Nachrichten von Weltraum-Teleskopen kompakt

Der 4 Lichtjahre lange „Schweif“ des Pulsars PSR J0357+3205 auf einer Chandra-Aufnahme vor einem optischen Bild der Digital Sky Survey (der Neutronenstern sitzt o.r.; die beiden hellen Objekte ‚im‘ Schweif u.l. sind extragalaktisch): Welche Physik dahinter steckt, ist nicht klar.

Der Protoplanetare Nebel Minkowski 92 alias IRAS 19343+2926 alias Minkowskis Fußabdruck auf einer alten HST-Aufnahme (noch mit der WFPC2): Da der Zentralstern noch keine heiße Quelle von UV-Photonen geworden ist, sehen wir den Nebel nur in seinem reflektierten Licht; zur Anregung von Emission reicht’s noch nicht. Aber bald.

Der Dust Trail des Kometen 103P/Hartley (2) ist erstmals bei der Himmelsdurchmusterung des Satelliten WISE in Erscheinung getreten (bei 4.6 bis 22 µm): Er besteht aus besonders großen Staubteilchen, bis zur Größe von Golfbällen, die in der Kometenbahn zurück bleiben und hat eine Gesamtmasse von mindestens 40 Mio. Tonnen.

Monster-Satellit James Webb Space Telescope auf der Abschussliste des US-Kongresses

„Das Komitee glaubt, dass [die Streichung des JWST] der NASA letzten Endes nutzen wird, indem sie ein gutes Beispiel der Kosten-Disziplin für andere Projekte setzt und den enormen Druck beseitigt, den das JWST auf die Möglichkeiten der NASA ausübte, anderen wissenschaftlichen Missionen nach zu gehen.“ Also sprach das Committee on Appropriations des US-Abgeordnetenhauses in der COMMERCE, JUSTICE, SCIENCE, AND RELATED AGENCIES APPROPRIATIONS BILL, 2012 (auf Seite 72) – und der entsprechende Ausschuss lehnte am 14. Juli den Antrag ab, das JWST wieder ins Programm auf zu nehmen. Der riesige Aufschrei, der seit dem Bekanntwerden der House-Pläne zur Beendigung des – finanziell und terminmäßig weit aus dem Ruder gelaufenen – JWST-Projekts am 6. Juli durch die astronomische Welt gegangen war (angeführt von AURA und AAS), hatte die republikanische Mehrheit dort nicht beeindruckt. Vielleicht schon nächste Woche, vielleicht auch erst nach der Sommerpause, wird das gesamte Abgeordnetenhaus über den CJS-Haushalt beraten, und auch da sieht es nicht rosig aus.

Eine Kürzung des NASA-Haushalts für 2012 um 1.9 Mrd.$ gegenüber den Wünschen des Weißen Hauses – was ihn noch unter das Niveau von 2008 drücken würde – scheint den „Washingtoner Geiern“ wohl gar zu verlockend. Viele Hoffnungen der JWST-Befürworter – die argumentieren, ohne den großen Infrarotsatelliten stießen bald weite Bereiche der Astronomie an ihre Grenzen, und auf die zu 75% mehr oder weniger fertige Hardware wie die gerade fertig geschliffenen Segmente des Hauptspiegels und schon 3 Mrd. ausgegebene Dollars verweisen – ruhen daher auf dem demokratisch kontrollierten Senat, wo sich insbesondere Barbara Mikulski trotz aller – u.a. auf ihr Betreiben hin überhaupt erst bekannt gewordenen – Probleme für das JWST stark gemacht hatte. Wenn das House so und der Senat anders entscheiden sollten, wäre es an einer Konferenz, eine Lösung zu finden. Unterdessen scheinen die Kostenschätzungen für das JWST auf 7.8 bis 8 Mrd.$ gestiegen zu sein – aber die NASA glaubt weiterhin, einen Start im Oktober 2018 schaffen zu können – wenn das Geld jetzt reichlich fließen würde. In Europa wird man jedenfalls nach dem alten Plan pünktlich die versprochenen JWST-Instrumente fertig stellen: Das künstlich zu verzögern, würde nämlich extra kosten … (Links auch im Cosmic Mirror #343!)

Früher war alles besser bei der Langzeitplanung

von Weltraum-Observatorien, beklagen sich zwei Architekten des „Horizon 2000“-Programms der ESA: 1985 beschlossen, sei es 2009 mit nur 2 Jahren(!) Verspätung abgeschlossen worden, und keines der drei Großprojekte (Cornerstones) SOHO, Cluster, Rosetta, XMM-Newton und Herschel war je ernsthaft in Gefahr, ja sogar den Nachbau der Clusters nach dem Totalverlust beim 1. Ariane-5-Start konnte man verschmerzen. Das sei so gut gegangen, weil die Cornerstones erst dann die Realisierungsphase eintreten durften, als die nötige Technologie zur Verfügung stand und die Anforderungen an die Mission eingefroren waren: Das verhinderte exorbitante Kostenexplosionen wie nun gerade beim JWST. Zwar wussten die beteiligten Wissenschaftler lange nicht, wann sie starten würden, dafür konnten sie sich aber darauf verlassen, dass ein einmal gestartetes Projekt nicht mehr bedroht würde. Einen derart idyllischen Zustand hatten die amerikanischen Kollegen noch nie, schon wegen des jedes Jahr neu in Frage gestellten Haushalts, aber auch in Europa laufe es nicht mehr so rund. Eine globale Langzeitplanung für die großen Sternwarten im Weltraum – inklusive der gemeinsamen Festlegung von Prioritäten beiderseits des Atlantik (und gerne auch in Asien und Südamerika) sei nun dringend erforderlich, und tatsächlich ist eine globale ‚Roadmap‘ bereits in Arbeit. (Bonnet & Bleeker, Science 333 [8.7.2011] 161-2)

Neuer russischer Astro-Satellit startet … übermorgen!

Man traut es sich kaum hin zu schreiben, aber der russische Astronomiesatellit Spektr-R – die ersten Starttermine lagen schon um 2004 – steht tatsächlich auf der Startrampe in Baikonur und soll in der Nacht zum 18. Juli um 4:31 MESZ auf seiner Zenit-3SLBFSBM abheben – wobei kurioserweise Amateurastronomen zur optischen Bahnverfolgung aufgerufen sind. Ausgestattet mit einer 10 m großen Radioantenne soll Spektr-R im Rahmen des internationalen RadioAstron-Projekts zusammen mit Radioteleskopen auf der Erde VLBI mit besonders großen Basislinien für besonders hoch aufgelöste Beobachtungen ermöglichen: Spektr-R soll auf einer hoch elliptischen Bahn landen, die bis zu 350’000 km Abstand zwischen seiner und einer irdischen Antenne realisiert, was sich in einer Winkelauflösung von Mikrobogensekunden niederschlägt! Auch das Effelsberger 100-m-Teleskop soll Teil dieses Experiments werden. (Roskosmos Press Releases 16.7., 10.7.2011; New Scientist 16.7., ITAR-TASS 24., Space News 17.6.2011)

Die riesige Kamera des Gaia-Satelliten ist fertig, ein 50 cm x 1 m großes Feld aus 106 CCD-Chips, die zusammen die größte Digitalkamera bilden, die je für einen Satelliten entwickelt wurde. Der Start des Astrometrie-Satelliten der ESA ist weiterhin für 2013 geplant: Im Lagrangepunkt 2 (1.5 Mio. km ‚hinter‘ der Erde) stationiert, wird er mit zwei gegeneinander versetzten Teleskopen ständig den Himmel abscannen, wobei die Bilder der Sterne über die Fokalebene mit den 106 CCDs sausen: Ein relatives Netz ihrer Positionen mit ungeheurer Präzision und zahllosen Anwendungen quer durch die Milchstraße ist das Ziel. (ESA Release 6.7.2011)

Der LISA Pathfinder darf trotz Problemen weiter machen

Auch wenn die Zukunft des eigentlichen LISA-Projekts eines gewaltiges Detektors für Gravitationswellen im Orbit nach dem Ausstieg der USA ziemlich unklar ist: Das Science Programme Committee der ESA hat sich entschieden, den Technologiedemonstrator LISA Pathfinder trotzdem fertig zu stellen und 2014 zu starten. Denn die Schlüsseltechnologie, die er unter Weltraumbedingungen testen soll, die ultrapräzise ‚Aufhängung‘ von Probemassen im Raum, wäre auch für andere Projekte interessant: Sie ist etwa eine Größenordnung besser als das drag-free control system, das der Satellit GOCE zur Vermessung des Erdschwerefelds einsetzt. (Space News 23.6.2011. Auch eine ESA-Seite und Science Blogs 6.6.2011 zum Status von LISA)

Weltraumsensoren auf dem Vegetationssatelliten Proba V bilden das Energetic Particle Telescope (EPT): Während das Hauptinstrument des im Frühjahr 2012 startenden kleinen ESA-Satelliten die Überwachung der Erd-Vegetation des entsprechenden Sensors auf Spot-5 übernehmen soll, kümmert sich das EPT um die Teilchen-Situation im erdnahen Raum, die mit der nun wieder ansteigenden Sonnenaktivität interessanter werden dürfte. (ESA Release 17.6.2011. Und ein ESA Release 30.6.2011 zur Rettung eines Cluster-Instruments mit einem „schmutzigen Hack“)

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3 Antworten to “Nachrichten von Weltraum-Teleskopen kompakt

  1. Astro-Satellit Spektr-R auf der korrekten Bahnellipse! « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] 21st-century orbital observatory“: Der Zenit-Start des Radioastro-Satelliten Spektr-R hat genau wie geplant („Neuer russischer …“) heute Morgen um 4:31 MESZ stattgefunden (oben ein […]

  2. meta-physik » Blog Archiv » Blog-Teleskop #80 Says:

    […] er blickt auf Vesta. Interessant sind auch seine kompakten Kurznachrichten über Planetenforschung, Weltraumteleskope, Raumfahrt und […]

  3. Autsch! Neuer Preis für das JWST: 8.7 Mrd. $$ … « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] im Budget für 2012 wieder auftauchen, aus dem ihm das zuständige Gremium des Abgeordnetenhauses im Juli getilgt hatte („Monster-Satellit …“): Die Hoffnungen der JWST-Fans ruhen dabei vor allem auf […]

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