Raumfahrt-Nachrichten kompakt

Die Geysire von Enceladus, wie sie noch keiner sah

Rohbilder: CICLOPS / Mosaik: Cumbrian Sky / Weiterverarbeitung: Skyweek 2.0

Beim heutigen Vorbeiflug der Raumsonde Cassini an Enceladus „E8“ sind Bilder entstanden, die selbst erfahrene Kenner der Mission schockierten: Zum ersten Mal sieht man die berühmten Geysire direkt aus der Oberfläche des Saturnmonds herausbrechen (oben), und auch von dieser selbst gibt es faszinierende Nahaufnahmen (unten). Aus Bildpaaren haben Cassini-Fans auch schon erste 3D-Bilder von Geysiren wie Topografie gebastelt. (Cumbrian Sky, Planetary Society Blog, Universe Today 21.11.2009) NACHTRAG: ein JPL Release. NACHTRAG 2: ein neues Mosaik der Oberfläche sowie eine künstlerische Umsetzung des Bildes oben aus Amateurhand. NACHTRAG 3: ein besseres Plume-Mosaik (obiges scheint auch seitenverkehrt zu sein) – und eine Animation aus Cassini-Sicht!

CICLOPS

Scharenweise Mondgestein von den Apollo-Missionen verschwunden

Das Mondgestein, das bei den Apollo-Missionen in großer Menge bei der NASA landete, ist nicht nur wissenschaftlichen Untersuchungen zugeführt worden: 368 Mondsteine hat die amerikanische Bundesregierung als ihr alleiniger Besitzer diversen Bundesstaaten und auch vielen anderen Ländern geschenkt. Vierzig Jahre später ist ein Großteil dieser Geschenke nicht mehr auffindbar: Nur von drei Dutzend weiß man genau, wo sie sind – während man z.B. gerade auf Hawaii ebenso emsig wie vergebens nach gleich fünf Mondgeschenken sucht … (Honolulu Advertiser 23.10.2009)

„Höhle“ auf dem (Erd-)Mond nicht unbedingt wohnfreundlich: Vor einem Monat hatte die Entdeckung einer offenbar eingestürzten Decke eines Lavakanals auf Bildern des japanischen Orbiters Kaguya für Aufregung gesorgt, schien dies doch geradezu eine Einladung für künftige Siedler zu sein. Aber der Enthusiasmus ist schnell abgekühlt: Solcherlei Löcher auf dem Mond scheinen extrem rar zu sein, wer weiß, wieviel Schutt in der alten Röhre liegt – und in der Nähe der feuchten Polregionen, in die es die Siedlungsplaner zieht, gibt es eh‘ nur Hochländer und keine vulkanischen Hinterlassenschaften. (Planetary Society Blog 20., New Scientist 22., Lunar Networks 28.10.2009)

Cleverer Rettungsplan für die Hayabusa-Sonde

Nur zwei Wochen nach dem jüngsten schweren Rückschlag für die japanische Asteroidenmission („Hayabusa hat …“) hat die clevere Flugkontrolle schon einen Plan, wie die ziemlich kaputte und vielleicht mit etwas Itokawa-Staub gefüllte Sonde es doch noch zur Erde schaffen kann: Es werden gleichzeitig die Ionenquelle des Triebwerks B (dessen Neutralisator kaputt ist) und der Neutralisator von Triebwerk A (das wegen Instabilität nie benutzt wurde) eingesetzt. Damit sollte eine Rückkehr im Juni 2010 weiter möglich bleiben. (JAXA Release, Planetary Society Blog 19., New Scientist 20.11.2009)

Die ESA ist mit einer viel teureren Merkur-Mission einverstanden: Das Science Programme Committee hat sich damit abgefunden, für BepiColombo fast 1 Mrd. Euro auszugeben – aber dafür wäre die Mission (die auch einen japanischen Magnetosphären-Orbiter einschließt) auch dramatisch leistungsfähiger als der MESSENGER der NASA. Den nennen die ESA-Funktionäre eine ‚Vorspeise‘, BepiColombo sei dagegen erst das ‚Festmahl‘. Auch wenn er erst 2014 startet … (BBC 18.11.2009)

Verdiente Hubble-Instrumente im Museum gelandet

Die bei der Shuttle-Mission im Mai ausgebaute Wide Field and Planetary Camera 2 (WFPC2), das langjährige Arbeitspferd des Hubble Space Telescope, und das Corrective Optics Space Telescope Axial Replacement (COSTAR), das den anderen Instrumenten der 1. Generation trotz falsch geschliffenen Hauptspiegels scharfe Sicht ermöglichte, nun aber nicht mehr gebraucht wird, weil alle späteren Instrumente eigene Korrekturoptiken haben, sind jetzt im National Air & Space Museum in Washington, D.C., zu sehen. Allerdings nur bis Mitte Dezember: Dann gehen beide „auf Tour“ in Südkalifornien, um schließlich im März 2010 endgültig wieder im NASM zu landen, dann als Teil einer neuen permanenten Ausstellung im berühmtesten L&R-Museum des Planeten. (JPL Release 18., CollectSpace 19., BBC 20.11.2009) NACHTRAG: noch ein Besuch in der Ausstellung.

Start von WISE auf den 9. Dezember gerutscht, frühestens: Der IR-Satellit auf einer Delta II soll auf die Auswertung eines Delta-IV-Starts kurz davor warten. Das Potenzial des Wide-field Infrared Survey Explorer für alle Arten von Astronomie wird derweil hinreichend beworben. (ELV Status, NASA Release, Pasadena Star News 17., Centauri Dreams 13., JPL Feature 11.11., Science@NASA 15.9., JPL Release 17.8.2009) NACHTRAG: ein Media Advisory zum Start.

Scharfe Bilder fremder Erden kein Problem – aber von ihren Bewohnern …

Den nächsten paar Generationen von Weltraumteleskopen wird es wohl gelingen, nicht nur erdähnliche Planeten anderer sonnenähnlicher Sterne zu entdecken, abzubilden und sogar räumlich aufzulösen (inklusive Exowäldern und Exosavannen) – und vielleicht wird dabei auch spektroskopisch der Nachweis gelingen, dass auf diesen Welten Leben die Umwelt verändert. Doch danach beginnt ein Jahrtausend des Frustes, sagen eine Anzahl prominenter Planetenforscher in einem ungewöhnlichen Paper voraus: Denn um sich die Aliens auch anzugucken, wären entweder völlig utopische Weltraumteleskope erforderlich (die Arbeit rechnet tatsächlich vor, welch ein absurdes Teleskop man bräuchte, um einem 10-Meter-Tier mit 1 m Auflösung dabei zuzugucken, wie es über einen hypothetischen Planeten von Alpha Centauri kriecht!) oder aber eine Reise zu den nämlichen Planeten, was aber nur mit mindestens ebenso utopischen Antrieben zu schaffen sei. (Schneider & al., Preprint 6.10.2009) NACHTRAG: ein halbes Jahr später nach Erscheinen des Papers Echos hier und hier.

Was hingegen das nächste Jahrzehnt bringen könnte oder sollte, beschreibt ein anderes Paper: Die „zugänglichsten“ Exoplaneten, die Leben tragen könnten, sind demnach Super-Erden (also Felsplaneten mit ein paar Erdmassen) in Orbits um M-Sterne, die in den habitablen Zonen kreisen. Man kann sie finden (wobei die Mission TESS sehr helfen würde), und bereits das JWST könnte viel über sie herausfinden. Allerdings ist es leicht möglich, dass sich die Umweltbedingungen dieser Welten doch sehr von unserer unterscheiden – doch fremde Erden in einer Nähe zu finden, dass man sie überhaupt erforschen kann, ist weitaus schwieriger. (Deming & Seager, Nature 462 [19.11.2009] 301-6. Auch Papers zu den – nur etwas futuristischeren – Projekten TPF/Coronagraph und ATLAST und zur allgemeinen Lage und Artikel zum Starshade-Vorschlag und dem möglichen Einsatz von Dunkel-Energie-Missionen zur Exoplanetenjagd)

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4 Antworten to “Raumfahrt-Nachrichten kompakt

  1. Raumfahrt-Nachrichten kompakt « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] haben wir großes Glück, dass wir die starke Geysir-Tätigkeit des Saturnmonds gerade jetzt erleben dürfen: Nach einem neuen Modell seines Innenlebens (basierend auf der […]

  2. Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] 30 Fontänen auf dem Saturnmond Enceladus zeigt die Vollversion dieses neuen Mosaiks aus Cassini-Bildern vom November-Flyby, von denen 20 zuvor unbekannt waren. Unter den heute veröffentlichten Produkten des Besuchs sind […]

  3. Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] Konzept eines “strukturlosen Teleskops” über das derzeit im Hinblick auf die nächste Generation von Weltraumsternwarten nachgedacht wird (“Scharfe Bilder fremder Erden …”), die die […]

  4. Kosmisch Kurioses & Kontroverses kompakt « Skyweek Zwei Punkt Null Says:

    […] amüsantes Paper über das Ärgernis, die Bewohner fremder Welten nicht im Detail sehen zu können („Scharfe Bilder …“), selbst wenn wir einen bewohnten Planeten […]

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