Allgemeines Live-Blog vom 3. bis 5. Januar 2015


5. Januar

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Das Zentrum der Galaxiengruppe VV 166 aus NGC 68 und 70 bis 72 auf einer Aufnahme von Gemini North: Hier haben sich eine elliptische eine Spiral- und eine Lentikulargalaxie zu einem engen gleichseitigen Dreieck zusammen gefunden, während die vierthellste Galaxie der Gruppe abseits steht. Auch eine HST-Aufnahme der Lentikulargalaxie IC 335 genau von der Seite – und ein energischer Versuch, die Spiralstruktur der Milchstraße zu modellieren, indem das für den irdischen Beobachter resultierende Geschwindigkeitsbild des Gases für zahlreiche Konfigurationen mit der Realität verglichen wurde. Dabei blieb erstaunlicherweise weiterhin unklar, ob es zwei oder vier Spiralarme gibt: In beiden Fällen bleiben stets deutliche Widersprüche, wenn auch im 4-Arm-Modell weniger. Vielleicht ist die Spiralstruktur der Milchstraße viel irregulärer als immer angenommen!? [20:45 MEZ]


4. Januar

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Ein Lovejoy bei Vollmond, heute Abend über Osnabrück

aufgenommen von Andreas Hänel (F=30mm, 1:2, ISO 200, 6sec; unten ein Ausschnitt) – auch etwa zeitgleiche Aufnahmen mit einer Flatfield-Kamera in Italien und mit einem 60-cm-Teleskop in Südfrankreich. [23:55 MEZ. NACHTRÄGE: weitere Bilder vom 5.1., auch weitwinklig, 4.1. und 31.12. (bunter Hintergrund), ein Schweif-Video vom 29.12., ein guter und ein grotesker Artikel mit u.a. einem Kondensstreifen als Lovejoy, der Jupiter am 5.1., 4.1. und 30.12. – und die Sonne im Weißicht am 6.1. (mehr) und 5.1.]

Gibbs

Und schon wieder ein neuer Hauptgürtel-Komet: 313P/Gibbs, früher P/2014 S4, auf einer Hubble-Aufnahme vom 1. Dezember – in diesem Fall eines Aktiven Asteroiden gilt sunlimierendes Eis als wahrscheinlichster Motor seiner Staubfreisetzung, die sich über längere Zeit hinzieht. Große Staubteilchen von 50 bis 100 µm dominieren seinen Schweif, Gas war – wie bei allen anderen MBCs bisher auch – nicht direkt nachweisbar, die Produktionsraten sind zu gering: Trotzdem gilt der neue Fall als weiteres Indiz für erhebliche Mengen Wassereis im äußeren Asteroidengürtel. Auch weitere mondlastige Beobachtungen von Komet Lovejoy von heute (Zeichnung), gestern (mehr und mehr und eine Zeichnung), vorgestern (mehr) und dem 1. Januar und 31. und 28. Dezember, zwei Mondschatten auf Jupiter, die weiße Sonne heute, russische Spekulationen über mehr Aurora 2015 – und ein indisches Zeitraffer-Video. [13:25 MEZ]

Die Suche nach Philae mit OSIRIS ist vergebens geblieben

Das hat der PI der besten Rosetta-Kamera – die, deren Bilder niemand sehen darf – letztens einer Lokalzeitung gesteckt: Was dies über den Verbleib des Landers und die Chancen einer Wiederbelebung aussagt, erfährt man leider nicht. Auch ein interaktives Modell des Kerns und allerleo Rosetta-Artikel hier, hier, hier, hier und hier, der Beginn der Annäherung von Dawn an Ceres (mehr, mehr, mehr und mehr), eine mögliche zweite Chance für Akatsuki an der Venus oder auch nicht, die Speicherprobleme Opportunitys (mehr, mehr und mehr), 100 Tage MOM im Mars-Orbit (mehr) – und ein UV-Galaxien-Bild vom Mond von Chang’e-3, das aber nicht das erste sein dürfte. [12:55 MEZ. NACHTRAG: Hat’s die BBC auch gehört, mit der OSIRIS-Pleite]


3. Januar

Die „Sternstunde – Das Astronomiemagazin“ ist wieder da! Hier die aktuelle Ausgabe mit u.a. Interviews mit dem Autor des Buches „The Martian“, das gerade verfilmt wird, und zu den Abenteuern von Philae und News zu Curiositys jüngsten Entdeckungen und Orions Erstflug. Weitere Ausgaben werden in diesem Channel erscheinen, der natürlich abonniert werden kann, und es gibt eine Community auf Facebook zur Sendung, die ge-like-t werden möchte. [3:05 MEZ]

Schlagzeilen-Müll über Sterne im Anflug auf die Sonne

ist dieser Tage reichlich zu finden, basierend auf diesem Paper: „Close encounters of the stellar kind“. Es ist nur ein weiteres in einer schon langen Serie von Analysen diverser Autoren, welche Sterne aus dem Hipparcos-Katalog wohl in „nächster“ Zeit in die Nähe der Sonne wandern könnten, vielleicht so nahe, dass sie die Oortsche Kometenwolke so stark stören, dass sich der Fluss von Kometen ins innere Sonnensystem nennenswert erhöht, oder dass ihre UV-Strahlung die Erdatmosphäre schädigt. Dazu braucht man aber nicht nur die exakten heutigen Positionen der Sterne (die der Hipparcos-Satellit lieferte, wobei sein Katalog zwischenzeitlich überarbeitet wurde), sondern auch ihre Radialgeschwindigkeiten, um ihre Bewegung in 3D zu erkennen – und ein Modell des Schwerefelds der Milchstraße, das die Bahnen von Sonne wie potenziellen Besuchern steuert. Bei den Radialmessungen zeigen sich indes gewisse Widersprüche zwischen verschiedenen Katalogen, und das Verständnis der Galaxis insgesamt entwickelt sich auch: kein Wunder, dass sich die publizierten Listen von Besucher-Sternen nur zum Teil überlappen. In der neuen Studie – mehr oder weniger seriös z.B. hier, hier, hier, hier, hier, hier oder hier dargestellt – ist es v.a. der K- oder M-Stern Hip 85605, der unter rund 50’000 betrachteten Hipparcos-Sternen auffällt: Mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% kommt er in 240’000 bis 470’000 Jahren der Sonne bis auf 0.04 bis 0.20 Parsec nahe. Allerdings könnte mit seiner Astrometrie etwas nicht stimmen: Dann ‚gewinnt‘ der K-Zwerg GL 710, der in etwa 1.3 Mio. Jahren auf 0.10 bis 0.44 pc heran kommt. Auch ein Besucher der Vergangenheit ist interessant: Der G-Riese γ Microscopii (ca. 2.5 Sonnenmassen) war vor 3.8 Mio. Jahren nur 0.4 bis 1.3 pc entfernt. Eine Suche nach Impaktkratern aus dieser Zeit förderte zwar zwei Kandidaten in Namibia (2.5 km) und Sibirien (18 km) zutage, was zwar „alluring“ sei aber nicht beweise, dass solche Sternbesuche tatsächlich über die Oort-Wolke Auswirkungen auf die Erde haben. Mit den Gaia-Katalogen werden derartige Analysen wesentlich genauer und v.a. auch vollständiger werden. [2:30 MEZ]

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So sieht der Komet Lovejoy jetzt aus, wenn man mit einer Kamera auf dem Stativ rechts neben den Hasen zielt: Mit überraschend hellen ca. 4.3 mag. setzte er sich gestern Abend problemlos gegen den Mond durch, der hoch über dem kulminierenden Kometen stand, der auch leicht im Feldstecher zu sehen war – die kommenden Wochen werden spannend! Auch ein Interview mit dem Kometen-Experten Quanzhi Ye, der Jupiter gestern und am 30.12., der Amateur-Fund eines ungelisteten Nebels, eine 12-mag.-Supernova in NGC 4666, eine Galerie von Observatorien, die Baustelle des ATST, die WFS als Denkmal – und beim letzten Raketenstart 2014 mit einem Wettersatelliten auf einer chinesischen Langer Marsch landete nicht nur deren erste Stufe in bewohntem Gebiet (mehr Bilder hier, hier und hier) – später beobachtete man in Chile Ausgasungen der Oberstufe. [2:05 MEZ. NACHTRAG: noch mehr Bilder von der ‚Landung‘ der ersten Stufe]

Zwei neue Weltraum-Datenquellen zur Lichtverschmutzung

sind 2012 entstanden und stehen der Forschung frei zur Verfügung: die hochauflösenden Nachtbilder der Erde von Suomi NPP und mit dem ESA NightPod nachgeführte DSLR-Aufnahmen der nächtlichen Erde von der ISS aus. In einem wissenschaftlichen Pilot-Paper sind nun drei Case Studies mit diesen Daten vorgestellt worden, die einige Facetten der Lichtverschmutzung ‚beleuchten‘ helfen. Die ISS-Aufnahmen demonstrieren trotz ihrer eher zufälligen Entstehung, wie unterschiedlich es um die Beleuchtung europäischer Großstädte steht: mit der Andeutung, dass Berlin (wo übrigens der ehemalige Osten und Westen immer noch an verschiedener Farbe der Straßenbeleuchtung zu unterscheiden sind) die öffentliche Sicherheit mit weniger Licht gewährleistet als andere – die vielleicht unnötig viel einsetzen. Die NPP-Daten zeigen, dass in den USA pro Kopf erheblich mehr Licht in den Himmel geht als in Deutschland (wo der Osten wiederum heller ist als der Westen), wobei die detaillierten Faktoren noch unklar sind und die Streuung erheblich. Und ebenfalls in NPP-Messungen zeigt sich, dass die hellsten Stellen großer Städte in Entwicklungsländern mit Industrie zusammen fallen, in Industrieländern dagegen mit Freizeitaktivität – wobei es aber in Amsterdam und Berlin ungewöhnlich düster bleibt. Leider ist der NPP-Sensor genau für jenes bläuliche LED-Licht fast unempfindlich, das zunehmend eingesetzt wird: Das erschwert Trend-Messungen, aber die Farbbilder von der ISS könnten wiederum helfen, Farbverschiebungen des Nachtlichts zu verfolgen. [1:40 MEZ]

Eine Antwort to “Allgemeines Live-Blog vom 3. bis 5. Januar 2015”

  1. Allgemeines Live-Blog ab dem 17. Februar 2015 | Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] Paper über die Helligkeit des Nachthimmels im globalen Vergleich (mehr, mehr, mehr und mehr sowie andere aktuelle Forschung [unten] dazu) – und der alte Planetariums-Projektzor von Miami wird zum Museumsstück, da ein […]

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