James Webb liefert: was die erste Woche brachte


12. Juli

Das machen 12½ Stunden NIRCam mit einem Galaxienhaufen

So sieht es also aus, das erste (Falsch-)Farbbild des James Webb Space Telescope, dass heute um 0:19 MESZ auf bizarre Weise „enthüllt“ wurde, im Rahmen einer 73(!) Minuten verspätet gestarteten und dann nur wenige Minuten dauernden kläglichen Show (ein Live-Thread) aus dem Weißen Haus [alt.], oben komplett mit der 4537 x 4630 Pixel großen Vollversion dahinter, darunter sechs Ausschnitte. Das Bild ist die tiefste – im Sinne von Empfindlichkeit, nicht unbedingt auch Rotverschiebungen, die man noch gar nicht kennt – nahinfrarote Aufnahme mit gleichzeitig der höchsten Schärfe und lässt auf Großes hoffen, zeigt aber auch Probleme auf: Die Point Spread Function heller Punktquellen ist enorm, und das ganze Bild ist bei genauerem Hinsehen von Beugungsstrahlen durchzogen. Über die Belichtungszeit von einem halben Tag hinaus haben die bisher dazu vorliegenden Erläuterungen hier, hier, hier, hier oder hier wenig zu bieten (und der POTUS hielt keinen gelehrten Vortag zu den Daten): Das ändert sich hoffentlich heute im Webcast zu allen vier Bildern und dem Spektrum ab 16:30 MESZ. Die endlose Verschiebung des Enthüllungs-Events um erst 1/2 Stunde und dann weitere 43 Minuten war Gegenstand manchen Spotts wie hier, hier, hier, hier, hier, hier oder hier – und im Vorfeld hatte die NASA Bilder von NASA-Managern beim Hantieren mit einem Ausdruck des Bildes verbreitet, insbesondere dieses: Daraus konnten dieser Blogger und andere wie hier, hier oder hier durchaus etwas herausholen, z.B. den hellen Stern mit den krassen Beugungsstrahlen … [1:55 MESZ]

Ein Vergleich mit einem Hubble-Bild des Haufens aus dem Archiv – nun ist dieses HST-Bild aber genauso wenig ein Deep Field im eigentlichen Sinne (bei dem tagelang auf eine besonders ‚leere‘ Stelle des Himmels gehalten wird) wie das JWST-Bild. Das ist wohl eher ein Teaser dafür, was Webb bei langer Integration schaffen kann: laut diesem Paper Rotverschiebungen bis mindestens 15. Eine „rote“ Galaxie bei Webb, die bei Hubble fehlt, könnte ein Kandidat für ein Objekt mit hoher Rotverschiebung sein. Auch das tiefe Fine Guidance Sensor-Bild („Kurz vor der großen Webb-Bilder-Enthüllung …“) im Vergleich mit einem 60-cm-Teleskop (auch geblinkt … und warum manche Vergleiche irreführend sind), weitere Threads hier und hier zu den heute kommenden anderen Motiven und wo sie in der Gaia-basierten Milchstraßen-Karte zu finden sind, die Bestätigung von NASA wie ESA, dass alle 17 Instrumenten-Modi funktionieren, ein Press Release von Northrop Grumman und ein NASA Release zu einem medizinischen Spin-Off Webbs. [2:45 MESZ]

Eine extrem prozessierte Version, um auch schwache Galaxien in der Totalen sichtbar zu machen – auch andere Bearbeitungen hier, hier, hier und hier, das erstaunliche Muster des IntraCluster Lights des Haufens, ein kurioses Etwas dahinter, viele weitere Ausschnitte, das Bild im World Wide Telescope integriert zum Hinein- wie davon weg Zoomen, eine Sammlung Galaxien aus dem Bild, etwas Verarbeitung durch einen Weltraumkünstler, die verwendeten Filter der NIRCam (und deren Durchlass-Bereiche), eine Erklärung für das unhöflich-abrupte Ende der Übertragung aus den Weißen Haus und Artikel von heute (MESZ) hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier, gestern hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier, vorgestern und vom 7. Juli. [3:55 MESZ] Das brandneue Paper „HST strong-lensing model for the first JWST galaxy cluster SMACS J0723.3-7327“ und eine Zusammenfassung, diverse Expert Reaction, das Problem (?) mit den vielen Beugungs-Strahlen (mehr, mehr und mehr), eine besonders interessante Galaxie, ein Doppelstern, den auch Gaia kennt, Hubble und Webb sauber geblinkt und weitere Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier – gerade werden wieder große Reden geschwungen (bei einem Festakt im GSFC; Live-Threads hier und hier), es folgen u.a. um 16:30 die Präsentation der anderen ERO-Bilder (und wo sie am Himmel stehen), um 17:00 MEZ eine PK von der NAM im U.K. und um 20:00 MEZ eine Show aus dem HDA in Heidelberg. [16:15 MESZ]

Das sind die weiteren Early Release Observations

des James Webb Space Telescope, die jetzt bei einem Online-Event vorgezeigt werden, nachdem bereits in der Nacht der Galaxienhaufen präsentiert worden war:

Von dem gibt es jetzt auch ein MIRI-Bild zu sehen, es gibt Spektren einiger der sehr fernen Galaxien hier und hier und von einer gelinsten Galaxie. [16:50 MESZ. NACHTRAG: In einer PK hieß es später, die höchste hier spektroskopisch gemessene Rotverschiebung sei 8.5]

Das Spektrum des Exoplaneten WASP-96b (auch eine gemessene Transit-Lichtkurve vom Juni) …

… der Südliche Ring-Nebel gesehen von MIRI …

… und NIRCam, auch beide im Vergleich – da sitzt doch glatt eine Edge-On-Galaxie oben links dahinter. [17:05 MESZ]

Die Galaxiengruppe Stephan’s Quintet für MIRI [NACHTRAG: geblinkt gegen Visuell] …

… und kombiniert mit NIRCam: Es gibt auch Farbauszüge von NIRSpec und MIRIs Medium-Resolution Spectrometer und ein MIRI-Spektrum des Kerns von NGC 7320. [17:15 MESZ]

Und schließlich der Eta-Carinae-Nebel mit zwei Ausschnitten in voller Auflösung von der NIRCam – und kombiniert mit MIRI. Die Bilder gesammelt gibt’s bei der ESA und bei der NASA. [17:35 MESZ]

Auch das gab’s heute: ein Webb-Versuchs-Bild vom Jupiter

Sie sind im 60-seitigen Science Performance Report auf Seite 9 (PDF-Seite 14) zu finden: NIRCam-Aufnahmen des Jupiter mit Monden und auch dem Ring bei hier 2.12 sowie 3.23 µm, mit denen die Nachführung auf ein bewegliches Ziel getestet wurde – das klappt, so lange der helle Planet mindestens 140″ vom Fine Guidance Sensor enfernt bleibt. Und der Bericht schließt, dass „the JWST mission enters Cycle 1 having demonstrated that the observatory exceeds its demanding pre-launch performance expectations. With revolutionary capabilities, JWST has begun the first of many years of scientific discovery.“ Auch ein Tool für’s Webb-Archiv, wo übermorgen 40 Terabye Daten aus dem letzten halben Jahr frei verfügbar werden, eine gute Fan-Verarbeitung des Planetarischen Nebels, ESA & NASA Releases hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier und zu den 5 Objekten hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier, noch eine Bildersammlung der CSA, RAS-Statements hier und hier, die Aufzeichnung einer NASA-PK nach dem Reveal, Beiträge von Tagesschau 24 und in Heute, Tagesschau, Heute Journal und Tagesthemen, heute um 21:00 MESZ noch ein NASA-Event und Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. [23:45 MESZ. NACHTRAG: und hier, hier, hier, hier, hier und hier sowie ein TV-Clip aus Kanada, „Rezensionen“ der Reveal-Show hier und hier, ein Statement der AURA, ein Clip der CSA, Open-Air-Shows hier und hier, ein Mem für Nerds – und vielleicht eine Entdeckung im Quintet-Bild]


14. Juli

Dicht daneben ist auch vorbei … wie ein Spezialist für die 3D-Struktur der Milchstraße in diesem Thread ausführt, befindet sich das Webb-ERO-Motiv “Cosmic Cliffs” – hier ein Ausschnitt aus dem 14575 x 8441 Pixel großen Bild in halber Auflösung – gar nicht im Eta-Carinae-Nebel alias Carina Nebula: Der offene Sternhaufen NGC 3324 nebst Nebulosität liegt über 100 Parsec hinter dem großen hellen Nebel NGC 3372 [NACHTRAG: weitere Details dazu – aber auch eine andere Gaia-Analyse, die NGC 3324 als Carina-Anhängsel sieht]. Und so sehen die Rohdaten dazu aus, aus dem vor wenigen Stunden freigeschalteten MAST-Archiv – auch der Commissioning Report auf ArXiv, die ERO-Bilder zoombar – und gerade streamt ein Event zu den ERO-Bildern bei einer Tagung im U.K., dem um 21:00 MESZ gleich noch eins bei der NASA folgt. [19:50 MESZ] Weitere Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier sowie Video-Clips hier und hier. [22:55 MESZ]


16. Juli

Drei neue Bilder vom Webb, die nicht von der NASA kamen

oder von der ESA oder der CSA: oben ein Falschfarbenbild des Jupiter von einer Spezialistin für Satelliten-Bilder aus den schon von hier und hier bekannten NIRCam-Testaufnahmen für Sonnensystems-Objekte erstellt wurde, wobei der 2.1-µm-Kanal blau und der 3.2-µm-Kanal rot eingefärbt wurde (ob da rechts eine Art dünner Airglow über dem Planeten hängt oder das nur ein Artefakt ist, wird bereits hier und hier diskutiert), darunter der Planetarische Nebel NGC 6543 (mit einem Hubble-Bild von 375 bis 953 nm als blau bis grün und einem 5.6-µm-Bild von Webbs MIRI in rot) und unten die Galaxie 7496 mit einem Hubble-Bild von 275 bis 814 nm als blau bis rot und MIRI von 10 bis 21 µm in knallrot darüber. Und es gibt bereits die vermutlich ersten wissenschaftlichen Papers über echte JWST-Daten: Unscrambling the lensed galaxies in JWST images und Precision modeling of Webb’s first cluster lens befassen sich beide mit dem linsenden Galaxienhaufen. Auch was John Mather heute denkt, Artikel von gestern (mehr, mehr, mehr, mehr und mehr), vorgestern (mehr, mehr, mehr, mehr und mehr), dem 13. Juli (mehr) und 12. Juli (mehr), ein Radio-Stück von 13 Min. (Englisch) und 45 Min. Web TV (Deutsch) – und die NASA hat einen neuen Astrophysik-Direktor, Mark Clampin. [0:30 MESZ]

Immer neue Produkte vom JWST fluten die Sozialen Medien

Von oben ein MIRI-Falschfarbbild der Galaxie IC 5332 aus Aufnahmen von 7.7 bis 21 µm, der bereits erwähnte und nun offiziell gemeldete Supernova-Kandidat (der Lichtpunkt mit 24. Größe oberhalb der Bildmitte, der auf dem entsprechenden älteren Hubble-Bild fehlt), nochmal die Galaxie NGC 7496 (diesmal nur NIRCam und MIRI, es leuchten sowohl Sterne wie Staub [NACHTRAG: das Bild in voller Auflösung]), ein unbeschriftetes aber sehr sauberes Galaxien-Spektrum, in dem sich offenbar PAHs verraten, der Kugelsternhaufen Messier 92, für den auch schon ein Farben-Helligkeits-Diagramm erstellt wurde, die sehr rauscharme Lichtkurve eines Transits von WASP-39b vor seinem Stern (x-Achse Zeit in 0.05-Tagen, y-Achse Sternhelligkeit in 0.0025-Schritten markiert) – und der schon dreimal gezeigte NIRCam-2.12-µm-Jupiter vom 28. Juni [NACHTRAG: noch eine weitere Verarbeitung] zu einer Teilkarte ausgerollt und mit einer Gesamtkarte aus Aufnahmen von Amateuren aus demselben Zeitraum verglichen. A propos Amateure … da hat jemand in Südafrika ein Stück des Nebels Gum 31 aufgenommen, mit einem 20-cm-Teleskop (einem 203/2000 mm Aplanatic Flatfield Cassegrain) und durch SHO-Filter: Das Ergebnis sieht auf den ersten Blick wie eine unschärfere Version des gefeierten Webb-Bildes aus. Auch ein Portrait eines JWST-Daten-Empfängers, ein Konzert-Auftritt der Webb-Bilder, eine originelle Montage, ein Scherzchen, 3 Minuten Webb als Aufmacher von This Week @ NASA, ein NASA-Podcast-Transkript, ein 50 Minuten langes Radio-Stück und weitere Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. [20:30 MESZ]


18. Juli

Webb auf der Spur von Galaxien mit Rotverschiebung > 11

Die bekannten Objekte mit den höchsten Rotverschiebungen derzeit, die auf Spektren (und nicht nur Photometrie) basieren, sind die 2016 publizierte Galaxie GN-z11 mit z=11.1 und die beiden Kandidaten HD1 und HD2 von diesem Frühjahr mit vermutetem z ∼ 12–13 (wobei es aber auch nur z~4 sein könnte) – aber das JWST könnte diese Grenzen bald durchbrechen! Wie soeben verlautete, hat der neue IR-Wunder-Satellit schon jetzt „an exciting number of high-redshift candidates, with some reaching z ~ 11 (and higher!)“ aufgespürt, auch wenn wegen „the nascent nature of our data we have several remaining tests to perform“. Jedenfalls hat Webb schon mal eine bekannte z~9-Galaxie mit der NIRCam in weniger als einer Stunde und in Farbe abgelichtet, an der sich Hubble und Spitzer einen abgebrochen hatten: Sie erscheint nun sehr auffällig.

Weitere Testbilder der Instrumente Webbs sind ebenfalls aufgetaucht: hier das bereits aus dem Frühjahr bekannte Feld („Ein genauerer Blick auf das MIRI-Testbild …“), nun aber in Farbe aus MIRI-Aufnahmen bei 5.6 und 7.7 µm – und es gibt noch viele Commissioning-Aufnahmen mehr zu sehen. Warum die Point Spread Function von MIRI ganz anders als die der NIRCam aussieht, obwohl doch beide durch das selbe Teleskop schauen, wird ausgiebig in diesem Thread erklärt: Es kommen – bei den kürzeren Wellenlängen – zusätzliche Streu- und Beugungseffekte im IR-Detektor selbst dazu. [2:05 MESZ]

Und es geht immer weiter: die Spiralgalaxie Messier 74 aus MIRI-Aufnahmen mit 7.7, 10 und 11.3 µm Wellenlänge. Und CEERS hat sich auch ’nähere‘ Galaxien angeschaut: ein verschmelzendes Paar bei 1.5 µm, das schon Hubble kannte. [4:30 MESZ] Eine weitere Verarbeitung der M-74-Daten, eine Überblendung mit einem Bild im Sichtbaren und weitere Kommentare dazu hier, hier und hier. [14:40 MESZ]

Die Galaxie NGC 7496 aus NIRCam- und MIRI-Bildern kombiniert: auch eine Kombination von JWST und HST für diese Galaxie, ein Kombination von JWST und vielen anderen Quellen für Stephan’s Quintet, die sogenannten JWST-Rohbilder der ‚Klippen‘ in Gum 31 interaktiv ins WWT eingebaut, ein LSU Release mit Experten-Meinungen zu den ERO-Bildern und deren Präsentation in ganz groß auf dem Times Square animiert.

Und abermals Messier 74: diesmal zusammengesetzt aus Hubble-Aufnahmen bei 435 und 814 nm und einem MIRI-Bild bei 7.7 µm. Auch Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier sowie welche hier und hier, hier zu dem Mikrometeoriten-Treffer auf den Hauptspiegel, dessen minimaler ‚Impakt‘ auf die Mission z.B. hier, hier, hier und hier klargestellt wird. [23:30 MESZ]