Posts Tagged ‘Mimas’

Nachrichten vom Saturn-System kompakt

2. Dezember 2010

Noch mehr Enceladus-Bilder vom 30. November im Zusammenhang mit dem engen Vorbeiflug, mit ungewöhnlicher Beleuchtung. Die Hinweise auf flüssiges Wasser im Inneren des kleinen Saturnmonds untermauern übrigens weitere Modellrechnungen – und wieder andere Rechnungen erklären seine Wärmequelle mit Gezeiten plus leichter Libration.

Rhea ohne Ring – aber mit Sauerstoff/CO2-Atmosphäre

Während neue tiefe Aufnahmen der Cassini-Kamera die These von einem kleinen Ringsystem um diesen Saturnmond inzwischen arg in Frage stellen (womit die gemessenenTeilcheneffekte um so mysteriöser erscheinen; auch sie waren nicht reproduzierbar), wartet Rhea nun mit einer extrem dünnen Atmosphäre – besser wohl: Exosphäre – aus Sauerstoff und Kohlendioxid auf. Während der Sauerstoff leicht durch aus der Oberfläche aus Wassereis herausgeschlagene Moleküle erklärt werden kann, müssen für das C02 komplexere chemische Prozesse angenommen werden. Und die Vielfalt der Saturnmonde ist wieder reicher geworden – zumal es eine Sauerstoff-reiche Atmosphäre im Sonnensystem sonst nur bei der Erde gibt. (JPL Release 29., New Scientist Blog, BdW 26.11.2010 zur Atmosphäre, Planetary Society Blog 12.10.2010 zum Ringproblem)

Die Saturnmonde beeinflussen gegenseitig ihre Oberflächen durch Austausch von Material untereinander sowie mit bestimmten Ringen, wobei das Saturnmagnetfeld auch noch eine gewichtige Rolle spielt: Nach Jahren unzähliger Cassini-Beobachtungen formt sich allmählich ein schlüssiges Bild, das so manchen rätselhaften Aspekt der einzelnen Körper verstehen hilft. So könnte das kuriose Temperaturmuster auf Mimas auf eine ungleichmäßige „Bestrahlung“ der Oberfläche durch energiereiche Elektronen zurück gehen. Und ein äquatoriales Fleckenmuster auf Rhea würde zumindest zu einem ehemaligen Ring o.ä. passen, der vor nicht allzulanger Zeit auf die Oberfläche gestürzt ist. (Cassini Release 7.10.2010)

Massenweise Produktion komplexer organischer Chemie in der oberen Atmosphäre des Titan

ist zu erwarten, dank freien Zugangs für UV-Photonen und energiereiche Teilchen von der Sonne: Das legen Laborversuche in Frankreich nahe, bei denen unter halbwegs realistischen Bedingungen Aerosole wachsen durften, die dann spektroskopiert wurden. Mehrere tausend verschiedene komplexe organische Verbindungen waren da zu finden, darunter alle 5 Nukleotidbasen von DNS und RNS und die zwei einfachsten Aminosäuren. Damit dürfte die Titanatmosphäre ein wahres Reservoir an präbiotischer Chemie sein (was direkt nachzumessen Cassini leider die Instrumente fehlen) – und auch auf der Erde könnte man sich vorstellen, dass wichtige Vorstufen des Lebens hoch in der Atmosphäre entstanden und dann auf den Boden regneten. (Univ. of Arizona News 7.10.2010. Auch ein EPSC Release zu Wolken-Trends auf Titan, Cassini League-Artikel zu Chemie im Saturn selbst, die durch Gewitter angetrieben wird, und ein JPL-Release zu merkwürdigen Trends bei der Wärmeabstrahlung Saturns)

Dynamik der Saturnringe auch ein Modell für andere Astronomie wie die Physik protoplanetarer Scheiben oder die Spiralbildung in Galaxien: Der Titan z.B. verursacht durch seine leicht geneigte Bahn umlaufende dreidimensionale Wellen (was bei entstehenden Planetensystemen Parallelen haben dürfte), während komplizierte Muster auch ganz von sich aus durch die Schwerkraftwirkung der Ringteilchen untereinander entstehen können, so am Rande des B-Rings. Und das hat gewisse Parallelen zu den Dichtewellen, die Spiralgalaxien ihre Arme geben. (Wired 4.10.2010 zu den Titan-Effekten, Cassini Release 1.11.2010 zu den ‚galaktischen‘ Effekten. Und allgemeine Gedanken zu den Erkenntnissen über die Ringe und den Fortgang der Cassini-Mission von der Kamera-Frau)

Drei ganz verschiedene Bilder aus unserem Sonnensystem (veröffentlicht am 8. November)

9. November 2010

Eine der ersten Mondaufnahmen von Chang’e-2, dem neuen chinesischen Orbiter („Wieder …“), die aus dem neuen tiefen Orbit („Chang’e …“) in nur 19 km Höhe entstand: Am 8. November wurde das Bild feierlich enthüllt (weitere Berichte hier, hier und – wie üblich mit den meisten Bildern – hier). NACHTRAG: was diese Bilder zeigen.

Nordlichter aus dem Orbit „hinter“ Europa; gesehen von der ISS am 7. November um 20:58 MEZ, wie dieser besser dokumentierten Version zu entnehmen ist. Auch dies wieder ein Bild aus der Cupola, wo sich die Astronauten gerne mit ihren vielen Kameras tummeln.

Der Saturnmond Mimas aus 103’000 km Entfernung von Cassini am 16. Oktober mit schrägem Lichteinfall erwischt, der die Dominanz des 130-km-Kraters Herschel auf dem 396-km-Mond noch stärker hervorhebt. Ein etwas größerer Impakt, und Mimas hätte es zerrissen.

Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt

7. April 2010

Bizarres Temperaturmuster auf Saturnmond Mimas

Der Cassini-Vorbeiflug an Mimas im Februar hat nicht nur interessante Bilder im sichtbaren Licht geliefert, sondern auch eine bemerkenswerte Temperaturkarte des CIRS-Instruments, die rechts dem visuellen Bild überlagert wurde. Die Oberfläche ist ausrechnet am Morgen (linker Rand) mit 92 Kelvin am ‚wärmsten‘, und die Grenze zwischen der warmen Zone – von der man leider nicht weiß, wie weit sie sich auf die Rückseite fortsetzt – und dem mit 77 K deutlich kühleren Rest verläuft ausgesprochen scharf und mit einem Knick. „Eigentlich“ hätte es in der Mitte des Mimas-Scheibchens am wärmsten sein sollen, aber hier fällt nur der große Krater Herschel als moderater ‚Hotspot‘ mit 84 K auf. Das absonderliche Temperaturmuster muss etwas mit der thermischen Trägheit des Bodens zu tun haben, aber eine offensichtliche Erklärung erschließt sich nicht: Schon werden weitere Cassini-Beobachtungen dieses überraschend interessanten Saturnmonds vorbereitet und sogar spezielle Messungen von der Erde aus. (JPL Release, Planetary Society Blog 29., Space Today 30.3.2010)

Der Bau der Raumsonde Juno zum Jupiter hat begonnen, bei LockMart in Denver: Gestartet werden soll im August 2011, mit der Ankunft 2016. Neun Instrumente – die in den nächsten Monaten integriert werden – soll sich um Innenleben, Atmosphäre und Polarlichter des Riesenplaneten kümmern. (JPL Release 5.4.2010)

Spirit offenbar in erwarteten Winterschlaf gefallen

Am 30. März hat sich der Marsrover bei Kontakten im Wochenrhythmus nicht beim Orbiter Odyssey gemeldet, wie zuletzt am 22.3.: Damit dürfte Spirit nunmehr in einem Low-Power-Modus angekommen sein, der eigentlich zu überleben sein müsste. Zumindest hat die Bordelektronik fabrikneuer MER die tiefsten Temperaturen, die nun vor Spirit liegen, überstanden, doch nach über 2200 Marstagen mit ihren harschen Temperaturzyklen sieht es vielleicht anders aus. Noch ist man am JPL jedoch voller Optimismus, dass sich Spirit in einigen Monaten wieder melden wird. Und dann darf auch wieder versucht werden, den Rover ganz aus seiner Sandfalle zu befreien und ein wenig herum zu fahren, um neue Bereiche des interessanten Bodens zu erreichen: So lange die relativen Positionsveränderungen auf 1 cm genau bekannt sind (was kein Problem darstellt), wird dadurch die geplante Analyse des Rotationsverhaltens des Mars durch präzise Radiovermessung von Spirits Position auch nicht gefährdet. (Details zum Low Power Mode, JPL Release, Plan. Soc. 31.3., Space Today 1.4., Universe Today 28.3., 2.4.2010) NACHTRAG: Da sitzt Spirit!

Doch 3D-Zoom-Kameras für das Mars Science Laboratory? Aus Kostengründen war die Hauptkamera des nächsten Marsrovers „Curiosity“ 2007 vereinfacht worden, doch inzwischen hat sich die NASA – nicht zuletzt durch den Einfluss des Star-Regisseurs James Cameron, der an der Kameraentwicklung beteiligt ist – eines Besseren besonnen und läßt für 5 Mio.$ doch die alte Version mit 3D-Zoom-Optik und echtem HD-Video mit 10 Bildern/Sekunde bauen: Wenn sie bis Dezember fertig wird, darf sie statt der einfacheren Kamera an Bord. Die meisten technischen Probleme des MSL – Start weiter für Oktober 2011 geplant – scheinen inzwischen gelöst, auch wenn die Leistung der Radioisotopenbatterie etwas zu wünschen übrig lässt. Und auch die Auswahl des Landeplatzes macht Fortschritte; womöglich kommt aber noch ein 5. Kandidat dazu. (MSSS Release 6.4., Air & Space Blog 23., Planetary Soc. Blog 26., Space.com 31.3.2010. Und aktuelle Bilder des MSL in einer Reportage von This Week in Space vom 26.3.2010) NACHTRAG: Nach einem Monat wachen auch andere auf …

Israelisches Astro-Teleskop von indischer Rakete geflogen

Die Anschuldigungen fliegen hin und her: Warum verweigert die indische Weltraumbehörde ISRO plötzlich dem israelischen Weltraumteleskop TAUVEX („Im Januar …“) den Mitflug auf dem Geosynchronous Satellite Launch Vehicle (GSLV), wenn es am 15. April mit einer selbstentwickelten kryogenen Oberstufe den Nachrichtensatelliten GSAT-4 startet. Offiziell heißt es, man habe plötzlich erkannt, dass das Instrument mit seinen 3 UV-Teleskopen aus der geostationären Bahn schlechtere Daten als aus einer niedrigeren liefern werde, weshalb man es auf eine andere Rakete geschoben habe. In Israel mutmaßt man jedoch, dass das GSLV-D3 als zu schwach erkannt worden sei, um die zusätzlichen 80 kg von TAUVEX zu tragen. (Brahmand, Deccan Herald 6., Parabolic Arc 7.4.2010) NACHTRAG: BBC zur Oberstufe. NACHTRAG 2: Parallel Spirals zum Flug.

Nachrichten aus der Planetenforschung kompakt

15. Februar 2010

So sah Cassini den Saturnmond Mimas am Wochenende: Vom seltenen Flyby („Der erste …) sind vor einigen Stunden sowohl Nahaufnahmen des markanten Riesenkraters als auch Gesamtansichten auf der Erde eingetroffen; Anklicken liefert jeweils die Originalbilder. Davor hatte es auch die kleine Calypso aus der Nähe gegeben, geeignet für Farbbilder zum Selbermachen (die aber keine Farbe zeigen). NACHTRAG: Was man aus den Mimas-Rohbildern so alles machen kann. Und ein JPL Press Release wurde auch noch nachgereicht.

Schon wieder ein ’neuer‘ Ring des Jupiter entdeckt?

Als die Raumsonde New Horizons auf ihrem Weg zum Kuipergürtel am Jupiter vorbei kam, war auf Bildern der Telekamera LORRI des Jupitermonds Himalia diffuses Licht zu erkennen: Damals hielt man das für Streulicht in der Optik, doch inzwischen neigen die Auswerter zu der Interpretation, dass sich da ein weiterer, unbekannter Jupiterring bemerkbar gemacht hat – dessen Quelle Himalia selbst ist. Denn egal wie der Blickwinkel war, immer passte dieser „Lichtstrahl“ zur Orientierung der Bahnebene Himalias. Leider gibt es keine Aufnahmen vom Cassini-Vorbeiflug vor 10 Jahren unter passenden Lichtverhältnissen, aber LORRI wird diesen Sommer noch einmal das Jupiter-System aus der Ferne aufnehmen und dabei auch nach dem möglichen Ring schauen. (Stryk, Planetary Society Blog 19.1.2010) NACHTRAG: das LORRI-Foto des Lichtstreifens – und bereits in Nature vom 22.10.2009 S. 1065 wurde auf einen möglichen Himalia-Ring und Parallelen mit dem Phoebe-produzierten Saturnring hingewiesen.

Warum Ganymed stärker als Callisto entwickelt ist, könnte ein neues Modell erklären: Während des Late Heavy Bombardement in der Frühzeit des Sonnensystems wurden die anfliegenden Kometen vom Schwerefeld Jupiters in dessen Nähe fokussiert und stärker beschleunigt – der weiter innen umlaufende Mond wurde stärker „verprügelt“ und konnte aufschmelzen. (SwRI Release 24., Space Today 26., Science 29.1.2010 S. 515) NACHTRAG: ein Bericht dazu von der LPSC.

Manche Mars-„Gullies“ auch durch fließendes CO2 zu erklären

Das berühmte Mars-Phänomen („Mars-Gullies …“) ist enorm verbreitet, und auf Aufnahmen der Mars-Orbiter werden ständige neue Rinnen entdeckt, die auf früheren Bilder fehlten. Doch dass dahinter zeitweise flüssiges Wasser steckt, ist nach wie vor unbewiesen – im Gegenteil: Zeit (mitten im Winter!) und Ort vieler der neu entdeckten Gullies scheinen eher zu Hangrutschungen zu passen, bei denen CO2 als Schmiermittel wirkte; teilweise wurden ganze Felsen mitgerissen. Ein schlüssiges Gesamtbild des Gully-Wesens zeichnet sich aber nicht ab. (Science 22.1.2010 S. 408. Dazu: Harrison, Planetary Society Blog 25.1.2010 zu Gully-Beobachtungen mit den MRO-Kameras CTX & MARCI)

Ein neuer „Atlas“ des Planeten Merkur ist aus den Aufnahmen der drei MESSENGER-Flybys erstellt worden, schöner anzuschauen als die erste Gesamtkarte daraus. Noch sind manche Längenzonen nur in schrägem Licht bekannt – am Ende der Orbitalmission wird das Bild dann völlig gleichmäßig sein. (Planetary Society Blog 6.1.2010)

Neue Erkenntnisse über die Asteroiden Pallas und Vesta

haben das Very Large Telescope und Keck II geliefert: Demnach hat Pallas eine Dichte von 3.4±0.9 g/cm³, signifikant höher als die 2.2±0.1 g/cm³ von Ceres, während sich die Oberflächen der beiden nur wenig unterscheiden (vgl. ISAN 96-7) – ihre innere Struktur und/oder Beschaffenheit müssen ganz verschieden sein. Und Vestas Oberfläche ähnelt ihrem Spektrum nach insgesamt Meteoriten des Howardit-Typs, wobei aber ein kleiner Fleck eher zu einem Diogeniten passt. (Carry & al., Preprints zu Pallas und Vesta 18.12.2009)

Schwankungen der Sonnenleuchtkraft sind irrelevant für das Erdklima und seine – anhaltende – Erwärmung in den vergangenen Jahrzehnten gewesen: Das kommt auch bei der jüngsten Analyse weltweiter Daten wieder heraus (vgl. ISAN 25-5 und 43-5). Um höchstens 0.1°C geht es im Rhythmus der Sonnenaktivität auf und ab (vgl. ISAN 45-4), was gegen den anthropogenen Effekt wie auch irdische Faktoren, etwa Vulkanismus, völlig verblasst. (NASA Feature 21.1.2010. Auch: Independent 14.12.2009, Scientific American 9.2.2010 über die Nicht-Rolle – sonnenmodulierter – Kosmischer Strahlung und RealClimate 14., Deltoid 15.2.2010 zur ungebrochenen Glaubwürdigkeit des IPCC AR4 in Klimafragen. Und bei der NOAA kann man alle relevanten Daten gleich per Schieberegler abrufen) NACHTRAG: Wegen der geringen Klimawirkung des Sonnenzyklus hätte selbst ein neues Maunder-mäßiges Minimum für die Erdtemperatur nur minimale Auswirkungen.