ΛCDM und sonst nix: das Vermächtnis von Planck

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Die finale Intensitätskarte der Kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung, basierend auf allen Planck- und WMAP-Daten sowie Radio-Messungen bei 408 Mhz – ein kleiner Streifen entlang der Milchstraße, 1.6% des Himmels, wurde durch simulierte Daten derselben Statistik ersetzt.

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Das neue Planck-Powerspektrum der Temperatur der Hintergrundstrahlung – unten (rechts von der senkrechten gestrichelten Linie in drastisch größerem Maßstab) die Residuen zu Dem Einen Modell, das die komplette Kosmologie fittet.

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Das Magnetfeld am ganzen Himmel und die Gesamtintensität der Synchrotronstrahlung, aus den Polarisationsmessungen Plancks: Die „Vorhänge“ zeichnen – außer in konfusen Regionen – ganz gut das auf die Himmelsebene projizierte Magnetfeld der Milchstraße nach.

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Die Amplitude der Staub-Polarisation bei 353 GHz, aus kombinierten Planck- und WMAP-Messungen.

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Das Magnetfeld und die Gesamtintensität der Staubemission – abermals zeichnen die „Vorhänge“ das Feld der Milchstraße nach.

Bis zum Frühsommer werden jetzt die Gesamtergebnisse der Planck-Mission veröffentlicht, und die ersten Papers sind schon da, etwa mit der Zusammenfassung und der umfassenden kosmologischen Analyse; Anfang 2016 soll dann noch „die nächste Generation von Datenprodukten“ folgen. Daten wie Konsequenzen stimmen gut mit den Vorab-Ergebnissen von 2013 überein, haben aber nun eine höhere Präzision: Die Korrektur gewisser Systematiken hat zu leichten Verschiebungen von ein paar Parametern geführt, aber jeweils um weniger als eine halbe Standardabweichung (und in Kombination meist unter 0.7 Sigma). Die Powerspektren der minimalen aber deutlichen Temperatur- wie Polarisationsmuster der Kosmischen Hintergrundstrahlung (CMB) passen weiter bestens zur Konkordanz- oder Standardkosmologie mit Dunkler Materie und Energie (ΛCDM) und einem ‚flachen‘ Kosmos: „The six-parameter base ΛCDM model continues to provide a very good match to the more extensive 2015 Planck data, including polarization“, schreibt das riesige Planck-Kosmologenteam: „This is the most important conclusion“.

Einige der Schlüssel-Zahlen, direkt aus Planck oder in Kombination mit anderen harten astrophysikalischen Daten, lauten jetzt: OmegaM (die Dichte der kosmischen Materie, Dunkel wie normal, relativ zur kritischen) ist 0.31±0.01, die Raumkrümmung |OmegaK| ist kleiner als 0.005, die Summe der Neutrinomassen kleiner als 0.23 eV, die Zustandsgleichung der Dunklen Energie beträgt -1.01±0.05 (und ist damit ununterscheidbar von Einsteins Kosmologischer Konstante), das Weltalter ist 13.80±0.04 Mrd. Jahre – und die Hubble-Konstante landet bei 67.8±0.9 km/s/Mpc. Damit bleibt eine gewisse „Spannung“ zu direkten Ho-Messungen bestehen, die meist auf 70 bis 72 kommen, mit inzwischen auch sehr kleinen Fehlergrenzen. Die Planck-Auswerter bleiben so stur wie 2013, halten die Analyse allein aus der Hintergrundstrahlung für überlegen: „If a persuasive case can be made that a direct measurement of H0 conflicts with these estimates, then this will be strong evidence for additional physics beyond the base ΛCDM model“ – für die sie aber ansonsten keinerlei Anzeichen sehen. So gibt es keine Hinweise auf zusätzliche Neutrinosorten oder andere exotische Erweiterungen von Physik und Kosmologie bis hin zu alternativen Gravitationstheorien. Ein paar andere ‚tensions‘ gibt es zwar auch, aber keine erscheint problematisch: „If there is new physics beyond base ΛCDM, then the corresponding observational signatures in the CMB are weak and difficult to detect. This is the legacy of the Planck mission for cosmology.“

Wie schon vorab berichtet („Mon Dieu …“), ist in der gemeinsamen Analyse der Planck- und BICEP2-Daten die Evidenz für primordiale Gravitationswellen in den Polarisationsmessungen der letzteren verschwunden: Planck allein liefert jetzt eine Obergrenze der entsprechenden Tensormoden von r < 0.11 – und sogar r < 0.09, wenn man BICEP2 und den Keck Array hinzu nimmt: Damit sind bestimmte Versionen der kosmischen Inflation ausgeschlossen, die Inflations-Hypothese als solche aber keineswegs. Im Gegenteil: "The Planck results offer powerful evidence in favour of simple inflationary models". Und noch ein Ergebnis aus den (Polarisations-)Messungen von Planck: Die Reionisation des Kosmos begann erst bei z=8.8(+1.7,-1.4), also etwa 550 Mio. Jahre nach dem Urknall – und damit rund 100 Mio. Jahre später als es in älteren WMAP-Daten geschienen hatte (die letzten Elektronen des Dunklen Zeitalters wechselwirkten mit de Photonen der Hintergrundstrahlung hinterließen in deren Polarisation ihre Spuren). Mithin hatten die ersten Sterne und Galaxien – die bei einem Weltalter von 300 bis 400 Mio. Jahren entstanden – genug Zeit, um mit ihrer UV-Strahlung des Kosmos wieder durchsichtig zu machen, exotische andere Prozesse sind nicht erforderlich. Noch bis etwa 900 Mio. Jahre nach dem Urknall hat das komplette Durchsichtigwerden des Alls dann noch gedauert: Press Releases in 3 Sprachen hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, [NACHTRAG: hier,] hier und hier, Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, [NACHTRÄGE: hier, hier,] hier und hier und mehr Links. Auch neue Instrumente am Erdboden auf der Jagd nach den abhanden gekommenen primordialen Gravitationswellen, und hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier weitere Nachrufe auf BICEP2s Ex-Signal.

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