Allgemeines Live-Blog vom 13. bis 17. Juli 2013


17. Juli

Ein G+-Hangout zu Komet ISON und insbesondere Hubble

und dessen geplante Beobachtungen beginnt in Kürze: oben live und später dann auch als Aufzeichnung. [22:00 MESZ] Aha, gerade haben sie zugegeben, wie das seltsame Bild unten (siehe 0:10 MESZ) zustande kam: Sie haben tatsächlich eine einzelne – und damit natürlich schwarzweiße – ISON-Aufnahme ausgeschnitten und in ein Farbkomposit des Hintergrunds montiert, auf den nachgeführt wurde. Denn dadurch – und die Bahn Hubbles um die Erde – trailt der Komet auf den lang belichteten Bildern meistens fürchterlich, und so nahm man einfach das schärfste der Serie. Also ist es wirklich kein Farbbild des Kometen, wie dieser Blogger gleich vermutete (als einziger, wie es scheint), obwohl es als solches ‚verkauft‘ wird … [22:35 MESZ] Jian-Yang Li (PSI) bestätigt, dass die Hubble-Aufnahmen vom 10. April eine Obergrenze von 4 km für den Kern ergeben haben, der auch noch deutlich kleiner sein könnte – nicht gut für das Überleben im Perihel. [23:00 MESZ – Ende]

g2

Teile der Gaswolke G2 sind bereits um Sgr A* herum geflitzt: Das zeigen diese Messungen mit dem SINFONI-Instrument des VLT vom April, die heute in Press Releases von MPE und ESO und Artikeln z.B. hier, hier oder hier gefeiert werden – dargestellt ist die Geschwindigkeit des Gases (x-Achse, in km/s) gegen die Position entlang des Orbits der ungewöhnlichen Wolke unklarer Natur & Herkunft (y-Achse, in Milli-Bogensekunden). Die blauverschobene Komponente des Gases (o.l.) zeigt klar, dass schon etwas der arg in die Länge gezogenen Wolke um das Zentrum der Milchstraße herum gekommen ist und sich nun wieder auf uns zu bewegt. Die gesamte Passage von G2 – in 20 Lichtstunden oder 2000 Schwarzschild-Radien Abstand – am mutmaßlichen Schwarzen Loch vorbei sollte mindestens ein Jahr dauern; in Sgr A* hinein fällt dabei wohl nichts. [21:35 MESZ]

cme

Ein koronaler Massenauswurf läuft auf die Erde zu

Er verließ die Sonne gestern um 6:09 MESZ – hier ein LASCO-Bild 9 Stunden später – und sollte am 18. Juli gegen 21:00 MESZ +/-7 Stunden die Erde erreichen; auch die Raumsonden MESSENGER und Juno sind ‚in der Schusslinie‘. Auch der Mond am 15. Juli in Norwegen, ungewohnt orientiert – und Berlin macht mit beim Saturn-Winken. [1:20 MESZ] Auf der Sonne selbst tut sich jedenfalls nicht viel. [5:20 MESZ] Mit Folgen der CME für die Erde ist offenbar doch nicht zu rechnen. Plus eine visuelle Borisov-Beobachtung mit 13 mag. [19:40 MESZ. NACHTRAG: Anderswo hat man die CME noch nicht aufgegeben]

ison_seltsam

Ein quasi schwarz-weißer ISON in einem Hubble-Quasi-Farbbild, das aus WFC3-Aufnahmen mit 589 und 803 nm Wellenlänge vom 30. April entstand: Während Galaxien im Hintergrund schön bunt sind, lässt der Komet jedwede Farbigkeit vermissen. (Im Gegensatz zu Komet Lemmon am 15. Juli.) Auch eine ISON-Timeline aus Sicht von Raumsonden & Satelliten, alle rohen Hubble-Bilder von ISON, ein ISON-Hangout heute 22:00 MESZ und ein Filmchen über Sungrazer. [0:10 MESZ. NACHTRAG: Das Rauschmuster ISONs in dem Bild zeigt klar, dass hier ein Schwarzweiß-Komet auf ein (Zwei-)Farbbild geklebt wurde. Ohne dass das im Text erläutert würde …]


16. Juli

Ein NASA-Briefing über die Umstände des ISS-EVA-Abbruchs

heute Nachmittag (s.u.; oben kritische Momente im Video) beginnt in diesen Minuten im NASA-Fernsehen – wo jetzt martialische Pausenmusik läuft … [22:30 MESZ] Zehn Minuten verspätet hat die PK begonnen. [22:40 MESZ] Die Suche nach dem Fehler wird 1-2 Tage dauern – und ob die EVA rasch wiederholt werden soll, ist auch noch nicht klar. Kein Zeitdruck jedenfalls, „every rock“ soll erst umgedreht werden. [22:42 MESZ] Als Chris sah, dass das Wasser schon um Lucas Ohren herum kam, fiel der Beschluss zur „termination“ der EVA. Als es immer mehr wurde, hat man – wieder in der Station – die Befreiung Lucas aus dem Raumanzug und v.a. die Helmabnahme gegenüber üblichen Prozeduren beschleunigt. 1-1.5 Liter Wasser waren im gesamten Anzug! [22:47 MESZ] Seine Quelle ist weiterhin unbekannt, das Trinkwasser war es aber wohl nicht. [22:50 MESZ. NACHTRÄGE: ein paar technische Gedanken, Artikel hier, hier, hier und hier und mehr Links]

luca

Eine ISS-EVA wurde gerade abgebrochen, weil Luca Parmitano (hier l.u. beim Entkleiden) plötzlich 1/2 Liter Wasser im Helm hatte, wohl nach dem Lecken seines Getränkevorrats. [15:50 MESZ] Vom Abbruch bis zu Helm ab an Bord vergingen 32 Minuten – so was dauert! [15:55 MESZ] Die Space-Nerds auf Twitter – exemplarisch dieser – überschlagen sich vor Begeisterung über die tadellosen Reaktionen auf das Problem: Wird die ’successful failure‘ dieser EVA bald als „Apollo-13-Moment“ für die ESA in die Annalen eingehen? [16:05 MESZ] War offenbar nicht das Trinkwasser, das da leckte. [16:10 MESZ] Weitere Artikel hier und hier – und wie Parmitano eine erste EVA gefunden hatte. [16:30 MESZ] Ein NASA-Statement zum Abruch; weitere Artikel hier und hier. [17:00 MESZ]

ison-graph

Die Crew der ISS soll Komet ISON im Perihel beobachten!

Diese Information ist im „Comet ISON Toolkit“ der NASA zu finden, das alle Beobachtungspläne für den Kometen aus dem Weltraum (zwölf unbemannte Raumfahrzeuge!) sowie von einer Rakete und einem Ballon auflistet: 2007 hatte die NASA „vergessen“, die damalige ISS-Besatzung über den Kometen McNaught aufzuklären (was dieser Blogger vergeblich versuchte), so dass keine Beobachtungen zustande kamen. Auch nützlich obiges Diagramm, das zeigt, wann der Komet für welche Beobachtungen zugänglich ist; die blauen Intervalle unten sind visuelle Zeitfenster. Und noch eine wichtige Nachricht in Sachen ISON-Planung: Ein großer NASA-Workshop am 1.+2. August dazu wird live gestreamt! Auch Komet Lemmon am 13. Juli, 6. Juli und 14. Juni, ein Protuberanzen-Film (Details) und mattes Polarlicht in Nord-Deutschland in der Nacht 14./15. Juli. [1:00 MESZ]


15. Juli

potsdam

Die Helligkeit des Nachthimmels über der alten Potsdamer Sternwarte in Babelsberg im Jahre 2012, systematischer denn je mit einem SQM gemessen: in der x-Achse die Uhrzeit, in der y-Achse die Größenklassen pro Quadratbogensekunde, und die Farbe codiert, wie häufig ein entsprechender Wert zur entsprechenden Zeit auftrat (das Diagramm für 2011 sieht ganz ähnlich aus). Die Häufung zwischen SQM-Werten von 17 und 18 kommt durch bewölkte Nächte zustande, in denen das 22 km entfernte Berlin die Wolken beleuchtete, die Häufung um 20 sind klare mondlose Nächte. Generell erweisen sich wolkige Nächte mit SQM-Werten bis zu 16.5 als im gleichen Maße heller als klare Vollmondnächte (18.5) als diese wiederum heller als klare mondlose Nächte sind (20.3; entspricht permanenter nautischer Dämmerung). Und eine klare mondlose Nacht ohne Lichtverschmutzung wäre mit 22 wiederum um einen ähnlichen Faktor dunkler. [23:50 MESZ]

Borisov fand seinen Kometen bei systematischer Suche

Die Entdeckungsumstände des neuen – und leider kaum zu beobachtenden – Kometen C/2013 N4 (siehe 13. Juli) sind in diesem russischen Forum zu finden, auf das dieser Blogger dank seiner zwitschernden Tochter aufmerksam wurde und mit dem Online-Übersetzer ganz gut zurecht kommen. Danach gelang Gennady Borisov die Entdeckung im Rahmen eines privat betriebenen Kometen-Suchprogramms im Morgengrauen, das er mit selbst entwickelten 20-cm-f/1.5-Teleskopen und FLI-PL16803-CCD-Kameras betreibt. Beim manuellen Blinken der Bilder der vergangenen Nacht war auf den Kometen gestoßen, der schon damals ziemlich eindeutig erschienen war. Eine Nachricht an das Minor Planet Center blieb zunächst ohne Antwort – aber in der folgenden Nacht beobachteten Borisov und andere den Kometen während der „Southern Nights“ auf der Krim mit größerem Gerät und stellten sogar seine grüne Farbe fest: Jetzt gab es gar keinen Zweifel mehr. [16:15 MESZ]

sofia

Ein erstes spektroskopisches Ergebnis von SOFIA in Neuseeland! In Gestalt dieses Regenbogens über der nun für drei Wochen auf die Südhalbkugel verlagerten (siehe unten) fliegenden Sternwarte, die jetzt in Christchurch stationiert ist. [10:30 MESZ] Und warum nicht – aus kalifornischer Sicht – ’naheliegender‘ in Südamerika? Wegen der Infrastruktur, die in NZ schon vorhanden ist. [11:50 MESZ. NACHTRÄGE: mehr Bilder aus NZ und eine deutsche Pressemitteilung]

Neuer Neptun-Mond in alten HST-Bildern – mit 26.5 mag.

Das hat gedauert: Erst mit einer neuen Stacking-Technik ist es gelungen, in Hubble-Aufnahmen von 2004 bis 2009 einen bisher unbekannten Neptunmond (nun S/2004 N 1 genannt) aufzuspüren, der nur 26.5 Magnituden hell ist. Zehnmal war der Neptun in einem 50-Minuten-Intervall – mehr gibt der Orbit Hubbles nicht her – jeweils viele Male aufgenommen worden, und diese Bilder hat man nun so gegeneinander versetzt addiert, dass ein Mond auf einer äquatorialen Kreisbahn auf derselben Stelle landen würde. Der heute im CBET 3586 gemeldete Fund hat eine Periode von 0.95 Tagen und einen mittleren Abstand vom Neptunzentrum von 105’300 km (zwischen Larissa und Proteus) und ist vermutlich keine 20 km groß: der mit Abstand kleinste Neptunmond und weit unter der Nachweisgrenze von Voyager 2. [9:25 MESZ. NACHTRÄGE: Später gab’s Hubble, SETI Inst. und NASA Releases und ein Science@NASA dazu, ohne weitere Erkenntnisse, aber nähere Entdeckungs-Umstände hier und Fragen zur Entstehung hier; weitere Artikel auch hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier plus mehr Links]

planet

Das direkte Bild eines „kühlen“ sternfernen Exoplaneten ist mit dem Subaru-Teleskop und der Adaptiven Optik HiCIAO beim Stern GJ 504 gelungen: hier eine Falschfarben-Darstellung von Bildern in den nahinfraroten J- und H-Bändern. Der Planet ist – in Projektion – 43.5 au vom Stern entfernt (weiter als Neptun von der Sonne) und hat eine Temperatur von rund 510 Kelvin. Er ist so kühl (verglichen mit anderen direkt abgebildeten mutmaßlichen Exoplaneten), da der Stern bereits 100 bis 500 Mio. Jahre alt ist – und praktischerweise divergieren dann die Modelle zur Umrechnung von IR-Emission in Masse kaum mehr. Im Gegensatz zu vielen anderen der abgebildeten Objekte ist diesmal eindeutig, dass die Masse – mit 3 bis 9 Jupitermassen – eindeutig planetar ist. [0:00 MESZ. NACHTRAG: mehrere Wochen später noch Releases von NAOJ, MPIA und MPG]


13. Juli

Komet Borisov ist amtlich! Aber die Bahn bringt’s nicht

Der ganz unten erwähnte Komet hat vor wenigen Stunden die Nummer C/2013 N4 bekommen und wird tatsächlich nach Gennady Borisov getauft, der ihn auf drei CCD-Aufnahmen mit einem 0.2-m-f/1.5-Astrographen aus der Nacht 8./9. Juli entdeckt hatte: Nach der ersten Bahn erreicht er sein Perihel in 1.2 AU Sonnenabstand bereits am 20. August und wird leider seine aktuellen 13.5 mag. praktisch nicht mehr steigern können, während die Elongation von derzeit 30° auf 20° fällt. [23:20 MESZ. NACHTRÄGE: auch in diesem und diesem Bericht keine weiteren Details zu den Umständen der Entdeckung]

Ein flottes ESA-Filmchen über die EVA von Luca und Co vor ein paar Tagen, auch Standbilder – und Staub-Plasmen-Forschung auf der ISS. Sowie Bolden pro und andere contra der Asteroid Redirection Mission, Kameras auf dem SLS, Wörner gegen die Ariane 6, der erste Cygnus zur ISS im September und neue Rätsel um das Proton-Disaster. [14:25 MESZ]

Flugzeugsternwarte SOFIA auf dem Weg nach Neuseeland

Das fliegende Observatorium wird gerade von Kalifornien über Hawaii für drei Wochen nach Neuseeland verlegt: Das Zentrum der Milchstraße z.B. steht dort länger über dem Horizont, und die Magellanschen Wolken werden zugänglich. Noch mehr Bewegungen: Der Mondorbiter LADEE hat das Startgelände in Wallops erreicht, und Curiosity kommt voran auf dem langen Weg zum Aeolis Mons im Marskrater Gale. Im ersten Jahr auf dem Mars ist Curiosity nur einen knappen Kilometer weit gefahren und stand meist – forschend – herum: Das wird nun anders. [14:15 MESZ]

A Sun-like star in its end phase of life about 4,200 light years from Earth.

Der „Eskimo-Nebel“ NGC 2392 in einem Komposit-Bild aus einer Röntgen-Aufnahme (Chandra, in rosa, Bildmitte) und einer optischen (Hubble, in RGB, überall): erstere zeigt extrem heißes Gas in diesem Planetarischen Nebel. Und zwar ungewöhnlich viel, verglichen mit anderen derartigen Überresten sonnenähnlicher Sterne – vielleicht Indiz für einen Doppelstern mit Zusatzeffekten im Zentrum. [2:25 MESZ]

1. Kometenentdeckung der Ukraine – auf einer Starparty?

Noch ist die Existenz des Kometen nicht offiziell bestätigt, aber was der russische Kometen-Spezialist Leonid Elenin zusammen getragen hat, lässt kaum noch einen Zweifel zu: Der Amateurastronom (und Berufsoptiker) Gennady Borisov hat einen Kometen entdeckt – und zwar bei gemeinsamen Beobachtungen mit anderen Amateuren während der alljährlichen „Southern Nights“ diese Woche auf der Krim. Das Objekt im Fuhrmann ist grün, hat eine Koma und bewegt sich am Himmel, aber auch mehrere Tage später gibt es noch kein Zirkular der IAU dazu. Auch aktuelle Kometenaufnahmen von 29P am 5. Juli, PANSTARRS am 10. Juli und Lemmon am 12. Juli – und der Mond bei der Venus am 11. Juli aus Australien, Italien und Deutschland. [2:10 MESZ]

6 Antworten to “Allgemeines Live-Blog vom 13. bis 17. Juli 2013”

  1. So sieht der neue Satellit IRIS nun die Sonne | Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] des Saturn – gestern von Cassini gesehen. Und zu dem wunderlichen April-Hubble-Bild eines schwarzweißen ISON vor bunten Galaxien (“Ein G+-Hangout zu Komet ISON …”) hat die NASA endlich harte Infos vorgelegt […]

  2. Der Ursprung des “ISON ist ein UFO”-Schwindels / The Origin of the ‘ISON is a UFO’ Hoax | Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] und v.a. Hubbles vereitelt wurde. Wie das passierte und warum man schließlich als Notlösung eine Schwarzweiß-Aufnahme des Kometen in das farbige Komposit kleben musste, haben die Verantwortlichen wiederholt erklärt, z.B. hier und hier. Es ist einfach […]

  3. Allgemeines Live-Blog vom 23. – 29. August 2013 | Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] erreicht überhaupt den Ereignishorizont (weitere Artikel hier, hier, hier, hier und hier). Die Passage der Wolke “G2″ (“Teile der Gaswolke G2 sind bereits …”) hat übrigens auch nicht zur Fütterung […]

  4. Allgemeines Live-Blog ab dem 4. Oktober 2013 | Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] Keplerschen Umlaufbahnen zurecht schiebt und viele Bilder aufaddiert: Auf diese Weise wurde bereits ein neuer Neptun-Mond entdeckt (“Neuer Neptun-Mond in alten HST-Bildern …”), aber da gibt’s noch mehr, wie […]

  5. Allgemeines Live-Blog ab dem 3. Mai 2014 | Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] mysteriöse Objekt, das dem Zentrum der Milchstraße nahe kommt (“Teile der Gaswolke G2 …”), befindet sich ungefähr jetzt im […]

  6. Allgemeines Live-Blog ab dem 25. Juli 2014 | Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] Frühjahr hatte bereits ungefähr die Hälfte der mysteriösen Gaswolke “G2″ (“Teile der Gaswolke G2 sind bereits um Sgr A* herum geflitzt”) das Zentrum der […]

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