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„Ferne Welten – fremdes Leben?“ Premiere(n) eines Großprojekts sechs deutscher Planetarien

22. August 2012

Planetarium Bochum – Dome-Master-Stills über einem Foto der Kuppel

In diesen Wochen erlebt(e) in Münster, Bochum, Kiel und Mannheim ein Fulldome-Programm seine Premiere, das es so noch nie gegeben hatte: Gleich sechs deutsche Planetarien (außer den genannten noch Wolfsburg und Osnabrück) hatten sich zusammen getan und auf eigene Kosten eine 50-Minuten-Show konzipiert und realisiert, die es an Anspruch und optischem Impakt mit den großen „Content-Fabriken“ im Ausland aufnehmen kann, wo derartige Programme häufig eingekauft werden müssen. Beim Ritt durch die Astrobiologie – vom Sonnensystem über Exoplaneten-Suchmethoden bis zu Spekulationen über die Bewohner diverser Welten – wurde größter Wert auf wissenschaftliche Akkuratesse gelegt, und wohl selten wurde im Off-Kommentar einer Planetariums-Show derart oft darauf hingewiesen, dass etwas so oder auch ganz anders sein kann.

Das mag man als störend empfinden, den Stand der Forschung in Sachen Leben im Kosmos reflektiert es aber korrekt: in einer faszinierenden Aufbruchsphase aber mit weit mehr Fragen als Antworten. Die Balance zwischen harten Fakten und Extrapolationen stimmt jedenfalls in der kurzweiligen Show (in der auch der klassische optomechanische Sternenprojektor mehr als einmal zum Zuge kommt): oben der Himmel über einem erfundenen Mond von Kepler 16b mit seinen zwei Sonnen, Pflanzen auf Gliese 667 Cc und eine technische Zivilisation. Und aktuell ist “Ferne Welten – fremdes Leben?” auch: Die Landung von Curiosity ist zu sehen und der Rover aufwändig in 3D animiert. Wie am Rande der Bochumer Premiere zu hören war, hatte man sicherheitshalber zwei Soundtracks produziert, auch einen für den Fall einer Bruchlandung …

Live-Blog von der ersten Tagung der Gesellschaft Deutschsprachiger Planetarien in Wolfsburg

5. Mai 2012

Noch eine Demonstration moderner Planetariumstechnik in einer eigens installierten 4-m-Kuppel: ein Projektor der definiti-Familie (im Wesentlichen ein 4-K-Kinoprojektor mit Fischauge und 2400 Pixeln entlang des Meridians Auflösung), gefüttert von DigitalSky 2, das neben dem ‚Üblichen‘ auch viele Kuriosa bietet wie oben den Sonnenwind. [23:55 MESZ am 7. Mai – ENDE]

ESO und ESA fördern wieder große Planetariums-Shows

Wie schon zum IYA (ko-)finanzieren die Europäische Südsternwarte und Weltraumbehörde zwei aufwändige Fulldome-Shows, die in vielen Ländern und Sprachen gezeigt werden sollen: H20, notre histoire, die noch dieses Jahr Premiere feiern soll, und eine Show über die Milchstraße aus Anlass des Start der Astrometrie-Mission Gaia Ende 2013. Für die ESO-H20-Show wurde eigenes eine „panoptische“ Kamera entwickelt, die einem Insektenauge ähnlich die Halbsphäre mit dutzenden kleinen Kameras gleichzeitig aufnimmt: Sie wird in Kürze in Lausanne getestet und dann zur ESO nach Chile geschafft. Dass man auch schon mit „normalen“ Kameras und – guten und v.a. randscharfen – Fischaugen-Objektiven ziemlich gute Fulldome-Zeitrafferfilme des Himmels machen kann, demonstrierte in Wolfsburg Bernd Pröschold: Mit 6400 ISO und f/4 kommt man schon ziemlich tief, und es rauscht nur ein bisschen. Er brachte allerdings auch einen noch schärferen Clip eines ESO-Fotografen mit, der mit einer geheimnisvollen Spezialkamera (für € 30’000 …) noch knackigere Nachtvideos über dem VLT zustande bringt. [23:40 MESZ]

Eine 15-Meter-Kuppel mit einem einzigen Projektor ausgeleuchtet: Demonstration des Digitarium Kappa in der Wolfsburger Planetariums-Kuppel (Mitte: aus einem Fulldome-Video, oben ein vom Fachpublikum verlangtes Testbild). Die Abbildungsschärfe und Brillianz überzeugten, die Auflösung war gerade noch akzeptabel – und der Preis von 61’000 Euro dürfte für ein vergleichbares System kaum zu unterbieten sein. [17:50 MESZ am 6. Mai]

Fulldome-Content für Planetarien sprießt in alle Richtungen

Man kann über das Befüllen der Planetariumskuppel mit bunten Bildern denken was man will (siehe unten), aber die Technik hat inzwischen fast überall die klassischen Scharen von Diaprojektoren abgelöst, die jahrzehntelang die optomechanischen Planetariumsprojektoren ergänzten. Nun muss „Content“ her, und davon waren heute den ganzen Tag auf der Wolfsburger Kuppel vielfältige Kostproben zu sehen. Ein Weg sind immer ausgeklügelte Simulationen des realen Universums, die ich Echtzeit gerendert werden und für Liveshows wie für die Eigenproduktion kompletter Shows geeignet sind. R.S.A. Cosmos aus Frankreich überzeugte hier mit dem Sky Explorer V3, der u.a. einen Flug in die Saturnringe hinein erlaubt – die sich dann in eine Million detailliert dargestellte Brocken auflösen. Mit Riesenaufwand hergestellte Komplettshows stellten Softmachine und das Planetarium der Cal Academy („Life: A Cosmic Story“) vor – aber auch „Selbstgemachtes“ kann sich sehen lassen. Etwa die Kindershows des Bochumer Planetariums, Chaos and Order – und „Ferne Welten – fremdes Leben?“ Dieses ungewöhnliche Programm über Leben auf Exoplaneten stemmen derzeit 6 deutsche Planetarien gemeinsam, und was an Vorschau-Clips schon zu sehen war, kann sich ohne weiteres mit „amerikanischen“ Fulldome-Shows messen. Solche Gemeinschaftsprojekte dürften in den kommenden Jahren in der Planetariumsszene immer größeres Gewicht bekommen. [17:45 MESZ]

Planetariums-Philosophien im (sanften) Widerstreit

Als „Arbeitsgemeinschaft deutschsprachiger Planetarien“ (AdP) gab es diese Mischung aus Fachtagung und Messe schon lange, aber nun existiert die frisch gegründete Gesellschaft Deutschsprachiger Planetarien, weshalb die Zählung der Tagungen wieder mit eins beginnt: Gerade hat sie in Wolfsburg im Alvar Aalto Zentrum und Planetarium begonnen. Und schon waren bei der ersten Session in der der Kuppel des letzteren die unterschiedlichen Ansätze modernen Planetariumswesens zu spüren: Während die japanische GOTO Inc. mit fulminanten Trailern ihrer Programme A Starry Tale (Astro-Mythen im raumgreifenden 3D-Anime-Stil; siehe Trailer) und Hayabusa dank der neuen VELVET-Projektoren Wolfsburgs (auch ISAN 106-11) die Planetariumskuppel zum Glühen brachte, setzte der Platzhirsch Zeiss auf klassische Visualisierung von Himmelsmechanik. Live vorgeführt und in behutsamer Kombination der nadelscharfen Sterne des optomechanischen Starmaster-Projektors (scherzhaft-sehnsüchtig als System mit „5 Gigapixeln“ bezeichnet) und Linienprojektion aus den VELVETs zur Verdeutlichung von Bewegungen. Aus diesem Kontrast ergab sich dann auch die erste echte Diskussion auf der Tagung, als der Zeiss-Planetariums-Chef das Mikrofon ergriff und sich vehement für diese Nutzung der modernen Technik und gegen kinoartiges Abspielen von fertigen Fulldome-„Filmen“ aussprach. Ja, wenn man denn genügend qualifiziertes Personal hätte, das live bestehen kann, war da aus den Reihen der Planetariumsbetreiber zu hören – die offenbar zudem ganz unterschiedliche Erfahrungen mit dem Zuspruch des Publikums gemacht haben. In einem Tiroler Planetarium z.B. sei man nach anfänglichem Fulldome-Farben-Rausch nach einigen Jahren wieder zu klassischeren Formaten zurück gekehrt, aber anderswo laufen die großen fertigen Produktionen viel besser als der alte Stil … [17:30 MESZ am 5. Mai]

ISS-Bewohner live ins Planetarium geschaltet

5. April 2012

Remco Timmermans

So geschehen, als heute Nachmittag André Kuipers 15 Minuten lang 200 bis 250 Besuchern des Planetariums in Amsterdam Rede und Antwort stand: mit dabei auch eine Klein-Ausgabe von Artis de Marsis, dem Maskottchen des Zoos, auf dessen Gelände sich das Planetarium befindet – Stofftiere dürfen nämlich nur bis maximal 20 Gramm auf die ISS kommen … NACHTRAG: ein Bericht von vor Ort.

Das modernste Planetarium der Welt … steht jetzt in Bochum

7. Mai 2010

Plangemäß hat das Planetarium in Wolfsburg am 4. Mai einen großen Bruder bekommen, der sich bis auf weiteres „modernstes Planetarium der Welt“ nennen darf: In Bochum teilen sich die 20-Meter-Kuppel nun ein Sternenprojektor des Typs Universarium IX – immer noch der modernste – und acht VELVET-Projektoren, die in Säulen am Rand versteckt (hier ein Exklusiv-Blick in eine hinein) am Universarium vorbei bewegte Video-Bilder aller Art auf die Kuppel bringen. Mit perfektem Edge-Blending, d.h. die Grenzen der acht Bildfelder sind einfach nicht wahrzunehmen, eine Seltenheit bei derartigen Full-Dome-Systemen. Vor allem aber lassen die VELVETs den Himmel zwischen den unübertroffen scharfen und hellen Universarium-Sternen schwarz, jedenfalls so lange nicht sie selbst durch zu große helle Flächen die Kuppel insgesamt aufzuhellen beginnen: Bochum hat nun das erste Großplanetarium der Welt, wo beide Technologien zusammen spielen.

Eine weitere Besonderheit in Bochum ist, dass gleich in der ersten Woche mit sieben Programmen gestartet wird, von denen fünf in den vergangenen Monaten komplett im eigenen Haus entstanden sind. Vor allem das erste Hauptprogramm „Faszinierendes Weltall“ bietet bei einer flotten Reise durch den gesamten Kosmos immer wieder ‚Immersions‘-Erlebnisse, die vor der neuen Technik schlicht unerreichbar waren – vor allem megapixelige Himmelsbilder von modernen Sternwarten oder Weltraumteleskopen entfalten eine ungeahnte Wirkung. Das „neue“ PlaBo ist ein wesentlicher Beitrag der Stadt Bochum zur Kulturhauptstadt RUHR.2010. Und die nicht ganz billige VELVET-Technik – wie das enorme Kontrastverhältnis gelingt, ist weiter Firmengeheimnis, und selbst das Projektionsobjektiv soll dank exotischer Linsenoberflächen praktisch unkopierbar sein – verkauft sich bereits ganz gut: Als nächstes Großplanetarium ist Berlin an der Reihe und soll am 1. Oktober eröffnen.

Das modernste Planetarium der Welt … steht jetzt in Wolfsburg

13. März 2010

in dieser markanten Kuppel am Stadtrand: Die gibt es zwar schon seit 1983, als die DDR der VW-Stadt ein komplettes Planetarium geschenkt hatte, aber nun beherbergt sie die erste einsatzbereite Kombination aus einem klassischen optomechanischen Projektor für nadelscharfe – und dank Glasfasern auch schön helle – Sterne und einer Hochkontrast-Fulldome-Videoanlage mit ‚echtem Schwarz‘ des neuen VELVET-Typs (s.a. ISAN 82-8). Unter allen Planetariums-Herstellern bietet nur Zeiss die Möglichkeit, beides gemeinsam zu steuern, was – bei genau abgestimmter Programmierung, versteht sich – ein nicht zu toppendes künstliches Universum enstehen lässt.

All zu viele Planetarien verzichten inzwischen auf die optomechanischen Projektoren und setzen ganz auf Video: Zwar werden inzwischen gut 10 Mio. Pixel an die Kuppel geworfen, aber die Videosterne erreichen bei weitem nicht die Qualität der ‚klassischen‘. Heute ist in Wolfsburg sogar freier Eintritt, und das reguläre Programm beginnt am Sonntag. Und bereits Anfang Mai öffnet in Bochum das erste Großplanetarium der Welt, das – extra starke – VELVETs mit einem Universariums-Projektor vereinigt. NACHTRAG: ein weiterer Bericht aus Berliner Sicht, wo man im Oktober VELVETisiert sein soll.

Kosmische Kuriosa kompakt

15. November 2009

ESA bestellt Mondorbiter – Studenten machen den Rest

Das Education Office der europäischen Weltraumbehörde hat für einen nicht genannten Betrag bei dem britischen Kleinsatellitenhersteller Surrey Satellite Technology Ltd. einen Mondorbiter bestellt: Viel kann er eigentlich nicht kosten, denn den Großteil der Arbeit sollen Studenten erledigen. In eine Mondumlaufbahn soll der European Student Moon Orbiter 2013 oder 2014 gebracht werden. (Homepages bei ESA und Warwick, Wikipedia, ESA, SSTL Press Releases 6.11.2009)

Die großen offenen Fragen der Physik

wurden im Oktober im Rahmen eines großen Festivals am umstrittenen Perimeter Institute in Kanada erörtert, das mit dem Geld des BlackBerry-Erfinders bahnbrechende Forschung leisten soll – natürlich war viel Kosmologisches („Why this Universe“ und dergleichen) unter den Themen. (New Scientist 23.10.2009. S.a. Nature 461 [23.9.2009] 462-5 zum Perimeter Inst. Und die 10 weirdest physics facts)

Der Pressesprecher der American Astronomical Society geht in den Ruhestand – Steve Maran hat nach 25 Jahren Beobachtung der Szene (und Steuerung des Informationsflusses, v.a. während der beiden Jahrestagungen der AAS) eine Menge zu erzählen. (Science News, The SpaceWriter 7.11.2009)

Das Feuer auf dem Mt. Wilson ist immer noch nicht aus

Zwar hat die Feuerwehr das ‚Station Fire‘, das im Sommer die Sternwarte auf dem Mount Wilson bedrohte, bereits vor mehreren Wochen als „contained“ eingestuft, aber hier und da qualmt es immer noch – und wo Rauch ist, da … So wird man bis in den Winter hinein, wenn starker Regen die letzten Nester erstickt, wachsam sein müssen. Und zugleich wird jetzt gesammelt, um die Sternwarte besser schützen zu können. (LA Times 12., 10., Tracker 12.11.2009. Auch ein Audio-Interview kurz nach dem Feuer) NACHTRAG: Die Suche nach dem Brandstifter ist auch noch nicht weiter gekommen.

Neue Sternwarten in Indonesien geplant – mit kurioser Begründung: An besseren Standorten als dem traditionsreichen Bosscha Obs. auf Java, das zu nahe an der Großstadt Bandung liegt, sollen sie (so wird es jedenfalls gegenüber der dominant muslimischen Bevölkerung dargestellt) vor allem für Sichtungen der jungen Mondsichel sorgen. Damit die auch dann gesehen wird, wenn es theoretisch möglich sein müsste, auf dass es eindeutige Monatsanfänge gibt. (Jakarta Globe 6.11.2009)

Plötzlicher Durchblick für Radioastronomen nach Abschaltung von Analog-TV

Auch in den USA ist die analoge Ausstrahlung von Fernsehsignalen seit Juni Geschichte – und dadurch ist plötzlich ein Bereich des elektromagnetischen Spektrums frei, der vorher völlig unbrauchbar war. Bis sich dort binnen eines Jahres neue Nutzer breit machen, wird jetzt zwischen 700 und 800 MHz energisch beobachtet, z.B. nach exotischen Pulsaren gesucht. Unabhängig davon gibt es die Forderung, bei der Spektrumsvergabe wissenschaftlichen Belangen mehr Wert beizumessen – was übrigesn die Erdbeobachtung aus dem Orbit genau so betrifft wie die Astronomie. (New Scientist 5., Scientific American, Ars Technica 2.11.2009)

Int’l Dark Sky Association ehrt deutsche Initiativen – der Europe Galileo Award und der Outdoor Lighting Award der internationalen Organisation wider die Lichtverschmutzung sind dieses Jahr beide nach Deutschland gegangen: an Andreas Hänel von der VdS-Fachgruppe Dark Sky und eine Firma, die Straßenlampen nur auf einen Anruf hin einschaltet. (IDA Press Release 4.10., KosmoLogs 6., NOZ 14.11.2009)

Umstrittener Offener Brief fordert Astronomie als Schulfach im ganzen Land

Die zentrale Forderung klingt zwar harmlos, „bundesweit zwei Jahreswochenstunden Astronomie im letzten Schuljahr der Mittelstufe für alle Schüler“ plus ausreichende Ausbildung von Astronomielehrern, aber Kenner der Schulbürokratie v.a. in den Alten Ländern halten sie für völlig utopisch und sogar kontraproduktiv: Deswegen haben die Astronomische Gesellschaft und der Rat Deutscher Sternwarten dem Offenen Brief einer Initiative aus Sachsen explizit die Unterschrift verweigert und setzen sich auf subtilere Weise für die Durchdringung des Unterrichts mit astronomischen Grundinhalten ein. Eine breite Diskussion hat der Offene Brief gleichwohl ausgelöst. (Offener Brief 12.11., Interview mit dem Autor, AG/RdS-Statement 10.1., Diskussion bei BdW, ZDF, SZ, TP, EK, UU, AF, AT, AG und LE sowie Frankfurter Rundschau 5.11.2009 zur Lage in Deutschland) NACHTRAG: plötzlich noch eine – negative – Reaktion auf den Brief.

Hybride Planetarien sind die besten, bei denen ein optomechanischer Projektor für nadelscharfe Sterne sorgt und ein Fulldome-Videosystem für jede Menge Effekte dazwischen (so gewünscht): Da sind sich viele in der Szene einig, und in Bochum wird es z.B. genau so gemacht (siehe ISAN 82-8). In Prag hat man dagegen vor, im Rahmen einer Modernisierung den Sternenprojektor zum Museumsstück zu machen … (The Prague Post 21., Sky & Telescope 22.10., WAZ 15.11.2009)