Nachrichten aus der Astrophysik kompakt

Der Magellansche Strom ist mindestens 200° lang

und 2.5 Mrd. Jahre alt und hat bis zu 100 Mio. Sonnenmassen: Das ist die Quintessenz der Analyse einer großen Radiodurchmusterung („Der Magellansche …“) mit dem Green Bank Telescope, die immer noch nicht das komplette Band aus neutralem Wasserstoff erfasst, die sich um die Milchstraße wickelt, aber zum ersten Mal klar zeigt, dass es eine durchgehende Struktur ist (im Bild in Rosa einer optischen Gesamthimmelskarte von Mellinger überlagert). Nach neuen Erkenntnissen über die Bahnen der Magellanschen Wolken (ISAN 31-2) ist unwahrscheinlich, dass das Gas diesen Nachbargalaxien entrissen wurde, als sie der Milchstraße zu nahe kamen: Vielmehr dürften sich die beiden Minigalaxien vor knapp 3 Mrd. Jahren begegnet sein und gegenseitig starke Sternentstehung getriggert haben: Spätere Supernovaexplosionen trieben den Wasserstoff dann – ’supergiant shell blowout‘ – in den Raum. (Nidever & al., Preprint 31.8.2010)

Jede Menge isolierte und sehr kompakte Wolken aus neutralem Wasserstoff in der Milchstraße hat die GALFA-HI-Survey (Galactic Arecibo L-band Feed Array HI) bei 21 cm dank einer Winkelauflösung von 3.5′ zu Tage gefördert: DIe meisten sitzen in der galaktischen Scheibe und sind nur wenige kpc entfernt. (Begum & al., Preprint 18.8.2010)

Die ersten Cepheiden in der Sculptor-Galaxie NGC 7793

sind entdeckt worden: 17 langperiodische Exemplare mit einer scharfen Perioden-Leuchtkraft-Beziehung. Das Entfernungsmodul der Galaxie beträgt demnach 27.7±0.1, die Entfernung 3.4 Mpc: näher als nach anderen Methoden (aber noch im Bereich der Fehlerbalken) und weitgehend identisch mit der ebenfalls Cepheiden-basierten Distanz der benachbarten Galaxie NGC 247. Zwei andere Spiralen der Sculptor-Gruppe, NGC 55 und NGC 300, sind mit 1.9 Mpc aber viel näher: Das bestätigt die Vermutung einer entlang der Sichtlinie sehr in die länge gestreckten Galaxiengruppe. (Pietrzynski & al., Preprint 18.8.2010)

Natur der „Green Pea“-Galaxien aufgeklärt: Bei dieser Entdeckung im Rahmen der ‚Galaxy Zoo‘-Citizen Science (ISAN 90-7) handelt es sich besonders metallarme Galaxien, die durch Supernova-Winde viel Gas verloren haben. (JENAM Release 10.9.2010)

Eine extrem helle Sub-mm-Galaxie mit einer Rotverschiebung von 3.9 – bei 1.2 mm die hellste des gesamten Nordhimmels – ist mit dem 30-m-IRAM-Teleskop in Spanien entdeckt worden: Selbst wenn man ihr eine gewisse Verstärkung durch eine Gravitationslinse zugesteht, so hat sie doch um die 100 Billionen Sonnenleuchtkräfte im fernen IR und eine Milliarden Sonnenmassen Staub. Aber kein Gegenstück im sichbaren Licht. (Lestrade & al., Preprint 2.9.2010)

Theoretiker verzweifeln: Chemie der Sonne passt einfach nicht zu ihren Schwingungen

Genaue Modellrechnungen der Sonne seit gut 6 Jahren, die den Aufbau ihrer Atmosphäre und damit den Verlauf der Randverdunklung wie auch das Sonnenspektrum gut wiedergeben, wollen einfach nicht zu den Aussagen über das Innenleben der Sonne passen, die aus der Helioseismologie stammen: Es hat auch nicht geholfen, dass sich führende Astronomen beider Forschungsrichtungen zusammen getan haben. Früher passte alles wunderbar zusammen, aber nach den neuen Sonnenmodellen muss es drastisch weniger Kohlen-, Stick- und Sauerstoff sowie Neon geben – doch dann wäre das Temperaturprofil der Sonne ein deutlich anderes, und der ganze Sonnenkörper sollte anders schwingen als gemessen. Die große Entdeckung, die den Widerspruch auflöst (andere „Durchsichtigkeit“ der Elemente, neue Transportprozesse im Sonneninneren etc.), lässt weiter auf sich warten. Und wird nicht nicht nur von der Sonnenforschung sehnlich erwartet: Die Chemie der Sonne spielt in zahlreiche andere Felder der Astrophysik hinein. (Science 3.9.2010 S. 1144-5)

Ist SN 2010X eine Supernova des Typs „.Ia“? Die Helligkeit dieser Sternexplosion ist danach so schnell abgefallen wie bei kaum einer anderen (nur SN 2002bj war schneller): Hier könnte ein spezieller Weißer Zwerg explodiert sein, nach Massenzufluss durch einen Begleiter, oder es handelte sich um die thermonukleare Explosion einer Heliumschale auf einem solchen Zwerg – wegen der verglichen mit einer Ia Supernova geringen Leuchtkraft auch als „.Ia“ (Punkt Ia) bekannt. Die Palomar Transient Factory (ISAN 87-5) sollte dank ihrer hohen Beobachtungskadenz pro Jahr mehrere derartig rasante Objekte entdecken. (Kasliwal & al., Preprint 6.9.2010. Die PTF hat übrigens bisher 752 Supernovae gefunden)

Der erste Röntgenpulsar, den sein Begleiter verfinstert

Swift J1749.4-2807 wurde 2006 bei einem kleinen Ausbruch entdeckt, aber erst bei einem größeren diesen April wurde die Quelle – in Messungen des Satelliten RXTE – als Pulsar erkannt, mit 518 Umdrehungen pro Sekunde. Und auch, dass dreimal etwas die Röntgenstrahlung verdeckte, alle 8.8 Stunden für jeweils 36 Minuten: Die Strahlung des Pulsars hat den Begleiter mächtig anschwellen lassen. (NASA Release 17.8.2010)

Ein Magnetar aus einem Stern mit mindestens 40 Sonnenmassen sorgt für Erstaunen, da Sterne dieser Masse nach landläufiger Meinung klar als Schwarze Löcher enden sollten – und nicht als Neutronensterne. Aber das Objekt sitzt im Sternhaufen Westerlund 1, der nur 3.5 bis 5 Mio. Jahre alt ist: Wer da bereits als Supernova untergegangen ist, muss eine Anfangsmasse von mindestens 40 Sonnen besessen haben. Vermutlich hat der Vorgängerstern irgendwie einen Großteil seiner Masse eingebüßt, bevor er explodierte – wie, ist allerdings unklar. (ESO Release 18.8.2010)

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Eine Antwort to “Nachrichten aus der Astrophysik kompakt

  1. meta-physik » Blog Archiv » Blog-Teleskop #61 Says:

    […] mit IKAROS, bringt einen kurzen Überblick über aktuelle Ereignisse aus der Raumfahrt sowie der Astrophysik und zeigt bunte Bilder, die einfach nur schöööön sind. (Anm.: Lieber Herr Fischer, es gibt bei […]

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