Posts Tagged ‘Röntgenastronomie’

In München wächst ein großes Röntgenteleskop

12. Oktober 2012

Das letzte Mal hat die Welt – außerhalb der beteiligten Röntgenastronomen – wohl vor 3 Jahren von dem Projekt gehört, als ein Press Release des DLR von der Vertragsunterzeichnung kündete: Das deutsche Röntgenteleskop eROSITA (extended ROentgen Survey with an Imaging Telescope Array; Grafik Mitte) startet mit dem russischen Astro-Satelliten Spektrum Roentgen Gamma (SRG, oben). Seither ist das Instrument – ein stark verbesserter Nachfolger des unglücklichen 1999-er ABRIXAS – am MPI für Extraterrestrische Physik in Garchig im Bau, wie Peter Predehl gestern auf der Tagung from quantum to cosmos 5 berichtete. Es ist ca. 3.2 Meter lang (mit geöffnetem Deckel 4.7 m), 735 kg schwer und besitzt 7 parallele Spiegelmodule, jedes mit 36 cm Durchmesser und aus 54 ineinander geschachtelten Spiegelschalen, die das Röntgenlicht auf jeweils 3 x 3 cm große CCD-Kameras mit 384 x 384 Pixeln für einen Energiebereich von 0.2 bis 12 keV fokussieren. Nur noch ein anderes Instrument – aus Russland – ist an Bord, und als Gegenleistung für eROSITAs Mitflug überlassen die Deutschen, wie letztes Jahr ausgehandelt wurde, Russland genau die Hälfte seiner Daten des Himmels (Grafik unten)!

Intensive Tests des komplexen Instruments beginnen dieser Tage in Garching, Ende 2013 wird eROSITA dann nach Russland geschickt, und der Start des SRG auf einer Zenit mit Fregat in den L2-Punkt des Sonne-Erde-Systems ist jetzt für 2014 geplant: Einer 4-jährigen Himmelsdurchmusterung sollen noch 3 Jahre gepointete Beobachtungen folgen. Eines der Hauptprojekte auf deutscher Seite ist Kosmologie mit Galaxienhaufen, die das Wachstum der großskaligen Struktur des Universums nachzeichnen, und von denen eROSITA rund 100’000 geeignete Exemplare sichten sollte [NACHTRAG: ein Paper zu den Erwartungen]: Seine Empfindlichkeit für Punktquellen ist – bei 0.5 bis 2 keV – 30-mal so hoch wie beim ROSAT. Und auch wenn die Winkelauflösung viel schlechter als bei Chandra ist, kann der Himmel dafür 30-mal so schnell abgescannt werden. Außer den Galaxienhaufen sollten die – in Predehls Erwartung bahnbrechenden – Röntgenkarten auch 300’000 bis 500’000 Sterne zeigen und 3 Millionen Aktive Galaktische Kerne, dazu SN-Reste, das heiße Interstellare Medium usw. Nach zwei Jahren sollen die Daten der ‚deutschen‘ Himmelshälfte frei sein.

Neuer (winziger) Astronomiesatellit der NASA im Orbit – und (fast) keiner spricht darüber …

14. September 2012

Gut, der Start der Atlas V gestern Abend in Vandenberg war wegen starken Nebels keine Schönheit (außer im Infraroten, wo es tolle Effekte zu sehen gab), und weil die Hauptnutzlast streng geheim war, endete die Liveübertragung auch bald. Aber erklärt dies, dass die NASA weder vor noch nach dem Start ein Wort darüber verloren hat, dass sich unter den 11 Kleinsatelliten, die zusätzlich an Bord waren, auch der Cosmic X-ray Background Nanosatellite („Und noch kurz gemeldet“) befand, ein immerhin von ihr im Rahmen des ELaNa-Programms gestarteter Astronomie-Satellit? Konkret darüber berichtet haben offenbar nur die Universität in Kentucky, die ihn baute (der erste Satellit komplett aus diesem Bundesstaat), und ein zugehöriges Konsortium für die Entwicklung von CubeSats. Solch ein Minisatellit aus zwei der 10-cm-Würfel ist auch der CXBN, der trotz seiner nur 2.6 kg Masse echte Astrophysik betreiben soll, indem er den diffusen Röntgenhintergrund (DXRB) bei 30 bis 50 KeV besser vermisst. Und damit vielleicht zur Aufklärung der Beiträge diverser kosmischer Objekte zu diesem allgemeinen Hintergrund-Glühen leistet. NACHTRAG: Kontakt! Und dem Satellitchen geht’s gut.

Satellit NuSTAR: Riesenerfolg, doch unsichtbar

22. Juli 2012

Seit Ende Juni haben NASA wie Caltech nichts mehr über ihren neuesten Röntgensatelliten NuSTAR – Nuclear Spectroscopic Telescope Array – verlauten lassen: Man erfuhr, dass die Wolterteleskope die erhoffte Abbildungsschärfe erzielen, aber Bilder mit mehr als einer Röntgenquelle drauf gibt es nicht. „Wir sind eine ziemlich kleine Mission, ungefähr so klein wie in der NASA-Astrophysik überhaupt möglich,“ entschuldigt das der Mission Scientist Daniel Stern am Wochenende gegenüber diesem Blog: „Unsere Manpower konzentriert sich gegenwärtig ganz stark darauf, unser Instrument zu kalibrieren und zu verstehen.“ Das Projekt ist so klein, dass für den Outreach nur ein kleiner Bruchteil der Arbeitszeit einer einzigen JPL-Mitarbeiterin zur Verfügung steht, und auch die ist jetzt noch weitgehend für die Curiosity-Landung abgezogen worden. Was zu bedauern ist, denn „wir haben eine phänomenale Mission“, so Stern: „NuSTAR entspricht den Erwartungen – und das ist ungeheuer aufregend, denn es bedeutet, dass wir über 100-mal empfindlicher sind als alles, was in der Vergangenheit bei diesen Energien geflogen ist!“ Bereits die ersten Kalibrationsdaten „schreien danach, dass wir wissenschaftliche Papers darüber schreiben“, freut sich Stern: „Kein Röntgenastronom hat je Hochenergie-Röntgendaten dieser Qualität gesehen!“ Das gibt es also auch: einen großen NASA-Erfolg, über den die sonst ständig krähende Behörde kein Wort verliert, und sie hat auch das Projekt die nächsten 6 Monate nicht verpflichtet, weitere Bilder zu veröffentlichen, während der Satellit noch optimiert wird. Lediglich ein kleines Blog der Missionswissenschaftlerin lässt in groben Zügen verfolgen, wie es voran geht: Nach Cyg X-1 wurde der Quasar 3C 273 angepeilt, und jetzt kommt gerade Sgr A* im Zentrum der Milchstraße dran. NACHTRAG: Auch ein Jubel-Press Release zu 100 Tagen im Orbit zeigt keine Bilder.

Neuer Röntgensatellit NuSTAR öffnet die Augen!

29. Juni 2012

Eine Woche nach dem Pegasus-Start am 13. Juni hat der neue NASA-Röntgensatellit NuSTAR seinen 10 Meter langen Arm ausgefahren, der die beiden Wolter-Teleskope in den richtigen Abstand von den Röntgendetektoren auf dem eigentlichen Satelliten bringen musste (wie die künstlerische Darstellung oben zeigt). Dann galt es, die Optik zu justieren – und wie nun die ersten Testbilder von Cyg X-1 zeigen, geht das schnell vonstatten. Schon jetzt liefert NuSTAR in seinem hohen Energiebereich 5-80 keV die schärfste Abbildung, die es je gab, und genau darum geht es auch: Mit dieser 10-mal besseren Auflösung, als sie bisher möglich war, besonders tiefe Aufnahmen ausgewählter Himmelsfelder zu machen, bis zu 2 Wochen lang belichtet. Vergnügen dürfen sich mit diesem Small Explorer in den 2 Jahren Primärmission nur die direkt am 165-Mio.$-Projekt beteiligten Wissenschaftler, im Falle einer Verlängerung aber auch Gastbeobachter.

Live-Blog „von“ der 219. AAS-Tagung in Texas

9. Januar 2012

Der 1. Exoplanet mit großem Saturn-artigem Ringsystem?

Es gibt nur einen einzigen beobachteten Transit dieses höchst seltsamen Objekts vor dem Scheibchen seines Sterns, aber der dauerte ~54 Tage und wurde von zwei voneinander entfernten Teleskopen verfolgt (Lichtkurven oben): Die einfachste Interpretation ist ein kleiner Begleiter des Sterns mit einem ausgedehnten Ringsystem (Grafik Mitte), der sich 2007 in die Sichtlinie schob, mit einer dicken inneren Scheibe und drei dünnen äußeren Ringen und deutlichen Lücken dazwischen. Aber weder vorher noch nachher ist auch nur ein weiterer Transit beobachtet worden: Die Bahnperiode muss mindestens 850 Tage betragen, und auch Amateurastronomen sind aufgerufen, nach weiteren Durchgängen Ausschau zu halten, um wenigstens die Jahreslänge des Objekts einzugrenzen. Auch seine Masse ist noch unbekannt; spektroskopische Messungen der Radialgeschwindigkeit sind aber beantragt. Ob man bei solch einer gewaltigen Scheibe – von der Masse ungefähr unseres Mondes! – noch von einem Ring sprechen kann, ist im Vergleich mit den Saturnringen (artist’s view unten) die Frage: Die Entdecker sprechen selber von einem „protoexosatellite system“, da sich aus den Ringen – die mehrere Lücken aufweisen – durchaus noch mehrere Monde des Objekts (sei es nun ein Planet oder ein Brauner Zwerg) bilden dürften. Die Lücken zwischen den Ringen lassen vermuten, dass die Mondbildung schon begonnen hat.

Mehrere weitere Kepler-Entdeckungen wurden auf der letzten AAS-PK ebenfalls vorgestellt: zum einen zwei weitere Exoplaneten, die um Doppelsterne kreisen. Kepler-34b und Kepler-35b gesellen sich zu Kepler-16b (siehe ISAN 146-7) und etablieren Planeten auf stabilen Bahnen um Doppelsterne als nicht mal seltene Kategorie in der Milchstraße, mit hochgerechnet Millionen Exemplaren. Beide Planeten sind etwa Saturn-groß und liegen deutlich außerhalb der habitablen Zonen (zu nahe an ihren Sonnen). Und es gibt die drei vom Durchmesser her kleinsten Exoplaneten, die alle um den Roten Zwerg KOI-961 kreisen und 0.78, 0.73 und 0.57 Erddurchmesser haben: Entdeckt wurden sie nicht vom Kepler-Team selbst sondern in öffentlichen Daten des Satelliten.

Weitere Nachrichten von der Tagung, die am Donnerstagnachmittag zu Ende gehen und keine weiteren PKs mehr bieten wird, umfassen erste Entdeckungen von ALMA, die ‚amtliche‘ Abkürzung „Jansky VLA“ (wer’s denn benutzen wird), weitere Einsichten von SOFIA, eine AAS-Rede zu LGBT-Fragen und weitere umfangreiche Impressionen vom heutigen Nachmittag und Vormittag sowie vom ganzen Dienstag. Aufzeichungen aller PKs – auch mehrerer vorangegangener AAS Meetings – sind übrigens hier zu finden! [21:45 MEZ am 11. Januar – Ende! Weitere AAS-News auf Twitter und im Cosmic Mirror]

Die fernste Typ-Ia-Supernova mit spektroskopischer Rotverschiebung – nämlich 1.55, was einem Weltalter zum Explosionszeitpunkt von nur 4.2 Mrd. Jahren entspricht – ist im Rahmen eines großen Hubble-Programms entdeckt worden, mit der WFC3 und ihren neuen IR-Möglichkeiten im Hubble Ultra Deep Field. Damit erweitert sich das kosmologische Diagramm dieser SNe (für den linken Teil gab’s letztes Jahr den Nobelpreis) deutlich, und mit weiteren so fernen SNe – mehrere Kandidaten gibt’s schon – wird sich u.a. untersuchen lassen, ob die Dunkle Energie zeitlich variabel ist. Und man wird auch sehen, wie alt oder jung ein Ia-Progenitor (siehe 19:50 MEZ) sein kann, auch hilfreich. [20:05 MEZ]

Aufwind für doppelt entartete Progenitoren der Ia-Supernovae

gab es auf der nächsten – und vorletzten – AAS-PK zu hören: Insbesondere gibt es mit dem Supernova-Rest SNR 0509-67.5 in der LMC jetzt einen Fall, wo alles andere ausgeschlossen ist als die Fusion zweier Weißer Zwerge als Ursache der Ia-Supernova. Denn eine tiefe Suche im Zentrum der Blase (die die Autoren übrigens beim Astronomy Picture of the Day ‚entdeckt‘ hatten!) hat keinerlei verbliebene Sterne – bis 26.9 mag.V herab, was +8.4 Mag.V absoluter Helligkeit entspricht, zum Vorschein gebracht: Bei allen anderen Szenarien als Weißzwerg-Fusionen bleibt aber der materiespendende Partner zurück. Allerdings mehren sich die Anzeichen, dass es mehrere Wege zu einer Ia-Explosion geben könnte, und so ist dieser eine – per se klare – Fall kein Beweis, dass alle doppelt-entartet sind.

Auch bei der Aufklärung des Vorgänger-Systems der SN 2011fe in M 101 gibt es Fortschritte: Hatte die Analyse der frühen Lichtkurve anhand der Fotometrie durch das Entdecker-Teleskop der PTF (Nugent & al., Nature 480 [15.12.2011] 344-7, zusammen gefasst in ISAN 153-4) noch eine Obergrenze des explodierten Objekts von höchstens 1/10 Sonnendurchmesser geliefert, so zeigt die Nichtdetektion der Supernova auf einer 1-Stunden-Aufnahme des Teleskops PIRATE auf Mallorca noch 7 1/2 Stunden vor dem ersten PTF-Datenpunkt bzw. etwa 4 Stunden nach der Explosion, dass das Objekt sogar höchsten 2% des Sonnendurchmessers gehabt haben kann! Eindeutig ein Weißer Zwerg also: Das folgt sowohl aus Modellierungen – und damit ein paar Annahmen – des Shock-Breakouts wie der Interaktion mit dem Massenspender. Dessen Durchmesser ist in diesem Fall weniger gut eingeschränkt, dürfte aber unter 1/10 Sonnendurchmesser gelegen haben: „a compact object of some sort“. Auch wenn es also weiter kein abschließendes Urteil zur Natur der Ia-Supernovae gibt: Das Feld ist mächtig in Bewegung geraten! [19:50 MEZ]

Das schärfste Bild des „Doppelkerns“ der Andromeda-Galaxie gab‘ auf der 1. PK des 3. Tages zu sehen: Diese Aufnahme mit Hubbles High Resolution Channel der ACS zeigt einen Haufen blauer Sterne um das mutmaßliche Schwarze Loch im Galaxienzentrum und einen Haufen roter Sterne, der es in größerem Abstand umkreist – so kommt die Illusion des Doppelkerns zustand. Andere Beiträge beschäftigten sich mit „failed AGB stars“ in der Nähe des Zentrums derselben Galaxie (wo stärkere Metallizität die Sternentwicklung beeinflusst): Die sorgen für Extra-UV-Licht. Und durch Vergleich mit anderen ähnlichen Galaxien wurde berechnet, dass die Milchstraße eine Farbtemperatur von 4840 Kelvin hat und damit sehr weiß ist: Dem Auge erscheinen ja auch Glühlicht (3000 K) und die Mittagssonne (6500 K) weiß. [17:25 MEZ]

Der VLA heißt jetzt „Karl G. Jansky Very Large Array“

Das also ist das Ergebnis der – von Astronomen wie Lokalpolitikern mit Argwohn betrachteten – ‚Volksbefragung‘ zur Umbenennung des 1980 gebauten aber seit 2000 innerlich runderneuerten (siehe Artikel 34) Radiointerferometers. Ein neues Akronym enthält die Pressemitteilung – der ’neue‘ Name wird in diesen Minuten auf der AAS-Tagung feierlich verkündet – übrigens nicht … Weitere News von der Tagung: die Rolle von Mergers (oder auch nicht), keine Hinweise auf Raumzeit-Granularität durch einen fernen GRB („Die Lorentz-Invarianz …“) und wie man sicher kein Funding bekommt (Grafik) – und weitere Berichte vom Tagungsgeschehen vom Nachmittag und Vormittag des 10. Januar und Nachmittag sowie ganzen 9. Januar. [1:45 MEZ]

Infrarot-Extravaganz Nr. 5: SOFIA und die Folgen der Sternentstehung in W3, wo der massereiche Jungstern IRS2 einen Hohlraum in das umgebende ISM geblasen hat (links im SOFIA-Bild, dessen Ausschnitt auf einer Spitzer-Aufnahme markiert ist) – ein typischer Prozess in Sternbildungsgebieten, den hier das Instrument FORCAST der fliegenden Sternwarte bei 37 µm so scharf wie noch nie betrachten konnte. [22:55 MEZ am 10. Januar]

IR-Extravaganz Nr. 4: Sternentstehungs-Statistik mit WISE anhand eines 1000-Quadratgrad-Mosaiks der Milchstraße, von dem hier nur ein Ausschnitt zu sehen ist. Die Sterndichte in verschiedenen Regionen als Funktion vom Abstand eines Konzentrations-Peaks spricht klar für eine Sternbildung in Kettenreakion, sog. triggered star formation, und gegen ein Alternativmodell mit bevorzugter Sternbildung in einer Schale. [22:45 MEZ]

IR-Extravaganz Nr. 3: Die Spitzer Cygnus X Legacy Survey, eine Durchmusterung einer der aktivsten Sternentstehungsregionen der Milchstraße, umfasst 25 Quadratgrad und hat eine große Zahl Young Stellar Objecs erwischt. [22:40 MEZ]

Infrarot-Extravaganz Nr. 1+2 (so hieß der Obertitel der letzten AAS-PK des 2. Tages): Spitzer und Herschel betrachten die Magellanschen Wolken, oben die LMC, und die SMC. Zu sehen ist kalter Staub, erstmals auf der Skala der Sternentstehung – die in den metallarmen Magellanschen Wolken so ablaufen dürfte wie allerorten vor 10 Mrd. Jahren zur Zeit der heftigsten Sternbildung in der kosmischen Geschichte. [22:25 MEZ]

Auf zu hohen (Röntgen-)Energien: RXTE, Fermi & NuSTAR

spielten bei dem nächsten Runde Pressekonferenzen auf dem Süßwarenmarkt für Astronomen AAS die Hauptrolle.

  • Der (gerade abgeschaltete) Rossi X-ray Timing Explorer hat – zusammen mit dem Radiointerferometer VLBA – den Ausbruch eines Schwarz-Loch-Kandidaten in der Milchstraße nahezu perfekt überwacht: Erst gab’s QPOs, als etwas in der Akkretionsscheibe nach innen spiralierte, dann wurden Jets herausgeschleudert: Der Zusammenhang beider zentralen Phänomene der Astrophysik lässt sich an diesem Beispiel näher ergründen.
  • Der Satellit Fermi hat den Kosmos jenseits von 10 GeV Photonenenergie erschlossen – das dauerte eine Weile, weil manche Quellen nur alle vier Monate mal ein Photon schicken! Der Vorgänger EGRET (auf dem Satelliten CGRO) hatte insgesamt nur 1500 Photonen > 10 GeV in 9 Jahren gesehen, von gerade mal 4 diskreten Quellen, alles Pulsare. LAT auf Fermi hat dagegen in 3 Jahren bereits 496 solche Quellen mit mindestens 4 Sigma nachgewiesen, galaktische wie extragalaktische: 274 sind AGNs, 25 Pulsare, 25 SNR & Pulsarwind-Nebel – aber 168 haben kein Gegenstück bei niedrigerer oder höherer Energie und bleiben einstweilen unidentifiziert. Nach 10 Jahren sollte LAT etwa 1000 Quellen >10 GeV identifiziert haben, alles Objekte mit außerordentlich energiereichen Prozessen.
  • Schließlich wurde noch der NASA-Satellit NuSTAR vorgestellt, der Nuclear Spectroscopic Telescope Array mit den ersten fokussierenden Teleskopen für 6 bis 79 keV, die ein dramatisch schärferes Bild des Himmels in diesem Energiebereich als frühere Satelliten versprechen. Während seine Webseite vor allem Beobachtungen an Supernovaresten, mutmaßlichen Schwarzen Löchern etc. als zentrale Ziele nennt, wurde in der PK betont, dass sich NuSTAR auch der Sonne zuwenden wird: in der Hoffnung, den Mechanismus der Heizung ihrer Korona aufzuklären.
Ansonsten noch frohe Kunde von Gemini (wo die AO jetzt ein 90″-Feld korrigiert), eine Lichtverschmutzungs-Story und Werbung für’s JWST bei den Postern. [20:45 MEZ]

Drei aus dem Rahmen fallende Galaxienhaufen

waren das Thema der ersten Pressekonferenzen am 2. Tagungstag (an dessen Ende gegen 1:30 MEZ übrigens die – umstrittene! – Umbenennung des Very Large Array verkündet werden soll):

Von der Tagung gibt’s außerdem einen Bericht und noch einen über den Vortrag „Big Science in Crisis“, Tagungs-Impressionen aus Zooniverse-Sicht, einen Artikel über das Missions-Proposal FINESSE und die PM zur LOFAR-PK in Englisch (und einen Artikel dazu) sowie einen Bericht von einer Vortagung über Venustransits in der Geschichte. [18:35 MEZ]

Und war da noch … jenseits der Pressekonferenzen

am ersten Konferenztag zum Beispiel von der Entdeckung zweier weiterer Planetenkandidaten durch die Planethunters und von einem Exoplaneten mit 10 Jahren Umlaufszeit zu hören sowie von Spekulationen über einen Exomond von Kepler 16b. Eine andere Arbeitsgruppe hatte ebenfalls (siehe 9. Januar, 18:10 MEZ) eine große Karte der Dunklen Materie im Kosmos zu bieten, das James Webb Space Telescope – das finanziell angeblich aus dem Gröbsten raus sei – wurde schon mal vorab gelobt und vermutet, dass Chandra noch weitere 20 Jahre durchhalten könnte. Der erdgebundenen US-Astronomie geht’s dagegen nicht so gut. Und dann war da noch der Astronaut S. Hawley, der in einer Festrede zu 50 Jahren bemannter Raumfahrt behauptete, Shepard hätte vor Gagarin im All sein können, wenn man nicht wegen der Schwierigkeiten beim Flug des Schimpansen Ham den menschlichen Flug noch mal verschoben hätte. [0:05 MEZ]

Erste vielversprechende Ergebnisse von LOFAR, dem europaweiten Radio-Interferometer, das sich der Fertigstellung nähert aber schon jetzt Wissenschaft produziert: oben ein typisches Einzelbild einer großen Himmelsdurchmusterung (deren Parameter darunter stehen), eine Pulsarbeobachtung und ihre Auswertung (die überraschend nahelegt, dass die Radiostrahlung bei allen Wellenlängen aus der selben Region der Pulsarmagnetosphäre kommt) sowie ein Ausblick auf den möglichen Nachweis eines Signals aus der Ära der Reionisation (EoR) des Kosmos – das sich in etwa einem Jahr aus dem Rauschen schälen können sollte, wenn viele Daten aufintegriert sind. [22:15 MEZ am 9. Januar]

Erste Ergebnisse von APOGEE, dem neuesten Subprojekt der SDSS-III, dessen aufwändiger IR-Spektrograph vor wenigen Monaten den Betrieb aufnahm. Ziel ist die Spektroskopie eines gehörigen Teils der Milchstraße, um ihre Struktur besser zu verstehen: Die detailreichen Spektren verraten sowohl Chemie (oben) wie Radialgeschwindigkeit (Mitte: Verteilung im markierten Feld). Und der Vorgänger SEGUE-2 ist auf Sterne auf Abwegen gestoßen. [19:25 MEZ]

Die große Astro-Show hat begonnen: Wie jeden Januar steigt diese Woche eine der größten Astronomie-Tagungen des Jahres, diesmal in Austin, Texas: Seitens der Teilnehmer wird – was bei entsprechenden Tagungen in Europa leider noch nicht der Fall ist – kräftig gebloggt und getwittert. Und es gibt neun Pressekonferenzen, die auch per Webcast verfolgt werden können. Bei der ersten gerade (oben das Panel, mit 75% Frauenanteil) ging es um die Beobachtung von Dunkler Materie: ihre Kartierung auf der bisher größten Skala per Weak Lensing – und die Vermessung von DM-Halos einzelner Galaxien durch Gravitationseffekte von Nachbargalaxien auf den Wasserstoff in der ausgedehnten Scheibe. Ein Ableger einer Technik, den dieselbe Gruppe schon ein Jahr zuvor präsentiert hatte („‚Dunkle‘ Galaxien …“). [18:10 MEZ]

ROSAT kommt! DLR: 21.-25. Zimmer: 24.±1 Tag

15. Oktober 2011

Eine Woche noch bis zum Reentry des deutschen Röntgensatelliten ROSAT, von dem mehr die Reibungshitze überstehen sollte als letzten Monat vom UARS (siehe ISAN 146-6). Der endete schließlich mitten im Pazifik und folgte damit der statistschen Erwartung, aber noch kann der ROSAT jeden Punkt zwischen 53°N und S treffen. Zur Zeit ist er übrigens gut über Europa zu sehen! Und wann ist’s vorbei? Das direkt verantwortliche DLR nennt auf seiner Webseite zum Reentry seit ein paar Stunden das Intervall 21. bis 25. Oktober (zuvor: 20.-25.10.), und praktisch zeitgleich hat der Satellitenbahn-Veteran Harro Zimmer seine eigene Analyse publik gemacht: 24. Oktober ±1 Tag. Einen Tag früher hatte sich der Satellitenexperte Ted Molczan für das Intervall später 22. bis früher 24. Oktober UTC ausgesprochen und mit dieser Grafik argumentiert, in der sich der Vorhersagezeitpunkt seit einer Woche stabilisiert hat (und die SpaceWeather an erster Stelle nennt, noch vor den DLR-Angaben).

Ebenfalls vom 13. Oktober stammt die Analyse in dieser Grafik, wo der Trend der letzten drei Wochen (rosa Fit) zur selben Zeit gleichfalls auf den 22. als Absturztag (Kreuzung mit der roten Linie) weist. Der UARS-mäßige Medienrummel – letzte Gedanken dazu hier (früher), hier und hier – hat bereits wieder eingesetzt, wobei der Inhalt aller Artikel nahezu identisch ist und weitgehend der DLR-Webseite folgt (General-Anzeiger, Spiegel, Stuttgarter Zeitung, Space Policy Online, Spaceflight Now, Space.com, Cosmic Log, Daily Mail, Space Today, VivaNews etc.) – nur im 50-Minuten-Podcast RaumZeit gab’s ein wenig mehr Details zu den technischen Umständen. Weitere unabhängige Prognosen dürften am ehesten auf der SatObs-Mailing-Liste zu finden sein. Und natürlich gibt’s für die letzten Stunden ROSATs – der Blogger war 1990 auf der Launch Party in einem Bierzelt mit Blasmusik auf dem DLR-Campus in Oberpfaffenhofen! – auch wieder ein Live-Blog mit offenem Ende …

Eine Durchmusterung des Röntgenhimmels – entstanden auf der Raumstation

14. Dezember 2009

Wie bitte: Auf der International Space Stations wird Astronomie betrieben? Aber ja: Seit am 24. Juli per Robotarm der zuvor von der Endeavour angelieferte Monitor of All-Sky X-ray Image (MAXI) auf der Exposed Facility des japanischen Moduls Kibo installiert wurde, spielt die Raumstation Röntgensternwarte – und ihre rasante niedrige Bahn um die Erde wird gezielt dafür ausgenutzt, um immer wieder den Himmel zu durchmustern. Alle paar Monate entsteht so eine neue Karte wie diese erste, für die zwei Monate vom 15. August bis 29. Oktober mit der Gas Slit Camera gemessen wurde. Helligkeitsschwankungen von etwa 1000 Einzelquellen können so überwacht werden, und bis Ende November gab es schon fünfmal Alarm wegen plötzlicher Ausbrüche.

Stephan’s Quintet – mit richtigen und Röntgen-Augen

10. Juli 2009

stephq

So sähe die bekannte Galaxiengruppe aus, wenn man sie gleichzeitig im sichtbaren und Röntgenlicht sehen könnte: Letzterem – beobachtet vom Satelliten Chandra – wurde hier die Farbe Zyan zugeordnet. Die Galaxie NGC 7318b saust durch die Galaxien und schockt dabei offenbar intergalaktisches Gas, das deswegen im Röntgenlicht aufglüht, aber auch andere Quellen tragen zur Emission bei.