Posts Tagged ‘Sonnensystem’

Comets make news: Garradd’s weird tails, more amateur discoveries – and Lovejoy heads north

17. Februar 2012

Jede Menge Links zu Bildern von Garradd mit seinen weit aufgespannten Schweifen vom Februar und viel Aktuelles mehr quer durch’s Sonnensystem – aus auch dem Kuiper-Gürtel (hier ein 5-Minuten-Vortrag über Plutos wahre Rolle im Sonnensystem vom San Diego SpaceUp), von USA-Boliden (ein TV-Bericht über ein Event vom 13. Februar) und Polarlichtern (ein britisches TV-Feature über einen Aurora-Jäger) – im neuen Cosmos 4 U!

Weitere größere Artikel

Komet Garradd jetzt zirkumpolar und mit verrückten Schweifen.

Wenn eine Zwerggalaxie eine andere verspeist: der Fall NGC 4449.

Kürzere Artikel

Zwei neue Amateurentdeckungen von Kometen, MOSS und Bruenjes.

Prioritätsstreit um potenziell bewohnbaren Exoplaneten Gliese 667Cc.

Schluckt das Zentrum der Milchstraße Kleinplaneten? Das könnte die fast täglichen Flarechen erklären.

Ist der Merkur heute noch ein bisschen … aktiv?

10. Oktober 2011

Die ersten erstaunlichen Erkenntnisse des MESSENGER aus dem Merkurorbit wurden schon im Juni ausgiebig präsentiert – jetzt haben 7 wissenschaftliche Papers (Science 333 [30.9.2011] 1847-68), zwei Pressekonferenzen und Vorträge und Poster auf einer großen Planetentagung einiges davon vertieft und noch mehr Einsichten hinzu gefügt:

  • Es gibt verbreitet auf der ganzen Oberfläche eine bisher im Sonnensystem unbekannte Geländeform, die „Hollows“ getauft wurde – Dutzende Meter bis ein paar Kilometer große Vertiefungen, die innen wie auch drum herum meist ausnehmend hell sind (Bild oben vom Rand des Raditladi-Impaktbeckens; hier markiert: gelb = hollows auf dem Randgebirge, weiß = auf dem Beckenboden). Die beste Erklärung sind aufgeplatzte Hohlräume, in denen sich flüchtige Elemente knapp unter der Merkuroberfläche gehalten haben, bis sie von einem internen oder externen Prozess befreit wurden (wie bei so mancher MESSENGER-Entdeckung gibt es derzeit noch jeweils einen ganzen Katalog von Hypothesen). Und das geschah offenbar auch noch in jüngster Vergangenheit und passiert womöglich auch heute noch.

  • Ein weiteres Indiz für den unerwarteten Reichtum Merkurs an flüchtigen Substanzen also, wovon auch der schon berichtete große Schwefelanteil des Gesteins und ein Kalium/Thorium-Verhältnis sprechen, das zu den anderen terrestrischen Planeten aber nicht dem Erdmond passt. Der beste kosmochemische Verwandte Merkurs wäre nach den MESSENGER-Erkenntnissen ein teilweise geschmolzener Enstatit-Chondrit – aber wo kommt dann der gewaltige Eisenkern her, den die Masse des Planeten erfordert, und warum ist Merkur so klein? Praktisch alle populären Entstehungsmodelle des Planeten – schwerer Impaktschaden, massiv Oberfläche von der Sonne weggebrannt etc. – sind vermutlich hinfällig, obwohl nicht im Detail klar ist, wie gründlich bei solch heißen Prozessen dabei eigentlich flüchtige Substanzen ausgetrieben werden.

  • Die nördlichen hohen Breiten Merkurs werden von einem riesigen Feld Flutbasalt bedeckt, der 6% der Planetenoberfläche ausmacht und lokal bis zu 2 km dick ist: Diese Natur der schon von Mariner 10 entdeckten „smooth plains“ haben die detailreichen Aufnahmen MESSENGERs nun anhand vieler geologischer Details bestätigt und auch einige der möglichen Öffnungen gefunden, aus denen die Lava vor 3.5 bis 4 Mrd. Jahren heraus geschossen sein dürfte. Eine derartig gewaltige Überflutung weiter Landstriche durch Lava – es hätte für 60% der Fläche der USA gereicht – gibt es auf der heutigen Erde bei weitem nicht, aber es war offenbar ein wichtiger Prozess im jungen Sonnensystem.

Seit der Ankunft MESSENGERs ist übrigens gerade ein Merkurtag (der länger als ein Merkurjahr dauert) vorüber: Die Kameras der Sonde haben damit die gesamte Oberfläche einmal unter identischer Beleuchtung gesehen und in Schwarzweiß mit 250 m und in 8 Farben mit 1 km Auflösung im Kasten. Das Mosaik ist zu 99% komplett: Nur wenige Lücken müssen im weiteren Verlauf der Mission geschlossen werden, deren Entdeckungs-Serie sicher noch nicht zuende ist. Johns Hopkins, Brown, Carnegie Releases, Nature News 29.9., S&T 3., EPSC Release, Planetary Society Blog 5.10.2011

Verblüffende Merkur-Erkenntnisse aus dem Orbit: der Planet ist voller flüchtiger Elemente – und sein Magnetfeld um 1/5 nach Norden verrutscht

16. Juni 2011

Außer einem Pretty Picture pro Tag mit karger Unterschrift waren seit dem Orbit-Einschuss von MESSENGER am 18. März keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Merkur in die Welt gelangt – aber das hat sich heute Nachmittag mit einer Pressekonferenz gründlich geändert: Chemie wie Physik des innersten Planeten sind ganz anders als gedacht, er wird dem Mond, dem er nur sehr oberflächlich zu gleichen scheint, immer unähnlicher, und in seiner Komplexität ist er den anderen drei terrestrischen Planeten des Sonnensystems ebenbürtig. All dies Erkenntnisse der sieben Instrumente an Bord des NASA-Orbiters, der jetzt 1/4 seiner 1-Erd-jährigen Mission hinter sich hat und bereits ein Merkur-Jahr, ein Perihel und eine Sonnenkonjunktion (von der Erde aus gesehen) überstanden und gerade seine erste Bahnkorrektur absolviert hat, die die Apoapsis wieder auf 200 km absenkte. Alle Instrumente trotzen den extremen Bedingungen in der Merkur-Umlaufbahn, und die Fülle der neuen Erkenntnisse umfasst insbesondere dies:

  • Der Merkur enthält erstaunlich viel flüchtige Elemente, die ihm bei einer vielfach vermuteten heißen Entstehungsgeschichte eigentlich gründlich ausgetrieben worden sein müssten. So ist sein Verhältnis des flüchtigen Kaliums zum nichtflüchtigen Thorium größer als bei den anderen terrestrischen Planeten (Grafik oben) und erst recht beim per Impakt entstandenen Erdmond. Ebenso enthält der Merkur mindestens 10-mal mehr Schwefel als Erde und Mond, was ebenso (wie auch die berühmte Natrium-Atmosphäre des Planeten, siehe ISAN 54-5) für eine Welt spricht, die keine heiße Vergangenheit hatte. Auch in seiner Chemie insgesamt liegt der Merkur isoliert im inneren Sonnensystem (Grafik Mitte): Entstand er aus anderen Bausteinen? Ging es im inneren solaren Urnebel anders zu? Hat seine Evolution seither (z.B. exotischer Vulkanismus, der besonders viel Schwefel förderte) die Chemie seiner Oberfläche markant verändert?

  • Das Magnetfeld Merkurs ist um 1/5 nach Norden verrutscht, d.h. der magnetische Äquator des Planeten liegt 480 km nördlich des geografischen: Der Dynamo im Inneren muss ganz anders gestrickt sein als bei der Erde. Kurioserweise ist auch das Feld des Gasplaneten Saturn in ähnlicher Weise (aber nicht so stark) versetzt, was nun immerhin kein Alleinstellungsmerkmal im Sonnensystem mehr ist. Das verrutschte Merkurfeld führt dazu, dass eine viel größere Fläche um den Süd- als um den Nordpol dem Sonnenwind direkt ausgesetzt ist und „Weltraumverwitterung“ erleben sollte: Das werden entsprechende MESSENGER-Instrumente noch überprüfen. In der Folge der Magnetfeldstruktur treten auch nur in mittleren Nordbreiten große Ausbrüche energiereicher Elektronen auf (Grafik unten), die bei den drei äquatornahen Vorbeiflügen MESSENGERs mithin nicht registriert werden konnten. Dafür aber einst von Mariner 10 – und nun regelmäßig „wie ein Uhrwerk“, und das von einem Instrument, das dafür gar nicht gedacht war: Wenn die Elektronen die Hülle des Orbiters treffen, erzeugen sie charakteristische Röntgenstrahlung.

  • Finstere Merkurkrater könnten Riesenmengen Wassereis enthalten, sogar mehr als in stets schattigen polaren Kratern auf dem Erdmond geparkt ist: Noch ist dies eine kühne Extrapolation, aber nicht mehr lange. Vor 20 Jahren waren per irdischem Radar stark reflektierende Zonen an den Merkurpolen entdeckt worden, die zu Kratern passten – und in einem Fall hat der Laserhöhenmesser MESSENGERs bereits zeigen können, dass dieser 25-m-Krater tatsächlich tief genug ist, dass auf seinen Boden nie die Sonne scheint. Der erste Test der Eis-Hypothese wurde also „mit wehenden Fahnen“ passiert, aber viele werden noch folgen: nicht nur bei anderen Kratern sondern auch mit MESSENGER-Instrumenten, die das Eis direkt(er) nachweisen können sollten, namentlich durch erhöhten Wasserstoffgehalt. Derweil hat der Höhenmesser schon über 2 Mio. Messungen geliefert (die Höhenunterschiede auf dem Merkur übersteigen 9 km; besonders tief liegt der Norden), während die Kamera mehr als 20’000 Bilder machte und die Merkurkarte gerade an den Polen dank direkter Überflüge schon stark verbessert hat.

Der Merkur hat sich in den ersten Monaten von MESSENGER (siehe Artikel 938b) im Orbit – mehr noch als nach dem ersten, zweiten und dritten Flyby auf dem langen Hinweg – als ein „Planet mit eigener Persönlichkeit“ entpuppt: Das „hat uns etwas zu sagen“ über die Zustände bei der Bildung des inneren Sonnensystems. Und sogar noch mehr: In vielen Exoplaneten-Systemen ist man auf (zuweilen nur wenige Erden große) Planeten gestoßen, die ähnlich nahe um ihre Sonnen kreisen wie der Merkur um unsere. Die Vielfalt der vier inneren Planeten des Sonnensystems, die sich durch die Merkur-Erkenntnisse erneut vergrößert hat, läßt da einiges an Möglichkeiten erwarten.

Der Kern von Tempel 1 – nochmal ganz anders

20. Februar 2011

Als Ergänzung zu der groben Animation des Tempel-Kerns hier eine von Daniel Macháček gemorphte Version aus 12 Stardust-Bildern – lohnt auch in HD zu betrachten (via „YouTube“-Button; ‚360p‘ auf ‚720p‘ umstellen)! Und es gibt die Staub-Treffer zu hören

Die linke Hälfte eines Panoramas des Sonnensystems von MESSENGER, entstanden letzten November: Anklicken liefert das komplette Bild, das an Voyagers Panorama 20 Jahre früher erinnert; Uranus und Neptun fehlen leider.

Italien aus Sicht von Envisats Medium Resolution Imaging Spectrometer am 25. Januar mit 300 Metern Auflösung.

Zwergplanet Pluto die Welt des Sonnensystems mit den rasantesten Veränderungen?

4. Februar 2010

Sieht man von Kometenkernen und kollidierenden Kleinplaneten einmal ab, dann ist der Zwergplanet Pluto – dessen Entdecker übrigens heute 104 geworden wäre – derjenige Körper im Sonnensystem, dessen Oberfläche sich am rasantesten verändert: Das zeigen insbesondere Hubble-Aufnahmen aus dem Zeitraum 1994 bis 2003, die erst jetzt allesamt ausgewertet sind und gemeinsam betrachtet werden können. Oben fünf Gesamtkarten von Pluto (Norden links) aus – von links – Photometrie aus den Jahren 1954-1990 und insbesondere den gegenseitigen Bedeckungen von Pluto und Charon, von 1994 von der Faint Object Camera auf dem Hubble Space Telescope im UV und Blauen und von 2002/3 mit dem High Resolution Channel der Advanced Camera for Surveys ebenfalls auf Hubble, im Blauen und Grünen.

Die Auswertung der ACS-Bilder hat sich hingezogen, denn der Planet ist auf jeder Aufnahme nur wenige Pixel groß (drei Bilder rechts), was bei der schon lange wieder ausgebauten FOC (links) mit ihrer extrem hohen Vergrößerung noch anders war. Die Zahlen geben jeweils den Zentralmeridian an; die Rotationsperiode Plutos ist zum Glück bekannt: So konnten die ganze ACS-Serie schließlich – Stichwort: Dithern – mit enormem Rechenaufwand zu einer Gesamtkarte mit doch beachtlicher Auflösung vereinigt werden, die mit derjenigen nach den FOC-Bildern wie auch der alten Karte aus den Mutual Events vergleichbar ist. Und daraus ließen sich wieder künstliche Plutos erzeugen:

Plutoansichten 2002/3 mit Zentralmeridian 90°, 180° und 270° und ungefähr echter Farbe: Die braune Grundfärbung kommt wohl durch Methan zustande, das vom UV-Licht der fernen Sonne zu komplexen, C-reichen Molekülen verarbeitet wird, der helle Fleck auf dem mittleren Bild ist CO2-Frost, den sich die Sonde New Horizons 2015 aus der Nähe ansehen wird. Wer weiß, wie sich der Zwergplanet bis dahin noch verändert haben wird. Von 1994 bis 2002 ist beispielsweise der Norden deutlich heller und der gesamte Planet röter geworden.

Bilder dieser Qualität wird es vor der Ankunft der Sonde nicht mehr geben: Zwar waren 2008 neue ACS-Aufnahmen geplant, aber kurz bevor es so weit war, fiel die Kamera aus – und der nötige Kanal HRC war nicht reparabel. Es gibt nur – nicht veröffentlichte – Bilder geringerer Schärfe der WFPC2, und ab diesem April werden mit der neuen WFC3 fünf Monate lang neue Aufnahmen gemacht: Auch sie werden nicht die Auflösung von ACS-HRC oder gar FOC erreichen, aber wenigstens weitere Farbveränderungen würden sich nachweisen lassen, hieß es gerade auf einer NASA-Telecon.

NASA und HST Press Releases, Pluto-Infos von Marc Buie, der die HST-Daten auswertete, und frühe Artikel von Discovery und Space.com. NACHTRAG: Artikel von Planetary Society, Universe Today, Bad Astronomy und Cosmic Log. NACHTRAG 2: Ein detailliertes Paper ist tags darauf erschienen, als freies PDF und – nur für AJ-Abonnenten – in HTML, Software inklusive! (Ein weiteres Paper – hier als freies PDF – befasst sich mit HST-Messungen von Plutos Lichtkurve.) NACHTRAG 3: was die Albedo-Strukturen bedeuten könnten.