Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt

„Pioneer Anomaly“ – ein Mythos wird (bald) beerdigt

Das haben jedenfalls die Recherchen einer populärwissenschaftlichen US-Zeitschrift ergeben: Ausgerechnet die bisherigen Wortführer einer angeblich völlig unerklärlichen Beschleunigung („Die ‚Pioneer-Anomalie‘ …), die die Pioneer-Raumsonden auf dem Weg ins äußere Sonnensystem erfahren sollen, arbeiten demnach an einem großen Abschlussbericht, der den Effekt allein durch die Wärmeabstrahlung der Sonden erklären kann und Mitte 2011 erscheinen soll. Nicht dass das irgendetwas Neues wäre: Unabhängige Forscher machten genau diese Erklärung schon vor einem Jahrzehnt plausibel – siehe Artikel 426 von 2002! Die vielen Fans „neuer Physik“, die in der „Anomalie“ ihre diversen Lieblingseffekte wieder zu finden glaubten (und rund 1000 Papers darüber schrieben), wird’s nicht freuen. Mit einigem Abstand sollte auch mal jemand die soziologischen Effekte hinter diesem spektakulären Irrweg der Wissenschaft beleuchten … (Popular Science, Cosmic Variance 15.12.2010)

Neil Armstrong schrieb einen langen Leserbrief über Details der EVA von Apollo 11 – der für seine extreme Schweigsamkeit gefürchtete erste Mensch auf dem Mond hat sich völlig überraschend zu Wort gemeldet, um einem Blogger (!) zu erklären, warum sich die beiden Astronauten damals kaum vom Lander Eagle weg bewegten: v.a. aus Sicherheitsgründen, weil man nicht wusste, wie gut dem ungetesteten Raumanzug die Mondbedingungen bekommen würden. Außerdem sollten die beiden immer im Gesichtsfeld der TV-Kamera bleiben, und für Improvisationen wäre eh‘ keine Zeit gewesen. (NPR Blog 8.12.2010)

Mindestens 4 Bewerber um NASA-Geld für ein privates Orbitalschiff – und Virgin verkauft die Tickets?

Neue Bewegung bei der Entwicklung von orbitalen Raumschiffen durch amerikanische Privatfirmen, die einmal Passagiere zur ISS – und Touristen tage- bis wochenlang in den Orbit – bringen könnten: Gerade war Bewerbungsschluss für die 2. Runde des Commercial Crew Development-Programms der NASA (CCDev 2), und mindestens vier Projekte wollen an der Ausschüttung der rund 200 Mio.$ partizipieren. Es sind eine bemannte Version der Dragon-Kapsel von Space X („Die Dragon-…“), die CST-100 von Boeing, die auf den Apollo-Kapseln basiert, ein noch namenloser Minishuttle von Orbital Sciences (auf der Basis des einst von der NASA geplanten Orbital Space Plane) und der Dream Chaser von Sierra Nevada (auf der Basis des NASA-Projekts HL-20). Mit den letzteren beiden Firmen hat wiederum Virgin Galactic Absprachen getroffen, die Raumschiffchen auch für orbitale Touristenflüge (unbekannter Dauer und unbekannten Ziels) zu vermarkten, was dann deutlich weniger pro Platz kosten solle als derzeit auf den Soyuz-Kapseln. In denen nach dem Ende des Shuttle-Programms eh‘ kaum mehr Platz für private Passagiere sein dürfte. (Orbital Press Release 14., Virgin Galactic Press Release 16.12.2010; Spaceflight Now, Reuters 16., Space Today 15., Space News 14.12.2010) NACHTRAG: noch ein Nachzügler zum Themenkomplex.

Der zweite X-37B-Shuttle der Air Force startet wohl im kommenden Frühjahr, das neue Orbital Test Vehicle ist schon im Bau. Was mit dem ersten Exemplar passieren soll, ist nicht bekannt: Immerhin wurde nun erwähnt, dass bei der Landung am 3.12. ein Reifen platzte. Umher fliegende Fetzen können für einige der kleinen Schäden verantwortlich sein, die man zunächst Kollisionen mit Raumschrott zuschrieb. Ansonsten sei der Flug „ein kompletter Erfolg“ gewesen – aber was man dabei trieb und wie es mit dem X-37B-Programm weiter gehen soll, ist nicht bekannt. (Spaceflight Now 12.12.2010; auch neue Bilder)

Die erste Neptun von InterOrbital startet erst im Frühjahr 2011

Aber man wird die Premiere des Billig-Trägersystems („Dänische Mondlande-Amateure …“) gleich mit der stärkeren Variante Neptun 45 durchführen, da es zahlreiche Buchungen für Cube- und TubeSats gegeben hat. Einer der letzteren Picosatelliten (200 Gramm Masse) ist das Project Calliope, bei dem Ionosphärenmessungen in Töne umgewandelt zur Erde gefunkt werden sollen – auf dass sich Musiker daran versuchen mögen! (365 Days of Astronomy 13.9., Science 2.0 9.11., Universe Today 14.12.2010)

Indiens StudSat war ein Fehlschlag: Der von erheblichem Medienrummel begleitete erste von indischen Studenten gebaute Satellit („Indischer 850-Gramm-Satellit …“) hat sich wohl ganz zu Anfang aus dem Orbit gemeldet, dann aber nie die erhofften Erdbilder geschickt und ist rasch verstummt – das hat (‚im Auftrag‘ dieses Blogs) ein indischer Weltraumenthusiast herausgefunden. An einem Nachfolger wird aber schon gearbeitet. (Parallel Spirals 19.12.2010)

Das Forschungs-Ballon-Programm der NASA läuft wieder

Nachdem die Vielzahl von Empfehlungen nach dem Disaster im April („Australischer Astro-Ballon-Fehlstart …“) umgesetzt worden ist, u.a. die Entwicklung eines speziellen Kranahrzeugs, das den Ballon vor dem Loslassen besser unter Kontrolle hält, hat die NASA ihr Programm mit Forschungsballons wieder aufgenommen. Als erster hat am 20. Dezember Cosmic Ray Energetics And Mass (CREAM VI) in der Antarktis abgehoben: der erste von fünfen, die bis Jahresende gestartet werden sollen. (NASA Releases 21., 15.12.2010)

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4 Antworten to “Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt

  1. Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] von Obama gewünscht – viele hoffen immer noch auf entscheidende Unterstützung im Rahmen von CCDev 2 („Mindestens 4 Bewerber …“). Etwa Sierra Nevada, die auf der Basis des […]

  2. Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] ‘neue Physik’ ist, die eine minimale Abbremsung der Pioneer-Sonden verursacht, ist schon lange klar, aber nun gibt es eine neue Berechnung der tatsächlichen Ursache – anisotrope […]

  3. Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] (wie Space X mit Cargo-Auftrag zur ISS ["Erster Start …"] versorgt) unter den ingesamt 22 Bewerbern ["Mindestens 4 Bewerber …"] leer ausgehen. Mit der CCDev-Förderung hofft sie NASA, die Lücke […]

  4. Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] Jahren (siehe Artikel 426), aber die konkreten Berechnungen der thermischen Wärmeabstrahlung, die die Sonden leicht abbremsen sind in den letzten Monaten ständig genauer geworden („‘Pioneer-Anomalie’ […]

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