Posts Tagged ‘Venus-Transit’

AAS 221: Von den drei Venus-Transits 2012 …

8. Januar 2013

… berichtete – wie auch schon auf der DPS-Tagung 2012 – auf der vierten Pressekonferenz der 221. AAS-Tagung Jay Pasachoff [NACHTRÄGE: die ganze PK als Video, mit Jay von 13:20 bis 29:10, und ein Williams Press Release dazu].

aas15a

Die Auswertung der Datenflut zieht sich hin, aber hier wäre schon mal ein Scan entlang der Aureole von der Venus-Atmosphäre (über deren Natur man im Prinzip aus der Weise, wie sie – in verschiedenen Farben – das Sonnenlicht „von hinten“ zur Erde gebrochen hat, etwas lernen kann).

aas16a

aas17a

aas18a

Das „Signal“ des Venustransits in der Gesamtstrahlung (TSI) der Sonne wurde auch 2012 wieder von zwei Satelliten aus beobachtet und sieht natürlich genau so aus wie bei Exoplaneten-Transits – aber was wurde aus den Venustransits am 20. September, der per Hubble über den Jupiter beobachtet werden sollte, und am 21. Dezember, zu beobachten mit VIMS auf Cassini?

aas19a

Vom Jupiter kam eine lange Serie von HST-Aufnahmen zustande, aus denen u.a. schon diese Grafik der Windgeschwindigkeiten abgeleitet werden konnte – doch in Sachen integrale Helligkeitsabnahme während des Venus-Durchgangs hatte Pasachoff „no detection to report“: Es werde noch „quite some time“ dauern, bis man das Signal heraus gekitzelt habe, aber immerhin helfe auch die NASA dabei. In Sachen Saturn hat er wenig Zweifel, dass es gelingen wird, die 0.008%ige Abnahme der TSI durch Zusammenfassung aller 352 Farbkanäle von VIMS nachzuweisen. Und mit viel Glück wird sich vielleicht auch zeigen lassen, dass es in den zwei Kanälen für Kohlendioxid-Absorption dank der Venus-Atmosphäre besonders stark bergab ging. Schon am 5. Januar 2014 gibt’s den nächsten Transit, diesmal wieder vom Jupiter gesehen aber nunmehr mit der Erde als Akteur und 10 Stunden lang: Auch dafür wird noch Hubble-Zeit beantragt werden.

Keine Woche mehr bis zum letzten Venus-Transit

30. Mai 2012

vor der Sonne bis zum Jahr 2117, jedenfalls von der Erde aus gesehen: Am Morgen MESZ des 6. Juni ist das seltene Himmelsereignis bereits Geschichte – und man kann ja schon mal vorsichtig die Langzeitprognosen der Wetterlage checken. Hier zum Beispiel die Langtidsvarsel (langfristige Prognose) des norwegischen Wetterdienstes, der zwar gerade streikt aber die Modelle natürlich trotzdem rechnen lässt – z.B.

für das Nordkap in Norwegen (wo der Transit ganz zu sehen wäre; auch andere nordskandinavische Orte sehen nicht gut aus, am allerschlechtesten die Inseln Island und Spitzbergen),

Frankfurt als typische deutsche Location (andere sehen etwas besser oder schlechter aus),

Rhodos im östlichen Mittelmeer (wo dieser Blogger zu sein gedenkt),

Hong Kong (in Delhi wär’s übrigens fast 40°C heiß) und

Yulara am Ayers Rock in Australien, wo der Transit jeweils wieder ganz zu sehen ist. Bis auf – nach derzeitiger Extrapolation – überraschend gute Aussichten für Südasien entspricht das Bild ganz gut der langjährigen Statistik der Bewölkungs-Situation. Im Gegensatz zu dieser lassen sich die Kontaktzeiten der Venus mit diesem Online-Rechner sekundengenau vorhersagen: Sie weichen je nach Ort auf dem Planeten um etliche Minuten von den geozentrischen Werten ab!

Letzteren Effekt hat man bekannlich auf ‚Anweisung‘ Edmond Halleys im 18. und 19. Jahrhundert 4-mal zur Bestimmung der Venus-Distanz und damit der Astronomischen Einheit ausgenutzt – darüber ist in den vergangenen Wochen hinreichend viel geschrieben worden; siehe die Links unten. Aber wie schon im ISAN 163-1 angerissen wurde, ist die Wissenschaft 2012 erneut an der „Benutzung“ des Venusdurchgangs interessiert, wie u.a. in Science 11. und Nature 17.5.2012 S. 660 bzw. 303-4 beschrieben ist:

  • Für das Venus Twilight Experiment werden rund ein Dutzend spezielle Koronographen über die Erde verteilt, um die Aureole der Venus beim Ein- und Austritt systematischer als je zuvor aufzunehmen – das verspricht Erkenntnisse über die sonst unzugängliche Mesosphäre des Planeten. Was wiederum als Ergänzung der Messungen des Venus Express hochinteressant ist, der den Planeten parallel beobachten wird.

  • Mit Teleskopen auf dem Haleakala soll versucht werden, während des Transits die Polarisation des Lichts durch die Venus-Atmosphäre zu bestimmen: Daraus lässt sich etwas über die Teilchengröße ihrer Partikel ableiten.

  • Mehrere Sonnen-Satelliten werden den Transit beobachten, darunter das Solar Dynamics Observatory, das mit die höchste Winkelauflösung von allen liefert: Aus den SDO-Bildern der Venus – auf bestens bekannter Bahn – vor der Sonne soll der Durchmesser der letzteren mit enormer Genauigkeit bestimmt werden. Versuche mit SOHO und dem Merkur im Transit (siehe ISAN 160-8) wiesen den Weg dazu.

  • Mit mehreren Teleskopen des National Sun Observatory der USA wird der Transit im Detail verfolgt, etwa durch speziellen Kohlendioxid-Filter: Die – gut bekannte – Venusatmosphäre sollte sich in den Daten wiederfinden lassen, und Effekte wie Windgeschwindigkeiten dürften sich bemerkbar machen. Ein Test auch für entsprechende Messungen an den – dann natürlich unbekannten – Atmosphären von Exoplaneten.

  • Und mit dem Hubble Space Telescope wird mit derselben Absicht der Mond angepeilt, um zu versuchen, im reflektierten Licht eine minimale Veränderung des Sonnenspektrums nachzuweisen: durch jenen winzigen Anteil des Sonnenlichts, das durch die Venusatmosphäre den Mond erreicht und Absorption erlitten hat. Viele Stunden lang wird dafür immer wieder dasselbe Stück Mondoberfläche spektroskopiert.

Auf prinzipiell gleiche Weise – natürlich dann im direkten Licht – könnte man einmal die Atmosphäre eines erdähnlichen Exoplaneten beim Transit vor seiner Sonne analysieren: Das Venus-Experiment gilt als entscheidender Test dieses Verfahrens. Übrigens wird es bereits am 20. September einen weiteren Venus-Transit vor der Sonne geben, diesmal allerdings für den Jupiter: Hubble-Zeit für spektrale Messungen des Riesenplaneten ist bereits beantragt, entschieden wird darüber aber erst nach „unserem“ Venustransit.

Schon „durch“ sind hingegen direkte Beobachtungen eines Venustransits vom Saturn aus mit Cassini am 21. Dezember 2012 – und am 5. Januar 2014 könnte wiederum Hubble via Jupiter sogar einen Erdtransit versuchen: Verraten die Spektren, ob da wer wohnt? Zahllose weitere Links zu „unserem“ Venustransit sind in diesen Artikel-Links hier zu finden sowie in diesem ständig wachsenden Fundus, spezielle Transit-Blogs gibt es z.B. hier und hier und Sonderseiten etwa hier, hier und hier. Skyweek 2.0 wünscht allen Beobachtern viel Glück!

Venustransit in drei Wochen – Videos schon jetzt

16. Mai 2012

In diesen Stunden sind es noch exakt drei Wochen bis zum nächsten Sonnendurchgang der Venus (0:09 bis 6:50 MESZ am 6.Juni), zugleich dem letzten bis zum Jahr 2117. Und schon jetzt quellen die großen Videoportale über mit Videoclips aller Art im Vorfeld des Ereignisses, dessen Bedeutung weit über die Astronomie hinaus reicht. Zum Beispiel diese sieben hier:


Eine Einführung in das Phänomen, zu den Klängen von „Morning Star“ – einer neuseeländischen Band, die tatsächlich „Transit of Venus“ heißt! Das Ganze eigentlich ein Trailer für eine Fulldome-Produktion: Das 4-Minuten-Filmchen gibt’s hier gratis, und es gibt noch weitere Shows zum Transit für Planetarien, etwa diese hier.


Eine originell produzierte kurze Einführung von der University of Oxford – und es geht auch noch ganz anders


Eine Art Mini-Dokumentation (zweiter Teil), für einen NASA-Webcast des Transits aus Hawaii.


Längerer Trailer für den Dokumentarfilm „Our last Transit of Venus“, der aus einem Fundus für europäische Planetenforschung gefördert wird; auch weitere Clips sind schon verfügbar.


Ausschnitt aus einer Fulldome-Präsentation über den Transit in Indien, aus einem Workshop des Planetariums in Delhi, dessen Direktorin auch den Text spricht; viele weitere Clips aus der Veranstaltung werden in dieser Sammlung bis Monatsende noch hoch geladen.


John Philip Sousas „Transit of Venus March“ von 1883, gespielt vom Penn High School Orchestra in Mishawaka, Indiana, 2004.


„Transits in Time“, eine Komposition von Paul Hombach (Musik und Soundeffekte) und Stefan Krause (Bilder und Idee), die vier Jahrhunderte Geschichte und Venustransits zusammen bringt. Viele weitere Links und v.a News zum Venusdurchgang – und die Sichtgeometrie für verschiedene Weltregionen – sind in dieser Sammlung zu finden, die ständig weiter wächst, während die Venussichel expandiert & schmaler wird. Oh, und bis zur ringförmigen SoFi in Ostasien & den USA (0:06 bis 3:39 MESZ am 21. Mai) sind’s jetzt noch genau fünf Tage.

Auf den Spuren des Venus-Transits 1769 in Vardø: was von Maximilian Hells Expedition blieb

19. März 2012

Von den zahlreichen Expeditionen, die 1769 auf der ganzen sonnenbeschienenen Welt den Venus-Durchgang vor der Sonne verfolgten, um die Astronomische Einheit zu bestimmen, war die südlichste erfolgreiche diejenige von James Cook auf Tahiti – viel weniger bekannt ist sein nördlichstes Gegenstück, Maximilian Hell in Vardø im Nordosten des heutigen Norwegen (ein anderer Beobachter am Nordkap war clouded out). Dieser Blogger hatte heute während eines 50-minütigen Aufenthalts des Hurtigruten-Schiffs Kong Harald die Gelegenheit, auf den ‚Spuren‘ Hells zu wandeln (besser: auf dem schwer vereisten Boden Vardøs zu schlittern) und immerhin zweier Gedenktafeln ansichtig zu werden:

Auf der Hafen-Seite des prägnanten Rathauses von Vardø gibt es eine alte und auch eine neue Gedenkplatte: Nicht weit von diesem Ort hatte Hell seine improvisierte Sternwarte aus Holz, die bald wieder verschwunden war. Über seine abenteuerliche Expedition wird auch hier, hier und hier berichtet – und 2004 war an dieser Stelle eine öffentliche Beobachtung des Venus-Durchgangs geplant.

Das Rathaus mit den Hell-Tafeln ist mitten auf der schmalen Landzunge Vardøs auf der Kirkegata übrigens von ankommenden und abfahrenden Schiffen schon von weitem zu sehen – im Prinzip könnte man die Hell-Tafel mit einem feisten Fernrohr lesen …

Eine weitere Erinnerung an Hells Expedition findet sich auf dieser „Stele“ direkt am Hafen an der Touristen-Information am NW-Ende der Kaigata: Hier sind die Schlüsselereignisse der Stadtgeschichte aufgetragen wie Verleihung der Stadtrechte und Hexenverfolgungen, die dem Ort zu schauriger Berühmtheit verhalfen – und der (leider um ein Jahr falsch datierte) Venustransit. Auch im Stadtmuseum wird dem Vernehmen nach über Hells Expedition berichtet, die extrem kurze Liegezeit der Hurtigruten-Schiffe verhinderte diesmal leider einen Besuch dort.

Unübersehbar ist hingegen eine aktuelle „astronomische“ Installation, die den Anblick von Vardø dominiert: der amerikanische Radarkomplex Globus II, der offiziell zum weltweiten Netzwerk der Weltraumüberwachung gehört aber seit Jahren auch Gegenstand von Kontroversen und Verschwörungstheorien ist, wie Artikeln von 1998 (mehr), ca. 1999, 2000 (mehr), 2001 und 2011 zu entnehmen ist.