Archive for September 2010

Nachrichten aus der Astrophysik kompakt

24. September 2010

Der Magellansche Strom ist mindestens 200° lang

und 2.5 Mrd. Jahre alt und hat bis zu 100 Mio. Sonnenmassen: Das ist die Quintessenz der Analyse einer großen Radiodurchmusterung („Der Magellansche …“) mit dem Green Bank Telescope, die immer noch nicht das komplette Band aus neutralem Wasserstoff erfasst, die sich um die Milchstraße wickelt, aber zum ersten Mal klar zeigt, dass es eine durchgehende Struktur ist (im Bild in Rosa einer optischen Gesamthimmelskarte von Mellinger überlagert). Nach neuen Erkenntnissen über die Bahnen der Magellanschen Wolken (ISAN 31-2) ist unwahrscheinlich, dass das Gas diesen Nachbargalaxien entrissen wurde, als sie der Milchstraße zu nahe kamen: Vielmehr dürften sich die beiden Minigalaxien vor knapp 3 Mrd. Jahren begegnet sein und gegenseitig starke Sternentstehung getriggert haben: Spätere Supernovaexplosionen trieben den Wasserstoff dann – ’supergiant shell blowout‘ – in den Raum. (Nidever & al., Preprint 31.8.2010)

Jede Menge isolierte und sehr kompakte Wolken aus neutralem Wasserstoff in der Milchstraße hat die GALFA-HI-Survey (Galactic Arecibo L-band Feed Array HI) bei 21 cm dank einer Winkelauflösung von 3.5′ zu Tage gefördert: DIe meisten sitzen in der galaktischen Scheibe und sind nur wenige kpc entfernt. (Begum & al., Preprint 18.8.2010)

Die ersten Cepheiden in der Sculptor-Galaxie NGC 7793

sind entdeckt worden: 17 langperiodische Exemplare mit einer scharfen Perioden-Leuchtkraft-Beziehung. Das Entfernungsmodul der Galaxie beträgt demnach 27.7±0.1, die Entfernung 3.4 Mpc: näher als nach anderen Methoden (aber noch im Bereich der Fehlerbalken) und weitgehend identisch mit der ebenfalls Cepheiden-basierten Distanz der benachbarten Galaxie NGC 247. Zwei andere Spiralen der Sculptor-Gruppe, NGC 55 und NGC 300, sind mit 1.9 Mpc aber viel näher: Das bestätigt die Vermutung einer entlang der Sichtlinie sehr in die länge gestreckten Galaxiengruppe. (Pietrzynski & al., Preprint 18.8.2010)

Natur der „Green Pea“-Galaxien aufgeklärt: Bei dieser Entdeckung im Rahmen der ‚Galaxy Zoo‘-Citizen Science (ISAN 90-7) handelt es sich besonders metallarme Galaxien, die durch Supernova-Winde viel Gas verloren haben. (JENAM Release 10.9.2010)

Eine extrem helle Sub-mm-Galaxie mit einer Rotverschiebung von 3.9 – bei 1.2 mm die hellste des gesamten Nordhimmels – ist mit dem 30-m-IRAM-Teleskop in Spanien entdeckt worden: Selbst wenn man ihr eine gewisse Verstärkung durch eine Gravitationslinse zugesteht, so hat sie doch um die 100 Billionen Sonnenleuchtkräfte im fernen IR und eine Milliarden Sonnenmassen Staub. Aber kein Gegenstück im sichbaren Licht. (Lestrade & al., Preprint 2.9.2010)

Theoretiker verzweifeln: Chemie der Sonne passt einfach nicht zu ihren Schwingungen

Genaue Modellrechnungen der Sonne seit gut 6 Jahren, die den Aufbau ihrer Atmosphäre und damit den Verlauf der Randverdunklung wie auch das Sonnenspektrum gut wiedergeben, wollen einfach nicht zu den Aussagen über das Innenleben der Sonne passen, die aus der Helioseismologie stammen: Es hat auch nicht geholfen, dass sich führende Astronomen beider Forschungsrichtungen zusammen getan haben. Früher passte alles wunderbar zusammen, aber nach den neuen Sonnenmodellen muss es drastisch weniger Kohlen-, Stick- und Sauerstoff sowie Neon geben – doch dann wäre das Temperaturprofil der Sonne ein deutlich anderes, und der ganze Sonnenkörper sollte anders schwingen als gemessen. Die große Entdeckung, die den Widerspruch auflöst (andere „Durchsichtigkeit“ der Elemente, neue Transportprozesse im Sonneninneren etc.), lässt weiter auf sich warten. Und wird nicht nicht nur von der Sonnenforschung sehnlich erwartet: Die Chemie der Sonne spielt in zahlreiche andere Felder der Astrophysik hinein. (Science 3.9.2010 S. 1144-5)

Ist SN 2010X eine Supernova des Typs „.Ia“? Die Helligkeit dieser Sternexplosion ist danach so schnell abgefallen wie bei kaum einer anderen (nur SN 2002bj war schneller): Hier könnte ein spezieller Weißer Zwerg explodiert sein, nach Massenzufluss durch einen Begleiter, oder es handelte sich um die thermonukleare Explosion einer Heliumschale auf einem solchen Zwerg – wegen der verglichen mit einer Ia Supernova geringen Leuchtkraft auch als „.Ia“ (Punkt Ia) bekannt. Die Palomar Transient Factory (ISAN 87-5) sollte dank ihrer hohen Beobachtungskadenz pro Jahr mehrere derartig rasante Objekte entdecken. (Kasliwal & al., Preprint 6.9.2010. Die PTF hat übrigens bisher 752 Supernovae gefunden)

Der erste Röntgenpulsar, den sein Begleiter verfinstert

Swift J1749.4-2807 wurde 2006 bei einem kleinen Ausbruch entdeckt, aber erst bei einem größeren diesen April wurde die Quelle – in Messungen des Satelliten RXTE – als Pulsar erkannt, mit 518 Umdrehungen pro Sekunde. Und auch, dass dreimal etwas die Röntgenstrahlung verdeckte, alle 8.8 Stunden für jeweils 36 Minuten: Die Strahlung des Pulsars hat den Begleiter mächtig anschwellen lassen. (NASA Release 17.8.2010)

Ein Magnetar aus einem Stern mit mindestens 40 Sonnenmassen sorgt für Erstaunen, da Sterne dieser Masse nach landläufiger Meinung klar als Schwarze Löcher enden sollten – und nicht als Neutronensterne. Aber das Objekt sitzt im Sternhaufen Westerlund 1, der nur 3.5 bis 5 Mio. Jahre alt ist: Wer da bereits als Supernova untergegangen ist, muss eine Anfangsmasse von mindestens 40 Sonnen besessen haben. Vermutlich hat der Vorgängerstern irgendwie einen Großteil seiner Masse eingebüßt, bevor er explodierte – wie, ist allerdings unklar. (ESO Release 18.8.2010)

Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt

22. September 2010

Grünes Licht für Hayabusa 2 (mit Asteroidenbömbchen); Natur der Partikel in Hayabusas Kapsel weiter unklar

Die japanische Space Activities Commission hat den Weg für den Bau eines Nachfolgers der Hayabusa-Asteroidensonde frei gemacht, aber die Finanzierung (umgerechnet rund 140 Mio. Euro) und der Zeitplan sind knapp: Am liebsten würde man nämlich schon 2014 losfliegen, 2018 den kohlenstoffreichen 1999 JU3 erreichen und eine Bodenprobe 2020 auf der Erde haben. Diesmal soll durch den Abwurf eines kleinen Sprengsatzes(!) ein 1 m großer Krater in den Kleinplaneten gesprengt werden, um frisches – und mutmaßlich aus den Anfängen des Sonnensystems stammendes – Material freizulegen. Das würde dann wie bei Hayabusa Nr. 1 mit einem Pellet beschossen, auf dass es in einen Trichter gelange, und zusätzlich wird auch noch mit einem klebrigen Finger hingelangt. Derweil sind im Inneren der Probenkapsel Hayabusas dutzende µm-große Partikel gefunden worden, die vom Asteroiden Itokawa stammen könnten; sowohl die Bergung wie die Analyse ziehen sich hin und dürften bis Dezember dauern. Größere Teilchen weiter außen im Sammelmechanismus sind vermutlich irdische Verunreinigungen noch aus der Startphase. (Links im Header des Cosmic Mirror #337 unter den Links zum Rosetta-Flyby am Asteroiden Lutetia, von dem bislang zwar massig pretty pictures aber kaum wissenschaftliche Erkenntnisse bekannt wurden)

Deep Impact im Anflug auf den Kometen Hartley 2: Wie eine Animation von Bildern vom z.Z. 5.-20. September zeigt, wächst die Koma spürbar im Gesichtsfeld der recycleten Sonde, die nun die EPOXI-Mission durchführt. Weitere Links und Bilder – auch von Amateuren; noch sind sie schöner … – im letzten Cosmos 4 U im 3. Paragraphen! A propos Kometenmissionen: In den Staubfängern von Stardust sind inzwischen drei Kandidaten für interstellare Staubteilchen im Rahmen von Stardust@Home entdeckt worden; Isotopenanalysen sollen zeigen, ob sie wirklich von jenseits des Sonnensystems stammen. Diese wie auch alle gefundenen Teilchen des Kometen Wild 2 sind nun auch in einem Online-Katalog zu finden.

Nutzlast für die Solar Probe Plus ausgewählt

Spätenstens 2018 soll sie starten und bis ca. 7 Mio. km an die Photosphäre der Sonne herankommen, weit näher als der bisherige (deutsche!) Rekordhalter Helios 2 mit 44 Mio. km 1976: Jetzt sind 5 Instrumente – darunter auch eine Kamera – sowie Marco Velli vom JPL ausgewählt worden, der den großen Überblick behalten soll und in Tabellen als ‚observatory scientist‘ denselben Status wie die eigentlichen Instrumente (von denen zwei zusammen gehören) als eigenständige „science investigation“ hat. (JPL, SwRI Releases, Science@NASA 2., CfA Release 14., JHU Newsletter 16.9.2010. Und Parallel Spirals und AW&ST zum indischen Sonnensatelliten Aditya [„Indischer …“], der vielleicht schon 2012 starten und v.a. Koronale Massenauswürfe überwachen soll)

Weitere Testflüge bereiteten die erste Wissenschaft mit SOFIA vor: Vom 23.6. bis 4.8. verbrachte die fliegende Sternwarte bei 12 Flügen insgesamt 49 Stunden in der Luft, um alle Szenarien durchzuspielen, die später bei wissenschaftlichen Einsätzen eintreten werden. Nun dürfte es schon diesen November die ersten astronomischen Flüge geben, mit dem Instrument FORCAST wie beim First Light im Mai; nächsten Februar ist dann GREAT – aus Bonn – an der Reihe. (Vortragsfolie Zinnecker – AG Tagung Bonn – 16.9., Status 11.8 und 2.7.2010; auch ein NPR-Artikel pro und ein Nature-Artikel contra SOFIA)

Der „Zombie-Satellit“ Galaxy 15 geistert immer noch durch den geostationären Gürtel

mit aktivem Transponder und keiner Möglichkeit, ihn abzuschalten („Nachrichtensatellit auf Abwegen …“): Entgegen früheren Hoffnungen hat er sich immer noch nicht von der Erde und Sonne weggedreht. Das Problem ist außergewöhnlich in der Welt der Satelliten, und jedes Mal, wenn sich Galaxy 15 wieder einem anderen aktiven Nachrichtensatelliten nähert, was inzwischen siebenmal der Fall war, ist eine andere Strategie erforderlich, um dessen Betrieb nicht zu stören. Wenigstens ist die Kollisionsgefahr praktisch Null. (UPI 17., Space.com 16., Spaceflight Now 15.9., 25., FAZ 20., Space.com 7.7., BBC Blog 25., The Space Review, AP 24., Spaceflight Now 18., Space News, Space.com 17.5.2010 – und Überlegungen, ob die Sonne am Malheur schuld ist)

Teurer Militärfunk-Satellit kriecht in den geostationären Orbit: Weil sein Haupttriebwerk versagte, muss sich der US-Satellit AEHF (Advanced Extremely High Frequency) 1 mit kleineren Düsen aus dem Transferorbit, wo ihn eine Atlas V korrekt abgesetzt hatte, in den GEO quälen. Das dauert statt wenigen Monaten nun bis Mitte 2011, aber insgesamt wird nicht mehr Sprit verbraucht als geplant, so dass auch die Lebensdauer nicht schrumpft. Die AEHL-Satelliten sollen die Milstar-Serie ablösen. (Jonathan’s Space Report #632 22., Space.com 8., Spaceflight Now 5.9., Space Today 31., Spaceflight Now, Space News 30.8.2010)

Der ICESat ist verglüht, am 30. August über der Barents-See: Schon eine Weile war der betagte Satellit inaktiv („Die Mission des ICESat …“) gewesen, man hatte ihn noch für technische Experimente genutzt und schließlich auf eine Absturzbahn gebracht. Die letzten Kommandos gaben übrigens Studenten, die bei der University of Colorado öfters mal selber Hand anlegen dürfen – da lernen sie was, und die NASA spart Geld. (NASA Release 27., Spaceflight Now 30., Space.com 31.8., Register, Universe Today 1.9.2010. Auch ESA Releases 20., 1.7.2010 zu ersten Erfolgen des CryoSat 2 und 3.9.2010 zum SMOS) NACHTRAG: noch ein Nachruf auf ICESat – und US-Umweltsatelliten allgemein.

Siebenmal Buntes der vergangenen Tage

22. September 2010

Hubble schaut tief in zwei prominente Gasnebel, oben den Lagunen-, unten den Carina-Nebel: Sowohl Erosion durch das UV-Licht wie auch Herbig-Haro-Objekte (Ausströmungen junger Sterne) sorgen für die turbulenten Formen.

Zwei Schnappschüsse aus der IR-Himmelsdurchmusterung von WISE: oben der Reflexionsnebel DG 129 (3.4 bis 12 µm), unten der Emissionsnebel LBN 114.55+00.22, also eine H-II-Region (3.4 bis 22 µm). Das D, das G und das L stehen übrigens für die Astronomen Dorschner, Gürtler und Lynds.

Eine kleine und eine große Galaxie: oben ein HST-Bild der Zwerggalaxie PGC 39058 (die von einem Stern nahe der Sichtline mit 6.7 mag. beinahe überstrahlt wird), die das Weltraumteleskop in alle Sterne auflöst, darunter ein Echtfarbenbild und eine Nah-IR-Aufnahme (Y, J, H und K) von NGC 1365 mit dem 1.5-m-Teleskop der ESO auf La Sillia bzw. dem VLT mit HAWK-I auf dem Cerro Paranal, wo die Absorption durch Staub geringer als im Sichtbaren ist.

Sonnensegeln dank IKAROS eine Technologie auf dem Weg zur Anwendung

22. September 2010

Die Zeit des Theoretisierens ist vorbei: Seit der japanische Experimentalsatellit IKAROS entscheidende Techniken der Navigation mit nichts weiter als dem Strahlungsdruck des Sonnenlichts demonstriert hat (der auf den Satelliten eine Kraft von 1.1 Millinewton ausübt, wie inzwischen gemessen wurde), wird es vielleicht schon bald auch die ersten Anwendungen dieser Technik geben. Alles entscheidend ist das Verhältnis der Gesamtmasse von Nutzlast und Sonnensegel zur Segelfläche: Mit 10 bis 20 Gramm pro Quadratmeter sind schon eine Menge sinnvolle Manöver und interessante interplanetare Bahnen möglich. Mit 1.5 kg/m^2 ist IKAROS noch weit davon entfernt, was auch für die anderen drei finanzierten Segler-Demonstratoren Nanosail D und Lightsail mit 300 bzw. 140 und CubeSail („… Weltraum-Besen …“) mit 120 g/m^2 gilt, die diesen November bzw. Mitte bzw. Ende kommenden Jahres starten sollen.

Die Werkstoffe für extrem dünne und tausende Quadratmeter große Segel sind durchaus schon vorhanden, aber viel geforscht wird noch an der Technologie, sie elegant in kleinen Kapseln zu verstauen und dann in der Schwerelosigkeit zuverlässig zu entfalten. Im Gegensatz zur IKAROS-Methode – durch Endmassen plus Rotation aber ohne starres Gerüst – setzen die meisten Planer dabei auf kreuzförmige Strukturen, die sich trickreich entfalten und dabei das Segel ausbreiten und tragen sollen. Um für einen 50-kg-Satelliten die gewünschte Verhältniszahl zu erreichen, wäre ein 2500 bis 5000 m^2 großes Segel erforderlich, im üblichen quadratischen Design 50 bis 70 Meter groß: Das entspricht den Solarzellen der ISS (77 m Spitze zu Spitze), wäre also kein Sprung um Größenordungen.

ESA wie DLR wie NASA, die in der Vergangenheit einiges in Prototypen (für Tests am Boden) investiert haben, denken dem Vernehmen nach erneut über konkrete Schritte nach: Zwischen den ersteren beiden soll sogar eine gemeinsame Roadmap abgesprochen worden sein. Und die lange für Exoten gehaltene Gemeinde der Sonnenseglerianer – die sich wie die frühren Raketenforscher um Oberth & Co. fühlt – hat auf einer Tagung im Juli in New York sogar eine gemeinsame Deklaration herausgegeben und die Technologie im Lichte der stürmisch gefeierten IKAROS-Erfolge für „gangbar für Anwendungen in der Raumfahrt“ deklariert. Derer es viele gäbe: Im September wurde auf einer Tagung europäischer Planetenforscher in Rom z.B. angeregt, mit Sonnenseglern große Datenmengen von Sonden bei Jupiter oder Saturn zur Erde zu schaffen, indem diese „Data-Clipper“ zwischen den Planeten hin und her pendeln und erst in der Nähe der der Erde mit hoher Rate senden.

Erst einmal gilt das Interesse aber der IKAROS-Mission, die inzwischen sowohl eine leichte Änderung der Bahn wie auch der räumlichen Lage durch gezielten Einsatz des Segels demonstrieren konnte und damit den kompletten Missionserfolg erzielt hat. Als Bonus erzeugen die ins Sonnensegel integrierten Solarzellen auch noch Strom: Man könnte sich Hybridraumsonden vorstellen, die die Sonnenphotonen sowohl zum Segeln wie auch als Energiequelle für einen Ionenantrieb verwenden. Das Nanosail D, ein Passagier des FASTSAT („… in Alaska angekommen …), ist ein viel bescheideneres Experiment und wird in seiner niedrigen Erdumlaufbahn vermutlich nicht einmal die Wirkung des Strahlungsdrucks erfahren. Dafür wird der Minisatellit aber eine andere Entfaltungstechnik für sein 10-m^2-Segel demonstrieren und insbesondere auch, wie man einen Satelliten damit dank des Luftwiderstands besonders schnell versenken kann: Das „D“ steht nämlich für De-orbit.

JAXA Release 23.7., NASA Release 17.8., EPSC Release 20.9.2010; The Space Review 9.8.2010 [exzellenter Review]; Centauri Dreams 21., Universe Today 19., AstroBiology 2.9., Centauri Dreams 4.8., New Scientist, ScienceTicker 27., Planetary Society, PS Blog, Space.com 26., Centauri Dreams 23., 22., Space.com 21., 12., Planetary Society Blog, Spaceflight Now 9.7.2010 – und Nikkei über die Beobachtung eines GRB durch IKAROS sowie ein JAXA Release und Science@NASA über die Reise von Akatsuki zur Venus, die zusammen mit IKAROS startete

Neuer Weltraum-Seil-Test bei einem Suborbitalflug

Ein 300 m langes, 2.5 cm breites und 1/20 mm dickes Metallband ist am 31.8. im Rahmen von T-Rex („Tether Technologies Rocket Experiment“) von einer japanischen Rakete während eines 10-minütigen Fluges bis in 309 km Höhe getragen worden: Dabei wurden an einem Ende durch eine Kathode Elektronen abgegeben, um zu testen, ob sich das Band diese als Anode fungierend wieder holen würde. Offenbar ist tatsächlich ein Strom geflossen, auch wenn nicht alles klappte: Diesen Effekt könnte man operationell nutzen, um zusammen mit dem Erdmagnetfeld Schub zu erzeugen (der bei dem Experiment allerdings nicht gemessen werden sollte). Im Gegensatz zu früheren fadenförmigen Weltraumseilen – die immer wieder scheiterten – hat das breite Band den Vorteil, dass ein kleines Stück Weltraummüll es nur punktieren aber nicht gleich durchschneiden würde. (JAXA page 31.8., New Scientist 2., Discovery 3.9.2010)

Mysteriöse Rendezvous-Operationen zwischen zwei chinesischen Satelliten, SJ-12 und SJ-06F, haben sich erst russische und dann amerikanische Beobachter mühsam zusammengereimt, während die Chinesen keinerlei Erklärung dazu abgeben. Ein militärisches Experiment ist das wohl nicht, da sich beide Satelliten nur langsam aufeinander zu bewegten und – vielleicht, da sind die westlichen Tracking-Daten zu ungenau – allenfalls sanft berührten. Vielleicht hatte dies etwas mit Training für künftige Andockoperationen an die kleine Raumstation Tiangong-1 („In rund einem Jahr …“) zu tun, die 2011 gestartet und dann von Shenzhou-Kapseln angesteuert werden soll. So oder so gilt der nahe Flug der beiden Satelliten als bedeutende Leistung. (The Space Review 30., New Scientist, Popular Science, Universe Today 31.8., Discovery 2., Spaceflight Now 8.9.2010. Und AW&ST zu den Rendezvous-Experimenten der schwedischen Prisma-Satelliten [„Die Prisma-Satelliten …“] Mango & Tango)

Die „Abschlussberichte“ des IYA in Deutschland und weltweit sind da!

20. September 2010

Links zu und (im internationalen Fall) Kritik an den großen Abschlussberichten des International Year of Astronomy aus Deutschland und weltweit, erste Impressionen von dem, was danach (speziell) in Deutschland kommt, und jede Menge mehr (insbesondere zur Citizen Science weltweit) im (Post-)Astrojahr-Blog!

Weitere größere Artikel

Moderner Kosmologietest mit moderaten Amateurteleskopen anhand der tidal streams rund um Galaxien.

Aufgelöstes Bild der Staubscheibe um jungen Stern mit optischer Interferometrie.

Die Physik hinter den Impaktblitzen auf dem Jupiter, analysiert anhand des Crashs am 3. Juni.

Substantial sunspot group arrives, preceded by two nice eruption shows

Die Fleckengruppe 1108, zwei interessante Sonneneruptionen am 8. und 15. September, Erkenntnisse aus den Jupiter-Einschlägen (und die Erdnähe des Planeten sowie seine Konjunktionen mit Uranus), jede Menge Hartley-2-Bilder (jetzt auch von der EPOXI-Mission der Sonde Deep Impact), ein NEO-Duo in Erdnähe und einiges mehr in Cosmos 4 U!

Kleinere Artikel

Zwei winzige Asteroiden gleichzeitig näher als der Mond, aber so klein, dass sie zerplatzt wären.

Amateure und Deep Impact beobachten Hartley 2, und noch machen erstere die besseren Bilder.

Fotometrie heller Kometen am besten mit All-Sky-Kamera? Am Beispiel des Ausbruchs von 17P/Holmes 2007.

Hubble hat die Supernova 1987A wieder im Blick, nachdem die STIS repariert wurde.

Kaum Exoplaneten in alten Sternhaufen – wie 47 Tuc – und warum das so sein muss.

Abschlussbericht des IYA 2009 mit kurioser Statistik aus Indien …

Niederländische Amateurastronomin als Star eines US-Comics über Hanny’s Voorwerp.

Der Cosmic Mirror #337 is abgeschlossen

Der Rosetta-Flyby an Lutetia, die neue Decadal Survey (mit jeder Menge Reaktionen), viel Exoplanetares, Lunares und Teleskop-Technisches und noch Unmengen mehr im CM #337!

Nachrichten vom Mars kompakt

11. September 2010

Opportunity auf halbem Weg zu Endeavour – und jetzt geht’s schneller voran

Zwei Jahre hat der Mars Exploration Rover Opportunity gebraucht, bis er am 8. September die Hälfte des 19 km langen Weges zwischen dem 800-m-Krater Victoria und dem nächsten Rand des 22-km-Kraters Endeavour zurücklegte: Ein Dünenfeld hatte einen ca. 7 km langen Umweg erzwungen, und Interessantes am Wegesrand für Stopps gesorgt. Aber jetzt scheint der Weg einfacher zu sein, und bis zum nächsten großen Ziel wird es wahrscheinlich nicht noch einmal so lange dauern. Dort warten die ersten Aufschlüsse von Phyllosilikaten, die je in Reichweite eines Marslanders waren: Diese Art Gips entsteht nur unter geradezu lebensfreundlichen Bedingungen und wurde aus dem Orbit auch schon mancherorts aufgespürt. (Planetary Society Tweet 7., NASA Release, Bild, Cosmic Log 8., Road to Endeavour 10.9.2010)

Gebt dem schweigenden Spirit noch etwas Zeit! Eine überraschende – und widersprüchliche – Pressemitteilung des JPL, die fast wie ein Nachruf klang, versetzte die Fans des anderen Marsrovers Ende Juli in helle Aufregung, aber Gemach: Konkret mitgeteilt wurde nur, dass es diesem seit März schlafenden MER („Spirit offenbar …“) nach neuen Rechnungen möglicherweise so kalt geworden ist, dass seine innere Uhr ausfiel. In diesem Fall würde der Rover in einem zufälligen – und z.Z. nur kurzen – Intervall nach Kommandos von der Erde lauschen, die er sofort quittieren würde. Also wird Spirit seit dem 26. Juli systematisch angefunkt; realistisch mit einer Antwort rechnen kann man aber wohl nicht vor November, aber es kann auch bis April 2011 dauern. Erst wenn dann immer noch nichts vom Mars zurück kommt, darf man Spirit abschreiben. (Planetary Society 31., San Francisco Chronicle 1.8., Planetary Society, Space Today 31., JPL Release, Science@NASA, Spaceflight Now, Planetary Society Blog 30.7.2010)

Experimente für den 2016-er Marsorbiter von NASA und ESA ausgewählt

Unter 19 Kandidaten sind nun fünf Instrumente für den ersten Marsorbiter („Grünes Licht …“) des gemeinsamen Marsprogramms von NASA und ESA ausgewählt worden: Vier haben einen amerikanischen, eines einen belgischen Principal Investigator, aber in der Regel sind bei jedem Instrument Wissenschaftler beiderseits des Atlantiks beteiligt, allerdings nur bei einem – der Marskamera HiSCI aus Arizona – auch deutsche. Der ExoMars Trace Gas Orbiter startet auf einer US-Rakete und setzt nebenher auch einen Landedemonstrator der ESA ab, ferner dient er später als Funkrelais für die aufwändigere Mission von 2018.

Das Hauptinteresse gilt zwar der chemischen Erforschung der Marsatmosphäre mit ihren Spurengasen, die – v.a. das Methan – erhebliche Rätsel aufgeben: Sie werden mit verschiedenen Techniken mit enormer Empfindlichkeit gemessen; MATMOS z.B. könnte bereits drei irdische Kühe (aufgrund ihrer Methan-produzierenden Bakterien) auf dem Mars nachweisen. Aber es sind auch wieder zwei neue Kameras dabei. Die HiSCI ist dabei eine Variante von HiRISE auf dem MRO: Diesmal ist die Auflösung mit 2 m/Pixel geringer, dafür aber das Bildfeld so viel größer, dass der komplette Planet erfasst werden kann. Und zwar sofort in 3D, ähnlich wie mit der HRSC des Mars Express. (JPL, ESA, UA, Caltech Releases 2., Uni Bern PM 3., JPL Release 26.8.2010)

Der nächste Marslander Curiosity ist zum ersten Mal gefahren

Allerding nur einen Meter vor und zurück, nachdem das Mars Science Laboratory im Juli seine 6 Räder nebst Aufhängung und Motoren bekommen hat.Und auch der Robotarm hat sich erstmals bewegt: Das Vehikel ist nun zu 80-90% fertig, und alle wesentlichen Hürden scheinen genommen, so dass es mit dem Start im Fenster Ende 2011 klappen dürfte. Auch der Ärger mit dem Titan-Betrug liegt weitgehend hinter dem gebeutelten Projekt und gilt gleichfalls als zu 80-90% erledigt. (JPL Releases 1., 13., 23.7., 3.9.2010; Spaceflight Now 23., Space Today 24.7.2010. Auch ein JPL Release zur Abstiegs-Filmkamera MARDI und das Planetary Society Blog zum ebenfalls 2011 – als Mitpassagier auf Russlands Fobos-Grunt – startenden ersten chinesischen Marsorbiter Yinghuo-1)

Mars-Scout-Programm beendet – aber Billig-Mars-Missionen dürfen bei „Discovery“ eingereicht werden: Weil sich die NASA in Zukunft auf teure Landeoperationen (inklusive irgendwann einer Sample Return Mission) konzentrieren will, wird die Scout-Reihe für Marsmissionen bis 485 Mio.$ nach nur zwei Missionen, Phoenix (s.u.) und MAVEN (Start 2013) schon wieder eingestellt. Sollte aber doch noch jemand eine vielversprechende „preiswerte“ Marssonde einfallen, dann darf diese künftig im Rahmen der Discovery-Serie von Billigplanetensonden – bis 425 Mio.$ – eingereicht werden, wo der Mars bisher keinen Platz hatte. Die Konkurrenz von anderen spannenden Zielen im Sonnensystem ist dann natürlich gewaltig. (Spaceflight Now 29.7.2010)

CO2-Isotopen-Messungen von Phoenix sprechen für durchgehenden Vulkanismus auf dem Mars

und möglicherweise auch Kontakt der Atmosphäre des Planeten mit flüssigem Wasser bis in die Gegenwart: Das EGA-Spektrometer des TEGA-Instruments auf dem 2008-er Marslander Phoenix hat die Isotopenverhältnisse des CO2 in der Marsatmosphäre genauer als je zuvor bestimmen könnnen – und sie sind nicht so, wie man sie bei einem ‚toten‘ Planeten erwarten würde. Diverse geochemische Prozesse wirken auf dieses Verhältnis ein, und ziemlich klar ist wohl, dass Vulkane beständig CO2 mit leichtem C-12 nachliefern: Ansonsten hätte sich das schwerere Isotop C-13, das leichter in den Weltraum entweicht, längst anreichern müssen, was aber laut den EGA-Daten nicht der Fall ist. Strittiger ist da die andere Schlussfolgerung, dass das CO2 bis in die Gegenwart mit flüssigem Wasser in Kontakt gewesen sein müsse, doch für die beobachtete Anreicherung von O-18 kommen auch andere Prozesse in Betracht. (Niles & al., Science 329 [10.9.2010] 1334-7, auch 1267-8; JPL Release, UA News 9., CSM 10.9.2010)

Erzwingen Phoenix-Erkenntnisse die Neubewertung von Viking-Messungen? Das Fehlen von organischen Substanzen auf der Marsoberfläche, dass die NASA-Lander 1976 gemeldet hatten und das angesichts eines Regens derartiger Verbindungen (die mit Leben erst einmal gar nichts zu tun haben) aus dem Weltraum auf die Oberfläche Verblüffung ausgelöst hatte, ist vielleicht ein Artefakt des Messprozesses. Der 2008-er Lander Phoenix hatte auf der Marsoberfläche Perchlorat nachgewiesen, das mit organischen Verbindungen koexistieren kann – doch wenn man das Gemisch so erhitzt, wie in den Viking-„Labors“ geschehen, wird alle Organik zerstört, weil Perchlorat dann zu einem starken Oxidator wird. Wobei allerdings zwei Chlor-Methan-Verbindungen frei werden – und genau diese hatte Viking damals gemessen, aber sie waren für Rückstände eines Reinigungsmittels gehalten worden.

Ob die neuen Erkenntnisse im Umkehrschluss die Existenz organischer Substanz – welcher Quelle auch immer – auf der Marsoberfläche beweisen, ist allerdings nicht klar: Sie basieren nämlich auf Laborversuchen mit Erdreich aus der Atacama-Wüste als Analog des Marsbodens. (JPL Release 3., Washington Post 4., BBC 6., Science Insider 7., Science Journalism Tracker 8.9.2010) HISTORISCHE ANMERKUNG: Genau dieselbe Erklärung (minus das Atacama-Experiment) sorgte bereits im Frühjahr 2009 für Aufsehen; ein längerer Artikel wurde seither hinter einer Paywall versteckt, aber es gibt Zusammenfassungen bei Softpedia und auf SF- und Verschwörungs-Webseiten (s.a. diese Diskussion) …

Neun aktuelle kosmische Impressionen

8. September 2010

Der AO-Laser des VLT-UT Yepun schießt Richtung Galaktisches Zentrum, um einen künstlichen Stern für den Ausgleich der Luftunruhe zu erzeugen – ein Weitwinkelfoto von Mitte August.

Der Galaxienhaufen Abell 1758 in einer kombinierten Aufnahme von Chandra und dem GMRT, dem indischen Giant Metre Wave Telescope: Von diesem Radioteleskop stammt der rote Kanal, der ultrarelativistische Teilchen und Magnetfelder auf großen Skalen zeigt (dass solch ein Halo noch existiert ist ein Beleg dafür, dass hier zwei Haufen zusammen gestoßen sind), während die Röntgenstrahlung vom heißen Gas im Haufen blau dargestellt ist.

„Sternströme“ um die Galaxien NGC 4651 (o.) und M 63: Sie entstehen, wenn sich große Galaxien kleine einverleiben. Bei der Suche nach den charaktistischen Überbleibseln sollen sich übrigens auch Amateurastronomen beteiligen – siehe die Vortragsankündigung um 14:45 Uhr!

Die Galaxien NGC 6444 (o.) und NGC 300, beide mit dem Wide Field Imager am MPG/ESO 2.2-mTelekop auf dem La Silla Observatory aufgenommen: Erstere ist eine Starburst-Galaxie mit (im Optischen allerdings unsichtbarem) „Superwind“, letztere zeigt die ESO einfach ’nur so‘, weil an dem Bild insgesamt 50 Stunden lang belichtet wurde. NACHTRAG: Hier findet auch einer, dass das letztere Bild keinerlei Nachrichtenwert hat …

Zwei unterschiedliche Blicke auf den Rosetten-Nebel NGC 2237-9 und seinen zentralen Sternhaufen NGC 2244: Oben ist ein Chandra-Mosaik (rote Punkte = Röntgenstrahlung von 160 jungen Sternen, wo vorher nur 36 bekannt waren) einem optischen Bild überlagert, unten ein WISE-Bild von 3.4 bis 22 µm – mit einer Satellitenspur; vor dieser himmlischen Umweltverschmutzung sind nicht einmal Satelliten selbst gefeit …

Das kuriose „Produkt“ eines Doppelsterns, der Protoplanetare Nebel IRAS 23166+1655 um den Stern LL Pegasi alias AFGL 3068: Durch die Orbitalbewegung eines der beiden Sterne hat sein Wind eine bemerkenswerte Spiralform angenommen. Die Schalen liegen etwa 800 Jahre auseinander, was auch der Bahnperiode entspricht. Solch eine Windspirale ist nichts Neues und schon lange bei Wolf-Rayet 104 bekannt; spätere Blogger hatten das mitbekommen. NACHTRAG: Hier wird weiter gestaunt – auch wenn das Bild Jahre alt und in der Planetarische-Nebel-Community bestens bekannt ist.

Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt

8. September 2010

Die erste Soyuz-Rakete in Kourou startet frühestens im nächsten Frühjahr

Und welcher Satellit der Passagier sein wird, ist auch noch nicht klar, nachdem ein Nachrichtensatellit umgebucht wurde, weil er zu lange hätte warten müssen – der Bau der Startanlagen hatte sich immer wieder verzögert. Nun gelten der französische Erdbeobachter Pleiades (dessen Bodensegment aber u.U. nicht rechtzeitig fertig wird) und zwei Galileo-Testsatelliten als die besten Kandidaten für die Premiere. (Space News 8.9.2010. Auch die Vega-Raketen fliegen erst ab 2011, aber neue Produktionsverträge bringen das Programm voran) NACHTRAG: warum das so lange dauert mit der Soyuz-Rampe. NACHTRAG 2: der Status beider Programme. NACHTRAG 3: Jetzt heißt es März 2011 für den 1. Soyuz-Start.

Zweiter Brenntest einer starken indischen Raketenstufe erfolgreich: Während die L 110 („Im Januar …“) für die künftige GSLV Mk-III beim ersten Bodentest („Test der indischen Raketenstufe …“) nicht die vollen 200 Sekunden brannte, hat der heutige Bodentest tadellos geklappt. (ISRO Release, Parallel Spirals 8.9.2010)

Boeing könnte Indiens bemannte Raumkapsel bauen

Oder der ISRO zumindest dabei helfen, bis 2016 den – offenbar seitens der Politik heftig gewünschten – Einstieg in die bemannte Raumfahrt zu schaffen: Der entsprechende Papierkram für das US-Außenministerium wird schon vorbereitet. Die Kapsel könnte dann zur Versorgung der ISS dienen; konkrete Verträge gibt es aber noch keine. (Times of India 6.9.2010)

Widersprüchliche Pläne in Sachen US-Raumfahrt verfolgen bislang noch beide Häuser des US-Kongresses: Während sich der Senat mit den Zielen des Weißen Hauses halbwegs angefreundet hat, will das Abgeordnetenhaus deutlich mehr des alten Constellation-Programms retten und dafür die Förderung privater Initiativen drastisch zusammen streichen. Einig sind sich aber alle, dass die USA – auf eigene Rechnung – noch schneller als in Obamas Vorstellung eine neue Schwerlastrakete entwickeln sollen. (zahlreiche Links im Cosmic Mirror #337 im grünen Kasten aus Juli und August. Bester Kommentar zur Lage ist aber dieser hier vom Juni. [NACHTRAG: Man kann’s auch noch härter sagen …] Und dieser Artikel macht klar, dass die spontane Reparaturaktion des Kühlsystems mit 3 EVAs demonstriert hat, wie die ISS-Wartung in den kommenden 10 Jahren aussehen wird)

Bewerber für eine mittelgroße ESA-Wissenschaftsmission 2020-22 gesucht

In den Jahren 2017/18 wird die ESA die erste beiden „Mittelklasse“-Missionen des neuen Langzeitplans ‚Cosmic Vision‘ für den Zeitraum 2015-25 starten, wobei die Zahl der Bewerber auf drei geschrumpft ist („Drei Finalisten …“), gefolgt voraussichtlich 2020 von der ersten Großmission (L-Klasse). Aber man möchte für diesen Zeitpunkt auch schon die dritte Mittelklassemission M3 bereit haben, falls es mit der L-Mission Probleme gibt: Bis zum 15. Dezember wird nun um Vorschläge gebeten werden, die nicht mehr als 470 Mio. Euro kosten dürfen (was die aus nationalen Budgets finanzierten Instrumente an Bord nicht einschließt). 2012 sollte der M3-Gewinner fest stehen, der je nach Zustand der L-Mission 2020 oder 2022 auf die Rampe darf. (ESA Release 29., Spaceflight Now 23., BBC 21.7.2010. Auch ein ESA Release und Science Insider zur Fundamentalphysik-Planung)

Die Aufwärmung des NASA-Satelliten WISE hat begonnen, nachdem kurz nach dem Ende der ersten Himmelsdurchmusterung (am 17. Juli) das gefrorene Kühlmittel aufgebraucht war. Der Detektor für das langwelligste IR ist bereits ausgefallen, die anderen können aber noch ein paar Monate weiter machen. (Mission Status 10.8.2010. Auch ein NASA Release, Spaceflight Now und der Orlando Sentinel zu Fortschritten und Problemen mit dem JWST [„Eine neuerliche Startverschiebung …“])

Virgin Galactic peilt 110 km Gipfelhöhe an – exakt

Wenn mit dem SpaceShipTwo („Das erste …“) Touristen auf Suborbitalflüge geschickt werden, dann wird es sie bis in genau 110 km Höhe tragen: genug, um sicher die magische 100-km-Grenze des Weltraums unter sich zu lassen – aber auch nicht höher, denn dann würden die körperlichen Belastungen für die Passagiere erheblich zunehmen. Aber so sollen 93% aller Menschen zwischen 22 und 88 Jahren fit genug für den Trip sein, der „eine tiefe und organische Verbindung mit dem Universum“ verspricht. Noch diesen Herbst soll das SS2 zum ersten Mal vom Trägerflieger abgekoppelt werden und solo zur Erde gleiten: Man sieht sich schon „auf der Zielgeraden“ zum ersten Raumflug. (Discovery 2.8.2010. Auch Wired zum 1. Testflug mit Passagier und die Süddeutsche zu den juristischen Fragen)

Und das beste Astronomie-Fernsehen gibt es …

8. September 2010

… natürlich im Internet – hier ein paar sehenswerte Videoclips aus den letzten Wochen, die man in der Glotze wohl vergeblich suchen würde:

Videoclips von aktuellen Himmelsereignissen sind natürlich auch zuhauf bei Cosmos 4 U zu finden.

Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt

5. September 2010

ESA-Satellit GOCE sendet – nach schwerer Störung – wieder Daten!

Schon Anfang des Jahres war der primäre, am 18. Juli auch der Ersatzcomputer an Bord des Erdvermessers („Das erste globale Modell …“) ausgefallen, der für die Übertragung von Daten sorgt, aber wenigstens blieb die Verbindung zur Erde erhalten. Durch trickreiche Softwareänderungen ist es nun schon Anfang September gelungen, den wissenschaftlichen Betrieb wieder aufzunehmen: Man hatte erwartet, dass dies mindestens bis Monatsende dauern würde. (Nature Blog 3.9., Spaceflight Now 29., Spiegel 24., Nature Blog 23., BBC 21.8.2010) NACHTRAG: Später hat auch die ESA was zu sagen. NACHTRAG 2: Dem Satelliten war wohl zu kalt geworden, und das schon am 8., nicht 18., Juli.

Envisat wird noch ein großes Problem – als Weltraummüll: Der 8 Tonnen schwere ESA-Umweltsatellit von 1992 (siehe Artikel 425) wird sich nach Missionsende noch etwa 150 Jahre im Orbit halten – und dort wegen seiner Größe und Ausleger (26 x 10 x 5 Meter!) ein „ideales“ Ziel für kleine Teilchen Raumschrott abgeben. Wobei jeder Treffer wieder eine Wolke neuer gefährlicher Partikel produziert. Einmal musste der Satellit schon einem bekannten Stück Raumschrott ausweichen, sonst wäre er wahrscheinlich getroffen worden. Eine gezielte Entsorgung des Envisat hat die ESA bedauerlicherweise einzuplanen vergessen, so dass womöglich eine eigene Spezialmission dazu erforderlich werden könnte. (Space News 26.7.2010)

Indischer 850-Gramm-Satellit, von Studenten gebaut, sorgt für Schlagzeilen

Der StudSat war der kleinste von 5 Satelliten, die am 12. Juli ein indisches PSLV in den Orbit beförderte – und doch hat er im Lande für ein größeres Medienecho gesorgt als die größte und dramatisch teurere Nutzlast, der Erdbeobachter Cartosat 2B: Indiens winzigster Satellit ist nämlich das Werk von Studenten („Erster indischer „Studentensatellit“ …“) von vier Colleges, die auch noch vor 3 Jahren spontan auf diese Idee gekommen waren, nachdem sie einem Raumfahrtvortrag gelauscht hatten. Funkkontakt mit dem StudSat – weitere ähnliche Projekte laufen an diversen indischen Unis, und allerorten will man es nun auch versuchen – konnte rasch hergestellt werden; ob der Picosatellit schon Erdbilder geliefert hat, wurde bisher nicht bekannt. Die sollten 90-93 Meter Auflösung haben, während Cartosat 2B 80 Zentimeter schafft; erste Proben hat er schon geliefert. (ISRO Releases 12., 21.7.2010; Trak 28., Hindu 27.8., Hindu 22., Economic Times 18., Hindu, PTI [more] 14., Deccan Herald, Eureka 13., Hindu, Space News, Space Today 12., Hindustan Times, Sify 2.7.2010)

Die indische Turbopumpe war Schuld am GSLV-Disaster im April, als die erste selbstentwickelte kryogene Oberstufe nach Sekunden versagte („Weiter Konfusion …“): Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, dass die Wasserstoffpumpe zwar sofort die vollen 34’800 U/m erreicht hatte – aber eine Sekunde später einfach stehen blieb. Damit war es um die Stufe und den ganzen Start geschehen. Um der genauen Ursache auf die Spur zu kommen, werden nun Bodentests durchgeführt; die nächsten beiden GSLVs benutzen derweil wieder russische Oberstufen. (ISRO Release, Spaceflight Now 9., Hindu, Space Today 10., Space.com 12.7.2010)

FASTSAT in Alaska angekommen – Start im November?

Der kuriose Satellit mit 6 Technologie- und Atmosphären-Experimenten („Das nächste Sonnensegel …“) ist am 10. August im Kodiak Launch Complex angekommen, wo er als eine von etlichen sekundären Nutzlasten einer Minotaur IV im Herbst starten soll – das hat sich immer wieder verschoben, weil ein minimales Softwareproblem bei der Rakete entdeckt worden war. Auch der Start einer anderen Minotaur IV mit dem ersten Satelliten des Space-Based Surveillance System (SBSS) in Vandenberg ist deswegen auf nunmehr den 24. September gerutscht. (NASA Release 11.8., Spaceflight Now 8.7., Discovery 14.6.2010) NACHTRAG: Ein anderer Passagier in Kodiak ist RAX.

Die Prisma-Satelliten haben sich getrennt, Picard sieht die Sonne, Proba 2 verfolgt CMEs: Die drei im Juni gestarteten europäischen Satelliten („Sonnensatellit …“) und der bereits seit November im All und seit Februar im Routinebetrieb befindliche gehen ihren Aufgaben nach. Während sich bei Prisma der kleinere Tango von Mango getrennt hat und ihm nun als Rendezvous-Ziel dient, hat Picard mit Aufnahmen der Sonne mit seinem 11-cm-Teleskop in rascher Kadenz begonnen, u.a. um etwaige Durchmesserschwankungen zu erkennen – und Proba 2 („So sieht der …“), der schon rund 100’000 Sonnenbilder im Kasten hat, verfolgt koronale Massenauswürfe weiträumiger als das Solar Dynamics Observatory. (Spaceflight Now 11.8., CNES Release 28.7., ESA Release 30.6.2010)

„Geheimshuttle“ X-37B änderte Bahn – aber Amateure fanden ihn bald wieder

Das mysteriöse wiederverwendbare Vehikel hielt bis zum 9. August seine 403 x 420 km hohe Bahn durch fortwährendes Ausgleichen des Luftwiderstands ein – aber dann wurde die Bahnhöhe plötzlich um 27.5 km angehoben, und die Amateurastronomen rund um den Globus, die den Shuttle verfolgen („Amateurastronomen fanden …“), verloren ihn zunächst. Bis ihn am 19. August ein Beobachter in Kapstadt wieder fand. Mit einer bevorstehenden Rückkehr hatte das Manöver vermutlich nichts zu tun, und über den Zweck des ganzen Unternehmens haben die Amateurbeobachtungen leider keine Erhellung bringen können … (Space.com, Raumfahrer 23., News.com.au 25.8.2010)

Prozess gegen mutmaßlichen Weltraumforscher-Möchtegern-Spion verzögert sich: Weil seine Anwälte erst entsprechende Sicherheitsstufen erlangen mussten, um überhaupt die relevanten Dokumente lesen zu dürfen, hat sich der Prozessbeginn gegen Stu Nozette um weitere Monate verschoben. Immerhin weiß man inzwischen, dass man ihm vorwerfen wird, er habe Geheimnisse über US-Satelliten, Frühwarn- und Abwehrsysteme verhökern wollen, die er – neben seiner bekanntere Tätigkeit als Mondforscher – gekannt haben soll. (CNN 11.8.2010)

Raketenstarts in Japan jetzt das ganze Jahr möglich: Bisher darf aufgrund von Abkommen mit den örtlichen Fischern nur 190 Tage im Jahr vom Weltraumbahnhof Tanegashima aus gestartet werden, aber das hat man nun neu verhandelt. Die zeitliche Beschränkung wird demnach ab April 2011 aufgehoben, aber es sind weiter nur 14 Starts pro Jahr erlaubt. (JAXA Release 29.7.2010)