Einen Monat nach der amerikanisch dominierten ersten großen Astronomie-Tagung rein online mit über 1000 Teilnehmern folgte mit dem European Astronomical Society Annual Meeting 2020 (EAS 2020), das eigentlich im niederländischen Leiden stattfinden sollte, eine sogar noch etwas größere rein virtuelle Tagung: Die technische Plattform war eine andere, es gab neue Ideen zur „Virtualisierung“ einer Tagungs-Atmosphäre (wie etwa ein ‚Chat-Roulette‘, bei dem man in den ‚Kaffeepausen‘ für Minuten mit drei anderen von einem Zufallsgenerator ausgewählten Teilnehmern in eine Mini-Videokonferenz geschickt wurde), aber das Prinzip mit Live-Vorträgen und elekronischen Postern war dasselbe. Weiterhin online – und auch frei zugänglich – sind die Plenar-Sessions der fünf Tagungs-Tage:
Opening ceremony (Roger Davies, University Of Oxford)
Lodewijk Woltjer 1930-2019 (Tim de Zeeuw, Leiden Observatory/MPE)
Lodewijk Woltjer Lecture: When Galaxy Scaling Relations Play Together (Alvio Renzini, INAF/Osservatorio Astronomico Di Padova)
Radioactive nuclei from cosmochronology to habitability (Maria Lugaro, Konkoly Observatory)
The Astrophysics of LIGO/Virgo Sources (Krzysztof Belczynski, Copernicus Center, Polish Academy Of Sciences)
Square Kilometre Array: science, technology and status (Philip Diamond, SKA Organisation; Screenshots hier und hier)
A new Science Vision & Infrastructure Roadmap for European Astronomy (Colin Vincent, Astronet)
Characterising the dense gas in starburst and AGNs: a journey into the molecular content of nearby galaxies (Serena Viti, UCL/Leiden Observatory)
Mapping Large Scale Structures at High Energies: First Results from eROSITA on SRG (Andrea Merloni, Mpe; Screenshots hier, hier und hier)
Tycho Brahe Medal: LISA Pathfinder and LISA (Stefano Vitale, University Of Trento)
Exoplanets and the Search for Extraterrestrial Life (Ignas Snellen, Leiden University; Screenshots)
Highlights from the ESA Scientific Programme (Günther Hasinger, ESA; Screenshots und ein Paper über OGLE & Gaia)
Merac Prize T: HOMERIC: HalO’s Magnetic field as Evident from stRiated Interstellar Clouds (Aris Tritsis, Australian National University)
Merac Prize O: Identifying the origins of galaxy formation (Jorryt Matthee, ETH Zurich)
Merac Prize NT: PANIC, a wide-field infrared camera for the Calar Alto Observatory (M. Concepción Cárdenas Vázquez, Max Planck Institut für Astronomie)
Women in astronomy world-wide (Jocelyn Bell Burnell, University Of Oxford)
ESO report (Ciska Kemper, ESO)
Stellar winds and their effects on exoplanets (Aline Vidotto, Trinity College, University Of Dublin)
Hydrodynamical simulations of galaxy formation (Volker Springel, Max Planck Institute for Astrophysics)
Closing ceremony (Roger Davies, University Of Oxford)
Presenting during the Closing Ceremony (Huub Röttgering, Leiden Observatory)
Über die Sessions zu Satelliten-Megakonstellationen und eine Pressekonferenz dazu – die einzige der Tagung – wurde hier schon ausführlich berichtet, mit vielen Screenshots in diesem Album, viele weitere Screenshots von Tagungsvorträgen sind bunt gemischt hier zu finden. Zum Beispiel diese beiden Grafiken oben eines Vortrags aus der aus der Session S10b zum kommenden 3. Data Release der Gaia-Mission: Aufgetragen sind die Unsicherheiten der Parallaxe in Millibogensekunden bzw. der Eigenbewegung in Millisekunden pro Jahr gegen die Sternhelligkeit – und Prognosen für den endgültigen Katalog mit 5 Jahren Daten und einen nach 10 Jahren bei einer Extended Mission. Und die Grafik unten belegt den enormen wissenschaftlichen Impakt von Gaia schon jetzt: Inzwischen erscheinen pro Tag mehr als 4 referierte Arbeiten für die Daten der Mission!
Ebenfalls aus der Session ein Vortrag mit Ideen zur Visualisierung des riesigen Katalogs in animierten 3D-Grafiken der Sterndichte, während in LS7 ein starker Case für einen zweiten Gaia-Satelliten aber im Nahen Infraroten gemacht wurde. Weit mehr als auf der amerikanischen Tagung wurden auf der EAS 2020 Fragen des Outreachs und der astronomischen Entwicklung weltweit thematisiert: Da ging es z.B. in SS24 um Astro-Tourismus in Namibia jenseits der bekannten Astrofarmen für ausländische Amateurastronomen (und im Kontext des erhofften Baus eines Radioteleskops auf dem Gamsberg werden Bildungs-Initiativen voran getrieben), in SS23 wurde die Wirkung von Astronomie auf die Öffentlichkeit thematisiert (Wow vs. Aha) und gezeigt, dass Exoplaneten-Wanderwege schwierig sind, SS14c fragte, wie man die Massen für Fast Radio Bursts begeistern könnte, LS9 bewarb das Phänomen ‚Astronomy on Tap‘, dem die Konferenz sogar einen Press Release widmete, und LS13 behandelte inklusive Astronomie (was auch schon auf der IAU GA 2018 ein Thema war). Mit SS10a/b/c gab es auch sehr schräge Sessions über Technosignaturen von Aliens und Suchstrategien danach – wobei einer der Sprecher gleichzeitig ESO-Astronom und SF-Autor ist. Bliebe noch noch zu erwähnen, dass nach der Tagung ein detailliertes Feedback-Formular verschickt wurde – dessen Fragestellung nahelegt, dass zumindest die EAS in Zunkunft verstärkt Online- oder zumindest hybride Astronomietagungen veranstalten könnte: keine schlechte Idee …
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