Kunterbunter Kosmos kompakt

Wintersonnenwende im Jantar Mantar von New Delhi: 1500 waren dabei, als die historischen Riesenmessgeräte (siehe ISAN 17) von lokalen Amateurastronomen wieder „in Betrieb genommen“ wurden. (Astronomy Activities 2009 26.12.2009)

Das größte, beste, schönste der letzten 12 Monate …

Eigentlich nervt es gewaltig, aber außer dem Team hinter dem Chandra-Satelliten hat es sich mal wieder niemand nehmen lassen, das Jahresende mit Best-Of-Sammlungen zu feiern: zum Weltraum vom ORF, Astro Bob, Spektrum, Nat’l Geogr., (2 NACHTRÄGE) MediaQuell, Planetary Society, Cosmic Log, Science News, Space.com (mehr), Bad Astronomy, Voice of America, Fox News (Kommentar) und NASA, zur Physik von Physics World (mehr) und zur Wissenschaft allgemein von SPIEGEL, BBC, TIME, (4 NACHTRÄGE) IO9, Discover, Wired und RFERL. Außerdem die Financial Times mit den Raumfahrt- und IO9 mit den Science-Highlights der (3 NACHTRÄGE) 10 „Nuller“-Jahre, die man als Jahrzehnt betrachten mag oder auch nicht.

Die 50 größten wissenschaftlichen „Sagas“ der letzten 50 Jahre hat dagegen das Council for the Advancement of Science Writing zusammengestellt: Ungefähr 19 davon haben mit Astronomie und/oder Raumfahrt zu tun. Und im Gegensatz zum angeblichen Abstieg der Astronomie seit 1980 werden es hier immer mehr: 3 in den 1960-ern, 2 in den 1970-ern, 3 in den 1980-ern, 4 in den 1990-ern und 5 in den 2000-ern …

Der „Preprint-Server“ sucht nach einem neuen Finanzmodell

Rund 400’000 Dollar kostet es im Jahr, das zentrale Depositorium für aktuelle Forschungsarbeiten v.a. aus der Naturwissenschaft zu betreiben, die Webseite „arxiv.org“ auch so ziemlich jedes astronomische Paper, das gelesen werden will, landet früher oder später hier und ist dann völlig frei und kostenlos verfügbar. Jetzt sind diejenigen wissenschaftlichen Institute, aus denen am meisten auf den Server zugegriffen wird, um Spenden angegangen worden und scheinen auch zu reagieren: Im Januar sollen Details der neuen Arrangements bekannt werden. (US LHC Blog 29.12.2009) NACHTRAG: Nature Blog dazu. NACHTRAG 2: weitere Details.

Alles was Sie je zu wissenschaftlichen Postern wissen wollten und sich nie zu fragen trauten – weniger ein Ratgeber, mehr eine Glosse. Aber die Atmosphäre typischer Postersessions auf großen wissenschaftlichen Konferenzen wird bestens karikiert … (Prima Klima 19.12.2009. Auch Antworten auf die Fragen, ob der Erfolg eines Papers von seiner Länge und der Zahl der Autoren abhängt …)

Ein ganz frischer Impaktkrater auf dem Mars, der zwischen Januar 2006 und Mai 2008 entstanden ist, auf einer HiRISE-Aufnahme vom November 2008: Er ist 5.5 Meter groß und nicht etwa von dunklen Ejekta umgeben – vielmehr hat die Druckwelle des Einschlags Staub davon geblasen und dunkleren Boden freigelegt. (HiRISE Picture 10862_1880)

10 Jahre vergebliche Suche nach dem Wrack des Mars Polar Lander

nach seinem mutmaßlichen Absturz im Dezember 1999 (siehe Skyweek 50+51/1999 Artikel 1+2) – auf keiner Aufnahme eines seither eingetroffenen Marsorbiters ist bisher irgendetwas Eindeutiges zu entdecken gewesen, aber die Suche geht weiter … (Scientific American 29.12.2009) NACHTRAG: noch ein Aufruf, die Suche anhand von MRO-Bildern zu intensivieren.

Was ist wahr an „Avatar“ …?

Besonders komplex oder versteckt sind die ‚Botschaften‘ hinter dem visuellen Überschwang im SF-Film Avatar ja nicht gerade, aber man kann ja mehr draus machen: Vor allem ein Press Release des Center for Astrophysics, „Avatar’s Moon Pandora Could Be Real“, der sich auf die pünktlich zum Filmstart eingereichte Arbeit von L. Kaltenegger „Characterizing Habitable Exo-Moons“ bezieht, ist schon unzählige Male aufgegriffen worden. Nicht im Film, wohl aber im ‚offiziellen‘ Buch dazu, wird der Avatar-Schauplatz Pandora als einer von 14 Monden eines von 3 Gasriesen eingeführt, die um Alpha Centauri A kreisen – wo man in der Realität noch nicht einen einzigen Planeten gefunden hat, aber kräftig sucht („Noch eine Jagd …“). (Knight Science Journalism Tracker 30., Evolution Blog 29., Space.com, Prima Klima, Ethics & Science 28., Telepolis 22., Centauri Dreams 21., Exoplanetology 20., Popular Mechanics 16.12.2009 – und ein ganz spezielles Video …) NACHTRAG: ‚The science of Avatar‘ sorgt auch 2010 noch für Diskussion … NACHTRAG 2: … und wie baut man eigentlich einen Avatar?

Die Erde hat sich ihre Atmosphäre erst später verschafft, durch Akkretion von Material, dessen Zusammensetzung derjenigen kohliger Chondriten ähnelt: Das wird aus Krypton-Isotopen aus dem Erdmantel geschlossen, die nicht zu einem Ausgasen der festen Erde zu passen scheinen. (Holland & al., Science 326[11.12.2009] 1522-5; Science News 10., Scientific American, BdW 11.12.2009)

Deutsche Computerfreaks wollen auf dem Mond landen

Der einzige deutsche Bewerber um den Google Lunar X Prize sind – seit diesem Juni – die „Part Time Scientists“, eine Schar Computerfreaks ohne Hintergrund in praktischer Raumfahrt, dafür aber umso größeren Ideen: Auf der 26. Chaos Communication Congress in Berlin präsentierten sie am 28.12. zwar einen „Prototypen“ ihres Marsrovers (Abb.: entzerrter Screenshot aus dem Webcast) und sprachen über zwei Stunden lang. Aber diskutiert wurden praktisch nur Details der Bordelektronik; über die eigentliche Mission (für deren Start eine Falcon sorgen soll) inklusive des Landers lernte man fast nichts. Außer dass die Anforderungen des GLXP wohl nicht genügen: Man will auch gleich noch Mondgestein zur Erde schaffen, wenn man schon mal da ist … (Press Release 24.6., Financial Times D 10.7., The Launch Pad 26., Heise Online 28., RaumfahrerNet 30.12.2009) NACHTRAG: ein ZDF-Bericht.

Astrologie + Aderlass = Akupunktur …

In einer brillianten Analyse ist jetzt aufgezeigt worden, wie die Lehren der vermeintlichen „Alternativmedizin“ Akupunktur auf Vorstellungen aus der Steinzeit und frühe medizinische Astrologie zurückgeführt werden können, wobei sich das Nadeln letztlich als „edlere“ Form des früher so verbreiteten Aderlasses entpuppt. (Kavoussi, Focus on Alternative and Complementary Therapies 4.12.2009)

Neuer australischer Impaktkrater passt zu Stories der Aborigines – allerdings ist der Palm Valley-Krater schon vor Jahrmillionen entstanden, so dass irgendeine konkrete Erinnerung an seinen kosmischen Ursprung unmöglich ist. (Sydney Morning Herald 28., Universe Today 30.12.2009)

Die dämlichste Weltraum-Story des ganzen Jahres

machte ausgerechnet heute die Runde: Offenbar gibt es in Russland vage Pläne, mit einer Raumsonde die Bahn eines potenziell die Erde gefährdenden Asteroiden abzulenken – und der Raumfahrtchef hat darüber in einem Interview geplaudert und dabei groben Unfug verzapft. Mal wieder muss der arme Asteroid Apophis, dessen Impaktwahrscheinlichkeit längst nahe Null angekommen ist (siehe ISAN 95-7), als Sündenbock herhalten: „Ich erinnere mich nicht genau, aber ich glaube, er könnte die Erde 2032 treffen,“ hat Anatoly Perminov gegenüber einem Radiosender von sich gegeben – das kann er eben nicht, und deswegen bleibt zu hoffen, dass sich nicht tatsächlich jemand an der Bahn gerade dieses Asteroiden zu schaffen machen wird. Aber Beobachter vermuten eh, dass das geheimnisvolle Projekt allenfalls auf dem Papier existiert und es auch dabei bleiben wird. (NASA Watch, MSNBC, Space.com, 80 Beats, NPR, Science Blogs, New York Times, The Star, Bad Astronomy, SpacePorts, Universe Today, AP, AFP, Novosti, Pravda, Knight Science Journalism Tracker 30.12.2009)

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7 Antworten to “Kunterbunter Kosmos kompakt

  1. Nachrichten vom Mond kompakt « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] GLXP-Bewerber unschlagbar “preiswert”? In einem Radiointerview geben sich die “Part Time Scientists” (“Deutsche Computerfreaks …”) ungebrochen optimistisch, dass sie gute Chancen auf […]

  2. Große ESA-PK zum Problem der NEOs lässt die wesentliche Fragen offen « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] ein Sprecher durch unnötig sinistre Aussagen über das – per se weitgehend harmlose – Lieblingshassobjekt der NEO-Szene ["Die dämlichste Weltraumstory …"] Apophis schuldig.) Ein Film vom Kaliber von Armageddon […]

  3. Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] Und YouTube, GXLP Podcast, Golem, EE Times, Deutsche Welle, FR und Spiegel zu den deutschen GLXP-Bewerber PTS ["Deutsche Computerfreaks […]

  4. Das „ArXiv“ ist zwanzig Jahre alt geworden « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] erst einmal mit dem ArXiv angefreundet hat, bleibt er ihm auch treu. Ganz nebenbei hat die Existenz des ArXiv („Der Preprint-Server …“) auch die Forderung beflügelt, dass wissenschaftliche […]

  5. Delhis älteste Sternwarte: immer noch für Messungen gut « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] über ein Fulldome-Mosaik gelegt wurde) – und hier finden sogar wieder konkrete öffentliche Beobachtungen statt. Seit Jahrzehnten wird über eine Restauration der gesamten Anlage diskutiert und gestritten, […]

  6. Im temporären “WeltraumBahnhof” in … Essen « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] Beispiel von den Part-Time Scientists, die für ihre private Mond-Initiative (“Deutsche Computerfreaks wollen auf dem Mond landen”) werben, mit steuerbaren […]

  7. Nichts Gescheites im Fernsehen? Aber hier! | Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] neueste Präsentation (Folien) der Part-Time Scientists auf der re:publica 2013, wo die u.a. schon hier (“Deutsche Computerfreaks wollen auf dem Mond landen”) und hier erwähnten […]

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