Posts Tagged ‘Sternwarte’

Ein kleines Juwel der Astronomiegeschichte: die Stockholmer Sternwarte aus dem 18. Jahrhundert

27. Mai 2013

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Die alte Stockholmer Sternwarte damals und heute: Ein liebevoll gestaltetes Diorama (oben und unten) stellt die Beobachtung des Venusdurchgangs am 7. Juni 1761 durch deren langjährigen Leiter Pehr Wilhelm Wargentin und Kollegen – nebst allerlei Adel – in der großen Beobachtungshalle dar. Diesen damals meistgenutzen Raum, der aber selten so voll war, zeigt das mittlere Bild in seinem heutigen Zustand.

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Wargentin (1717-1783; links) und der Instrumentenbauer Daniel Ekström (1711-1755): Die Gemälde hängen in Wargentins ehemaligem Arbeitszimmer. Wie hier schon dargelegt, könnte Wargentin bei nämlichem Transit einer der Entdecker der Venus-Atmosphäre geworden sein.

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Ein achromatischer Dollond-Refraktor mit ca. 180-facher Vergrößerung, den Wargentin 1761 angeschafft hatte – vermutlich kam er bei der Transit-Beobachtung zum Einsatz!

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Davor ein Spiegelteleskop von James Short aus der Mitte des 18. Jahrhunderts: Der populäre englische Teleskopentwickler belieferte damals Sternwarten in ganz Europa.

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Ein Himmelsglobus von Anders Åkerman aus Uppsala von 1759 (dem wichtigsten schwedischen Globenmacher dieser Zeit mit über 100 Exemplaren) und ein Planetenmodell des Engländers William Jones von 1794.

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Diese Teleskope und Modelle befinden sich jetzt im alten Meridian-Raum der Sternwarte – und auch der Meridiankreis selbst, den der Engländer John Bird 1762 geliefert hatte.

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Ein Zirkumferentor von Daniel Ektröm von 1750, der zu Winkelmessungen waagerecht und senkrecht eingesetzt werden konnte.

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Ein Quadrant von John Bird von 1757 – in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eines der meistgenutzen Instrumente der Sternwarte.

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Ein Gregory-Reflektor von William Cary vom Ende des 18. Jahrhunderts.

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Allerlei Gerätschaften in einer Art Wunderkammer der Sternwarte, allesamt nicht beschriftet.

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Außenansicht der Sternwarte von Norden (die N-S-Ausdehnung ist wesentlich größer): Die Kuppel wurde erst viel später oben drauf gesetzt …

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… und beherbergt diesen ca. 100 Jahre alten Zeiss-Refraktor, der heute noch für öffentliche Beobachtungen eingesetzt wird. Auch der rein mechanische Antrieb der Nachführung soll noch tadellos funktionieren.

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Zu guter Letzt noch ein Blick in den Sternwarten-Shop: Oben hängt die Venus des Sweden Solar System, des mit einem Maßstab von 1:20 Mio. größten ‚Planetenwegs‘ der Welt, der 1000 km quer durch’s Land reicht.

Mysterium um vermeintliche alte Sternwarte im norwegischen Bergen endlich gelöst …

4. Februar 2013

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Es war bei der Rückkehr von der zweiten Aurora-Reise auf der Hurtigruten gewesen, als diesem Blogger bei der Annäherung an die Halbinsel Nordnes der Stadt Bergen ein imposantes Gebäude mit einer großen offensichtlichen Sternwarten-Kuppel aufgefallen war – auf der wiederum äußerst unastronomisch eine waagerecht schauende Richtantenne angebracht war. Dem Staunen wurde damals hier, hier und hier Ausdruck verliehen: Mit Hilfe von Google Maps konnte immerhin festgestellt werden, dass das Gebäude einerseits den typischen Grundriss einer alten Sternwarte hatte und dass dort andererseits heute das Institutt for sosialfag og vernepleie – „Soziale Arbeit und Soziales“ in Google-Übersetzung – der Høgskolen i Bergen residiert. Aber jede Suche nach einer astronomischen Vergangenheit des Gebäudes lief ins Leere. Hingegen fand sich das Paper Astronomy in Service of Shipping: Documenting the Founding of Bergen Observatory in 1855 – und dessen Autor, der Geodäsie-Professor B. R. Pettersen, klärte das Mysterium dankenswerterweise gegenüber diesem Blog endlich auf.

Es handelt sich bei dem heute sichtbaren – und dank seiner Lage sogar ziemlich auffälligen – Bauwerk um eine ehemalige Schule für Navigation, die ca. 1903 genau am Ort der dafür abgerissenen ursprünglichen Bergener Sternwarte errichtet worden war! In der Kuppel saß einst ein Transitinstrument, das für die genaue Zeitbestimmung benutzt wurde: Damals hat man die noch an vorbei fahrende Schiffe weiter gegeben, z.B. mit einem „Timeball“ (wie er heute noch auf der Sternwarte in Greenwich sitzt). Später wurde das Teleskop stillgelegt (bei einem Besuch vor ein paar Jahren fand Pettersen keinerlei Astro-Hardware mehr vor), und zwecks Unterrichtung modernerer Navi-Methoden ein Schiffsradar kurzerhand auf die Kuppel gesetzt! Und als das Gebäude im Rahmen von Umstrukturierungen der Hochschule umgewidmet wurde, hat man Kuppel wie Radar kurzerhand oben gelassen. Als der Blogger dieser Tage zu einer dritten Hurtigruten-Aurora-Fahrt aufbrach, warteten sie schon, wie die Bilder unten – direkt vom Anleger in der Dämmerung bzw. kurz vor’m Ablegen vom Rettungsdeck aus – zeigen.

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Live-Blog zur Lage des Siding Spring Observatory

13. Januar 2013

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„Kein Teleskop hat wohl größeren Schaden genommen“

So lautete um 22:40 MEZ = 8:40 Ortszeit das erste Fazit der Australian National University (auch hier und hier erwähnt): „The Observatory has survived with some damage and some loss of buildings. An initial assessment indicates that five buildings have been severely affected or damaged, including the Lodge used to accommodate visiting researchers and a number of cottages and sheds. A fire has been extinguished at the Visitors Centre this morning. We expect the Visitor Centre has been severely damaged. An initial visual assessment indicated that no telescopes appear to have received major damage, but the impact of the fire on the instruments will not be known until later today.“ Oben ein weiteres Feuerwehr-Bild vom Morgen, mit intakten Kuppeln in verbrannter Landschaft. [23:35 MEZ – Ende. NACHTRAG: Das SSO ist erst mal 2 Wochen dicht, um Schäden zu sichten und zu beseitigen, und die Teleskope liegen bis auf Weiteres still, sind aber laut Bauers Blog nach erstem Augenschein o.k. (und auch das Mopra-Radioteleskop); alles Zerstörte war komplett versichert]

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Die niedergebrannte Besucher-„Lodge“ der Sternwarte auf einem aktuellen Luftbild der Feuerwehr: neben dem Besucherzentrum und ein paar Wohngebäuden wohl das einzige sichere Opfer des Waldbrandes – weitere Fotos vom Morgen danach in einem FB-Album der Feuerwehr! Man hat allerdings noch nichts vom Schicksal des Mopra-Radioteleskops gehört. [23:05 MEZ = 9:05 Ortszeit]

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Die HATS-Gebäude stehen noch am Morgen danach; laut einer – finnischen – Quelle ist v.a. das Besucherzentrum des SSO betroffen. [21:05 MEZ] Das Feuer selbst ist jedenfalls etwas weniger gefährlich geworden. [21:25 MEZ] Ein weitwinkligeres Webcam-Bild von Faulkes Süd zeigt auch keine Schäden. [21:30 MEZ] Und die Feuerwehr vor Ort. [22:05 MEZ] Und weitere Morgen-Fotos hier und hier und neue Updates hier. [22:35 MEZ]

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Die Sternwarte vor 15 Minuten aufgenommen von einer Webcam des Faulkes-Süd-Teleskops, dem es gut gehen soll, im Morgengrauen. Der erste Eindruck nach dem Bild scheint erfreulich; man hatte u.a. Spezialfarbe verwendet, die feuerfest sein sollte. [20:30 MEZ = 6:30 Ortszeit] Und Amanda Bauer live-bloggt wieder, noch ohne neue Erkenntnisse. [20:35 MEZ] Laut einem Feuerwehr-Chef sind die Teleskope o.k., aber es wurden einige Gebäude zerstört. [20:40 MEZ]

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Zustand Australiens größter Sternwarte nach Waldbrand noch unklar; Anglo-Australian Telescope steht noch

Heute haben die australischen Waldbrände auch das Siding Spring Observatory im Warrumbungle National Park in New South Wales überrannt – und wie stark das Dutzend Teleskope dort und die Infrastruktur Schaden genommen haben, ist derzeit noch unklar; alles Personal wurde jedenfalls rechtzeitig evakuiert. Informationsquellen sind bislang die Bilder von Webcams wie das obige vom HAT-South Telescope Network von vor 6 Stunden (kein Link; die Feuerwehr bittet, auf die Webcam-Server nicht zuzugreifen) oder Zeitraffer vom Faulkes-Süd-Teleskop (oben, auch hier) oder vom Radioteleskop Mopra in denselben Bergen, ein viel zitierter Live-Blog von Amanda Bauer und ein Status-Bericht von Robert McNaught, dazu sporadische australische Zeitungsartikel wie dieser, dieser, dieser, dieser oder dieser. Definitiv o.k. scheint das große Anglo-Australian Telescope zu sein (unten ein Luftbild der Feuerwehr kurz vor Eintreffen der Front), aus dessen Kuppel es seither Messwerte gibt, die bei nur 20°C liegen, ein Astronom hat aus der Ferne gesehen, dass mindestens fünf der Kuppeln noch stehen, und die Feuerwehr vor Ort bestätigt ebenfalls das Überleben des AAT(-Kuppelbaus). Das Disaster auf dem Mt. Stromlo vor fast exakt 10 Jahren (siehe Artikel 593) hat sich heute hoffentlich nicht wiederholt … [18:30 MEZ = 4:30 morgens Ortszeit]

Klein aber oho: Astro-Geschichte in Mannheim

19. September 2011

Im Rahmen des Treffens des Arbeitskreises Astronomiegeschichte im Rahmen der Jahrestagung der Astronomischen Gesellschaft heute in Mannheim gab es die Möglichkeit, die Abteilung Astronomiegeschichte des ‚Technoseums‘ (ehem. BW-Landesmuseum für Technik und Arbeit) zu bestaunen: zwar nur wenige Quadratmeter des riesigen Museums, aber gefüllt mit edlen Exponaten, vor allem aus dem Inventar der ehemaligen Mannheimer Sternwarte aus dem 18. Jahrhundert. Während deren Gebäude – hier ein Modell von 1991, das den Zustand um 1792 zeigt – vor sich hin gammelt und jetzt von einem Aktionsbündnis gerettet werden soll, sind die Schmuckstücke im Museum gesichert (und können vielleicht eines Tages an den alten Ort zurück). Als da z.B. wären:

Ein Mauerquadrant aus London von 1775 mit 2.5 m Radius und 450 kg Masse, der in dem merkwürdig vorstehendenen Bau des fünfstöckigen residierte und v.a. für Doppelsternbeobachtungen eingesetzt wurde, hier erläutert von Kurator Kai Budde.

Ein Refraktor mit Heliometer-Objektiv von Dollond aus der 2. Hälfte des 18. Jh., 1769 in London erworben, im Zusammenhang mit dem Venustransit dieses Jahres; wichtigte Teile der Mechanik fehlen leider.

Ein „Sternfinder“ von G. F. Brander (Augsburg) von 1776 mit einer aufwändigen Äquatorialscheibe.

Ein Tellurium aus London von 1796, dessen Räderwerk – das wie aus einem modernen Baukasten aussieht aber original ist – mit einer Handkurbel in Bewegung gesetzt wurde.

Zwei Himmelsgloben und ihre interessanten Details: oben einer von D. R. de Vaugondy aus Paris von 1751, auf dem das von Hevelius eingeführte aber wieder verschwundene Sternbild ‚Kleines Dreieck‘ unter dem richtigen Triangulum zu sehen ist, und der Hase auf einer Globus von ca. 1804 nach Sternkarten von J. E. Bode.

Ein Detail aus dem Sternbeobachtungsbuch Liber III von Christian Mayer von 1778/79 – als ob er es gestern geschrieben hätte!

Zum Schluss noch das – für diesen Blogger – erstaunlichste ‚Fundstück‘ aus der Mannheimer Ausstellung: eine colorierte Darstellung der Venus-Transits von 1761 und 1769 in dem Buch „Die Bestimmung der denkwürdigen Durchgänge der Venus durch die Sonne …“ von G. F. Kordenbusch von 1769 (als einziges Bild dieses Artikels durch Anklicken erheblich größer zu erhalten). Die Mannheimer Sammlung kann es zwar nicht mit der Pracht z.B. des Astronomisch-Physikalischen Kabinetts in Kassel (herunterscrollen) aufnehmen oder dem breiten Anspruch der großen IYA-Ausstellungen 2009/10, repräsentiert aber mit der Konzentration auf eine bestimmte Epoche vor über 200 Jahren eine bestimmte Phase der Astronomiegeschichte in anschaulicher Weise, neuerdings auch ergänzt durch bewegliche Modelle zur ‚Hands-On‘-Verdeutlichung einer Prinzipien astronomischer Instrumente. Besucher von Heidelberg – die auf der alten Landessternwarte schon eine Menge Astro-Geschichte geboten bekommen – oder Mannheim sollten den Ausflug ins oberste Stockwerk des Technoseums nicht versäumen!

Kosmische Kuriosa kompakt

15. November 2009

ESA bestellt Mondorbiter – Studenten machen den Rest

Das Education Office der europäischen Weltraumbehörde hat für einen nicht genannten Betrag bei dem britischen Kleinsatellitenhersteller Surrey Satellite Technology Ltd. einen Mondorbiter bestellt: Viel kann er eigentlich nicht kosten, denn den Großteil der Arbeit sollen Studenten erledigen. In eine Mondumlaufbahn soll der European Student Moon Orbiter 2013 oder 2014 gebracht werden. (Homepages bei ESA und Warwick, Wikipedia, ESA, SSTL Press Releases 6.11.2009)

Die großen offenen Fragen der Physik

wurden im Oktober im Rahmen eines großen Festivals am umstrittenen Perimeter Institute in Kanada erörtert, das mit dem Geld des BlackBerry-Erfinders bahnbrechende Forschung leisten soll – natürlich war viel Kosmologisches („Why this Universe“ und dergleichen) unter den Themen. (New Scientist 23.10.2009. S.a. Nature 461 [23.9.2009] 462-5 zum Perimeter Inst. Und die 10 weirdest physics facts)

Der Pressesprecher der American Astronomical Society geht in den Ruhestand – Steve Maran hat nach 25 Jahren Beobachtung der Szene (und Steuerung des Informationsflusses, v.a. während der beiden Jahrestagungen der AAS) eine Menge zu erzählen. (Science News, The SpaceWriter 7.11.2009)

Das Feuer auf dem Mt. Wilson ist immer noch nicht aus

Zwar hat die Feuerwehr das ‚Station Fire‘, das im Sommer die Sternwarte auf dem Mount Wilson bedrohte, bereits vor mehreren Wochen als „contained“ eingestuft, aber hier und da qualmt es immer noch – und wo Rauch ist, da … So wird man bis in den Winter hinein, wenn starker Regen die letzten Nester erstickt, wachsam sein müssen. Und zugleich wird jetzt gesammelt, um die Sternwarte besser schützen zu können. (LA Times 12., 10., Tracker 12.11.2009. Auch ein Audio-Interview kurz nach dem Feuer) NACHTRAG: Die Suche nach dem Brandstifter ist auch noch nicht weiter gekommen.

Neue Sternwarten in Indonesien geplant – mit kurioser Begründung: An besseren Standorten als dem traditionsreichen Bosscha Obs. auf Java, das zu nahe an der Großstadt Bandung liegt, sollen sie (so wird es jedenfalls gegenüber der dominant muslimischen Bevölkerung dargestellt) vor allem für Sichtungen der jungen Mondsichel sorgen. Damit die auch dann gesehen wird, wenn es theoretisch möglich sein müsste, auf dass es eindeutige Monatsanfänge gibt. (Jakarta Globe 6.11.2009)

Plötzlicher Durchblick für Radioastronomen nach Abschaltung von Analog-TV

Auch in den USA ist die analoge Ausstrahlung von Fernsehsignalen seit Juni Geschichte – und dadurch ist plötzlich ein Bereich des elektromagnetischen Spektrums frei, der vorher völlig unbrauchbar war. Bis sich dort binnen eines Jahres neue Nutzer breit machen, wird jetzt zwischen 700 und 800 MHz energisch beobachtet, z.B. nach exotischen Pulsaren gesucht. Unabhängig davon gibt es die Forderung, bei der Spektrumsvergabe wissenschaftlichen Belangen mehr Wert beizumessen – was übrigesn die Erdbeobachtung aus dem Orbit genau so betrifft wie die Astronomie. (New Scientist 5., Scientific American, Ars Technica 2.11.2009)

Int’l Dark Sky Association ehrt deutsche Initiativen – der Europe Galileo Award und der Outdoor Lighting Award der internationalen Organisation wider die Lichtverschmutzung sind dieses Jahr beide nach Deutschland gegangen: an Andreas Hänel von der VdS-Fachgruppe Dark Sky und eine Firma, die Straßenlampen nur auf einen Anruf hin einschaltet. (IDA Press Release 4.10., KosmoLogs 6., NOZ 14.11.2009)

Umstrittener Offener Brief fordert Astronomie als Schulfach im ganzen Land

Die zentrale Forderung klingt zwar harmlos, „bundesweit zwei Jahreswochenstunden Astronomie im letzten Schuljahr der Mittelstufe für alle Schüler“ plus ausreichende Ausbildung von Astronomielehrern, aber Kenner der Schulbürokratie v.a. in den Alten Ländern halten sie für völlig utopisch und sogar kontraproduktiv: Deswegen haben die Astronomische Gesellschaft und der Rat Deutscher Sternwarten dem Offenen Brief einer Initiative aus Sachsen explizit die Unterschrift verweigert und setzen sich auf subtilere Weise für die Durchdringung des Unterrichts mit astronomischen Grundinhalten ein. Eine breite Diskussion hat der Offene Brief gleichwohl ausgelöst. (Offener Brief 12.11., Interview mit dem Autor, AG/RdS-Statement 10.1., Diskussion bei BdW, ZDF, SZ, TP, EK, UU, AF, AT, AG und LE sowie Frankfurter Rundschau 5.11.2009 zur Lage in Deutschland) NACHTRAG: plötzlich noch eine – negative – Reaktion auf den Brief.

Hybride Planetarien sind die besten, bei denen ein optomechanischer Projektor für nadelscharfe Sterne sorgt und ein Fulldome-Videosystem für jede Menge Effekte dazwischen (so gewünscht): Da sind sich viele in der Szene einig, und in Bochum wird es z.B. genau so gemacht (siehe ISAN 82-8). In Prag hat man dagegen vor, im Rahmen einer Modernisierung den Sternenprojektor zum Museumsstück zu machen … (The Prague Post 21., Sky & Telescope 22.10., WAZ 15.11.2009)

Optische Astronomie extrem: drei interessante Artikel …

2. Oktober 2009

… zu Astronomie im Sichtbaren oder nahen IR vom Erdboden aus mit exotischen Techniken im neuen ESO Messenger.

  • Die ersten 2D-Bilder mit dem VLT-Interferometer sind kürzlich publiziert worden: Noch geht es nur bei hellen, einfachen Objekten, aber dafür mit wenigen Millibogensekunden Auflösung. Aber ab Mitte des nächsten Jahrzehnts sollte die optische Interferometrie mit neuen VLTI-Instrumenten in der Lage sein, echte Bilder auch komplexerer Quellen quasi in Echtzeit zu erzeugen.

  • Lucky Imaging (vgl. ISAN 4-2) mit dem New Technology Telescope und der AstraLux-Kamera hat bei ersten Tests unter schlechten Bedingungen noch nicht so gute Bilder geliefert wie die besten am 2.2-m-Teleskop auf dem Calar Alto (siehe ISAN 24-5), aber der Schärfegewinn ist trotzdem enorm. Und in Kombination mit Adaptiver Optik (vgl. ISAN 45-3) empfiehlt sich ein derartiges System auch für’s VLT.

  • Die direkte Abbildung von Exoplaneten (des Jupiter-Formats) und Braunen Zwergen mit einem Koronographen bei 4 µm scheint nach einer Mischung aus echten Testbeobachtungen und Simulationen vielversprechend: Bei dieser Wellenlänge ist der Helligkeitsunterschied zum Stern besonders klein, der Himmel für irdische Beobachter allerdings ziemlich hell.
Mögen Teleskope im Weltraum auch oft die Schlagzeilen dominieren: Die Instrumentenentwicklung für die Astronomie am Boden hält in manchen Bereichen mit oder kann (etwa bei der extremen Winkelauflösung durch Interferometrie) sogar mehr. NACHTRAG: Laut einer Studie für die Decadal Survey werden Weltraumteleskope noch lange nicht durch clevere Technik am Boden ersetzt – v.a. wenn es es um lichtschwache Exoplaneten geht.

„Station Fire“ immer noch nicht ganz aus / Amateursternwarte unbeschädigt

23. September 2009

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Das friedliche Bild der Webcam auf dem Mt. Wilson (22. September, 17:50 Ortszeit) trügt: Rund um die Sternwarte gibt es immer noch Brandnester, meist ohne sichtbare Rauchentwicklung, und aufkommender Santa-Ana-Wind bereitet Sorgen – so gehen die Brandschutzmaßnahmen in der Nähe der Gebäude auch fast einen Monat nach Ausbruch des Feuers weiter. Zugleich werden v.a. die besonders fragilen Kuppeln des CHARA-Interferometers (eine ist ganz links zu sehen) jetzt speziell gegen Feuer gesichert. Unterdessen konnten die Betreiber der nahen Amateursternwarte von Stony Ridge zum ersten Mal wieder hinein – und fanden so gut wie keine Schäden vor, nur bedauern sie den Verlust des Waldes ringsum.

Updates von Mt. Wilson, LA Times Blog und Stony Ridge mit Vorher/Nachher– und weiteren Bildern nach dem Feuer, Bilder der Brandfläche aus dem Weltraum von MODIS und ASTER und Artikel von LA Times, LAT Blog (früher), AstroEngine, Space Fellowship und Sky & Tel. NACHTRAG: Das vollständige Containment des Station Fire wird jetzt für den 24.9. erwartet. NACHTRAG 2: „I believe we can finally declare Mount Wilson free of any further danger from the Station Fire“ – der Direktor am 25.9. NACHTRAG 3: Aber wann das Feuer ganz aus sein wird, dazu werden keine Prognosen mehr abgegeben.

Gespannte Ruhe auf dem Mount Wilson / Amateursternwarte doch verloren?

7. September 2009

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Während der Mount Wilson durch ungeheure Anstrengungen der Feuerwehr für’s erste gerettet wurde (aber noch ringsum Flammen lodern), ist das Stony Ridge Observatory am Wochenende erneut vom – erst zur Hälfte kontrollierten – Station Fire erreicht worden, und da ein nahegelegener Aussichtsturm definitiv zerstört wurde, fürchten die Amateurastronomen nun das Schlimmste. Anders die Lage auf dem Mount Wilson, wo sich der Direktor am Wochenende persönlich umgesehen hat: „It is impossible to imagine that more could be done than has been done. […] The world of astronomy owes the leaders of this effort to combat the Station Fire a deep expression of gratitude.“ Indes (so die Einschätzung vom Freitag): „The current status is that no damage to any structures has occured on the mountain. Much of the press coverage, from what I can tell, has declared the Observatory saved, but the situation is far more complex. […] Fire officials here on site tell me that Mount Wilson remains in a precarious situation depending upon what happens to this current very impressive burn.“

Nach der schnellen Reparatur der Internet-Verbindung kommen die Updates zum Feuer wieder direkt vom Berg, und auch die Webcam tut’s wieder (oben das Live-Bild von heute morgen kurz nach 7 Uhr Ortszeit; sie zeigt jetzt in eine andere Richtung). Weitere Updates von Stony Ridge, LA Times und WildFire, nächtliche Bilder der Webcam vom Sonntag-Abend und Morgen und Samstag-Abend und dramatische Zeitrafferfilme von Samstag- und Freitag-Nacht, Fotos von der Feuerwehr auf dem Mt. Wilson und Artikel von LA Times Blog, Cosmic Diary, noch mal LA Times Blog (früher), Telegraph, nochmal LA Times Blog und Wired. NACHTRAG: Visuelle Inspektion aus der Ferne lässt keine Schäden an Stony Ridge erkennen – und es gibt Bilder vom Mt. Wilson mit verbranntem Wald.

Mount Wilson (vorerst) ausser Gefahr – und auch eine zweite Sternwarte kam durch!

4. September 2009

Erst um den 15. September dürfte das ungewöhnlich große „Station Fire“ bei Los Angeles komplett unter Kontrolle sein, und bis dahin gibt es keine endgültige Entwarnung – aber es gibt allen Grund zu der Annahme, dass der Mount Wilson in Sicherheit ist. Anders schien das zunächst beim Stony Ridge Observatory zu sein, einer traditionsreichen Amateursternwarte, die vom Feuer überrannt worden war: Den Betreibern schwante schon das Schlimmste, v.a. als Feuerwehrleute zunächst nicht einmal zu der Stelle vordringen konnten. Aber in den letzten Stunden ist klar geworden, dass zumindest das Gebäude noch steht! Über den Zustand der Instrumente kann vor Inspektion vor Ort – noch liegt die Sternwarte in einer „Hot Zone“ – allerdings nichts gesagt werden.

Updates zur Lage von LA Times (konsistent die beste Quelle), Stony Ridge und Mt. Wilson (ruht z.Z.), die Nachrichtenlage und aktuelle Artikel von Discovery, LAT Blog, Space.com, LAT Blog früher, AstroEngine, LAT Blog früher, Sky & Tel., LAT Blog früher, Scientific American und LAT Blog früher sowie ein TV-Bericht vom Mt. Wilson, zwei Videos vom water drop auf den Mt. Wilson und ein Zeitrafferfilm von dessen (z.Z. toter) Webcam.

Mt. Wilson dank energischer Maßnahmen gerettet – aber Gefahr noch nicht vorbei

2. September 2009

Der Abwurf großer Wassermengen von Spezialflugzeugen, vermischt mit feuerunterdrückendem Gel, sowie gezielte Gegenfeuer, die dem eigentlichen Waldbrand die Nahrung nahmen, haben zu einer Entspannung der Lage rund um die Sternwarte auf dem Mt. Wilson (sowie zahlreiche dort angesiedelte Funkmasten, die manchem Angelino mehr am Herzen lagen) geführt. „The situation on the mountain remains stable with very good prospects,“ hiess es heute seitens der Sternwarte um 18 Uhr MESZ: „No more backfires were set last evening, so only the long defensive backfire on the northerm perimeter was lit. Additional backfires on the east and south slopes will be set only if deemed necessary. Heavy man and equipment power remains on the mountain and will stay there until, hopefully, an all clear is given. If and when that happens remains uncertain, of course.“

Dito im LA Times Blog: „Officials said this morning that aggressive water and gel drops from aircraft helped prevent the mountain from taking a direct hit from the flames. But Mt. Wilson is still in danger, and the fight there will continue. Los Angeles County Fire Department Capt. Mark Whaling said machines were brought in to crush much of the brush surrounding the peak and that more fire-resistant gel was used to protect structures.“ Optimistisch auch ein Mt.-Wilson-Kenner gerade gegenüber Sky & Telescope: „The observatory is still threatened but will certainly be saved due to great preparations over the last few days and the stand the firefighters are making.“ Der Ausfall der beliebten Towercam und aller Internetverbindungen der Sternwarte war übrigens eine Folge der Gegenfeuer, nicht des eigentlichen Waldbrandes gewesen.

Eine dramatische Bilderstrecke von den Waldbränden zeigt auch die riesige Qualmwolke über dem Mt. Wilson. Artikel auch von LAT Blog, Planetary Society Blog, LAT Blog früher, LA Times, Astronomy und Tagesschau.