vor der Sonne bis zum Jahr 2117, jedenfalls von der Erde aus gesehen: Am Morgen MESZ des 6. Juni ist das seltene Himmelsereignis bereits Geschichte – und man kann ja schon mal vorsichtig die Langzeitprognosen der Wetterlage checken. Hier zum Beispiel die Langtidsvarsel (langfristige Prognose) des norwegischen Wetterdienstes, der zwar gerade streikt aber die Modelle natürlich trotzdem rechnen lässt – z.B.

für das Nordkap in Norwegen (wo der Transit ganz zu sehen wäre; auch andere nordskandinavische Orte sehen nicht gut aus, am allerschlechtesten die Inseln Island und Spitzbergen),

Frankfurt als typische deutsche Location (andere sehen etwas besser oder schlechter aus),

Rhodos im östlichen Mittelmeer (wo dieser Blogger zu sein gedenkt),

Hong Kong (in Delhi wär’s übrigens fast 40°C heiß) und

Yulara am Ayers Rock in Australien, wo der Transit jeweils wieder ganz zu sehen ist. Bis auf – nach derzeitiger Extrapolation – überraschend gute Aussichten für Südasien entspricht das Bild ganz gut der langjährigen Statistik der Bewölkungs-Situation. Im Gegensatz zu dieser lassen sich die Kontaktzeiten der Venus mit diesem Online-Rechner sekundengenau vorhersagen: Sie weichen je nach Ort auf dem Planeten um etliche Minuten von den geozentrischen Werten ab!
Letzteren Effekt hat man bekannlich auf ‚Anweisung‘ Edmond Halleys im 18. und 19. Jahrhundert 4-mal zur Bestimmung der Venus-Distanz und damit der Astronomischen Einheit ausgenutzt – darüber ist in den vergangenen Wochen hinreichend viel geschrieben worden; siehe die Links unten. Aber wie schon im ISAN 163-1 angerissen wurde, ist die Wissenschaft 2012 erneut an der „Benutzung“ des Venusdurchgangs interessiert, wie u.a. in Science 11. und Nature 17.5.2012 S. 660 bzw. 303-4 beschrieben ist:
- Für das Venus Twilight Experiment werden rund ein Dutzend spezielle Koronographen über die Erde verteilt, um die Aureole der Venus beim Ein- und Austritt systematischer als je zuvor aufzunehmen – das verspricht Erkenntnisse über die sonst unzugängliche Mesosphäre des Planeten. Was wiederum als Ergänzung der Messungen des Venus Express hochinteressant ist, der den Planeten parallel beobachten wird.
- Mit Teleskopen auf dem Haleakala soll versucht werden, während des Transits die Polarisation des Lichts durch die Venus-Atmosphäre zu bestimmen: Daraus lässt sich etwas über die Teilchengröße ihrer Partikel ableiten.
- Mehrere Sonnen-Satelliten werden den Transit beobachten, darunter das Solar Dynamics Observatory, das mit die höchste Winkelauflösung von allen liefert: Aus den SDO-Bildern der Venus – auf bestens bekannter Bahn – vor der Sonne soll der Durchmesser der letzteren mit enormer Genauigkeit bestimmt werden. Versuche mit SOHO und dem Merkur im Transit (siehe ISAN 160-8) wiesen den Weg dazu.
- Mit mehreren Teleskopen des National Sun Observatory der USA wird der Transit im Detail verfolgt, etwa durch speziellen Kohlendioxid-Filter: Die – gut bekannte – Venusatmosphäre sollte sich in den Daten wiederfinden lassen, und Effekte wie Windgeschwindigkeiten dürften sich bemerkbar machen. Ein Test auch für entsprechende Messungen an den – dann natürlich unbekannten – Atmosphären von Exoplaneten.
- Und mit dem Hubble Space Telescope wird mit derselben Absicht der Mond angepeilt, um zu versuchen, im reflektierten Licht eine minimale Veränderung des Sonnenspektrums nachzuweisen: durch jenen winzigen Anteil des Sonnenlichts, das durch die Venusatmosphäre den Mond erreicht und Absorption erlitten hat. Viele Stunden lang wird dafür immer wieder dasselbe Stück Mondoberfläche spektroskopiert.
Auf prinzipiell gleiche Weise – natürlich dann im direkten Licht – könnte man einmal die Atmosphäre eines erdähnlichen Exoplaneten beim Transit vor seiner Sonne analysieren: Das Venus-Experiment gilt als entscheidender Test dieses Verfahrens. Übrigens wird es bereits am 20. September einen weiteren Venus-Transit vor der Sonne geben, diesmal allerdings für den Jupiter: Hubble-Zeit für spektrale Messungen des Riesenplaneten ist bereits beantragt, entschieden wird darüber aber erst nach „unserem“ Venustransit.
Schon „durch“ sind hingegen direkte Beobachtungen eines Venustransits vom Saturn aus mit Cassini am 21. Dezember 2012 – und am 5. Januar 2014 könnte wiederum Hubble via Jupiter sogar einen Erdtransit versuchen: Verraten die Spektren, ob da wer wohnt? Zahllose weitere Links zu „unserem“ Venustransit sind in diesen Artikel-Links hier zu finden sowie in diesem ständig wachsenden Fundus, spezielle Transit-Blogs gibt es z.B. hier und hier und Sonderseiten etwa hier, hier und hier. Skyweek 2.0 wünscht allen Beobachtern viel Glück!