Posts Tagged ‘New Horizons’

Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt

3. Mai 2011

Heute war Neumond – und eine partielle Sonnenfinsternis: natürlich nur für das Solar Dynamics Observatory, das hier den Mondrand (Berge inklusive; Standbild anklicken für eine große Version)vor dem solaren Plasma in kurzwelligem Licht zeigt. Noch ein anderes Standbild – und eine Amateuraufnahme der H-Alpha-Sonne heute mit 1.5 Mio. Pixeln!

Neufundland im Gegenlicht aus der ISS gesehen – hier ein weiteres Bild.

Liegt da ein geheimes Satelliten-Foto auf dem Tisch des Situation Room des Weißen Hauses während des Angriffs in Pakistan? Das Weiße Haus ließ das „Geheimdokument“ – so die BU – auf diesem berühmten Foto [NACHTRAG: tiefe Gedanken dazu …] verpixeln, aber ein Vergleich (wenn man es unschärfer oder viel kleiner betrachtet) mit Satellitenbildern des Komplexes in Abbottabad legt nahe (so sehen es auch viele Kommentatoren hier [NACHTRAG: und auch dieser Artikel]), dass es sich um eine etwas schräge Ansicht des Hauptgebäudes handelt. Entstanden entweder aus der Luft oder von einem Foto-Aufklärungssatelliten – jedenfalls soll die Welt wohl nicht erfahren, wie scharf es ist.

Dawns Anflug auf Vesta hat „offiziell“ begonnen

in 1.2 Mio. km Abstand von dem großen Asteroiden: Ab jetzt an Hand von Aufnahmen („Letzte Testaufnahmen…“) Vestas vor dem Sternenhintergrund navigiert (anstatt von Radionavigation und anderen Techniken, bei denen der Asteroid selbst nicht mitspielt), während sich die Sonde die nächsten drei Monate mit ihrem Ionenantrieb heran pirscht – der erste Teil der insgesamt 15 Monate währenden Vesta-Phase der komplizierten Mission. Am 16. Juli wird Dawn dann in 15’500 km Abstand in den erste, weiten Orbit eingefangen. Die Anflugphase wird für Test- und Baseline-Messungen der diversen wissenschaftlichen Instrumente genutzt – und für eine fotografische Suche nach Vesta-Monden; von der Erde aus wurden bisher keine entdeckt. (JPL Release, Dawn Journal, Planetary Society Blog 3.5.2011)

Die Jagd nach New-Horizons-Zielen jenseits von Pluto hat begonnen: Mit einigen der größten erdgebundenen Teleskope wird jetzt 2 bis 3 Jahre lang systematisch eine bestimmte Himmelsregion – leider nahe des Sternengewimmels um das Galaktische Zentrum – nach unbekannten Bewohnern des Kuiper-Gürtels abgesucht, von denen die Raumsonde nach ihrem Pluto-Flyby 2015 noch mindestens einen aufsuchen könnte. Mindestens 50 km groß sein sollte er schon. (New Horizons Release 20.4.2011)

Das NanoSail D bleibt 6 bis 12 Monate im Orbit

und nicht nur 70 bis 120 Tage, wie man zunächst gedacht hatte: Der experimentelle Sonnensegler ist nämlich eine flache Fluglage parallel zum Orbit gegangen („flat spin attitude“), wo er nur geringen Luftwiderstand erfährt. So ist die Bahnhöhe von den ursprünglichen 640 km erst um 45 km geschrumpft. Die exotische Orientierung des Segelchens im Raum führt zu sehr unterschiedlicher Sichtbarkeit vom Erdboden aus: Mal hell, zuweilen sogar mit negativer Größe, dann wieder schlicht unsichtbar, wenn der Blick auf die Segel-Kante fällt. Dem niederländischen Satellitenspezialisten Ralf Vandebergh ist am 24. März das wohl erste klar aufgelöste Foto des NanoSail D gelungen, und auch er dokumentierte die extremen Schwankungen der Sichtbarkeit (hier weitere Verarbeitung der Bilder). Derzeit gibt es für Deutschland jede Nacht zwischen 2 und 4 im Prinzip sichtbare Überflüge, von flach bis hoch – was aber kein Vorteil ist. (NASA Release 26., AstroBob 29.4.2011)

Drei Prototypen für „Chip-Satelliten“ kommen auf die ISS, wenn die Endeavour endlich fliegen kann (was nun frühestens am 10. Mai möglich ist): Sie bringt unter dem Projektnamen „Sprite“ drei jeweils ein Quadratzoll große elektronische Gebilde zur Raumstation, die dort im Experiment MISSE-8 mehrere Jahre lang Weltraumbedingungen ausgesetzt werden sollen. Sie sollen einfache Messungen machen und zur Erde funken – und ganze Schwärme derartigen „Satelliten-Staubs“ könnten einst in den Raum entlassen werden, wo sie der Strahlungsdruck der Sonne wie auch der Sonnenwind zu anderen Planeten treiben könnten. (Cornell Chronicle 27., Centauri Dreams 28.4.2011)

Japanischer Erdbeobachter ALOS ausgefallen: kein Strom mehr

Dem Advanced Land Observing Satellite, auch Daichi genannt, ging am 22. April unerwartet und rapide der Strom aus, und der Satellit – der bei der Beobachtung der Tsunami-Folgen nach dem 11. März eine wichtige Rolle spielte – ist wohl verloren. 2006 gestartet und für 3 Jahre ausgelegt, war er allerdings schon in der Verlängerung gewesen. Der Stromausfall erinnert an das unrühmliche Ende des Satelliten ADEOS 2 (siehe Cosmic Mirror #263 Kurzmeldungen) im Herbst 2003. (JAXA Release, Space News, Spaceflight Now 22., SatTrackCam 23., Planetary Society Blog 25.4.2011 – und die neuesten ALOS-PALSAR-Daten aus dem Erdbebengebiet. Auch Xinhua 22.4.2011 zur gelungen Kontaktaufnahme mit dem verschollenen russischen [„Russischer Kartografie-Satellit …“] Geo-IK-2)

Indiens ResourceSat-2 hat die ersten Bilder geschickt, die allerdings noch nicht veröffentlicht wurden – und inzwischen gibt es auch ganz offiziell Bahnelemente des Satelliten („Eine Rakete …“), was gegen eine primäre Nutzung als Aufklärungssatellit spricht; die beste Kamera an Bord, LISS-IV, hat eh‘ nur 6 m Auflösung. (ISRO Press Releases 28., 25.4.2011; The Hindu 26., Indrus 27.4.2011. Auch Parabolic Arc 29.4.2011 zu einem möglichen Einstieg Indiens bei einer US-Mond-Sample-Return-Mission und IANS 25.4.2011 zur vermutlichen Aufklärung des letzten GSLV-Disasters [„Weiter Rätseln …“]: Die russische Nutzlastverkleidung sei Schuld gewesen)

Die Erklärung für die vier Gewinner der CCDev-2-NASA-Dollars

ist publik: Die Weltraumbehörde wollte bei dieser Ausschüttung von 270 Mio.$ („270 NASA-Millionen …“) für die Förderung kommerziellen Transports zur ISS die Entwicklung von Raumkapseln etc. stärker bedenken als die reiner Raketen, weil es davon schon einige in den USA gibt – deswegen hatten weder ULA noch ATK eine Chance. Am stärksten überzeugten Boeing und SpaceX mit ihren geplanten relativ klassischen Raumkapseln CST-100 bzw. Dragon, und um der Vielfalt willen gab es auch noch was für Sierra Nevada mit einem Mini-Shuttle und Blue Origins mit einer Kapsel, die aber auf Düsenstrahl und Füßen landet. Excalibur Almaz fiel dagegen (wegen eines konfusen Business-Plans) ebenso durch wie Orbital Sciences mit einer bemannten Cygnus-Kapsel, die dem Dream Chaser von Sierra Nevada in mehreren Punkten unterlegen schien. (Spaceflight Now 24., The Space Review 25.4., Houston Chronicle 1.5.2011. Auch ein Interview, in dem SpaceX-Chef ab 13:04 von Dragon-Flügen zum Mars fabuliert [auch von AFP berichtet] und ein NASA Release zum ESA-Bekenntnis zur ISS)

Die Taurus 2 bekommt einen Testflug spendiert, bevor sie das erste Mal einen Cygnus-Transporter zur ISS bringen darf: Nachdem die NASA endlich einen Haushalt für das laufende Finanzjahr hat, konnte sie Orbital die Mittel – rund 100 Mio.$ – für den Test freigeben; die beiden Raketen starten vermutlich im Oktober und Dezember. Wenn beide und das Andocken der Cygnus an die ISS funktionieren, könnte sie bereits im 1. Quartal 2012 mit der Versorgung der Raumstation beginnen. Derweil soll sich die Orbital-interne Untersuchung des Versagens einer Taurus XL im März dem Ende nähern, ebenso die Untersuchung seitens der NASA. (Spaceflight Now, Space News 21.4.2011)

Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt

27. März 2011

Der Saturnmond Helene, ein Dreifach-Krater auf dem Mars und der Mississippi südlich von Memphis: Bilder von Cassini (31. Januar, aus 31’000 km Entfernung), dem Mars Reconnaissance Orbiter (der einschlagende Körper teilte sich unmittelbar vor dem Impakt in drei Stücke) und Landsat 7 (schon von 2003 aber jetzt vom GSFC angepriesen).

Intelsat bucht Besuche eines Nachfüll-/Service-Satelliten

Rund 200 Mio.$ wird der Kommunikationssatellitenbetreiber Intelsat an die kanadische Firma MDA zahlen, wenn es ein Satellit von letzterer schafft, insgesamt eine Tonne neuen Treibstoff in 4 bis 5 Satelliten des ersteren einzufüllen: der erste Kunde für das System, an dem MDA seit Jahren forscht, in dessen Realisierung aber bisher nichts investiert wurde. Der „Space Infrastructure Servicing“-Satellit soll mit einem Robot-Arm – eine Spezialität von MDA – auch Reparaturen durchführen können, z.B. klemmende Sonnensegel befreien. 3 1/2 Jahre nach dem konkreten Baubeginn soll der Satellit starten können – von dem man in der Industrie, die neue Satelliten baut natürlich überhaupt nichts hält. Da werde man die Tankdeckel eben anschweißen, auf dass er nichts ausrichten könne, wurde schon auf einer Konferenz geflachst – und die Rechtslage sei ein Minenfeld: Was, wenn der SIS-Satellit einen noch halbwegs intakten Satelliten ganz kaputt macht? (MDA Press Release 15., Space News 14., 16.3.2011)

Mit handelsüblichen Industrie-Lasern Kollisionen zwischen Satelliten verhindern: Das geht und kostet nur ein paar Millionen Dollar, sagt eine Studie. Die Bahnen kaputter Satelliten oder Trümmer auf gefährlichem Kurs würden durch ein- oder mehrfache Bestrahlung über ein 1.5-m-Teleskop ausreichend verschoben, ohne dass die Objekte dabei selbst dabei beschädigt würden (wie bei früheren Konzepten mit Superlasern): Dazu reichen bereits diejenigen 5- bis 10-kW-Laser aus, die man von der Stange kaufen kann und die z.B. in der Automobilindustrie eingesetzt werden. Und die sich nicht als Angriffswaffe eignen würden, was für die internationale Akzeptanz förderlich wäre. Das Verhindern von Kollisionen im Orbit ist nach Modellrechnungen ein wesentlicher Schritt, um das Problem des Weltraumschrotts anzugehen. (Mason & al., Preprint 9., Nature News, Wired, Cosmic Log 15., Physics World 17., Science Journalism Tracker 23.3.2011)

Ozeansatellit SeaWiFS nach 13 Jahren aufgegeben

Das war eine ebenso preiswerte (nur 42 Mio.$) wie ertragreiche wie langlebige Mission zur Erdbeobachtung: Von 1997 bis zum Abriss der Kommunikation Ende 2010 hat der Sea-viewing Wide Field-of-view Sensor subtile Farbeffekte in den Ozeanen der Erde überwacht und so z.B. Wirkungen von Klimaeffekten auf das Planktonwachstum dokumentiert. In fast 5000 Publikationen hat sich das niedergeschlagen! (ISNS 16.3.2011) NACHTRAG: noch ein arg später Nachruf von der NASA selbst.

Äquatornaher Frühlingsregen auf dem Saturnmond Titan ist offenbar Ende 2010 nachgewiesen worden, nachdem sich ein großes Gebiet (über 500’000 Quadratkilometer) verdunkelte, über dem zuvor starke Bewölkung aufgetaucht war – die wiederum eine Folge des sich langsam verändernden Winkels der Sonneneinstrahlung seit der Ankunft Cassinis im Saturnorbit 2004 ist. Bisher kannte man stehende Gewässer (bzw. Bodenfeuchte) nur als polnäheren Zonen, während sich die Äquatorialregion als ausgedehnte Wüsten darstellte. Die aber trotzdem mit Abflusskanälen durchzogen sind: entstanden offenbar in der richtigen Jahreszeit. (Turtle & al., Science 331 [18.3.2011] 1414-7; Tokano, ibid. 1393-4; Cassini Mission News, UA, CICLOPS Releases 17., BdW, Planetary Society Blog 22.3.2011. Und JPL News 22.3.2011 über verwirrende Radiosignale aus beiden Hemisphären Saturns)

NASA zu verwirrt und de facto pleite: ESA verschiebt Entscheidung über Großprojekt der Weltraumforschung, sieht sich allein gelassen

Der neue 10-Jahres-Plan für die US-Planetenforschung, der entsprechende Report für die Astrophysik und das Ende der Höhenflüge des NASA-Forschungsetats haben auch auf dieser Seite des Atlantik weit reichende Konsequenzen. Zuerst für die erste L-Mission der Cosmic Vision der ESA („Erste Riesenforschungs…“), die eigentlich Mitte dieses Jahres aus drei Kandidaten ausgewählt werden sollte – und alle drei Projekte hätten einen wesentlichen NASA-Anteil, der nun (bei den Planeten- wie Astroprojekten gleichermaßen) in Frage steht. So ist die Entscheidung über die L-Mission bereits auf Februar 2012 verschoben worden: In der Zwischenzeit soll erforscht werden, in wie weit die Projekte so „descoped“ werden könnten, dass sie die ESA auch alleine – für 700 Mio. Euro – stemmen kann. Auch das vereinbarte gemeinsame Marsprogramm („Grünes Licht …“) von ESA und NASA muss neu verhandelt werden – und bei der NASA musste man inzwischen einsehen, dass es auf sehr lange Zeit um kühne Großprojekte der Planetenforschung geschehen sein dürfte: Möglicherweise darf künftig keine Mission mehr als 1 Mrd.$ kosten, auch die „Flagships“ nicht. Womit der 10-Jahres-Plan mit seinen 2 bis 5 Mrd.$ teuren Top-Missionen de facto Makulatur wäre. (Nature Blog, Spaceflight Now 17., Space News, Science Insider 18., Nature News 22.3.2011)

Die Kuipergürtel-Sonde New Horizons hat nun die Uranus-Bahn passiert (am 18. März) – und im April beginnt die systematische Suche nach weiteren noch unentdeckten Bewohnern dieser Zone, die die Sonde nach dem Flyby 2015 am Zwergplaneten Pluto noch aufsuchen könnte. New Horizons sollte dann noch den halben Treibstoff übrig haben, genug um danach noch ein oder sogar zwei zusätzliche KBOs ansteuern zu können! Ausgeschlossen ist allerdings ein gezielter Gravity Assist am Pluto, um zum nächsten Ziel zu gelangen: Die Missionsplanung am Zwergplaneten wird komplett von dessen optimaler Erforschung in der kurzen Zeit der Nähe bestimmt. (JHU APL Release 18., Tweets 21., 23.3.2011)

Nachrichten aus der Planetenforschung kompakt

4. November 2010

Beide ARTEMIS-Sonden kreisen um die Langrangepunkte L1 und L2 des Erde-Mond-Systems

Am 25. August bzw. 22. Oktober haben die beiden ehemaligen THEMIS-Satelliten („Erste ARTEMIS-Sonde …“) den ersten Schritt hin zu ihrer neuen Aufgabe als Mondorbiter geschafft: 60’000 km „vor“ bzw. „hinter“ dem Mond und knapp außerhalb der Erdmagnetosphäre kümmern sie sich zunächst mit ihren je 5 Instrumenten um den Sonnenwind in der Mondumgebung und immer gegen Vollmond auch um den Magnetschweif der Erde. Sechs Monate später sollen sie sich dann noch näher an den Mond heranpirschen und extrem elliptische Bahnen einnehmen, auf denen sie sich meist in bis zu 18’000 km Enfernung aufhalten aber auch gelegentlich in zunächst 100 und später wenigen Dutzend km Höhe über die Mondoberfläche schießen: Nun geht es um die Wechselwirkung von Sonnenwind und Regolith. „Acceleration, Reconnection, Turbulence and Electrodynamics of Moon’s Interaction with the Sun“ ist schließlich die wahre Bedeutung des neuen Akronyms für die NASA-Mondmission, die fast nichts kostet. Und den größtmöglichen Nutzen aus den beiden Satelliten der ehemaligen Fünferkonstellation zieht, die sonst durch zunehmenden Aufenthalt im Erdschatten erfroren wären; die anderen drei machen als verkleinertes THEMIS – „Time History of Events and Macroscale Interactions during Substorms“ – im Erdorbit weiter. (Berkeley Release, Science@NASA 27., UCLA Release 28.10.2010. Und eine NASA-Notiz über einen möglichen – harmlosen – Treffer eines Mikrometeoriten)

Chang’e ist jetzt auf einer 15×100-km-Bahn um den Mond, so dass sich der neue chinesische Mondorbiter („Wieder ein chinesischer …“) den Sinus Iridum aus der Nähe ansehen kann: Hier wird vermutlich eines Tages die erste Landung versucht. (Xinhua 26., Peoples‘ Daily 25.10.2010. Und Voice of Russia über die bevorstehende Wiederaufnahme des russischen Mondprogramms)

Analyse der Teilchen in Hayabusas Kapsel zieht sich hin

Inzwischen sind schon über 150 µm-große Partikel in der Probenkapsel von Hayabusa entdeckt und geborgen worden, aber noch immer vermag die japanische Weltraumbehörde nicht mit Sicherheit zu sagen, ob auch nur eins davon vom Asteroiden Itokawa stammt. Inzwischen ist von „mindestens Februar“ 2011 für eine Verlautbarung die Rede, aber der Optimismus ist doch gewachsen, denn um metallische Splitter von der Sondentechnik selbst handelt es sich nicht: Die meisten sind offenbar felsiger Natur. Bisher ist auch nur an einer von zwei Kammern („A“) gearbeitet worden: Die Kammer B, in der beim Kontakt mit Itokawa noch mehr Bodenmaterial gelangt sein müsste, wird erst dieser Tage angegangen. (Daily Yomiuri 28., Mainichi Daily News 9., Nature Blog 7., Science Journalism Tracker 6.10., Spaceflight Now 29.9.2010)

Erste Erkenntnisse des Rosetta-Vorbeiflugs an Lutetia im Juli sind im Oktober auf einer Konferenz berichtet worden: Danach zeigt der bis zu 130 km große Asteroid eine Menge geologische Strukturen (Header-Box) aber auch Anzeichen für eine bis zu 600 m dicke Regolith-Schicht, wie sich aus der Flachheit von Einschlagskratern ergibt. Fast 240 Felsbrocken bis 100 m Größe hinab wurden gezählt – und die Masse Lutetias durch die Ablenkung von Rosettas Bahn bestimmt, was wiederum zu einer Dichte von etwa 3.1 oder 3.4 g/cm^3 führt: Ein Konglomerat aus kleineren Körpern mit viel Hohlräumen dazwischen ist das nicht, die Zahl entspricht viel mehr unserem Mond. Bei der Volumenbestimmung helfen auch Aufnahmen mit Adaptiver Optik von der Erde aus, die zusätzliche Blickwinkel liefern. Zu welchem Typ Lutetia gehört, weiß man übrigens immer noch nicht: Wichtige IR-Daten harren noch der Auswertung. (Keck, SwRI Releases, ESO Announcement, Scientific American 7., ESA Tweet 6., Space.com 5.10.2010. Und ein ESA-Statement zu Ärger mit Rosettas Reaction Control System, der Änderungen beim Betrieb der Sonde erzwingt aber die Mission nicht gefährdet)

Staubdetektor auf New Horizons nun der sonnenfernste aller Zeiten

Nachdem die Raumsonde am 10. Oktober die Marke von 18 Astronomischen Einheiten oder 2.7 Mrd. km Sonnenabstand passierte, kann sich der Venetia Burney Student Dust Counter an Bord nun rühmen, das am weitesten von der Sonne entfernt arbeitende Staubinstrument zu sein: Ungefähr in dieser Distanz gaben Anfang der 1980-er Jahre entsprechende Detektoren auf Pioneer 10 & 11 den Geist auf. Bisher stimmten die Messungen des SDC zum interplanetaren Staub gut mit Daten von Galileo und Ulysses auf dem Weg zum Jupiter überein. (New Horizons Headlines, Colorado Daily 11.10.2010; SDC Homepage. Auch eine Headline zum Verbleib der Oberstufe – und ein Nature-Editorial mit einer möglichen makabren Beigabe zur Juno-Mission zum Jupiter …)

New Horizons hat genau die halbe Reisezeit zwischen Erde und Pluto hinter sich: Diese Marke zwischen Start im Januar 2006 (siehe Artikel B77 und Pluto-Passage im Juli 2015) wurde am 17. Oktober um 3:24 UTC passiert. Kurz zuvor hatten sich die Flugkontrolleure mächtig erschrocken: Am 6.10. war wie schon viele Male nach Telemetrie der Sonde gelauscht worden – aber da war gar nichts! Das gab’s in den fünf Reisejahren noch nie, und man fürchtete schon das Schlimmste – doch es war nur die Antenne am Boden falsch konfigutiert gewesen … (PI Perspective 18.10.2010 – man beachte die bizarre Bildunterschrift, die alles Mögliche zu „kleinen Planeten“ erklärt …)

Eintauchen in Venus-Atmosphäre liefert verblüffende Dichte-Daten

Immer wieder wird – unter streng kontrollierten Bedingungen – die Periapsis der Bahn des Venus Express etwas abgesenkt („Der Venus Express …“), auf dass die ESA-Sonde den Widerstand der oberen Atmosphäre spürt: Er wirkt sich auf die Bahn aus und verursacht auf ein Drehmoment auf die Sonde mit ihren zwei um 90° gegeneinander versetzten Solarsegeln. Beide Informationen können ausgewertet werden und haben u.a. zu der Erkenntnis geführt, dass die Dichtemodelle der Venusatmosphäre nicht stimmen: Über den Polen ist die Dichte 60% geringer als angenommen. Diese Erkenntnisse sind auch operationell interessant, denn Anfang 2012 soll die Bahnhöhe des VEX durch Aerobraking permanent verringert werden: Das ermöglicht neue Beobachtungen und auch eine weitere Missionsverlängerung, da eine niedrigere Bahn in der Apoapsis weniger von der Sonne gestört und Treibstoff für Korrekturen eingespart wird. (ESA Release. ESA Science Release 7.10.2010. Auch EPSC Releases zur Variabilität des Venus-Vortex und Venus-Blitzen, die irdischen vergleichbar sind)

Nachrichten aus der Planetenforschung kompakt

20. Juni 2010

Hayabusas Probebehälter in Japan – und eine neue Mission?

Mit einem Charterflugzeug ist der – von aller Pyrotechnik befreite (Bild oben) und weiterhin hermetisch versiegelte – Probencontainer der Hayabusa-Kapsel von seiner Landestelle in Australien in der Nacht vom 17. zum 18. Juni zum japanischen Flughafen von Haneda gebracht worden, von dem es aus weiter in ein Speziallabor in Kanagawa ging. Hier wird der Container zunächst mit Computertomografie untersucht, bevor er in einigen Wochen vorsichtig geöffnet wird. Schon jetzt wird die in Japan überaus populäre Mission als Triumpf gefeiert – und der Ruf wird laut, die Arbeit an der de facto eingestellten Mission Hayabusa 2 wieder aufzunehmen, die einen anderen Asteroiden ansteuern würde. Mittleres Bild: die Spur der Kapsel am Himmel, während die Reste des Mutterschiffs verglühen, aufgenommen mit einer Bildverstärker-Kamera auf dem NASA-Flugzeug. Unten: Strichspuren der beiden, aufgenommen am Boden (in Kingoonya) bei wolkigem Himmel. (Mainichi Daily News, Japan Times 18., Daily Yomiuri, Space.com 17., Japan Today, Daily Yomiuri [Kommentare] 16.6.2010)

Chaos bei Fobos-Grunt: Schafft Russland einen Sample Return vom Marsmond Phobos? Der Start der kühnen russischen Mission ist bereits von 2009 auf’s nächste Fenster 2011 gerutscht, aber es ist keineswegs ausgemacht, dass die überaus kompliziertes Mission bis dahin bereit sein wird: Den Mechanismus für die Probenentnahme wird man offenbar durch den polnischen Bohrer CHOMIK (entwickelt für den Kometenlander Philae) ergänzen, der aber wohl nur zum Einsatz kommt, wenn der Boden ungewöhnlich hart sein sollte. Das Flugkontrollsystem weist noch erhebliche Mängel auf. Und der Landeort der Probenkapsel – ein Militärgelände in Kasachstan mit ein bisschen oder eins in den USA mit ganz viel Radar zur Ortung – ist ein Politikum, fordern die USA doch sofortigen Zugang zu den Bodenproben als Gegenleistung … (Russian Space Web) NACHTRAG: dieselbe Story bei der BBC.

Cassini wagt sich näher an Titan als je zuvor: 880 km Abstand

Am Morgen des 21. Juni (MESZ) wird der Cassini-Orbiter noch 70 km tiefer in die Atmosphäre des Saturnmonds Titan eindringen als bei irgendeiner der 70 nahen Begegnungen zuvor und sich der Oberfläche bis auf 880 km nähern: Drei Jahre lang war dieses etwas riskante Manöver vorbereitet worden, das auch mit Absicht ans Ende der aktuellen Missionsverlängerung (Equinox Mission) gelegt worden. Die Missionsplaner sind sich praktisch sicher, dass Cassini durch den Luftwiderstand nicht in gefährliches Schlingern geraten wird und haben herausgefunden, dass die sicherste Orientierung zufälligerweise fast genau dieselbe ist, bei der die große Antenne Richtung Erde zeigt. Daher hat man beschlossen genau diese Lage einzunehmen und während des Flyby Funkkontakt zur Erde zu halten. Jeder Kilometer tiefer verbessert die Messbarkeit eines eventuellen Titan-eigenen Magnetfelds erheblich, dessen Signatur mit der vierten Potenz der Höhe abnimmt. Und in 880 km unterfliegt Cassini auch zum ersten Mal Titans Ionosphäre und kann fast ungestört von Saturns Feld auch einem schwachen Feld des Mondes nachspüren. Zwar jetzt Titan Saturns Magnetismus nichts Nennenswertes entgegen, aber das heißt ja nicht, dass sein eigenes Feld exakt Null ist: Zu wissen, ob Titan überhaupt eins hat, verspricht weitere Aussagen über sein Innenleben. (JPL Release, Blog, Insider 17., Raumfahrer 20.6.2010)

Intensive Instrumententests mit der Kuipergürtelsonde New Horizons, die nach längerer Zeit wieder einmal aufgeweckt wurde, finden derzeit statt – sie befindet sich (unfähr auf halbem Weg zu ihrem ersten Ziel Pluto) in einer Art Niemandsland des Sonnensystems. (Science@NASA, Raumfahrer 18.6., Centauri Dreams 24., PI Perspective 21.5.2010. Und Planetary Society Blog, Space Politics und Raumfahrer zur weiter nicht gesicherten Versorgung künftiger Sonden ins ferne Sonnensystem mit Plutonium-238)

Die Datenbänder von Explorer 1 und 3 werden digitalisiert

5000(!) Magnetbandspulen aus der Urzeit der Weltraumforschung, die Messdaten James van Allens aus dem erdnahen Weltraum mit den allerersten Forschungssatelliten der USA enthalten, werden nach über 50 Jahren im Rahmen eines 60’000-Dollar-Projekts komplett digitalisiert und dann im Internet zugänglich gemacht: Sie lagerten in einem Keller der University of Iowa, wo sie zu schimmeln begonnen hatten. Da die Messungen der Stärke der Kosmischen Strahlung in einer Art akustischem Format gesendet und auf die Magnetbänder geschrieben wurden, handelt es sich zugleich um den ersten „Schall“-Dokumente der amerikanischen Raumfahrtgeschichte, deren Erhalt nun gesichert zu sein scheint. (Science 328 #5985 18.6.2010)

Nachrichten aus der Planetenforschung kompakt

15. Februar 2010

So sah Cassini den Saturnmond Mimas am Wochenende: Vom seltenen Flyby („Der erste …) sind vor einigen Stunden sowohl Nahaufnahmen des markanten Riesenkraters als auch Gesamtansichten auf der Erde eingetroffen; Anklicken liefert jeweils die Originalbilder. Davor hatte es auch die kleine Calypso aus der Nähe gegeben, geeignet für Farbbilder zum Selbermachen (die aber keine Farbe zeigen). NACHTRAG: Was man aus den Mimas-Rohbildern so alles machen kann. Und ein JPL Press Release wurde auch noch nachgereicht.

Schon wieder ein ’neuer‘ Ring des Jupiter entdeckt?

Als die Raumsonde New Horizons auf ihrem Weg zum Kuipergürtel am Jupiter vorbei kam, war auf Bildern der Telekamera LORRI des Jupitermonds Himalia diffuses Licht zu erkennen: Damals hielt man das für Streulicht in der Optik, doch inzwischen neigen die Auswerter zu der Interpretation, dass sich da ein weiterer, unbekannter Jupiterring bemerkbar gemacht hat – dessen Quelle Himalia selbst ist. Denn egal wie der Blickwinkel war, immer passte dieser „Lichtstrahl“ zur Orientierung der Bahnebene Himalias. Leider gibt es keine Aufnahmen vom Cassini-Vorbeiflug vor 10 Jahren unter passenden Lichtverhältnissen, aber LORRI wird diesen Sommer noch einmal das Jupiter-System aus der Ferne aufnehmen und dabei auch nach dem möglichen Ring schauen. (Stryk, Planetary Society Blog 19.1.2010) NACHTRAG: das LORRI-Foto des Lichtstreifens – und bereits in Nature vom 22.10.2009 S. 1065 wurde auf einen möglichen Himalia-Ring und Parallelen mit dem Phoebe-produzierten Saturnring hingewiesen.

Warum Ganymed stärker als Callisto entwickelt ist, könnte ein neues Modell erklären: Während des Late Heavy Bombardement in der Frühzeit des Sonnensystems wurden die anfliegenden Kometen vom Schwerefeld Jupiters in dessen Nähe fokussiert und stärker beschleunigt – der weiter innen umlaufende Mond wurde stärker „verprügelt“ und konnte aufschmelzen. (SwRI Release 24., Space Today 26., Science 29.1.2010 S. 515) NACHTRAG: ein Bericht dazu von der LPSC.

Manche Mars-„Gullies“ auch durch fließendes CO2 zu erklären

Das berühmte Mars-Phänomen („Mars-Gullies …“) ist enorm verbreitet, und auf Aufnahmen der Mars-Orbiter werden ständige neue Rinnen entdeckt, die auf früheren Bilder fehlten. Doch dass dahinter zeitweise flüssiges Wasser steckt, ist nach wie vor unbewiesen – im Gegenteil: Zeit (mitten im Winter!) und Ort vieler der neu entdeckten Gullies scheinen eher zu Hangrutschungen zu passen, bei denen CO2 als Schmiermittel wirkte; teilweise wurden ganze Felsen mitgerissen. Ein schlüssiges Gesamtbild des Gully-Wesens zeichnet sich aber nicht ab. (Science 22.1.2010 S. 408. Dazu: Harrison, Planetary Society Blog 25.1.2010 zu Gully-Beobachtungen mit den MRO-Kameras CTX & MARCI)

Ein neuer „Atlas“ des Planeten Merkur ist aus den Aufnahmen der drei MESSENGER-Flybys erstellt worden, schöner anzuschauen als die erste Gesamtkarte daraus. Noch sind manche Längenzonen nur in schrägem Licht bekannt – am Ende der Orbitalmission wird das Bild dann völlig gleichmäßig sein. (Planetary Society Blog 6.1.2010)

Neue Erkenntnisse über die Asteroiden Pallas und Vesta

haben das Very Large Telescope und Keck II geliefert: Demnach hat Pallas eine Dichte von 3.4±0.9 g/cm³, signifikant höher als die 2.2±0.1 g/cm³ von Ceres, während sich die Oberflächen der beiden nur wenig unterscheiden (vgl. ISAN 96-7) – ihre innere Struktur und/oder Beschaffenheit müssen ganz verschieden sein. Und Vestas Oberfläche ähnelt ihrem Spektrum nach insgesamt Meteoriten des Howardit-Typs, wobei aber ein kleiner Fleck eher zu einem Diogeniten passt. (Carry & al., Preprints zu Pallas und Vesta 18.12.2009)

Schwankungen der Sonnenleuchtkraft sind irrelevant für das Erdklima und seine – anhaltende – Erwärmung in den vergangenen Jahrzehnten gewesen: Das kommt auch bei der jüngsten Analyse weltweiter Daten wieder heraus (vgl. ISAN 25-5 und 43-5). Um höchstens 0.1°C geht es im Rhythmus der Sonnenaktivität auf und ab (vgl. ISAN 45-4), was gegen den anthropogenen Effekt wie auch irdische Faktoren, etwa Vulkanismus, völlig verblasst. (NASA Feature 21.1.2010. Auch: Independent 14.12.2009, Scientific American 9.2.2010 über die Nicht-Rolle – sonnenmodulierter – Kosmischer Strahlung und RealClimate 14., Deltoid 15.2.2010 zur ungebrochenen Glaubwürdigkeit des IPCC AR4 in Klimafragen. Und bei der NOAA kann man alle relevanten Daten gleich per Schieberegler abrufen) NACHTRAG: Wegen der geringen Klimawirkung des Sonnenzyklus hätte selbst ein neues Maunder-mäßiges Minimum für die Erdtemperatur nur minimale Auswirkungen.

Drei Finalisten für die nächste „New Frontiers“-Mission der NASA

31. Dezember 2009

stehen jetzt fest, und einer soll bis zum 30.12.2018 auf die Reise gegangen sein: Der Surface and Atmosphere Geochemical Explorer (SAGE) zur Venus mit einem Lander, der Origins Spectral Interpretation Resource Identification Security Regolith Explorer (Osiris-Rex) zu einem Asteroiden mit Sample Return oder MoonRise mit einem Lander und Sample Return aus dem Aitken-Becken am Südpol des Mondes. Jedes der drei Teams muss nun – dafür gibt es jeweils 3.3 Mio.$ – eine detaillierte Studie erarbeiten, und Mitte 2011 wird der Sieger ermittelt, der sein Vehikel für maximal 650 Mio.$ bauen darf (die Rakete gibt’s extra). Es wird die dritte New Frontiers-Mission, nach New Horizons (s.u.) und der 2011 zum Jupiter startenden Juno. NASA, WUStL, U. Colorado und UA Press Releases und Artikel von Colorado Daily, Boulder Daily Camera, Pasadena Star News, Arizona Daily Star, Spaceflight Now, BBC und Space Today.

Hellstes Objekt im Kuiper-Gürtel in 5 Jahren entdeckt

2009 YE7 hat die neuntgrößte absolute Helligkeit aller Objekte des Kuiper-Gürtels, aber mangels Kenntnis der Albedo lässt sich nicht sagen, ob es auch entsprechend groß ist. Die Bahneigenschaften sprechen dafür, dass es sich um einen weiteren ‚Splitter‘ des Zwergplaneten Haumea handelt, doch einen sicheren Zusammenhang könnten nur gute Spektren beweisen – die kürzlich bei anderen vermeintlichen Haumea-Stückchen Zweifel aufkommen ließen. (Mike Brown’s Planets 29., Space.com Forum 26., Snodgrass & al., Preprint 16.12.2009)

New Horizons hat die halbe Strecke zum Pluto geschafft, jedenfalls nach einer möglichen Definition davon. So oder so sind der Durchmesser der Sonne auf 1/15 und ihre Helligkeit auf 1/200 geschrumpft, aber den Zwergplaneten könnte ein Mitreisender immer noch nicht mit dem bloßen Auge sehen. (Discover, Cosmic Log, Bad Astronomy 29.12.2009),