Nächste große Higgs-Enthüllung in fünf Tagen

Am 4. Juli beginnt im australischen Melbourne mit der International Conference on High Energy Physics die erste große Hochenergie-Physik-Tagung des Sommers – und wenige Stunden vorher hält das CERN ein Seminar über den Stand der Suche nach dem Higgs-Teilchen mit dem LHC ab: Völlig widersprüchliche Gerüchte schwirren schon seit mehreren Wochen und reichen von einer Bestätigung der Anzeichen für ein Higgs um 125 GeV – siehe Artikel vom Dezember 2011 und März und April 2012 – bis zum Ausbleiben eines nennenswerten Fortschritts. Die Messungen von 2012 mit der höheren Kollisionsenergie von 8 statt 7 TeV haben bereits mehr Daten eingefahren als das ganze Jahr 2011, aber sie sind überhaupt erst Mitte Juni „entblindet“ worden, so dass nur eine Handvoll Physiker überhaupt wissen dürften, was Sache ist. Und in Physik-Blogs wird gestritten, ob das Verbreiten vermeintlicher Enthüllungen aus den ATLAS- und CMS-Detektor-Teams der Wissenschaft insgesamt und speziell der öffentlichen Wahrnehmung der – teuren und daher auf Zuspruch angewiesenen – Teilchenphysik eher schadet oder nützt.

Zum einen sollen natürlich die Auswerter der LHC-Datenfluten nicht irritiert werden, zum anderen ist die Öffentlichkeit seit Jahren „heiß“ auf das Higgs gemacht worden – da sollte man ihr den Spaß gönnen, in der Endphase der Jagd ‚live‘ dabei zu sein. Oder besser: dem Ende der ersten Phase der Higgs-Forschung. Denn entweder am 4. Juli (und eher weniger zwei Tage vorher, wenn das Fermilab ebenfalls Higgs-relevante Ergebnisse des Tevatron verkünden wird) oder im weiteren Verlauf des Jahres wird der LHC lediglich etwas Definitives über das einfachste oder Standard-Higgs-Teilchen aussagen können: Wenn der klare Nachweis ausbleibt, dann blieben immer noch jede Menge andersartige Higgs- und ähnliche Teilchen im Rennen, die bis Ende 2012 noch gar nicht in seinen Kollisionsdaten aufgetaucht sein können. Und umgekehrt wäre der Nachweis des Standard-Higgs zwar eine brilliante Bestätigung einer 48 Jahre alten Prognose und der theoretischen Physik insgesamt, dürfte aber gleich wieder neue Probleme aufwerfen. So entsprechen etwa die relativen Zerfallswege des mutmaßlichen 125-GeV-Higgs nicht den Erwartungen des Standardmodells der Teilchenphysik.

So oder so werden die Daten des LHC die Theoretiker vor sich her treiben, die nach mancher Auffassung in den letzten Jahr(zehnt)en etwas träge geworden sind: ein guter Zustand für die Physik! Guardian, Symmetry Breaking, Scientific American, Telegraph 29., LBL Release, Physics World, Quantum Diaries, PBS, Not Even Wrong, Muon 28., Brown Univ. Release, Quantum Diaries, IdeaLab 27., CERN TV 26., Uni Bonn PM, Strassler 25., Ballon Juice = Inverse Square 24., Guardian 23., CERN Release, Not even Wrong, Cosmic Variance, Quantum Diaries, Physics World, FAZ 22., Science News, Evolution True, BBC, Principles, Cosmic Log 21., Strassler, Quantum Diaries, Discovery 20., New York Times, New Scientist 19., Strassler 18., Guardian, Not even Wrong 17., Ars Technica 15., Reuters 12., Cosmic Variance 11., Quantum Diaries 9., 1. 6., Paper der BaBar Collab. 24., Physics World 23., Ars Technica 17., Quantum Diaries 9., Nature 4., Strassler, Nat’l Geographic, KosmoLogs 1.5., LiveScience 30., Telescoper 29., Quantum Diaries 28., Strassler, Spiegel 27., Paper der CMS Collab. 26., Strassler 24., Ars Technica, Scientific American Blog 20., CMS Press Release 17., Nature 12., ATLAS Blog 11.4.2012. NACHTRAG: der Gerüchte-Brei noch mal umgerührt.

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