Statt 7 nun 8 TeV Kollisionsenergie beim LHC

wird es 2012 geben, also 4 statt 3.5 TeV pro Protonenstrahl, wenn sie Mitte März wieder eingeschaltet werden und ab Anfang April auch wieder kollidiert wird: Dieses Jahr sollen dabei ca. 15 inverse Femtobarn eingefahren werden, dreimal so viele Kollisionsereignisse also wie 2011. Und die Anzahl der Higgs-Teilchen, die dabei erzeugt werden sollten, vervierfacht sich sogar: Spätenstens bis Ende des Jahres wird – wenn der Beschleuniger weiter so gut funktioniert – eindeutig klar sein, ob das vage Signal bei 125 GeV vom letzten Jahr real oder doch nur eine Fluktuation gewesen ist. Inzwischen gibt es auch detaillierte Papers zu den gesamten 2011-er Daten: Bei ATLAS hat sich nichts geändert, bei CMS ist der Nachweis geringfügig signifikanter geworden, denn eine neue Kategorie von Ereignissen ist hinzu gekommen.

Ein Kombination aller Messungen beider Detektoren wird es vielleicht nächsten Monat auf einer Konferenz geben: Weil die Energien der möglichen Higgse weiter etwas auseinander fallen (126 bzw. 124 GeV), wird die gemeinsame Signifikanz vermutlich nicht dramatisch über den individuellen (2.5 und 2.1 Sigma) liegen, vielleicht bei 3 Sigma (und vom schon gar nicht mehr arbeitenden Tevatron soll auch was zu hören sein in Sachen pro oder contra Higgs). Wenn das LHC-Signal vielleicht im Sommer mit den neuen Kollisionen zu einer Entdeckung wachsen sollte, hätte ein 125-GeV-Higgs übrigens erstaunliche Konsequenzen für die Stabilität des ganzen Universums: Das könnte nämlich jederzeit in einen noch niedrigeren Energiezustand rutschen – außer zusätzliche Teilchen außerhalb des Standardmodells verhindern dies.

Da der Kosmos bislang recht stabil war, sieht es eigentlich ganz nach der Existenz der letzteren (oder einem anderen Mechanismus gegen den Phasenübergang) aus. In den Kollisionsdaten bis Ende 2011 sind freilich auch nach der neuesten Analyse vom Januar 2012 keinerlei exotische Teilchen jedweder Art aufgespürt worden, insbesondere keine Vertreter der ersehnten Supersymmetrie, die so viele Probleme gleichzeitig lösen würden – genau so wenig wie Anzeichen zusätzlicher Raumdimensionen oder Schwarze Mini-Löcher, beides besonders schwierige Suchen. Hier wird es 2012 entweder die ersten Indizien oder aber aussagekräftige Grenzwerte geben. Und dann kommt der große Umbau: Erst 2015 wird wieder kollidiert, dann aber mit einer Gesamtenergie von 14 TeV, die wieder einen neuen Erkenntnisschub verspricht.

Ellis, Nature 481 [5.1.2012] 24; Quantum Diaries 16., BBC, Physics World, Discovery, Quantum Diaries 14., CERN Release & Video News, Nature Blog, New Scientist, Strassler, Ars Technica, Symmetry Breaking 13., Symmetry Magazine 12., Vixra, New Scientist, Physik Blog 9., Resonaances 8., CMS Collab., ATLAS Collab. Preprints, CERN, ATLAS Releases, Nature Blog, Science 2.0, Strassler, Woit 7., CMS Release 4.2., New Scientist, Resonaances 31., Quantum Diaries 20., McGill, FAZ Blogs 11., Woit 10., TeenSkepChick 8., Uni Mainz PR, New Scientist 6.1.2012, New Scientist 29.12.2011. Und PM der TU Wien 17.1.2012 zu noch flüssigerem Quark-Gluonen-Plasma bei den LHC-Blei-Kollisionen

Borexino gelingt Nachweis der pep-Reaktion in der Sonne

Schon letzten Sommer wurde der Nachweis von Neutrinos dieser Reaktion vom Untergrunddetektor („Erste Neutrinos aus seltener Fusionsreaktion …“) berichtet, jetzt ist die entsprechende Veröffentlichung erschienen: Etwa der der entscheidenden Signale sieht Borexino jeden Tag, nachdem mit erheblicher Mühe der Untergrund reduziert werden konnte. (Science News 8., Physics World 9.2.2012. Auch Pan European Networks 24.2.2012 zu grünem Licht für das Neutrinoteleskop KM3NeT, Nature Blog 26.1.2012 mit einem US-Ruf nach einem ordentlichen Untergrundlabor für Neutrinoforschung und de Putter & al., Preprint 9.1.2012 mit neuen Neutrino-Massengrenzen aus der SDSS. Und Kanekar & al., Preprint 16., New Scientist, Science Journalism Tracker 26.1.2012 zu Problemen beim astronomischen Test der Konstanz von Naturkonstanten, astrobites 31.1.2012 mit kosmischer Messung des p/e-Massenverhältnisses und Nature 31.1.2012 mit Problemen bei der Messung der Ladung des Neutrons im Labor)

Die Datenlage in Sachen direkten Nachweises Dunkler Materie bleibt konfus, nachdem 3 Detektoren irgendwas sehen, 2 aber nicht: Mit viiiel gutem Willen könnte man das mit einem WIMP von etwa 10 GeV erklären, das sich den beiden Negativ-Experimenten irgendwie entzieht. (Hooper, Preprint 5., New Scientist 9.1.2012. Und astrobites 17.1.2012, Physics World 8.12.2011 mit Nullresultaten von Fermi bzgl. DM-Vernichtungs-Strahlung aus nahen Zwerggalaxien. Sowie Fang & al., Preprint 25.1., New Scientist 1.2.2012 zu jungen Pulsaren als möglicher Quelle von UHECRs und arxiv Blog 13.5.2011 zur möglichen Beobachtung derselben per Satellit)

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3 Antworten to “Statt 7 nun 8 TeV Kollisionsenergie beim LHC”

  1. Dritter Mischungswinkel der Neutrinos bestimmt « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] seine Masse beträgt 125 Mrd. Elektronenvolt”, geht derzeit ein Physiker-Witz: Nicht nur die ATLAS- und CMS-Experimente des LHC sondern auch die CDF- und D0-Detektoren des Tevatron sehen ein vages Signal in diesem […]

  2. Die irre Saga der rasenden Neutrinos ist … vorbei! « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] durchgerungen, der die komplexe Technik des Beschleunigers mehr fordert. Bis Jahresende sollen 15 inverse Femtobarn eingefahren sein, gegenüber den 5 bisher: Je nach Optimismus wird bereits im Sommer oder spätenstens Winter […]

  3. Wird Higgs-Entdeckung in zwei Wochen bestätigt? « Zauber der Sterne Says:

    […] einer richtigen Entdeckung sprach, wollten die Teilchenphysiker erst auf Nummer sicher gehen und erhöhten die TeV-Energien am LHC. Nun brodelt seit ein paar Tagen wieder die Gerüchteküche um das […]

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