Seit heute ist es also im Kino zu sehen, sogar einen Tag früher als in den USA, das lang ersehnte ‚Space-Drama‘ „Gravity“, über das selbst hier schon zweimal berichtet worden war, hier (unten) und hier (oben). Da mehrere Trailer – hier der neueste – und v.a. drei Schlüssel-Clips längst die Grundidee des Films verraten haben, kann hier spoilerfrei konstatiert werden: Er hätte auch „Sandra Bullock gegen die gesamte Technik der bemannten Raumfahrt des 21. Jahrhunderts“ heißen können. Letztere wird in einer phänomenalen Detailfülle und -treue ins dreidimensionale Bild und mit durchweg realistischer Physik in Bewegung gesetzt: Allein deswegen ist der Film ein absolutes Must-See für Weltraumfans, so wie es 1997 „Contact“ mit seinen üppig ins Bild gesetzten Radioteleskopen für Astronomiefreunde – oder 1969 „Marooned“ für die Raumtechnik der Apollo-Ära – war. Glaubwürdige Dramatik kommt freilich kaum auf, denn die Kette unwahrscheinlicher Wendungen in „Gravity“ erinnert eher an Katastrophen-Trash wie „2012“ und wirkt mitunter – sicher unbeabsichtigt – erheiternd.
(AB HIER HAGELT’S SPOILER!) Die erwähnte Weltraumtechnik nämlich, die nacheinander einen Space Shuttle (die fiktive „Explorer“), das (echte) Hubble Space Telescope, die ISS, eine Soyuz, eine (fortgeschrittene) Tiangong-Station und eine Shenzhou-Kapsel umfasst, wird im Laufe des recht kurzen Films in dieser Reihenfolge auch gnadenlos geschrottet, während Bullock verzweifelt einen Weg zurück zur Erde sucht. Schuld ist eine – immer exakt nach 90 Minuten – wiederkehrende dichte Wolke aus Raumschrott, die durch eine Kettenreaktion nach einem russischen Antisatelliten-Experiment entstanden ist. Und zwar binnen weniger Minuten, während einer EVA bei einer fiktiven zukünftigen Hubble Servicing Mission („STS-157“), deren filmische Umsetzung fast wie ein Sequel des 3D-Hubble-IMAX-Films anmutet. Mit erheblich abwechslungsreicheren Kameraperspektiven natürlich – und einem sinnlos mit einer Art MMU durch die Gegend kurvenden George Clooney, der nur deswegen den Orbiter verlassen hat, um einen russischen Freiflugrekord zu brechen.
Ein dritter EVA’ler albert derweil scheint’s auch nur herum, während sich lediglich Bullock – dafür mit feistem Akkuschrauber – um das HST und seine widerspenstige Elektronik bemüht. Man würde gerne länger in diesen ruhigen und geradezu hyperrealistischen Bildern schwelgen, doch plötzlich geht alles ganz schnell: Ein besonders großes Trümmerstück trifft eine Tragfläche des Shuttles, der in wilde (und für die 3D-Technik allzu dynamische) Rotation versetzt wird. Nur die beiden Darsteller überleben (und finden dank der MMU recht flott wieder zusammen; richtig einsam wird’s für Bullock erst gar nicht) – ihr Shuttle aber nicht. Dann eben: nichts wie auf zur ISS, praktischerweise ganz in der Nähe und in MMU-Reichweite. (Dass sich in der Realität Bahnneigung wie -höhe stark unterscheiden? Wen schert’s.) An der ISS kommt Bullock Clooney leider bald abhanden, diesmal endgültig, und nicht lange danach auch die Station selbst – samt einem andockten ATV übrigens, dem einzigen erkennbaren Stück ESA-Technik.
Erst brennt’s im japanischen Modul, und dann kommt natürlich die dumme Schrottwolke wieder. An der ISS indes ist trotz der geordneten Evakukierung ihrer Besatzung wundersamerweise noch eine Soyuz angedockt – mit der Bullock der in Trümmer fallenden Station zu entkommen versucht, nicht leicht mit dem dort verhakten Fallschirm (aber es gibt ja noch den coolen Akkuschrauber). Dann geht’s jedoch immer noch nicht weiter, denn … der Tank ist leer! Zum ersten und einzigen Mal wird es jetzt tatsächlich ein bisschen ruhig im Weltraum, denn das nächste(!) Ziel der Rundreise im LEO, eine chinesische Tiangong-Station offenbar der nächsten oder übernächsten Generation, ist zwar wieder ziemlich nah aber doch unerreichbar fern. Schon dem Tode nah und schwer suizidal rettet unsere Astronautin im letzten Moment – in dem (siehe „2012“) in „Gravity“ eigentlich immer alles passiert – eine Clooney-Vision: Zünde gefälligst die Feststoff-Bremsraketen, die eigentlich zum Abbremsen der Landung 3 Meter über dem Boden dienen!
Das klappt natürlich super, und an der Tiangong angehalten wird halt mit dem Rückstoß des Strahls eines Feuerlöschers – nur dumm, dass die Station in diesem Moment(!) im Begriff ist, in der Atmosphäre zu verglühen. Flugs die angedockte Shenzhou-Kapsel geentert (auch die Chinesen haben wohl derer zuviele – mit praktischerweise der gleichen Tasten-Anordnung wie in der Soyuz) und irgendwo auf der Erde gewassert. Um – Gus-Grissom-Style – beinahe am Schluß noch zu ertrinken. Bullock schleppt sich an Land, in einer Szene, die diesen Blogger heftig an den Beginn von „Planet of the Apes“ erinnerte: Nur erscheint statt eines Gorillas zu Pferde … der Abspann. Ist ja auch nichts mehr übrig zum Kaputtmachen. Und der Zuschauer hinreichend außer Atem … Eine Infoseite der NASA (während des Shutdowns via Google Cache), Kommentare zur wissenschaftlichen Glaubwürdigkeit hier (TV-Clip), hier, hier (mehr und mehr), hier, hier, hier, hier, hier und hier und weitere Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. NACHTRÄGE: und hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. Plus das $€-Ergebnis.