Autsch! Neuer Preis für das JWST: 8.7 Mrd. $$ …

Mehrere Zeitschriften haben es heute in Erfahrung bringen können: Das bisher geheim gehaltene neue Gesamtbudget des James Webb Space Telescope liegt demnach bei 8.7 Milliarden Dollar – 2.2 Mrd. mehr als es noch Ende 2010 hieß – für einen Start im Jahr 2018 und 5 Jahre Betrieb (die allein 700 Mio.$ kosten). Die neue Zahl soll nun in den NASA-Etatwunsch für 2013 eingearbeitet werden – aber erst einmal müsste der Satellit im Budget für 2012 wieder auftauchen, aus dem ihm das zuständige Gremium des Abgeordnetenhauses im Juli getilgt hatte („Monster-Satellit …“): Die Hoffnungen der JWST-Fans ruhen dabei vor allem auf dem Senat und dem Konferenzkomitee, das am Ende Widersprüche beseitigen muss. Für die neuerlichen Milliarden soll übrigens nach Vorstellung der NASA der Wissenschaftssektor nur zur Hälfte gerade stehen: Den Rest möchte man u.a. beim bemannten Programm abzweigen, das sich schließlich in der Vergangenheit auch mal bei der Wissenschaft bediente. Wenn das gelingt, müssten dem JWST zumindest keine anderen astronomischen Projekte geopfert werden. Funktionäre der American Astronomical Society sind bereits bei Kongress-Mitarbeitern vorstellig geworden und haben sich sagen lassen, dass die Komplettstreichung des Projekts tatsächlich als demonstrative Klatsche für die NASA gedacht war, die nicht auf ihr Geld aufpasst. Dass das JWST über eine große Fanbasis in der Bevölkerung verfügt, habe man in der Politik immerhin wohlwollend zur Kenntnis genommen, glaubt die AAS: Insbesondere Briefe von Nichtastronomen würden dort Gewicht haben. Es bleibt spannend … (Nature News, AW&ST 22., AAS-Rundschreiben 16.8.2011. Auch ESA, NASA, UKSA Releases 18.8.2011 zum erfolgreichen Testabschluss für das europäische JWST-Instrument MIRI und ein Editorial 22.8.2011 von einem nicht ganz uneigennützigen Fan …)

Der NASA-Etat 2013 soll deutlich kleiner als der 2011-er(!) ausfallen, hat das Office of Management & Budget des Weißen Hauses dem Chef mitgeteilt (und den Bossen vieler anderer Bundesbehörden auch): Man solle Entwürfe mit 5 und auch gleich mal mit 10 Prozent weniger als es 2011 gab ausarbeiten! Und dabei nicht durch die Bank kürzen oder herumtricksen sondern konkret Projekte absägen: Das Schwarze Budget-Loch JWST liegt da wohl erneut auf dem Präsentierteller. Der 2011-er NASA-Etat hatte 18.5 Mrd.$ betragen, d.h. es dürfen 2013 nur 17.6 bzw. 16.4 Mrd.$ werden. Sollte sich das Abgeordnetenhaus mit seinen – JWST-freien – 16.8 Mrd.$ für 2012 durchsetzen (Obama hatte 18.7 Mrd.$ gewollt), hielte sich der relative Verlust zwar in Grenzen, absolut ist aber ein gewaltiges Gürtel-enger-Schnallen angesagt. (Space Politics 19.8.2011. Auch AW&ST 22., Space Politics, Space Policy Online, Space News, AW&ST 19.8.2011 zu neuem Streit – inzwischen auch unter den US-Senatoren – über die weitere Vorgehensweise in Sachen Riesenrakete SLS; auch da soll es inzwischen neue Kostenzahlen geben. Sowie Reuters 17.8.2011 zu gesunkenem Interesse Russlands an bemannter Raumfahrt. Und Spaceflight Now 16.8.2011 zu einem Wet Dress Rehearsal mit der dritten Falcon 9 – die die zweite Dragon vermutlich am 30.11. bis zur ISS schießen darf; Ankunft am 9.12.)

Doppelfehlstart in Russland und China binnen 12 Stunden

Man muss schon bis mindestens 1971 und wahrscheinlich sogar 1966 zurück gehen, um zwei orbitale Fehlstarts in so rascher Folge zu finden: Am 18. August versagte erst die Oberstufe Briz-M einer Proton-M und setzte einen russischen Nachrichtensatelliten auf einer so falschen Bahn ab, dass eine Rettung und sinnvolle Nutzung fraglich erscheint, und 12 Stunden später misslang der Start einer Langer Marsch 2C, die einen geheimnisvollen chinesischen Satelliten starten sollte, möglicherweise für ein Frühwarnsystem. Es war bereits der dritte chinesische Start innerhalb einer Woche, wohl zuviel des Guten; der prestigeträchtige Start des Raumstations-Testmoduls Tiangong-1 in den kommenden Wochen auf einer ausgefeilteren Langer Marsch 2F soll aber nicht gefährdet sein. Für die Briz-M war es der 50. Einsatz (und erste Fehlschlag seit 2008); zwischen der 4. und 5. Zündung im Rahmen einer eigentlich routinemäßigen Reise in den geostationären Orbit war plötzlich die Funkverbindung abgerissen, und nach langer Suche wurden gleich drei Objekte auf sonderbaren Orbits aufgespürt … (KosmoLogs 19.8.2011 zur Fehlstartstatistik, Space News, Spiegel 19., Space.com, Space Today, General-Anzeiger 18., NASA Spaceflight, Spaceflight Now 17.8.2011 zur Briz-Pleite und NASA Spaceflight, Spaceflight Now 18., Space Today 19.8.2011 zur Langer-Marsch-Pleite. Auch Spaceflight Now 19., Space.com 16.8.2011 zu Tiangong-1. Und Spaceflight Now 14.8.2011 zur mühsamen Rettung des vor einem Jahr zu tief abgesetzten AEHF1 [„AEHF muss …“] sowie Spaceflight Now 17., Space Today 18.8.2011 zu einem erfolgreichen Dnepr-Start mit 7 Satelliten)

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5 Antworten to “Autsch! Neuer Preis für das JWST: 8.7 Mrd. $$ …”

  1. Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] Fehlstarts konnte bisher aufgenommen werden, dem Nachrichtensatelliten Express-AM4, den eine Briz-M-Oberstufe falsch ausgesetzt hatte („Doppelfehlstart …“): Dem Kommunikationssystem des Satelliten ist die […]

  2. meta-physik » Blog Archiv » Blogteleskop #83 Says:

    […] wie immer Daniel Fischers Blog Skyweek Zwei Punkt Null: Das JWST wird teurer (autsch!), in Gedenken an Vicco von Bülow gibts den Sketch “Der Astronaut” zu sehen, […]

  3. Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] 8 Mrd.$ sein werden, die die NASA heute verspricht (bzw. 8.7 Mrd.$ inkl. 5 Jahren Betrieb – diese Zahlenangabe ist jetzt offiziell bestätigt). Und der Rest der Wissenschaft soll unter dem JWST kaum leiden: Mit […]

  4. Neuer offizieller JWST-Preis: 8.84 Mrd. Dollar … « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] sprengt. Das ist beim James Webb Space Telescope überreichlich der Fall, dessen Kosten eben noch mit 8.7 Mrd.$ beziffert worden waren. In dem Bericht räumt die NASA auch ein, dass zur Rettung des JWST und einem Start […]

  5. Allgemeines Live-Blog ab dem 21. März 2018 | Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] verkündet werden soll: Erinnerungen werden da wach an die große JWST-Krise von 2010, nach der alles neu gemacht wurde: eine bemerkenswerte Tabelle der steigenden Kosten und rutschenden Starttermine, […]

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