Am 24. Februar 1616 begann eine lange Talfahrt des gerade aufkommenden heliozentrischen Weltbildes in Europa: Eine von der Inquisition eingesetzte Theologen-Komission lieferte eine Beurteilung der kopernikanischen Weltsicht ab, die keine Fragen offen ließ. „Omnes dixerunt dictam propositionem esse stultam et absurdam in Philosophia; et formaliter haereticam, quatenus contradicit expresse sententiis sacrae scripturae in multis locis,“ steht auf dem unscheinbaren Zettel (im vatikanischen Geheim-Archiv und oben) über die Sonne als ruhendes Zentrum des Kosmos zu lesen, also „alle sagen, dass diese Behauptung wissenschaftlich töricht und absurd ist, und formell ketzerisch, da sie den Worten der heiligen Schrift an vielen Stellen eindeutig widerspricht“, und das gleiche gelte für die sich bewegende und drehende Erde. Kurioserweise ist dieser Schlüsselsatz aber in den vergangenen vier Jahrhunderten häufig mit falscher Interpunktion wiedergegeben worden – die die Begründung der angeblichen Dummheit des Heliozentrismus auf bedeutsame Weise verzerrt.
Zwar waren die Regeln für die Zeichensetzung damals nicht wirklich festgeschrieben, aber ein Semikolon zwischen zwei Satzteilen meinte unzweifelhaft eine klare logische Trennung. Und just das im Original klar erkennbare Semikolon nach ‚Philosophia‘ – was damals für die weltliche Wissenschaft generell stand – ist erstaunlich oft „vergessen“ worden. Dann liest sich der Satz aber so, als beginne die Begründung für die Verdammung des kopernikanischen Weltbildes (die am 5. März prompt dazu führte, dass De Revolutionibus in der originalen Fassung, 73 Jahre lang unbehelligt, auf dem Index landete, und schließlich in den Galilei-Prozess von 1633 mündete) erst mit ‚quatenus‘ und sei mithin allein im Widerspruch zu Sätzen in der Bibel zu verorten. Doch in der korrekten Version wird klar, dass es primär wissenschaftliche Probleme waren, die zu der Ablehnung führten, und zusätzlich noch theologische. Und genau jene damals weithin gesehenen wissenschaftlichen Probleme hatte dem Heliozentrismus ausgerechnet die Einführung des Fernrohres in die Astronomie beschert! Dieses hatte zwar mit dem Nachweis der Venus-Phasen das ptolemäische System, bei dem sich alles um die Erde drehte, sehr eindeutig erledigt und u.a. mit dem unebenen Erdmond und den Jupitermonden als einer Art ‚zweitem Sonnensystem‘ das wohlgeordnete aristotelische Weltbild zumindest kräftig erschüttert.
Doch alle teleskopischen Beobachtungsdaten der ersten Jahre (und genau besehen sogar des ganzen ersten Jahrhunderts) ab 1609 waren mit hybriden Weltmodellen – mit der Erde im Zentrum aber den meisten Planeten im Orbit um die Sonne – genau so gut verträglich wie mit einem reinen heliozentrischen. Und ein hybrides Modell wie das bekannteste von Tycho erklärte einiges sogar besser: insbesondere die vermeintlich im Fernrohr sichtbaren Sterndurchmesser! Die waren in Wirklichkeit nichts weiter als Beugungsscheibchen, aber das konnte damals keiner wissen. Korrekt war dagegen die Beobachtung, dass kein einziger Stern für die verfügbaren Teleskope eine jährliche Parallaxe zeigte: Zusammen mit den vermeintlichen Durchmesser bedeutete das, dass die Sterne im kopernikanischen System extrem weit entfernt und verglichen mit der Sonne dramatisch groß sein mussten – im tychonischen Bild dagegen saßen sie in harmloser Größe auf einer nicht weit entfernten Sphäre. Ausgerechnet die Kopernikaner mussten sich auf göttliche Allmacht berufen, um die fernen Riesensterne zu begründen, währed letztere aus rein wissenschaftlicher Sicht – wie sie etwa Simon Marius vertrat – klar für einen tychonischen Kosmos sprachen. Es ist schwer zu sagen, ob die Gutachter der Inquisition so konkret physikalisch gedacht haben – aber das nun wieder sicher an seinen Platz gerückte Semikolon hinter ‚Philosophia‘ deutet in diese Richtung.
Der Mondkrater, der übertrieben groß Galileis Siderius Nuncius dominieren dürfte, ist gestern überraschend durch diesen Blogger „wieder entdeckt“ worden – passenderweise während eines Seminars über Galilei, wo er gerade nämliche Illustration gezeigt hatte. Ein Schnappschuss in der Abenddämmerung, wenige Stunden nach dem 1. Viertel, zeigte bereits auf dem Kameradisplay einen bei dieser harten Beleuchtung verblüffend dominanten Mondkrater direkt am Terminator etwas südlich der Mitte, der sogleich an Nuncius-Illustrationen wie diese erinnerte. Es handelt sich um den 129 km großen Albategnius – der tatsächlich meist für Galileis Vorbild gehalten wird und auf den dieser wohl besonderen Wert gelegt hatte (Fig. 15-18) und ihn daher übertrieben groß (S. 42-43) darstellen ließ.
Hatte Galilei geheime Kenntnisse von theoretischer Optik?
Da es keinerlei Schriften Galileo Galileis gibt, die auf eine theoretische Durchdringung jener Teleskope schließen lassen, mit denen er ab 1609 eine Reihe bahnbrechender Entdeckungen machte (s.o.), wird allgemein angenommen, dass er in Sachen Optik lediglich ein geschickter Tüftler war. Doch zwei israelische Wissenschaftshistoriker widersprechen neuerdings diesem Eindruck: In Zik & Hon, „Magnification: how to turn a spyglass into an astronomical telescope“, Arch. Hist. Exact. Sci.66 [2012] 439-64 und „Galileo’s Knowledge of Optics and the Functioning of the Telescope – Revised von vor 5 Tagen können sie zwar auch keine geheimen Tagebücher Galileis vorlegen, spekulieren aber durchaus plausibel über Berechnungen des Physikers bevor er seine astronomischen Teleskope herstellte. Diese seien ihren niederländischen Vorgängern – die tatsächlich durch Kombination existierender Brillengläser plus geschickten Einsatz einer Objektivblende gebaut werden konnten – derartig überlegen, dass Galilei die optischen Parameter der Linsen mit ihren oft ungewohnten Brennweiten geplant haben müsse. Die Theorie dazu könne er durch Kombination der optischen Erkenntnisse della Portas – dessen De refractione optices parte von 1593 er nachweislich besaß – und Einsichten bei der Entwicklung des Sectors zu Eigenschaften von Winkeln entwickelt haben, doch konkrete Spuren gibt es nicht.
Die Vorhersage nach dem Ereignis („Ein 4 mag. heller 1 Sek. langer Impakt-Blitz auf dem Mond“) am 17. März hat perfekt gesessen: Jetzt hat der Lunar Reconnaissance Orbiter an der Stelle des bisher hellsten gefilmten Impaktblitzes auf dem Mond tatsächlich einen frischen 18 Meter großen Krater gefunden – mit 20 Metern war gerechnet worden. Hoffentlich kracht es in den nächsten Monaten ein weiters Mal – denn der Orbiter LADEE misst bereits den Mondstaub im niedrigen Orbit: Immer wieder geht es durch dichtere Wolken, vermutlich von frischen Impakten erzeugt. Zu diesem Thema gibt’s auch die Aufzeichnung eines Webinars zu LADEE und den Mondimpakten.
Die schönsten Lovejoy-Schweife der letzten sieben Tage
Das Advanced Technology Solar Telescope hat einen neuen Namen: Das bis voraussichtlich 2019 auf dem Haleakalâ auf Maui entstehende 4-m-Instrument heißt nun „Daniel K. Inouye Solar Telescope“, um das Interesse des verstorbenen Senators an Astronomie zu würdigen. Auch 14 Mio. Euro für das „Event Horizon Telescope“ (mehr, mehr und mehr), mit dem Sgr A* schärfer denn je abgebildet werden soll, ein neuartiges Instrument zur Abbildung von Exoplaneten im Vortest, der Status der Astronomie in der Antarktis, in Afrika und China – und ein Buch über den Mt. Stromlo in Australien.
Pünktlich um 5:27 MESZ heute Morgen hat die neueste Mondmission der NASA – und zugleich die vorerst letzte – mit dem Start einer Minotaur V auf der Insel Wallops vor Virginia begonnen. Allerdings befindet sich der Lunar Atmosphere and Dust Environment Explorer derzeit überraschend in einem Safemode, weil etwas mit den Reaction Wheels nicht zu stimmen scheint: angeblich keine große Sache, aber es fällt auf, dass es auch über 6 Stunden nach dem Start noch keinen Press Release der NASA dazu gibt. Aber man hat ja Zeit: Die Reise zum Mond dauert fast einen Monat, die Orbit Insertion soll erst am 6. Oktober sein, gefolgt von 40 Tagen Commissioning und schließlich 100 Tagen Beobachtungen der Mond-Exosphäre – Staub wie Gas – mit den drei Instrumenten Ultraviolet and Visible Light Spectrometer, Neutral Mass Spectrometer und Lunar Dust Experiment. Dabei dürfen dann auch – indirekt – Amateurastronomen mitmachen, die mit größeren Teleskopen und Videokameras Impakte auf dem Mond registrieren oder mit einfach(st)en Mitteln Meteore in der Erdatmosphäre zählen können, so dass die LADEE-Auswerter über die Stärke der Quellen („Wie sich Amateurastronomen …“) oder gar akute Freisetzungen im Bilde sind.
… an die viel beachtete Arbeit von Cajochen et al., Current Biology23 [25.7.2013] 1-4 – s.a. Pressemitteilungen der Uni des PI und der Zeitschrift sowie ein längeres Interview mit dem PI (9:47-15:16; hier zusammen gefasst) – müssen gestellt werden, stellt sie doch einen „extraordinary claim“ im Truzzi/Sagan’schen Sinn par excellence dar: Es gibt keinen plausiblen Mechanismus, warum die Mondphase den Schlaf des Menschen beeinflussen sollte – und es gibt zahlreiche frühere Studien (wie etwa hier auf Seite 10), die in der Tat keinen signifikanten Effekt fanden. Und nun auf einmal doch? Da muss es ja wohl „extraordinary evidence“ geben, und zumindest eine Flut von Schlagzeilen wollte uns dies in den letzten Tagen in der Tat glauben machen, etwa hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier oder hier, wobei in keinem der Artikel (und auch von den skeptischen Autoren hier oder hier nicht) das Paper selbst im Detail analysiert wird. Ist es etwa eine so gewaltige Arbeit, dass man als Betrachter sprachlos vor der angehäuften Evidenz steht? Schaun wir halt mal nach …
Schon die Entstehung der Arbeit – im Druck keine zwei Seiten lang, zzgl. Anhängen – erstaunt: „We just thought of it after a drink in a local bar one evening at full moon, years after the study was completed,“ schreiben die Autoren, denn ursprünglich, in den Jahren 2000 bis 2003, hatten sie gänzlich mondfrei nach Effekten des Alters auf die Reaktion auf Schlafentzug und auch zuviel Schlaf geforscht und dazu 33 Freiwillige jeweils ein paar Tage in ein isoliertes Schlaflabor gebeten. Der aktuelle Spin-Off dieser Studie basiert auf den jeweils zweiten Nächten der Versuchspersonen im Rahmen der zwei Versuchsblöcke, als man sie möglichst normal ruhen ließ: unter kontrollierter Temperatur in einem fensterlosen Raum. Insgesamt gerade einmal 64 Personen-Nächte sind nun die Grundlage der gesamten Mondstudie, verteilt auf die 33 Probanden. Die einzige Darstellung nicht gemittelter Daten aus diesen 64 Nächten in dem Paper (alle anderen Angaben werden nur statistisch gemacht) bezieht sich auf die Zeit zwischen dem Ausschalten des Lichts und dem Einschlafen und sieht herausvergrößert so aus:
Die Einschlafsverzögerung oder „sleep latency“ ist hier gegen die Mondphase der entsprechenden Nacht geplottet und reicht von ca. 2 Minuten (unterster) bis 38 Minuten (oberster Datenpunkt); die rosa Punkte sind junge Frauen, die blauen junge Männer, die weißen alte Frauen und die grauen alte Männer, und der Sinus mit einer Amplitude von +/-5 Minuten ist ein – mäßiger – Fit durch die Datenwolke. Dies also ist der viel zitierte „bei Vollmond schläft man 5 Minuten später ein“-Effekt; auch weitere messbare physiologische Parameter und auch die „gefühlte“ Schlafqualität variierten etwas mit der Mondphase, doch davon zeigt man die einzelnen Datenpunkte nicht. Ist dies nun aber ein überzeugender – und gar doppelblinder, da weder Probanden noch Experimentatoren wussten, um was es einmal gehen würde – Beleg für eine physiologische Wirkung der Mondphase auf den Schlaf? Abgesehen von der geringen Zahl der Datenpunkte und dem Manko, dass für keine einzelne Person Daten für mehr als zwei Nächte verwendet werden konnten: Es gibt keine Informationen darüber, wieviele der Probanden wie stark an einen Mondeffekt in ihrem Leben glaubten und so gewissermaßen einen lunaren Nocebo-Effekt erfuhren.
Die Vorstellung, dass der Mond das gesamte Leben bestimmt, von der Vegetation über den Haarwuchs bis eben auch zur Schlafqualität, ist auch im ‚aufgeklärten‘ Mitteleuropa virulent – und die Probanden der (in Basel durchgeführten) Studie hatten seinerzeit jede Möglichkeit, von der aktuellen Mondphase zu wissen. Intensiv befragt worden waren sie zu ihrer Gesundheit und Faktoren (Lärm wurde genannt), die sie beim Schlafen generell störten, aber die Glaubensstärke in Sachen Mondeffekt wurde offenbar nicht erhoben. Nicht nur dieser Blogger sondern z.B. auch der bekannte deutsche Skeptiker Sebastian Bartoschek hält diesen vermutlichen Bias für den wohl entscheidenden Faktor, der die – milde und bei weitem nicht klinisch relevante – Schwankung der Schlafqualität der Probanden erklären könnte. Ausschließen lässt sich – angesichts der Durchführung in urbanem Umfeld – mit ziemlicher Sicherheit eine direkte Beeinflussung durch (fast Voll-)Mondlicht in den Tagen vor den Messungen: Wie hier im Bezug z.B. auf Wien gemessen werden konnte, moduliert der Mond bei der vielen Lichtverschmutzung in Städten die Nachthimmelshelligkeit nicht mehr nennenswert.
Damit relativiert sich auch die Spekulation in dem Paper, dass im menschlichen Gehirn noch ein lunarer Zeitgeber verankert sein könnte, der sich nun im Labor manifestiert habe: Selbst wenn einen solchen die Evolution aus irgendwelchen Gründen übrig gelassen haben sollte – wie sollte er bei den urbanen Versuchspersonen, die der Mond direkt auf keine Weise mehr beeinflussen kann, derart gut synchronisiert werden, dass er sich in der zufällig ausgewählten Gruppe statistisch klar bemerkbar macht? Fragen über Fragen … aber wie könnte man sie mit einem Experiment beantworten, das über eine Post-Hoc-Idee in der Kneipe im Mondenschein hinaus geht? Die systematische Beobachtung vieler Personen über mehrere Mondzyklen hinweg wäre sicher ein Anfang, bei gleichzeitiger Erfassung ihrer Glaubensstärke an die ‚Macht des Mondes‘. Oder – aber das würde schon sehr strange – die Probanden müssten so lange von der Umwelt (und nicht nur gelegentlichen Zufallsblicken auf den Mond sondern auch jedweder Information über seine Phase, den Kalender inklusive) isoliert werden, bis sie alles Zeitgefühl verloren hätten … NACHTRÄGE: noch mehr Kritik hier und hier und ein klarer Null-Effekt bei einer ordentlichen Studie.
24 Stunden nach der großen Cassini-Aktion haben bereits genug Rohbilder die Erde erreicht, um einen ersten Eindruck des geplanten Mosaiks zu vermitteln: oben eine Aufnahme von Erde und Mond mit der Telekamera NAC [NACHTRAG: eine „farbige“ Version], darunter ein Grob-Mosaik des Gesamtbildes aus Aufnahmen der Weitwinkelkamera WAC und unten ein einzelner WAC-Frame mit der Erde im Bild.
Der Mond mit Sonne von allen Seiten gleichzeitig: So was gibt’s natürlich nie am Himmel zu sehen, aber hier wurde aus 110’000(!) Aufnahmen der Weitwinkelkamera des LRO bei 643 nm ein künstlicher Mond berechnet, für den die Sonne überall 80° hoch am Himmel steht. Dergleichen wird es demnächst auch in Farbe geben. Auch die Feststellung (mehr, mehr und mehr [NACHTRAG: und mehr Links]), dass tatsächlich eine Raketenteil von Apollo 11 geborgen wurde. Und der private Plan (unfinanziert), ein Teleskop auf den Mond zu stellen.
Noch kurz gemeldet
Beobachtungen des möglichen Zielasteroiden (163249) 2002 GT für eine erneute Missionsverlängerung von Ex-Deep-Impact EPOXI – den die alte Sonde 2020 erreichen könnte – wurden Ende Juni in Europa koordiniert: Es galt, die letzte Annäherung an die Erde für fundamentale Messungen zu nutzen.
Der aktuelle Status des James Webb Space Telescope, über das eine wahre Flut von Pressemitteilungen über jeden kleinen technischen Schritt produziert wird, ist durchaus nicht so perfekt: Ein Anzahl kritischer technischer Hürden müssen noch genommen werden, und die Reserven schwinden.
Jede Menge wissenschhaftliche Errungenschaften der ISS wurden kürzlich auf einer Tagung in den USA gefeiert, insbesondere vom großen Teilchendetektor AMS-02, der inzwischen 35 Mrd. Teilchen Kosmischer Strahlung beobachtet hat: Darüber wird sogar in China berichtet, auch weil der AMS-PI ursprünglich von dort stammt.
Der 33 Stunden junge Mond und unten links davon der Merkur während seiner Abend-Sichtbarkeit waren dank des anhaltend guten Wetters während der Fahrt der MS Polarlys heute ab ~17:30 MEZ zwischen Brønnøysund und Rørvik auf ca. 65°N bestens mit dem bloßen Auge zu sehen – und dank moderner optischer Bildstabilisatoren auch zu fotografieren. Wie stets bei sonnennahen Konstellationen galt es den zeitlichen „sweet spot“ zwischen dunkler werdendem Himmel (hier: in der Mitte der nautischen Dämmerung) und zunehmender Extinktion zu finden, realisiert im Bild oben. Und hier noch mal die Entwicklung in chronologischer Reihenfolge; größere Bilder auch in diesem Album … NACHTRAG: … und noch größere hier und hier (und aus Südeuropa mit zusätzlich Mars hier und hier).
Und wieder ist ein Stückchen vom JWST fertig geworden
Diesmal ist es das aft-optics subsystem (AOS) des James Webb Space Telescope, das dafür sorgt, dass das Licht vom Sekundärspiegel des eigentlichen Teleskops den wissenschaftlichen Instrumenten des Mega-Satelliten zugeführt wird: Alle Performance-Tests sind abgeschlossen. Auf der AAS-Tagung letzte Woche („Dem James Webb Space Telescope …“) war Optimismus verbreitet worden, dass es mit dem Finanz- und Zeitplan des Monster-Satelliten diesmal klappt – aber die Auswirkungen auf andere Missionen sind erheblich. [23:50 MEZ – Ende]
ESA und NASA gemeinsam zu fernen Welten? Während zumindest für einen (unbemannten Test-)Flug der NASA-Orion ein entscheidender ESA-Beitrag vereinbart wurde (siehe unten) und eine eventuelle weitere Zusammenarbeit buchstäblich in den Sternen steht, haben die Künstler beider Raumfahrtagenturen schon mal klar gemacht, wo’s lang geht: Bei der ESA (oben) strahlen das ATV 2.0 und seine Solarzellen im hellen Glanz, während die Orion weitgehend verdeckt ist, bei der NASA (unten) dominiert die Orion, die das ATV 2.0 im Schatten liegen lässt – und die Oberstufe des SLS sitzt auch noch auffällig dahinter … [21:35 MEZ]
Ganz schön aufgeblasen: das „Bigelow Expandable Activity Module“ (BEAM), das 2015 für zwei Jahre an der ISS angebracht werden soll – als Demonstrator für solcherlei Aufblas-Raumstations-Module und wie sie es im Weltraum aushalten. Bizarrerweise bezahlt die NASA der Firma, die auch selber mit Aufblas-Satelliten experimentiert (siehe Artikel C25), 17.8 Mio.$ für ihr – per Dragon – anzulieferndes 4 x 3 Meter großes Modul, dabei hatte sie das Konzept ursprünglich von der NASA lizensiert. [21:05 MEZ]
ESA jetzt im „critical path“ der Orion-Kapsel der NASA
Auf einer gemeinsamen PK von NASA und ESA [NACHTRAG: Aufzeichnung] wird gerade der Einstieg der ESA beim Flug EM-1 des Orion-Systems gefeiert: Gemäß diesem Plan liefert die ESA auf der Basis ihres ISS-Frachters ATV (dessen letzte beide Exemplare diesen April und 2014 starten) das Service Module für diesen zweiten Flug der Orion, der – z.Z. für Ende 2017 geplant – der erste der neuen Riesenrakete SLS sein und unbemannt um den Mond herum führen wird. Die ESA ist damit – zumindest vorübergehend – „in the critical path“: Das Vertrauen hatte man sich durch die gute Zusammenarbeit bei der ISS erworben. Bleiben Ersatzteile übrig, kann die NASA diese auch für EM-2 verwenden, ansonsten ist der ESA-Einstieg in die bemannte US-Raumfahrt nach gegenwärtiger Beschlusslage schon wieder vorbei (auch wenn T. Reiter auf der PK von einem „start of extended cooperation“ sprach): Das Antriebssystem für EM-1 ist die „in kind“-Zahlung der ESA für ihren Anteil an den Betriebskosten der ISS bis 2020. Bei ersten Testflug der Orion in ca. 20 Monaten ist noch keine ESA-Hardware dabei. [18:20 MEZ. NACHTRÄGE: ein detailliertes Video über EM-1 auf Vimeo & Youtube – und eine PM der ESA, nicht erwähnt, dass es nur um EM-1 geht]
Dieser 9.25″-Schmidt-Cassegrain wurde jetzt hinter einem ISS-Fenster installiert, wie diesem beiläufigen Orbit-Tweet zu entnehmen ist – allerdings schaut das Teleskop nicht in den Himmel sondern auf die Erde: Das ISS SERVIR Environmental Research and Visualization System (ISERV) soll die automatische Erdbeobachtung von der ISS aus erproben, speziell als „DisasterCam“ für den Einsatz bei Naturkatastrophen als Beitrag für SERVIR. Das Bildfeld misst dank eines Fokalreduktors mit einer EOS 7D etwa 13 x 9 km, die Auflösung entspricht mit ca. 3 m einer Kuh. ISERV (das Bild hier entstand [NACHTRAG: mit einem ähnlichen Gerät] noch auf der Erde) war bereits letzten Sommer angekommen und nun gestern hinter der Window Observational Research Facility (WORF) – NASA-Speak für „extra gutes Fenster“ – installiert worden. [5:25 MEZ. NACHTRÄGE: das Teleskop wird ‚unboxed‘ und schwebt in der ISS, auch erwähnt im gestrigen Tages-Video von 2:30-3:45, unten im heutigen Tages-Bericht und in einem späteren Artikel]
Die Entwicklung der Sonnen-Aktivitätregion 1654, während sie vom 7. bis 14. Januar über die Sonnenscheibe – Anblick am 15. Januar – zog: lückenlos dokumentiert vom Solar Dynamics Observatory. Die Gruppe war zwar groß, hat aber wohl kaum nennenswerte Effekte auf der Erde produzieren können. [0:10 MEZ. NACHTRAG: die zugehörigen Korona-Loops vom 9.-15. Januar]
Die nächste russische Mondmission startet nicht vor 2015
Auf dieses Jahr ist nach Berichten hier, hier und hier der Start von Luna-Glob („Mond-Globus“) gerutscht, der ersten von vier angedachten Missionen zur Errichtung einer „robotischen Mondbasis“. Der Lander soll eine 120-kg-Nutzlast zur Oberfläche bringen, auch astrophysikalische. Und gestartet werden soll von einem neuen Weltraumbahnhof in der östlichen Amur-Region: Baikonur adé. [0:10 MEZ. NACHTRAG: Dieser Artikel beschreibt zwei weitere russische Mondmissionen 2016 und 2017 – und kündigt „2030 – 2040 eine breite Erschließung des Mondes“ an …]
Schicksal von 2012 DA14 in hundert Jahren unbestimmt
Dank neuer Astrometrie der letzten Tage ist die Bahn dieses Asteroiden, der am 15. Februar dicht an der Erde vorbeifliegen wird, inzwischen auf 100 km genau bekannt: 27’700 km wird der Minimalabstand von der Erdoberfläche betragen. Doch ob es in der Zukunft möglicherweise zu einer Kollision kommen kann, ist auch mit der neuen, stark verbesserten Bahn (vor der neuen Astrometrie lag die Ungenauigkeit der Erddistanz 2012 noch bei 8000 km!) nicht klar, wie aktuelle Abfragen der beiden führenden Vorhersage-Systeme Sentinel (ein Impakt 2110 möglich, Wahrscheinlichkeit 1:7.7 Mrd.) und NeoDyS (drei Impakte 2096, 2097 und 2100 möglich, Wahrscheinlichkeit bis zu 1:4 Mio.) zeigen. Die Ursache der Widersprüche ist zum einen mathematischer Art, zum anderen trägt ein enger Erdvorbeiflug 2046 zu einer – im himmelsmechanischen Sinne – chaotischen Entwicklung danach bei. [0:10 MEZ]
Die globale Erwärmung setzt sich unvermindert fort
2012 war global gesehen das neunt-wärmste Jahr seit 1880, bis auf 1998 lagen die neun wärmsten Jahr des 132-Jahres-Zeitraums mit zuverlässigen Daten alle nach 2000, und 2005 und 2010 waren die heißesten Jahre überhaupt: Also hat es das Goddard Institute for Space Studies (GISS) der NASA gestern vorgerechnet. Seit 1880 ist die globale Mitteltemperatur um 0.8°C gestiegen, und 2012 lag um 0.6°C über der Referenz (1951-1980) für Vergleiche, die danach nur ein einziges Mal überhaupt – 1976 – unterboten wurde. Ein Zusammenhang der (von jährlichen Schwankungen abgesehen) ständig steigenden Erdtemperatur mit der Zunahme der Treibhausgase – so ist der CO2-Gehalt der Atmosphäre von 285 ppm 1880 auf inzwischen gut 390 ppm gestiegen – steht längst außer Frage. [0:10 MEZ. NACHTRAG: warum es keinen ‚Stillstand‘ seit 1998 gibt]
Die z.B. auf deutschen, englischen und spanischen Webseiten angepriesene Konstellation heute Abend war am Standort dieses Bloggers bei stundenlang klarem Himmel – NRW-Prognose des DWD noch von 12 Uhr: „In der Nacht zum 2. Weihnachtstag gibt es bei vielen Wolken weitere schauerartige Niederschläge“ … – bestens zu verfolgen: erst Jupiter und Mond noch durch dünne Wolken (unten), dann Mond, Jupiter, Aldebaran (auch hier und hier) und auch noch die ISS (Mitte) und schließlich die Konjunktion im „Goldenen Tor“ (oben), bei höherer Vergrößerung sogar mit ein paar Jupitermonden.
Die GRAILs sind Geschichte: Planmäßig gegen „Sally Ride“
geknallt sind die beiden Mondorbiter – denn die Wand Gegend in der Nähe des Nordpols wurde seitens der NASA nach der verstorbenen Astronautin, die auch ein GRAIL-Teammitglied war, benannt, was unmittelbar nach den Impakten bekannt gegeben wurde (ob die Taufe auch mit der IAU abgesprochen ist, wurde nicht erwähnt). Die Echtzeitgrafik zeigte, wie die beiden von links kommend jeweils einen Berg überwanden, und dann gegen die Wand flogen. [23:32 MEZ] Und schon ist die NASA-Übertragung [NACHTRAG: Aufzeichnung] zuende. [23:34 MEZ] Hier noch mal Screenshots der Echtzeit-Grafik in den letzten Minuten; zum Schluss wurde jeweils die Horizontale stark gestreckt. Den eigentlichen Loss of Signal gab es allerdings nicht zu sehen, er wurde jeweils nur verkündet. [23:36 MEZ] Die offizielle Formulierung ist, dass „the final resting place“ nach Ride getauft worden sei – nicht gerade klar formuliert … [23:52 MEZ] Und der erste Artikel nach dem Crash. [23:59 MEZ – ENDE. NACHTRAG: ein NASA Release, der aber auch nicht erklärt, wie zwei Meter-große Krater in Kilometern Abstand voneinander mit einem Namen bedacht werden können … NACHTRAG 2: Ah, ein Eingeständnis, dass „Sally K. Ride Impact Site“ in keiner Weise eine offizielle Bezeichnung ist]
Eines der letzten Bilder der MoonKam auf GRAIL, die hundertausende von Bildern geliefert hatte: entstanden am 19. November; das allerletzte Bild 80 Minuten später ist nicht so attraktiv. In der letzten, extrem niedrigen Flugphase, waren die Kameras demnach nicht mehr im Einsatz. [21:40 MEZ] Die Bilder aus dem LRO Press Release noch mal, benutzerfreundlicher dargestellt: passend zu diesen Tagen auch die Einschlagsstelle, markiert auf einem Mondbild von Chang’e 2. [21:55 MEZ] Die beiden Orbiter haben ihre finalen Triebwerkszündungen begonnen; in 10 Minuten beginnt hier ein 35-minütiger Live-Kommentar. [22:50 MEZ] Der Burn ist komplett – und die Übertragung hat begonnen, während hier live diskutiert wird. [23:00 MEZ] Aller Sprit wurde verfeuert („Burn to Depletion“), auch ein Teil der allerletzten Experimente mit den Sonden: Man wollte wissen, wieviel noch übrig war und ob man das korrekt abgeschätzt hatte. [23:05 MEZ] Und es war etwas mehr in den Tanks als erwartet: Die Triebwerke brannten 4 bzw. 5 Minuten. Noch 5 Minuten bis zu den Crashs. [23:23 MEZ] Alle Augen jetzt auf dem Doppler-Signal: Der Funk geht von Goldstone zu den GRAILs und kommt zurück. [23:25 MEZ]
In drei Stunden hat der Mond zwei Mini-Krater mehr
wenn die beiden GRAIL-Orbiter gezielt zum Absturz gebracht (20:00 MEZ am 13. und 22:40 MEZ am 14.12.) werden. Kurioserweise waren die GRAILs zuletzt noch an – noch nie möglich gewesenen – gegenseitigen Beobachtungen von Mondorbitern beteiligt: Während die kleine Kamera auf „Flow“ den Lunar Reconnaissance Orbiter filmte, konnte umgekehrt der LRO beide GRAILs aufnehmen und sogar räumlich auflösen (oben). Weitere Artikel zu GRAILs Ende auch hier (mit einer Aufsuchkarte für den Mond-Impakt-Ort, wo es aber nichts zu sehen geben wird), hier (mit Details zu den letzten Operationen im Orbit), hier (aus der Perspektive des verantwortlichen MIT), hier, hier, hier, hier und hier und zu den bereits berichteten Ergebnissen der GRAIL-Mission hier (waaahnsinnig detailliert), hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. Apropos Impakte aller Art:
hier noch ein Video mit ~400 Geminiden aus drei Nächten aus den USA mit einer empfindlichen Schwarzweiß-Videokamera (auch schön: weitere Bilder aus Indien und Argentinien [NACHTRAG: und Rumänien])
und ein ganz frischer Fünffach-Impakt-Krater auf dem Mars, der zwischen 2005 und 2008 entstanden ist – der Impaktor scheint sich aufgespalten zu haben, so dass die Krater alle gleichzeitig entstanden, anders ist das Muster auf diesem HiRISE-Bild kaum zu erklären. [20:30 MEZ]