Der Mond-Schatten vor der Kosmischen Strahlung

ist hier mit IceCube „aufgenommen“ worden, dem im Eis des Südpols versenkten Cherenkov-Teleskop: Seine Photomultiplier sehen nicht nur diese Strahlung von Leptonen, die (kosmische und v.a. atmosphärische) Neutrinos im Eis produzieren, sondern auch einen gewaltigen Hintergrund aus Myonen, die Kosmische Strahlung in der Atmosphäre über der Antarktis hinterlässt. Die werden im normalen Messbetrieb ignoriert, und das Teleskop schaut nur durch die Erde hindurch auf die Nordhalbkugel, aber man kann die Myonen-Tracks von oben natürlich auch auswerten – und anhand des Mondes als ortsbekanntem Absorber immerhin die Genauigkeit der Spur-Rekonstruktionen überprüfen (eine für den Zweck geeignete hochenergetische Neutrinoquelle stellen weder Natur noch Technik zur Verfügung). Offenbar ist das Pointing gut, auf das erhoffte Grad genau: Der Mond – nicht räumlich aufgelöst – macht sich klar als Absorber der anfliegenden Kosmischen Strahlung bemerkbar; in der jeweils auf die Mondposition zentrierten Darstellung codiert die Farbe den Grad der Abschattung.

Hat der LHC jetzt endlich etwas Neues entdeckt?

Er lief bisher besser als erhofft („Die Proton-Proton-Kollisionen …“) und hat längst das Standardmodell der Teilchenphysik mit hoher Präzision bestätigt – aber der Large Hadron Collider hat immer noch nichts gefunden, das man nicht schon von anderen Experimenten her kannte. Vielleicht hat’s nun aber doch geklappt, und zwar an einer Stelle, wo niemand mit gerechnet hatte: Nicht die großen Allround-Detektoren ATLAS und CMS zeichnen verantwortlich, sondern der Spezialdetektor LHCb, und die möglicherweise gesichtete Abweichung betrifft den Zerfall des D0-Partikels (einem schweren Meson aus einem Charm- und einem Anti-Up-Quark), den man gut verstanden zu haben glaubte. Aber mit einer Signifikanz von 3.5 Sigma – ein starker Hinweis aber noch keine Entdeckung, die 5 Sigma erfordern würde – scheint da eine direkte CP-Verletzung auf zu treten, die das Standardmodell nicht vorher sagt. Öffentlichen Wirbel hat es darob noch keinen gegeben, und der CERN-Chef Rolf-Dieter Heuer hat die Geschichte bei einem großen Review-Vortrag gestern in Bonn bezeichnenderweise nicht einmal erwähnt: Hier müssen klar noch weitere Kollisionsdaten in die Analyse einbezogen werden, und LHCb tut sich – im Gegensatz zu den großen Detektoren – mit der enormen Luminosität des LHC sogar schwer.

ATLAS und CMS werden dagegen bald etwas zum Higgs-Teilchen sagen bzw. es nahezu sicher ausschließen können: In ein paar Tagen wird ein neuer, noch eingeschränkterer Bereich seiner möglichen Massen publiziert – und man entwickelt für das abschließende Ergebnis irgendwann 2012 bereits eine Strategie zur Kommunikation der Nichtexistenz des Higgs, wenn’s denn so kommen sollte! Egal, wie’s auch ausgeht: Es wird eine bahnbrechende Entdeckung sein, sagt Heuer, und wenn’s kein Higgs gibt, dann muss der LHC irgendwann Ersatz finden, denn alle Erweiterungen des Standardmodells liegen in seinem TeV-Energie-Bereich. Für die einfache „constrained supersymmetry“ wird ebenfalls bereits „die Luft dünn“, Versionen mit mehr freien Parametern haben aber noch reichlich Spielraum. Und was den einst so begierig oder auch ängstlich erwarteten Durchbruch in zusätzliche Raumdimensionen betrifft, so Heuer, solle man ihn in 20 Jahren noch mal fragen. In diesem Zeitraum soll der LHC auch noch einmal dramatisch leistungsfähiger werden: Die Planung des High Luminosity LHC um 2020 hat gerade Fahrt aufgenommen. (Wolfgang Paul Lecture Heuer, CERN Press Release, Physics World, Reuters, Daily Mail 16., Symmetry Breaking, BBC 15., Nature, Symmetry Breaking, Cosmic Variance, Resonaances 14., TAZ 11., CERN Bulletin, Science, ArXiv Blogs 7., Uni Mainz PM, Nature 3., Physics World, Live Science 2., New Scientist 1.11.2011)

„Double Chooz“ auf dem Weg zum 3. Neutrino-Mischungs-Parameter: Das Messergebnis hat eine nur geringe Signifikanz, dafür aber jede Menge Pressemitteilungen produziert: Das neue Neutrino-Oszillations-Experiment Double Chooz mit einem Detektor 1 km neben einem KKW scheint das Verschwinden von Elektron-Antineutrinos zu sehen, woraus sich ein vager Wert für den letzten noch kaum bekannten Parameter Theta-13 der Neutrino-Oszillationen ableiten lässt; Ähnliches gelang in Japan auch schon und genau so unscharf. Aber die Technik funktioniert und wird noch verbessert. (MPK PM, CNRS Press Release 9., Uni Tübingen PM 10., Resonaances 11.11.2011. Auch Fermilab Release 4.11.2011 zum Neutrinodetektor SciBath – und Washington Post 14., Aspera, Science 2.0 11., CERN Bulletin 7., Science Blogs, Inverse Square 4., Scientific American Blog 3., Quantum Diaries 1.11.2011 mit nichts Neuem von den OPERA-Neutrinos …)

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Eine Antwort to “Der Mond-Schatten vor der Kosmischen Strahlung”

  1. Dritter Mischungswinkel der Neutrinos bestimmt « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] in der Nähe von Hongkong ist binnen weniger Monate der dritte bisher nur vage bekannte Mischungswinkel Theta-1-3 (“‘Double Chooz’ auf dem Weg …”) bestimmt worden, und er ist mit 9° […]

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