Seit zwei Monaten sorgen zwei schon ein paar Jahre alte kuriose Entdeckungen der Radioastronomie für verstärkte (auch mediale) Aufregung: Die Fast Radio Bursts wie die Perytons sind zwei Arten sehr seltener kurzer Radioblitze, deren kosmischer Ursprung aber völlig unklar ist bzw. immer schon sehr unwahrscheinlich war. Bei den nach einem ‚modernen‘ Fabelwesen benannten Perytons konnte jetzt klar bewiesen werden, dass es sich um nichts weiter als Strahlung bestimmter Mikrowellenherde in der Nähe des Radioteleskops von Parkes in Australien handelt, die entweicht, wenn die Tür zu schnell geöffnet wird.
So sieht der Zeit- und Frequenzverlauf (x-Achse: Zeit in Millisekunden) eines Perytons aus – das bei Experimenten in Parkes gezielt mit einem solchen Herd erzeugt wurde und von den „echten“ Perytons in keiner Weise zu unterscheiden ist. Was diesen einen ‚kosmischen‘ Anstrich verleiht, ist der Frequenz-Sweep als Funktion der Zeit, der an die bekannte Dispersion astrophysikalischer Pulse durch dünnes kaltes Plasma im interstellaren Raum erinnert: Lange Wellen brauchen etwas länger bis zur Erde. Andererseits kommen sie aus keiner scharfen Richtung wie ordentliche astronomische Transients, sondern erscheinen in mehreren Antennen-Beams gleichzeitig, was schon immer für eine irdische Störquelle oder höchstens noch atmosphärische Quelle gesprochen hatte. Das Verhalten eines Magnetrons beim Herunterfahren – das während des Aufreißens der Ofentür noch andauert – passt nun genau zu dem beobachteten Frequenzeffekt (auch wenn die genaue Physik dabei nicht verstanden ist). Schon vorher hatte die zeitliche Verteilung der Perytons auf eine sehr menschliche Quelle verwiesen: Sie treten nur Wochentags und während lokaler Bürozeiten auf!
Und, wie dieses Histogramm (Anzahl gegen Ortszeit des Radioteleskops) zeigt, konzentrieren sich die 46 bisher in Parkes und anderswo aufgefangenen Perytons (lila) stark auf die Mittagszeit. Dass es keinen zweiten Peak zur Abendessenszeit gibt, macht auch Sinn: Das ist das Gebäude schon zu, in dem die funkenden Herde stehen! Vor denen übrigens Astronomen schon lange Respekt haben, wie ein Cartoon von 1998 zeigt – und die nur Tage vor dem Paper mit dem Nachweis ihrer Urheberschaft (das z.B. auch hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier Beachtung findet [NACHTRAG: und hier aus erster Hand beschrieben wird]) schon jemand anders verdächtigt hatte, die Ursache der Perytons zu sein. Dasselbe Histogramm zeigt in Blau die zeitliche Verteilung der 11 bislang registrierten Fast Radio Bursts, die offensichtlich eine andere Ursache haben und u.a. wegen ihrer viel größeren Schärfe am Himmel tatsächlich jenseits der Erde vermutet werden. Auch für den berühmten „Lorimer Burst“, mit dem das FRB-Phänomen begann, lässt sich – trotz Peryton-ähnlicher Frequenz – im Detail zeigen, dass er keiner Mikrowelle entsprungen ist.
Beim Dispersionsmaß der FRBs nun – der Stärke des o.g. Dispersionseffekts – ist kürzlich ein mathematisches Kuriosum gefunden worden, über dessen Signifikanz und Bedeutung seither heftig gestritten wird. In diesem Diagramm ist das DM (in 1/cm^3) aller 11 bisher gesehenen FRBs – 10 ebenfalls in Parkes empfangen (davon einer ‚live‘, auch Press Releases hier, hier, hier und hier und ein Artikel) und einer in Arecibo (auch Press Releases hier, hier, hier und hier und Artikel hier, hier, hier, hier und hier) – gegen die ganzzahligen Vielfachen eines DM-Wertes von 187.5/cm^3 aufgetragen: Alle DMs sind ziemlich genau Vielfache dieses ominösen Grundwertes. Auch eine Periodensuche unter den 11 DM-Werten „peakt“ ziemlich scharf nahe 188/cm^3. Den Autoren um einen Datenanalysten in Neukirchen-Vluyn erschien das bedeutend genug für eine Veröffentlichung, inklusive Spekulationen über wunderliche natürliche Quellen in der Milchstraße mit gequanteltem DM oder aber eine mögliche „artificial source (human or non-human)“, die wieder etwa hier (mehr), hier, hier, hier und hier medialen Niederschlag fanden. Doch Kritik entzündete sich rasch an der geringen Zahl der Ereignisse, und eine unabhängige Rechnung fand keinen ausgeprägten DM-Grundwert. Dass dies die Autoren auch eingesehen hätten, präzisierte deren erster Ende April gegenüber diesem Blog: „Ich stimme dem soweit zu, dass unsere Analyse nicht verschiedene Annahmen für die Verteilung berücksichtigt. Nimmt man z.B. an, dass FRBs kosmologisch gleichmäßig im Intervall D=[300..1200] verteilt sind, ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von 0.7% für eine zufällige Ursache. Variiert man diese Zahlen, bekomment man bessere oder schlechtere Schätzungen.“ Man müsse einfach mehr FRBs abwarten, dann werde das Bild schon klarer – und angeblich wurden neue FRBs gefunden, die nicht passen, deren DM also kein Vielfaches der geheimnisvollen Zahl ist.