzellen großen Schaden nehmen, und die Wolframwolke würde womöglich auch die Astronomie behindern. (ArXiv Blog 12., Welt der Physik, Spiegel 14.4.2011)
Startverbot für zwei kleine Satelliten: Minotaur nicht sicher?
In der Folge des Fehlstarts von Glory im März sind die Starts der beiden kleinen US-Militärssatelliten TacSat 4 und ORS 1 auf einer Minotaur 4 und einer Minotaur 1 bis auf weiteres verschoben worden: Der Mechanismus zum Abwurf der Nutzlastverkleidung dieser Rakete ist schließlich das Vorbild desjenigen gewesen, der bei der Taurus XL versagte. Man will erst das Ergebnis der Taurus-Untersuchung abwarten, über deren Verlauf noch nichts verlautet ist. (Spaceflight Now 15.4.2011)
Ariane-Startabbruch offenbar aufgeklärt: Am 30. März hinderte etwas die Düse des Triebwerks an der freien Bewegung, was die Abbruchsequenz einleitete („Ungewöhnlicher Startabbruch …“). Die Komponenten wurden ersetzt und getestet und der nächste Startversuch für den 22. April angesetzt. (Space News 15.4.2011) NACHTRAG: noch’n Artikel.