Nachrichten aus der Astronomie kompakt

Ein aktuelles ISS-Astronauten-Foto der Shoemaker-Impaktstruktur (früher Teague-Struktur) in Westaustralien, die vermutlich 1.6 Milliarden Jahre alt und immer noch ganz gut zu erkennen ist; Durchmesser etwa 30 km.

Atmosphärenforschung … mit Totalen Mondfinsternissen?

Gleich zwei Papers haben sich vergangenen Monat mit der Analyse des Lichts beschäftigt, das bei Totalen Mondfinsternissen im Kernschatten der Erde landet: überwiegend hinein gebrochen von der Linsenwirkung der Atmosphäre aber u.U. auch gestreut von Partikeln, die darin schweben. Letzteres ist nach Spektren der MoFi vom 16.8.2008 aus La Palma überraschend stark der Fall gewesen: Hier könnte der Ausbruch des Vulkans Kasatochi eine Rolle gespielt haben, dessen Aerosole diffuses Sonnenlicht in die Umbra streuten, das bei Wellenlängen < 600 nm sogar dominierte und die Farbe der Umbra insgesamt beeinflusste. Und aus dunklen Anomalien in der Umbra der MoFi vom 15.6.2011, die in Russland fotometriert wurden, soll sich – nunmehr allein durch Dreck im Lichtweg bei der atmosphärischen Lichtbrechung – auf besonders starke Luftverschmutzung über dem Osten Chinas schließen lassen. Eindeutig ist das aber nicht … (Muñoz & al., Preprint 15., Ugolnikov & al., Preprint 30.6., Sky & Tel. 15.7.2011)

Laser-Leitstern-Tests für die ESO … an einer bayerischen Volkssternwarte! Ein neues kompaktes Lasersystem, mit dem künstliche Sterne für neue Adaptive Optik am Very Large Telescope und sogar E-ELT erzeugt werden sollen, wird derzeit an der VSW in Ottobeuren getestet, wo der 20-Watt-Laser auf einem 60-cm-Teleskop sitzt: Dessen CCD-Kamera beurteilt dann die Qualität der „Sterne“. (ESO Announcement 22.6., AVSO Monatsübersicht Juni/Juli 2011)

Der erste Nachweis seismischer Wellen im Planeten Jupiter

scheint vor über sechs Jahren mit dem „Fourier-Tachometer“ SYMPA auf Teneriffa gelungen zu sein, aber erst jetzt hat man sich getraut, ein Paper einzureichen – zu oft war der Versuch in den Jahrzehnten davor gescheitert, vor allem weil der Planet so rasend schnell rotiert. Doch die Radialgeschwindigkeitsmessungen deuten nun auf klare globale Schwingungsmoden des Jupiter hin, zwischen 0.8 und 2.1 mHz und mit der maximalen Amplitude bei 1.2 mHz. Alle Eigenschaften der globalen Moden passen bislang genau zu den theoretischen Erwartungen; bei den Jupiter-Oppositionen 2012/13 soll ein verbessertes SYMPA tiefschürfendere Einsichten in sein Innenleben liefern – und auch bei den anderen Gasplaneten sollte es funktionieren. (Gaulme & al., Preprint 19.6.2011. Und UA News 29.6., Nature News 7., Sky & Tel. 11.7.2011 zur Neubestimmung der Neptun-Rotation anhand alter Hubble-Bilder)

Magnetosonische Wellen in der Sonnenkorona direkt abgebildet haben die AIA-Kameras auf dem Solar Dynamics Observatory: als bogenförmige Wellenzüge mit 1-5 Prozent Intesitätsvariationen und ~200 Sekunden Lebensdauer: Sie entstehen am Ort von Sonnenflares und bewegen sich mit einer Phasengeschwindigkeit von rund 2200 km/s bis zu 400’000 km weit. Danach landet ihre Energie wohl in der Heizung der Korona, zu der sie aber, da sie ausschließlich im Zusammenhang mit Flares auftreten, keinen bedeutenden Beitrag leisten können. (Liu & al., Preprint, Astronomy Now 16., Lockheed Martin Press Release 15.6.2011)

Enormer Neutronenstern-Ausbruch: 10’000x röntgenheller

wurde IGR J18410-0535 vier Stunden lang, während Teile eines Materieklumpens, den ein Überriesen-Begleitstern abgesondert hatte, auf ihn stürzte und Millionen Grad Temperatur erreichten – dabei sollte XMM-Newton das „supergiant fast X-ray transient“-System eigentlich im Ruhezustand untersuchen. Ohne den 10 km großen Neutronenstern im Weg wäre die Gaswolke wohl sang und klanglos davon geflogen.(Bozzo & al., Preprint 30.6.2011; ESA Release 28., Sky & Tel. 30.6.2011. Auch Manchester & Hobbs, Preprint 26.6.2011, mit dem größten je beobachteten Glitch eines Pulsars und ein NASA Release 29.6.2011 zu einem anderen kuriosen Doppelsystem, das ‚auf Bestellung‘ einen Doppel-Gamma-Flare erzeugte)

Ein neuer Fall von einem Gamma-ray Burst mit Supernova dazu ist GRB 091127 / SN 2009 nz – das Spektrum der Supernova ist zwar ziemlich verrauscht, ähnelt aber dem anderer Supernovae, die mit GRBs zusammen hängen: Auch sie ist wieder vom Typ Ic. Damit war ein kosmologischer GRB (Rotverschiebung 0.49) das Ergebnis der Explosion eines massereichen Sterns, die als solche keine ungewöhnliche Energie besaß. (Berger & al., Preprint 15., astrobites 27.6.2011. Und Reid & al., Preprint 18., Physics World 28.6., New Scientist 2.7.2011 zu einer trigonometrischen Entfernungs- und damit neuen Massenbestimmung von Cygnus X-1)

Kosmische Erkenntnisse aus Daten von Pioneer 10 und 11

lassen sich auch nach 40 Jahren noch gewinnen, denn die ersten beiden Raumsonden, die in die Tiefen des Sonnensystems geschickt wurden, waren mit sehr guten Imaging Polarimetern ausgestattet, die die Helligkeit des Himmels rund um die Sonden maßen: Aus diesen Daten wurde nun – anhand von Katalogen – das Licht aller Sterne der Milchstraße abgezogen bzw. wegmodelliert, und es bleibt immer noch etwas übrig. Für dieses Restlicht sorgt zum einen Staub in der Milchstraße, der Sternlicht diffus streut (bekannt durch seine IR-Emission; die Verteilung korreliert mit dieser Pioneer-Komponente), und zum anderen die Gesamtheit aller Galaxien, deren integriertes Licht man berechnen kann. Mehr ist nicht: Andere Populationen wie ‚erste Sterne‘ können ausgeschlossen werden. (Matsuoka & al., Preprint 9.7.2011)

Extrem harte Gamma-Strahlung aus dem Kugelsternhaufen Terzan 5 gibt ein Rätsel auf: Sie wurde – von den H.E.S.S.-Cherenkov-Teleskopen in Namibia – zum ersten Mal überhaupt bei einem Kugelhaufen gesehen und kommt aus einer länglichen Quelle, die nicht mit dem Haufenzentrum zusammen fällt! Die Wahrscheinlichkeit, dass HESS J1747-248 und Terzan 5 einander nur zufällig so nahe sind, beträgt nur 1:10’000: Die Tatsache, dass in gerade diesem Haufen mehr Millisekunden-Pulsare als irgendwo sonst bekannt sind, hat wohl etwas zu bedeuten – aber einen plausiblen Mechanismus für die H.E.S.S.-Strahlung sehen deren Entdecker erst einmal nicht … (H.E.S.S. Collab., Preprint 24., MPK Press Release 22.6.2011)

Bei z~6-8: Zentralmaschinen & Galaxien wuchsen parallel

Kein Röntgenteleskop kann die Emission der zentralen Maschinen, mutmaßlich Supermassive Schwarze Löcher, von Galaxien mit extremen Rotverschiebungen individuell wahrnehmen – aber man kann ja Röntgenbilder von hunderten Galaxien aufaddieren, deren Positionen man aus optischen Aufnahmen kennt. So geschehen mit Chandra-Aufnahmen von 197 Galaxien – macht eine Gesamtbelichtungszeit von 23 Jahren! – mit Rotverschiebungen um 6, und tatsächlich taucht dann ein signifikantes Röntgensignal auf, zu dem jede einzelne Galaxie weniger als 5 Photonen beiträgt. Aus dem Signal schließen seine Nachweiser, dass sich die Supermassiven SL und Galaxien die gesamte kosmische Geschichte hindurch parallel entwickelt haben, wobei erstere aber anfangs in kalten Gaswolken verborgen blieben und auch wenig zur Reionisation des Alls beitragen konnten. (Treister & al., Nature 474 [16.6.2011] 356-8, Vikhlinin, ibid. 293-4; Yale, Rutgers, Hawaii Press Releases 15., DLF, Spiegel 16.6.2011)

Auch Galaxien im fernen Kosmos können „wach“ sein oder „schlafen“, d.h. – genau wie man es in unserer Nachbarschaft kennt – entweder aktiv Sterne bilden oder nicht: Mindestens 85% der kosmischen Geschichte gab es diese Zweiteilung. Damals war der Anteil der sternbildenden (und dadurch blauer erscheinenden) Galaxien höher als heute, und es gibt so gut wie keine Übergangsformen: DIe Sternentstehung kommt offenbar ziemlich plötzlich zum Erliegen bzw. sackt auf 1/50 ab. (Yale Release 20.6.2011. Auch ein JPL Release 30.6.2011 zum stetigen Wachstum von Galaxien im frühen Kosmos – Verschmelzungen spielten gemäß Spitzer-Beobachtungen keine dominante Rolle)

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