Archive for September 2020

Phosphan schon 1978 auf der Venus gemessen?

30. September 2020

Die Daten sind bald 42 Jahre alt, aber die Entdeckung von Phosphan per Radioastronomie in der Venus-Atmosphäre (nur eine einsame Linie, aber alternative Interpretationen schein es nicht zu geben) hat zu einem neuen Blick darauf Anlass gegeben – und siehe da: Das Large Probe Neutral Mass Spectrometer (LNMS) auf der großen der vier Kapseln der Mission Pioneer Venus, die am 9. Dezember 1978 durch die Venus-Atmospäre abstiegen, scheint PH3 und Abbauprodukte direkt gemessen zu haben.

Hier die aktuelle Interpretation eines Teil der Massenspektren: in der linken Spalte die atomic mass units, jetzt die Daten, darüber die Auswertung (auf der rechten Seite sind noch NO, S, O2, HS, H2S und die Isotope 35Cl und 37 Cl markiert; bei geringeren amu-Werten von 15 bis 17 kommen noch CH3, O, CH4, OH und ein Gemisch aus 13CH4 und CH3D vor). „We find that LMNS data support the presence of phosphine“ in der relevanten Zone in 50 bis 60 km Höhe“ sagen die Auswerter jetzt, „although, the origins of phosphine remain unknown.“ Konkret „the spectra show a tantalizing possibility for the presence of PH3, along with its associated fragments, and singly deuterated parent ion. While intensities of the peaks are low, they are perhaps consistent with the ~20 ppb abundances reported by Greaves et al. Together, the tentative assignments suggest that the reported abundances of H2S (from mass spectra) across Venus’ atmosphere may actually be PH3; and that atomic sulfur is derived from SO2.“ Und es gäbe „an indication of chemistries not yet discovered, and/or chemistries potentially favorable for life“ – aber auch ein skeptischer Thread dazu, ein trefflicher Kommentar zu der Vulkan-Spekulation über die PH3-Quelle, an der es reichlich Grund zu zweifeln gibt, auch wenn sie ein Autor verteidigt, eine Sammlung weiterer Experten-Meinungen, das Paper „Could the Migration of Jupiter Have Accelerated the Atmospheric Evolution of Venus?“ (das hier zusammengefasst wird), Artikel hier, hier, hier und hier, noch ein Video – und eine indisch-französische Venus-Mission 2025.

24 Exoplaneten, die noch lebensfreundlicher als die Erde sein sollten oder „hyperhabitabel“, hat ein umfangreiches Paper unter den über 4000 v.a. vom Kepler-Satelliten gefundenen Objekten benannt. Besonders lebenfreundlich wäre z.B., wenn die ‚Sonne‘ ein K-Stern geringer Masse wäre: längeres Leben (also mehr Zeit für biologische Evolution) und weniger UV-Strahlung als bei einem G-Stern wie unserer Sonne. Etwa 50% mehr Masse als die Erde (hält mehr Atmosphäre), etwa 5° höhere Temperatur und bei paar weitere Faktoren wären für Leben auf einem Planeten auch besonders förderlich – die meisten Größen lassen sich allerdings nicht direkt beobachten. Gleichwohl sind in diesem Diagramm ein paar K-Stern-Planeten hervor gehoben: Aufgetragen ist die Sternmasse (0.5 bis 1.0 Sonnenmassen) gegen die große Bahnhalbachse des Planeten (0.5 bis 1.0 au), mit der Habitablen Zone markiert. Von den zwei Dutzend Kepler-Kandidaten (KOIs) darin sind allerdings nur zwei auch validiert (Kepler 1126 b und Kepler-69c), und auch diese sind selbst für das JWST oder LUVOIR nicht attraktiv: Es geht mehr um die Feststellung, dass unter den bisher gefundenen Planeten bereits ein paar hyperhabitable sein dürften [NACHTRAG: ein Press Release und Artikel hier und hier].

Die ersten Lichtkurven des Exoplaneten-Satelliten CHEOPS

sind jetzt publiziert worden: Sie zeigen, wie der bekannte Planet WASP-189 b (dieser Satellit beobachtet ja nur bereits entdeckte Exoplaneten, dafür aber mit 20 ppm Genauigkeit) vor seinem Stern her zieht (oben) bzw. hinter ihm verschwindet – wobei die gemeinsame Helligkeit von Stern + Planet nur um 88±4 ppm abnimmt, was CHEOPS mit seinem 30-cm-Teleskop aber problemlos messen konnte. Gegenüber den Messungen bei der Entdeckung des Planeten vor zwei Jahren ändert sich durch die CHEOPS-Daten eine Menge, so ist der Transit 25% tiefer als gedacht (Probleme mit Vergleichssternen bei 6.6 mag.V?), und die Asymmetrie der Lichtkurve verrät gravity darkening durch die schnelle Rotation des Sterns. WASP-189 b mit einer Umlaufszeit von nur 2.7 Tagen, 1.6 Jupiterradien und 2.0 Jupitermassen hat eine Temperatur auf der Tagseite von 3440 Kelvin, was die CHEOPS-Beobachter in Bern über „einen der extremsten Planeten im Universum“ schwärmen lässt; weitere Press Releases hier, hier, hier und hier und Artikel hier, hier und hier. Auch schön: ein Paper über Beobachtungen des Satelliten TESS von 55 Cancri e – da fällt die Gesamthelligkeit, wenn er hinter dem Stern verschwindet, sogar nur um 15±5 ppm, „a staggeringly small change in brightness, yet one detected by TESS in just a single sector of data.“ Und — v.a. im TESS-Kontext – ein neues Exoplaneten-Portal der NASA, das inbesondere Citizen Science fördern möchte.

Wieder ein neuer Annäherungs-Rekord an die Sonne ist am 27. September von der Parker Solar Probe aufgestellt worden: Sie näherte sich der Sonnenoberfläche bis auf 13.5 Mio. km (die Grafik zeigt die Oberflächen-Distanz in Sonnenradien gegen die Tage seit dem Start). Derweil sind Tonnen von Papers mit ersten Messungen des Solar Orbiter erschienen, die zugleich – ungewöhnlich schnell – auch frei in einem Archiv verfügbar wurden: Press Releases hier, hier und hier. Auch der Start-Vertrag für die Interstellar Mapping and Acceleration Probe der NASA, die 2024 auf einer Falcon 9 fliegen soll, eine Verschiebung des Starts von Dragonfly, dem Hubschrauber für den Titan, auf 2027 – und in Cassini-Daten wurden Hinweise auf frisches Eis auf dem Saturnmond Enceladus gefunden.

So sah der Marslander InSight einen Staubsturm kurz nach der Landung im November 2018 als Zunahme der Opazität der Atmosphäre von ~0.7 auf ~1.9 im Januar 2019 (x-Achse: Sol), während der Rover Curiosity zeitgleich denselben Effekt maß – auch die Wetterdaten an beiden Orten, Elysium Planum bzw. Krater Gale, reagierten deutlich. Auch der Nachweis von mehr unterirdischem Wasser unter den Polkappen durch den Mars Express (Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier [NACHTRAG: und hier, mit einem Link zum Paper, komplett aber read only], die Frage nach Leben bei niedrigem Druck und der Bewohnbarkeit (und Planetary Protection) des Mars, der allmähliche Bau des ExoMars-Landers, Freifall-Tests des Phobos-Landers von MMX, der Zoo der Kometen-Ionen von ROSINA auf Rosetta, ein klarerer Blick auf die Hydration der Mond-Oberfläche – und eine Verlängerung der Mission von Indiens AstroSat nach dem Ende der 5-jährigen Primärmission.

Die Zahl der Objekte in diversen Erdorbits steigt rapide an, wie diese Grafik aus einem Webinar der Fraunhofer-Gesellschaft gestern [NACHTRAG: alle Slides] mit der Zahl aller von den USA getrackten Objekte ab 5 bis 10 cm Durchmesser gegen die Zeit zeigt (s.a. Notizen von einem anderen Vortrag vor 8 Jahren oder dieser aktuelle Plot nur vom LEO): Das erfordert erhöhte Wachsamkeit, und so kümmert sich die USAF jetzt direkter und die Vermeidung von Kollisionen, während auch im UK mehr für die Space Situational Awareness getan wird.

Und auch in Deutschland, was der Anlass für das Webinar im Rahmen einer Serie zu Radar-Fragen aller Art war: Es kam direkt vom neuen Standort bei Koblenz des German Experimental Space Surveillance and Tracking Radar (GESTRA), das gerade in Betrieb geht – oben ein Standbild aus einem Drohnen-Video, darunter ein Blick auf die Vorderseite einer der Antennen und unten ein Stück ihrer Technik. Auch schon wieder Satelliten von der ISS aus gefilmt, was das UK in Sachen Galileo vorhat – und deutsche Raketenstarts demnächst in Norwegen … und vielleicht eines Tages in Rostock?

Ein Vortrag über die Rolle von Satelliten bei der Erdbeben-Forschung – auch Sentinel 6 in Kalifornien angekommen (mehr und mehr), der nach dem jüngst verstorbenen Michael Freilich benannt ist und die Beobachtung von Pinguin-Kolonien, Wäldern und den aktuellen Waldbränden in den West-USA (mehr und mehr) aus dem Orbit. Ferner ein Start in Russland mit 22 Satelliten (3 großen und 22 kleinen; mehr, mehr, mehr und mehr, Videos hier, hier und hier und Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier) und einer in China mit 2 (mehr, mehr und mehr). Auf der ISS wurde das Leck auf Zvezda eingegrenzt aber noch nicht gefunden (mehr, mehr, mehr, mehr, mehr, mehr, mehr und mehr), der Dragon-Start von Crew 1 ist jetzt für den 31. Oktober geplant (mehr, mehr, mehr, mehr, mehr und mehr), Maurer hofft auf Crew 3, die Pläne für eine kommerzielle Nutzung der ISS werden konkreter – und Italien will groß in Artemis investieren (mehr und mehr), sowie als Artemos-Co-Passagiere DAPPER für Radioastronomie hinter dem Mond und das Cislunar Autonomous Positioning System Technology Operations and Navigation Experiment.

Allgemeines Live-Blog vom 16. bis 26. 9. 2020

16. September 2020

26. September

„Big Astronomy“: Weltpremiere einer Planetariumsshow

Eine neue 25-Minuten-Show der California Academy of Sciences über die Großsternwarten in Chile hatte heute Abend Premiere – wegen der aktuellen COVID-Schließung des produzierenden Planetariums und auch vieler anderer online in 360°-VR, was zwar nicht die visuelle Brillanz einer Fulldome-Projektion erreicht aber einen guten Eindruck gibt. Es kommen das Blanco-Teleskop auf dem Cerro Tololo (oben und Mitte), der Cerro Pachon mit Gemini South und Vera Rubin Observatory (unten in CGI) und ALMA vor. Nach der Premiere wurde auch ausgiebig auf die Filmtechnik eingegangen (so wurde bei ALMA z.T. freihändig gedreht, mit einer neuartigen leichten Stabilisierungs-Plattform) – und es gab nächtliche Zeitraffer zu sehen, während denen es zu einem starken Erdbeben kam. Die Show – auf deren Webseite einiges Bonus-Material erscheint – ist die nächste Zeit jeden Mittwoch um 20:30 MESZ bei der Academy zu sehen und läuft auch vereinzelt in deutschen Planetarien. Auch ein Video über den aktuellen Umbau des Planetariums in Bochum, ein über 3 Stunden langer Astro-Chat – und wie ein Teleskop aus Schokolade entsteht. [22:40 MESZ]

Magnet-Karten des Sterns Ioto Horologii, erstellt mittels Zeeman Doppler Imaging (ZDI) – und aus solchen Karten über rund 140 Sternrotationen über drei Jahre hinweg die ersten Schmetterlings-Diagramme eines anderen Sterns als der Sonne mit der Breitenwanderung magnetisch aktiver Zonen (für das radiale bzw. azimuthale Feld): ein besonders spannendes Ergebnis von der Jahrestagung der Astronomischen Gesellschaft. Dort auch interessant die Entdeckung vieler seltener Sterne mit der Zwicky Transient Facility, drei Items von der historischen Session und die Astronomers for Earth. Die rein virtuelle Tagung hatte doppelt so viele Teilnehmer wie tyische normale. [23:10 MESZ]

Zeitgleich fand (bzw. findet noch) die gleichfalls virtuelle European Planetary Science Conference statt, von der bereits Unmengen Aufzeichnungen online sind, z.B. in Sachen Amateur-Beiträge zur Forschung oben eine Zusamenfassung und die meisten Vorträge dieser Session oder zwei Stunden Jupiter im Juno-Kontext. Auch der Jupiter gestern, der Mars gestern hier, hier und hier und am 23., 22. und 20. September sowie als rotierender Globus aus Bildern der letzten Wochen, ein Grundsatz-Artikel über Kometenschweife von Alan Hale, Radioastronomie im Süden Afrikas, 18 Minuten Aurora live über Island vorgestern – und ein NASA-Event zur Int’l Observe the Moon Night. [23:40 MESZ – Ende. NACHTRAG: noch eine NASA-Show dazu]


24. September

Die Probenentnahme von OSIRIS-REx auf Bennu am 20. 10.

in der Region Nightingale hat die NASA gerade auf einer Pressekonferenz im Detail beschrieben (alle Visuals und ein Press Release hier = hier): Sie geht von einer Wahrscheinlichkeit von 70% aus, dass der abgestiegene Orbiter mittels optischer autonomer Navigation eine der blauen Stellen in der oberen Karte trifft, wo genügend Regolith-Partikel von höchstens 2 cm Größe herum liegen sollten, dass der Sampler bei seinem 5 bis 10 Sekunden langen Bodenkontakt mindestens 60 Gramm per Stickstoff-Blasen in seine Kammer schaffen sollte; in den rosa Zonen liegen zu weniger dieser Partikel. Die Landezone konnte durch die Umplanung der Navigation auf einen 8 Meter großen Kreis verkleinert werden (im 2. Bild mit einem Parkplatz als Größenvergleich) – aber es bleibt ein 6%-Risiko, dass sich OSIRIS-REx einem der gelben oder roten Gebiete auf der Gefahren-Karte unten nähert und der Anflug in 5 m Höhe automatisch abgebrochen wird.

Im Falle einer durchgeführten Probenentnahme beim Touch and Go (TAG) am 20. Oktober wird an den folgenden Tagen anhand von Bildern während der Operation (wurde den rosa Zonen ausgewichen?), Aufnahmen des Samplers unter verschiedener Beleuchtung (was hängt wo dran?) und direkter Messung der Probenmasse über die leichte Änderung des gemeinsamen Trägheitsmoments von Sonde plus ausgestrecktem Sampler-Arm bestimmt, ob die mindestens seitens der Wissenschaft geforderten 60 Gramm an Bord sind: Das Ziel sind 150 Gramm, möglich wäre sogar über 1 kg. Am 30. Oktober wird entschieden, ob ein zweites Sampling – dann im Januar und von der pristinen Back-Up-Site Osprey – nötig ist; für drei Versuche insgesamt stehen Stickstoff-Kartuschen zur Verfügung. Die Abreise von Bennu ist jedenfalls im März 2021 – und auf der Erde ist die Probe in exakt 3 Jahren, am 24. September 2023. [22:40 MESZ]

So fett sieht die Point Spread Function des Teleskops des Photometrie-Satelliten CHEOPS aus – und die Verteilung des Sternlichts auf ganz viele Pixel führt zu enormer Präzision der Helligkeitsmessung, wie gestern in den Exoplaneten-Sessions der virtuellen AG-Tagung verraten wurde: Die Spezifikationen werden sogar übertroffen [NACHTRAG: in der übernächsten Nacht ein dickes Paper dazu], und es gibt auch schon erste Entdeckungen, die aber noch nicht verraten werden. Auch eine aufschlussreiche Lichtkurve des Sterns AU Mic vom Satelliten TESS, die Wiederaufnahme der Wissenschaft von Chandra, was Gaia schon alles entdeckt hat – und Verzögerungen bei der Astrophysik der NASA wegen COVID-19. Und im Sonnensystem die Frage nach dem wissenschaftlichen Ertrag des indischen Mars-Orbiters, ein Chat über New Horizons‘ Parallaxen-Bilder, das Ende des 22. Mondtages von Chang’e-4, ein kommendes chinesisches Experiment zum Space Mining – und eine mögliche Rolle privater Firmen im Sonnensystem. [23:25 MESZ]

Ein Schritt weiter in den Mondorbit ist die erste Orion-Kapsel (oben), die inzwischen mit dem Service-Modul der ESA (Mitte) und nun auch dem Adapter (unten) für die SLS-Rakete verbunden ist: Als nächstes werden dieser Tage die Solarzellen angeschraubt. Derweil hat die NASA einen umfangreichen Plan für das Artemis-Programm vorgelegt, der immer noch von der Landung einer Crew 2024 träumt – und 28 Mrd.$ extra erfordern würde, die aber erstmal nicht in Sicht sind: Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier, hier sowie eine verstärkte Kollaboration mit dem DoD u.a. in diesem Zusammenhang. Derweil musste die ISS recht kurzfristig Raumschrott ausweichen: was es war, der NASA-Boss genervt, die Verschiebung im Raum (5 km bei der Begegnung) und Artikel hier, hier, hier, hier; ein früheres Ausweichmanöver fiel dann doch aus (mehr). Auch was auf der Station im Oktober geplant ist, nächstes Jahr wohl Besuch von einem Crew Dragon mit Pilot und drei Touristen, eine vierteilige Doku zum Challenger-Disaster jetzt auf Netflix, chinesische Starts am 21. September (mehr) und 15. September mit 9 Satelliten von einem Boot (mehr und mehr), der mysteriöse chinesische Satellit vom ‚Space Plane‘ ausgesetzt unter Beobachtung, ein deutscher Raketen-Startup – und der baldige Start von SEOSAT-Ingenio auf einer Vega. [23:55 MESZ. NACHTRAG: Der Satellit ist in Kourou angekommen]


23. September

Immer mehr erstklassige Amateur-Mars-Bilder in großer Zahl

hat der wachsende Winkeldurchmesser mit näher rückender Erdnähe und Opposition im Oktober möglich gemacht: hier eine Aufnahme vom Thomas Winterer von gestern morgen mit einem 20″-Newton – weitere Bilder von heute hier, hier, hier und hier, gestern hier, hier, hier, hier, hier und hier und vorgestern hier, hier (das fertige Bild), hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier.

Ein Mars-Video vom 20. September, aus dem dies heraus zu holen war – weitere Bilder vom 20. hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier, dem 19. hier, hier, hier und hier, dem 18. hier, hier, hier und hier, 17. hier, 16. hier, hier, hier und hier, 15. hier, 14. hier, hier und hier, 13. hier und 12. hier.

Ein ISS-Transit vor dem Mars-Scheibchen … auch der Jupiter am 20.9. (mehr), 19.9., 17.9. und 16.9., die Bedeutung von Venus-Aufnahmen von der Erde durch Filter im Kontext der Planeten-Besuche durch die Parker Solar Probe und von Akatsuki im Orbit, der Zerfall des Kometen C/2018 F4 im Detail beschrieben, das BAA Weekly Webinar zur NEOWISE-Erfahrung – und mal wieder ein völlig irrelevanter Besuch eines Mini-Asteroiden bei der Erde, 2020 SW: Der erreicht morgen Mittag MESZ maximal 12 mag. (und wenn es in Europa hell wird, dürften es erst 15 mag. geworden sein). [NACHTRAG: Der Asteroid hat eine ausgeprägte Lichtkurve und ist ein schneller Rotator – ein SW-Tag ist mit 28 Sekunden der neunt-kürzeste bekannte.]

Weit interessanter war dagegen ein richtig erdnaher Kleinst-Asteroid, der gestern früh über Deutschland in die Erdatmosphäre eintrat, der Oberfläche bis auf 92 km nahe kam – und dann wieder in den Weltraum entschwand! Die Grafik trägt Höhe gegen geografische Breite auf, mit der Bahn von rechts nach links: eine erste Analyse aufgrund von Kameradaten der seeehr langsamen Feuerkugel während der Atmosphären-Passage, die sich für die Beobachter – Visuals z.B. hier, hier, hier und hier – quer über den Himmel bzw. hunderte Kilometer über den Boden erstreckte [NACHTRÄGE weitere Analysen des Falls hier und vor allem hier und hier]. Und noch Online-„Poster“ zu den Lyriden dieses Jahr und Videokameras für schwache Meteore von der virtuellen International Meteor Conference 2020.

Die Aufregung um das Bobcat Fire am Mount Wilson Observatory – hier ein Webcam-Bild von vorgestern Nachmittag Ortszeit – ist derweil immer weiter gegangen: Zwar erklärte das Management am 19. September, man sei „sicher“, aber dann musste doch weiter gerungen werden. Zeitraffer vom Nachmittag und Abend des 17. und Abend des 22. September, Bilder und Updates vom 16. bis 23. September hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier, ein weiter Blick und Artikel hier, hier und hier. Auch das vorsichtige Hochfahren des Paranal Observatory und der NSF-Sternwarten, ein Herschel-400-Projekt mit dem eVscope, die Finsternisse 2021 (darunter die erste partielle SoFi in Deutschland seit 2015), ein bisschen Tag-und-Nacht-Gleiche, Versuche, Deep Sky in 3D darzustellen (der Mini-Player-Modus erleichtert Parallel-Stereopsis), Notizen vom Outreach-Meeting während der AG-Tagung – und ein Besuch im Wendland, wie erwartet besonders dunkel. [23:35 MESZ]


22. September

Ein Hubble-Jupiter vom 25. August in ungefähr echten Farben, erzeugt von Christopher Go aus Rohbildern durch passende Filter: Was die NASA veröffentlicht hatte (mehr und mehr und Artikel hier und hier), war dagegen falschfarbig – und das kann Go auch. Ferner der letzte Betrieb des Ionen-Triebwerks und die Auswahl von 1998 KY26 als neues, zweites Ziel des Hayabusa-2-Mutterschiffs (Artikel hier, hier und hier), die Kollisions-Geschichte von Ryugu (mehr und mehr), Spuren von Vesta und der große Felsen auf Bennu, der Beginn der Industrie-Arbeit an Hera (mehr, mehr, mehr und mehr), wie weit die Mars-Flotte inzwischen kam (z.B. Tianwen-1 137 Mio. km weit), die lautlosen Start-Vorbereitungen für Chang’e-5 im November, die mögliche Rückkehr der Centaur von Surveyor 2 von 1966 als ‚Asteroid‘ 2020 SO – und ein neuer Bericht des NASA-IG zeichnet ein trübes Bild des wissenschaftlichen Werts von SOFIA … [20:15 MESZ]


16. September

Bobcat Fire 150 Meter vor dem Mount Wilson Observatory

Die Lage für die große – und ebenso historische wie aktive – Sternwarte bei Los Angeles ist 9 Tage nach dem Ausbruch des Waldbrandes kritischer denn je: Weniger als 500 Fuß liegen noch dazwischen, aber es sind starke Feuerwehrkräfte vorbereitet: ein dramatisches Rundschreiben, ein Lageplan, ein Blick von der Seite vorgestern, Artikel von gestern (früher, noch früher) und vorgestern, oben Bilder von ostwärts und südwärts schauenden Webcams von vorgestern früh (mit Mond & Venus) und abends, mit weiteren Bildern vom Abend des 12. bis Morgen des 15. September Ortszeit hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier, und Animationen von vorgestern hier, hier, hier, hier und hier. [NACHTRAG: Das Feuer konnte erfolgreich abgewehrt werden! Artikel hier, hier und hier, Postings hier, hier, hier und hier und frühere Artikel hier, hier, hier, hier.] Auch das Griffith Observatory im Rauch, die Lage aus Satelliten-Sicht, ein Update zum Arecibo-Schaden und Reparatur-Plänen (Artikel hier und hier), ein Parlaments-Auftritt von Martin Rees zum SKA, ein Interview zum VLTI-Instrument GRAVITY, ein virtueller Besuch beim Very Large Telescope mit diesem Tool, das Gravitationswellen-Teleskop VIRGO als Meeres- und Erosions-Forscher, eine Planeten-Party in Kanada, das Goldene Zeitalter der Astrofotografie, wofür sie nützlich sein kann – und morgen ist die erste Earth Night in Deutschland.

Der Mars am 12. September – mit den Vulkanen und den Wolken bei Arsia Mons, aufgenommen von Torsten Hansen mit einem 11″-SCT: auch Bilder von gestern (mehr, mehr und mehr), vorgestern (mehr, mehr, mehr, mehr und mehr), dem 13. September (mehr, mehr, mehr, mehr, mehr und mehr), 12. September (mehr, mehr, mehr und mehr), 11. September (mehr und mehr), 10. September (mehr), 9. September (mehr und mehr), 7. September und 2. September und mit einem 1-m-Teleskop sowie gezeichnet hier und hier. Ferner der Jupiter am 13. September (mehr, mehr und mehr), 12. September, 11. September, 10. September, 9. September (mehr) und 8. September, die drei Ausbrüche dort (mehr, mehr und mehr), der Saturn am 13. September und 10. September (mehr), die drei Planeten im C11, der Uranus vorgestern – und die „Streifzüge“ Nr. 29 über den Stern Fomalhaut und seine staubigen Begleiterscheinungen.

Oben: So sah der kanadische Kleinsatellit NEOSSat den Kometen NEOWISE – auch Bilder vom 10. September, 9. September und 6. September (sowie ein Preis für einen Amateur, der einen km-großen NEO fand, und die Wiederentdeckung von 2011 ES4, dessen Bahn nun gut bekannt ist). Mitte: ein hervorragendes Video einer streifenden Bedeckung eines hellen Sterns durch den Mond gestern – auch drei weitere Videos zusammen [NACHTRAG: und weitere Einzel-Videos hier und hier.] Unten: die aktuelle „Konsens-Prognose“ für den 25. Sonnenzyklus von einem internationalen Panel, der gemäß gleitenden Mittels der Fleckenzahl im Dezember 2019 begonnen hat – demnach sollte der 25. Zyklus mit maximal 115 Flecken etwa so schlapp ausfallen wie der 24., mit dem Maximum sehr grob im Juli 2025. Es kann aber auch ganz anders kommen, etwa wenn die Aktivität jetzt steiler ansteigen sollte als nach dem vorletzten Mininum, wurde gestern in einer Telecon (viele Visuals dazu) und einer folgenden Sendung des NASA-TV klargestellt: auch ein NASA Release, ein Artikel und ein NASA-Blog zum Cycle 25. [1:00 MESZ. NACHTRAG: weitere Artikel zum Zyklus 25 hier, hier, hier, hier, hier und hier]

Phosphan: ein starker Biomarker auf der Venus?

14. September 2020

Das ebenso giftige wie instabile Molekül Monophosphan PH3 – auch einfach Phosphan bzw. Englisch phosphane oder phosphine – gilt neuerdings als idealer Indikator für Leben auf einem terrestrischen Exoplaneten, weil es durch abiotische Prozesse praktisch nicht entsteht, von anaeroben Mikroorganismen aber produziert werden kann. Und heute wurde (nach allerlei Leaks schon vorgestern) der offenbar überzeugende Nachweis eben dieses Moleküls in der Venusatmosphäre mit zwei Radioteleskopen präsentiert: hier die Absorption, wie sie – nach jeder Menge Korrekturen – das Radiointerferometer ALMA in 2019-er Messungen sieht. Stark ist sie wahrlich nicht, denn die y-Achse ist das Verhältnis Linie zu Kontinuum, und letzteres ist bei einem nahen Planeten reichlich stark.

Zum Vergleich „rohere“ ALMA-Spektren und zwar – von oben – für polare Regionen, mittlere Breiten (nur dort ist das Signal, der Rotations-Übergang 1-0, deutlich) und den Äquatorbereich: Polynome 12. Ordnung werden empirisch angepasst und subtrahiert, um instrumentelle Effekte (den verbreiteten „Ripple“) zu entfernen. Interessanterweise wären die atmosphärischen Bedingungen just in mittleren Breiten noch am „lebensfreundlichsten“: Dort gibt es stabile Hadley-Zellen, in denen sich hypothetische Venus-Mikroben vermehren könnten, zu denen wir später kommen.

Das Phosphan hat nicht nur ALMA gesehen (in diesem Spektrum rot), sondern – mit geringerem Signal-zu-Rausch-Verhältnis – auch das Radioteleskop JCMT auf Hawaii (grün; hier war es 2017 erstmals aufgefallen): Rote senkrechte Linien zeigen jeweils die Differenz, und nur das mutmaßliche PH3-Feature bei ~0 km/s ist im betrachteten Bereich beiden gemein und zugleich breit genug, um signifikant zu sein. 20 parts per billion Monophosphan in einer stark oxidierenden Atmosphäre, wo es absolut keins geben dürfte; „erlaubt“ und auch gesehen wird das Molekül nur auf den Riesenplaneten, in deren Tiefe es entsteht und dann nach oben gespült wird.

Leider ist das Signal aber zu schwach, um seine Variation mit hoher Ortsauflösung auf der Venusscheibe zu kartieren: Hier sieht man die ALMA-Spektren für jedes 1.1-Bogensekunden-„Pixel“ auf dem Planeten, jeweils für ±25 km/s – da ist nichts Signifikantes mehr zu erkennen, das nur beim Addieren über Breitenzonen (2. Grafik) bzw. den ganzen Planeten (1. Grafik) erscheint. Soviel zum Nachweis des Phosphans …

… während dies die Bedeutung der Entdeckung in einer Grafik zusammen fasst: Aufgetragen sind die photochemische Produktion von PH3 (rot) und seine Zerstörung (blau; zwei verschiedene Annahmen) in Molekülen pro Sekunde (x-Achse) gegen die Höhe in km – und die Produktionsrate ist um 4 Zehnerpotenzen zu klein, um die nachgewiesene Phosphan-Menge zu erklären.

In dieser Tabelle sind noch weitere denkbare Quellen des PH3 aufgelistet – und Gründe, warum sie nicht funktionieren. Und genau dieses Ausschließen aller Alternativen ist der Grund, warum die spekulative Hypothese, dass Mikroorganismen die Quelle sind, gewissermaßen übrig bleibt, neben unbekannter Photo- oder Geochemie natürlich, und vom Wesen der Venuswolken ist immer noch vieles unverstanden. Die Schlussfolgerungen des Papers („Extended Data Fig. 10“ ist die obige Tabelle) sind mithin:

Die nächsten Aufgaben sind also der Nachweis weiterer spektraler Signaturen von PH3 (was leider neue Flugzeug- oder Satelliten-Observatorien erfordern würde) – und die Suche nach den Quellen, am besten gleich mit Sondenmissionen vor Ort oder Aerosol-Holen aus der Atmosphäre. Auf die mögliche Bedeutung von Monophosphan als planetare Biosignatur hatte Ende 2019 das Paper „Phosphine as a Biosignature Gas in Exoplanet Atmospheres“ hingewiesen, gut zusammengefasst in diesem Press Release (und Artikeln z.B. hier und hier) und letztens erst von einer Coautorin in diesem Exoplaneten-Vortrag in den Minuten 55 bis 59 diskutiert. Dieselbe – auch Coautorin des Venus-Phosphin-Papers – war just vor einem Monat zudem die Erstautorin eines Papers mit einem „Proposed Life Cycle for Persistence of the Venusian Aerial Biosphere“ gewesen (auch Artikel z.B. hier, hier und hier), auf das wiederum (im allerletzten Satz der Anhänge) das heutige Venus-Phosphin-Paper hinweist.

In dem August-Paper wird eine lebensfreundliche Zone in der Venusatmosphäre zwischen 48 und 60 km Höhe postuliert (gestrichelte Linien), in der die Temperatur zwischen 80°C unten und 0°C oben liegt, bei Drücken um 1 bar. Getrocknete Sporen (1) in einer „Depot-Zone“ in der Venus-Dunstschicht zwischen 33 und 48 km werden dabei von Aufwärtsströmungen (2) in die günstige Zone (wo sich die dichten Venus-Wolken befinden) getragen, wo sie als Kondensationskeime (3) Schwefelsäure und etwas Wasser aufnehmen, mit Stoffwechsel beginnen, sich teilen (4) und große Tropfen bilden (5), die die Schwerkraft wieder in die heiße Tiefe zieht – der Kreislauf schließt sich. Ursprünglich entstanden sind diese Mikroben dabei vor langer Zeit auf der Venus-Oberfläche, als sie noch lebensfreundlich war, und später in die Wolken geflohen.

Auch das Paper „Venus‘ Spectral Signatures and the Potential for Life in the Clouds“ hatte 2018 ein detailliertes Szenario präsentiert, diesmal in 47.5 bis 50.5 km Höhe: „terrestrial-type biology can survive within and contribute to the spectral signatures of Venus‘ clouds“ – wobei letztere z.B. Gegenstand des ebenfalls 2018-er Papers „Venus upper clouds and the UV-absorber from MESSENGER/MASCS observations“ sind, das sich für S2O und S2O2 als Absorber ausspricht. Phosphan dagegen spielt in dem erst einen Monat alten Whitepaper „Deep Atmosphere of Venus Probe as a Mission Priority for the Upcoming Decade“ mit, das sich wiederum u.a. auf das 2019-er PH3-Paper und das das 2018-er zu „Life in the Clouds“ bezieht: Die Phosphan-, Venus-Leben- und Venus-Missionsideen-Szene ist mächtig in Bewegung geraten.

In diesen Minuten beginnt auch eine Pressekonferenz der Royal Astronomical Society zum neuen Paper – die sollte eigentlich ein geschlossenes Zoom-Meeting werden, aber dank (!) der ganzen Leaks wird sie nun öffentlich gestreamt. NACHTRAG:

Drei Visuals aus der Pressekonferenz – auf der Sara Seager erzählte, dass ihre Phosphan-als-Biomarker-Forschung und die Phosphan-Suche der Radioastronomen gar nichts miteinander zu tun hatten und man erst spät und zufällig voneinander erfuhr. Und insgesamt wird sehr deutlich gemacht, dass man keine Entdeckung von Leben auf der Venus verkündet sondern einfach selber keine abiotische Erklärung hat – aber „there might be something we don’t know“.

Hier auch das (in Bruchstücken längst geleakte) MIT-Erklärvideo komplett, es gibt auch ein Factsheet mit Kurzvideo der RAA und Press Releases von MIT und RAS. NACHTRAG 2: das neue Paper komplett, ein zweites viel längeres zur Schwierigkeit, PH3 in dieser Menge auf der Venus zu erzeugen, eine PH3-Fanseite und ein Artikel zweier Co-Autorinnen, Press Releases von Mauna Kea Obs., Uni Manchester, ESO, Imperial College, ALMA, Cambridge Univ., ALMA JP und NAO, detaillierte Threads hier, hier und hier und Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. NACHTRAG 3: das publizierte und das zweite Paper im ArXiv, Podcasts mit Beteiligten hier und hier, ein längeres Buch-Kapitel über Venus-Biologie, eine 222-seitige Konzept-Studie für eine große NASA-Venus-Mission im Kontext des Finalisten DAVINCI+ für die nächste Discovery-Mission, Statements vom NASA-Chef, der NASA an sich und Rocket Lab zur Venus-Raumfahrt, Einordnungen des Phosphans von Kevin Zahnle (der ein Gutachter war), Seth Shostak und David Grinspoon, ein Video-Statement von Frank Marchis, weitere Threads mehr oder weniger Involvierter hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier und Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier, ein Tagesschau-Clip, Scherzchen hier, hier, hier, hier und hier und eine Sammlung solcher. NACHTRAG 4: Erklärungen von Breakthrough Init. und Roskosmos sowie dem NASA-Chef, Video-Experten-Chats hier und hier, ein Scoop, Threads hier (mehr), hier, hier, hier, hier und hier, und weitere Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier.

NACHTRAG 5: Schlug Heinz Haber als erster Mikroben in den Venuswolken vor … im Jahr 1951? Der später als populärer Autor und „Fernsehprofessor“ bekannt gewordene deutsche Physiker hatte vor 70 Jahren in den USA für den umstrittenen Luftfahrtmediziner Hubertus Strughold gearbeitet – und diesen bei der Abfassung eines Aufsatzes über Leben auf dem Mars beraten, der im November 1951 im Technical Data Digest des Central Air Documents Office der Luftwaffe (und schon im März als eine Art Preprint) erschienen war: In einer Fußnote stehen dabei Habers Venus-Überlegungen zu möglichem Venusleben, die in den folgenden Jahren (und insbesondere 1967 in einem Paper von Carl Sagan) immer wieder in der Literatur auftauchten – jetzt auf deutlich seriöserer Basis als viel frühere Spekulationen. Auch die ersten fünf Post-Phospan-Papers Might active volcanisms today contribute to the presence of phosphine in Venus’s atmosphere?, A Precursor Balloon Mission for Venusian Astrobiology, Transfer of Life Between Earth and Venus with Planet-Grazing Asteroids, Feasibility Analysis and Preliminary Design of ChipSat Entry for In-situ Investigation of the Atmosphere of Venus und On The Biomass Required To Produce Phosphine Detected In The Cloud Decks Of Venus, eine ESO-Blog-Story, weitere Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier, ein längerer Chat und Erklär-Videos mit 3 Minuten und 14 Minuten Länge.

Allgemeines Live-Blog vom 4. bis 12. 9. 2020

4. September 2020

12. September

Astra, Kuaizhou: Zwei Fehlstarts binnen weniger Stunden

hat es heute morgen MESZ gegeben. Hier in Alaska Modell Nr. 3.1 der Astra-Rakete, die aber wie alle Vorgänger rasch versagte: ein ferner Amateurfilm und Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. Kurz darauf scheiterte eine Kuaizhou-1A in China, wobei ein Erderkunder verloren ging: weitere Artikel hier, hier und hier. Dafür ist die Ursache des Delta-IV-Startabbruchs gefunden, ein neuer Versuch wohl bald möglich. [20:35 MESZ]

Das neueste verfügbare Bild von EPIC auf dem Satelliten DSCOVR, das die riesige Rauchwolke über dem Nordostpazifik von den verheerenden Waldbränden an der US-Westküste gut zeigt, von gestern 22:15 MESZ: mehr Satelliten-Bilder & -Animationen hier, hier, hier, hier und hier sowie der Blick vom Mt. Wilson gestern Nachmittag und Abend und heute früh Ortszeit (später) – und der Qualm hat auch schon Deutschland erreicht. Ferner ein aufgegebener Wettersatellit mit neuer Aufgabe, jetzt auch Microsoft mit Satelliten-Experimenten – und eine Simulation zur Frage „How High Do You Have To Be To See The Curvature of The Earth“ in 360°/VR. [20:45 MESZ]

Mit einer Pilot-Phase von Icarus hat der wissenschaftliche Betrieb des ISS-basierten Experiments begonnen, bei dem Zugvögel mit Sendern verfolgt werden sollen – auch ein kommendes Ausweichmanöver für die Raumstation und die Frage, wie lange noch ihr Betrieb sinnvoll ist. Ferner die Folien und eine Aufzeichnung der jüngsten virtuellen Townhall der NASA zur Weltraumforschung, wie PR-Bilder für die NASA hergestellt werden, 30 Jahre ESA-Bodenstation Kiruna, Satelliten-Hoffnungen für die Sonnenforschung, ein langer Vortrag über die ersten eROSITA-Ergebnisse, der Wunsch nach einer Juno Extended Mission am Jupiter, superscharfe Kameras für Japans Mars-Mond-Mission MMX, alles bestens auf Tianwen-1, der 22. Mond-Tag für Chang’e-4 auf der Rückseite des Mondes und Entdeckungen daselbst (mehr), immer noch Kontakt mit Chang’e-3, Chinas Träume einer Forschungs-Station auf dem Mond – und heute vor 50 Jahren startete Luna 16 zum Mond: Es wurde die erste erfolgreiche robotische Sample Return Mission von einer anderen Welt. [20:55 MESZ – Ende]


11. September

Die gigantischen Waldbrände an der US-Westküste aus dem Weltraum gesehen gestern von Sentinel 3: Im Norden schaut gerade noch die Olympic Peninsula aus der Qualmwolke heraus. Auch weitere Satelliten-Perspektiven hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier, weitere Webcam-Bilder vom Mount Wilson von gestern Morgen, Nachmittag und Abend und heute früh Ortszeit, Karten des Bobcat Fire hier und hier – und der (wie überall) trübe Himmel über Lick. [18:35 MESZ]

Das größere Bild: eine Satelliten-Aufnahme von heute um 19:20 MESZ, auf der sich der Rauch über dem Pazifik zu einer Art Zyklon formt. Auch eine Mount-Wilson-Animation von heute morgen, Lick völlig verqualmt und das abgebrannte Haus von Richard Berry. Und im Klima-Kontext ein neues Fakten-Papier zum Klima der Helmholtz-Klima-Initiative, eine genauere Rekonstruktion der letzten 66 Mio. Jahre Klima-Geschichte (mehr hier, hier, hier, hier und hier) und das Paper „Setting the tree-ring record straight“ speziell zum Klima im Mittelalter: auch eine PM und ein Artikel. [22:55 MESZ. NACHTRAG: ein Rauch-Zeitraffer vom 7. bis 11. 9. von GOES 17]


10. September

Jetzt bedroht ein Waldbrand das Mount Wilson Observatory

Bilder einer Webcam mit der Sternwarte bei Los Angeles im Vorder- und dem „Bobcat Fire“ östlich davon im Hintergrund, am Abend des 6. und Morgen und Abend des 7. September Ortszeit: die ganze Entwicklung bis jetzt in Standbildern vom Nachmittag des 6. bis zum Mittag des 9. September hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier und Animationen hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. Die enormen Brände entlang der gesamten Westküste der USA (mehr, mehr, mehr, mehr, mehr, mehr, hier, hier und mehr) haben bereits in Oregon die Wohnung von Richard Berry zerstört, einem prominenten Astrofotografen; die Sternwarte überlebte. [1:15 MESZ]

Die 3.2-Gigapixel-Kamera für das Very Rubin Observatory ist fertig und hat ihre ersten Testaufnahmen gemacht – im Labor und u.a. von Broccoli: auch Artikel hier, hier und hier. Auch ein Vortrag über Speckle-Interferometrie bei Gemini, ein Nachruf auf Govind Swarup, den „Vater der indischen Radio-Astronomie“, ein altes japanisches 6-Meter-Radioteleskop als Astronomical Heritage registiert, eine tiefe SETI mit dem Murchison Widefield Array aber, Überraschung, ohne ein einziges Alien (ein passender Gag dazu) – und der Vortrag „The story of the 3 largest telescopes in the world“. [1:35 MESZ]

Das Minimum der Sonnenaktivität wurde im Herbst 2019 durchschritten, deutet dieses Histogramm der Fleckengruppen pro Monat an, die aufgrund ihrer Magnet-Polarität dem alten und dem neuen Zyklus zugeteilt wurden – der neue (25.) hat v.a. im August spürbar Gas gegeben, mit mindestens einer sichtbaren Gruppe an fast allen Tagen. Auch ein verblasster NEOWISE am 6. September, ein Meteoriten-Regen in Brasilien im August, ein Vortrag über Meteoriten aus der Wiener Sammlung, die Grundlagen der Keogramme von Aurora-Aktivität, das jüngste Astronomy off Tap aus Edinburgh mit zwei Vorträgen zu Supermassive Black Holes, COVID-19-gerechte Sidewalk-Astronomie in Wien – und ein Interview mit Kelly Beatty v.a. über Astro-Zeitschriften und Lichtverschmutzung. [1:50 MESZ]


9. September

Der Mars heute früh – mit einer neuen weißen Wolke über dem Vulkan Arsia Mons, die seit ein paar Tagen für Aufsehen sorgt: dieses Bild ist von Thomas Winterer, gut zu sehen war die Wolke auf auf Bildern anderer vom 4.9. (eine der ersten Sichtungen), 6.9., 7.9. und 8.9. aus dem Archiv der JALPO (das jüngste Bild der Gegend von der VMC auf dem Mars Express ist leider vom Juli): noch mehr Märse von heute (mehr und mehr), gestern (mehr, mehr, mehr, mehr, mehr und mehr), vorgestern (mehr, mehr und mehr), dem 6.9. (mehr, mehr, mehr und mehr), 5.9. (mehr), 4.9., 3.9., 2.9. und 1.9. (mehr) sowie von mehreren Tagen. Und der Jupiter (mit noch einem neuen Sturm) heute, gestern (mehr, auch erläutert, mehr, mehr und mehr), vorgestern (mehr und mehr) und dem 6.9. (mehr). [23:45 MESZ]


8. September

Die Nereidum-Berge auf dem Mars vor 5 Jahren mit der High Resolution Stereo Camera des Mars Express aufgenommen und hier in ungefähr echten Farben dargestellt: mehrere geologische Prozesse haben sich hier verewigt – auch der Nachweis von Marsmond-Transits durch InSight auf überraschenden Wegen und das Gegenstück von Perseverance auf der Erde. Ferner allmählich zunehmende Orientierungsprobleme des HST, der nächste Data Release der Gaia-Mission diesen Dezember, der Stand der Exoplaneten-Atmosphären-Forschung und was künftige Missionen bringen sollen, und beklagte regulatorische Lücken im Weltraum: dazu passend die schockierende ‚Rückkehr‘ einer Raketenstufe nach einem weiteren Gaofen-Start in China. Kontrolliert gelandet ist dagegen das chinesische wiederverwendbare Raumschiff (mehr, mehr, mehr, mehr, mehr und mehr), nachdem es etwas im Orbit ausgesetzt hatte (mehr und mehr). Ferner der gefilmte Reentry des Starlink Nr. 40: Bis jetzt sind 17 vom Start 1 und 4 von den folgenden nicht mehr im Orbit, die Konstellation hat derzeit 692 Satelliten – keineswegs alle gesund, just vom letzten Start geht’s mit einem abwärts. Schließlich ein Vortrag über Mega-Konstellationen, ein Talk über Weltraum-Waffen, der 2014-er Artikel, der die Serie „Away“ auf Netflix inspirierte – und im 1. Quartal 2021 soll Richard Branson (nach zwei weiteren Testflügen im Herbst) mit dem SpaceShipTwo beinahe ins All fliegen: Ganz 100 km schafft es ja nicht. [0:25 MESZ] Chang’e-3 tut’s immer noch auf dem Mond, seit 2013. Die chinesische Stufen-‚Landung‘ macht Sorgen. Der Test des wiederverwendbaren Raumschiffs bleibt mysteriös. Und der sinkende frische Starlink scheint gerettet … [18:15 MESZ]


6. September

Jede Menge Detail auf dem Mars gestern früh gegen 4 Uhr MESZ auf einem Bild von Thomas Winterer mit einem 20″-Newton und einer ASI290MM. Weitere Aufnahmen von gestern hier, hier, hier, hier und hier, vorgestern hier, hier und hier, dem 3. September hier und hier, 2. September hier, hier und hier, 1. September, 30. August hier, hier und hier und 27. August – und der Jupiter (mit einem weiteren kompakten weißen Sturm) vorgestern hier und hier, am 3. September hier, hier, hier, hier, 2.Juli hier (Erklärung) und hier, 1. September hier, hier, hier und hier, 31. August hier und hier und 30. August hier, hier und hier sowie in den Streifzügen durch das Universum Nr. 27. [1:55 MESZ]

Der Mond beim Mars kurz vor 3 Uhr: Bis in die Morgendämmerung werden sich die beiden noch deutlich näher kommen. Auch der Mars am 31.8. und vorgestern, die Kometen NEOWISE & Co. vorgestern, ein völlig irrelevanter NEO mit kaum bekannter Bahn, ein neuer großer Impaktkrater in Westaustralien, die historische Bedeutung des nochmal davon gekommenen Lick Obs., ein Vortrag über Astronomical Discoveries of the Ancient Greeks, das Potenzial des Iran für Astro-Tourismus – und Astronomie im Biergarten in Essen. [3:20 MESZ]

Knapp 2½ Stunden nach dem Bild oben waren sich Mond und Mars schon näher gekommen (mehr in diesem Album): auch der Anblick am Morgen – und aus der Zone, wo der Mond den Mars bedeckte, ein Zeitraffer-Video und Bilder etc. hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. Auch der Mars im Detail heute, gestern (mehr) und am 3. September sowie gezeichnet, der Jupiter heute und gestern (mehr) – und eine Analyse der Perseiden 2020, insbesondere der Radio-Echos. [20:30 MESZ. NACHTRÄGE: mehr Mond über oder beim Mars – mit Details auf letzterem – hier (!), hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier]


4. September

Zwei Raketen, keine 11 Stunden, 113 (oder 125) Satelliten

Vermutlich ist es ein Rekord: Gestern sind um 3:51 und 14:46 MESZ eine Vega in Französisch-Guyana – der Return to Flight nach über einem Jahr – mit 7 kleinen Satelliten (inklusive 12 Subsatelliten) und 46 CubeSats und eine Falcon 9 am Cape mit 60 Starlink-Satelliten gestartet: zum Vega-Start allgemeine Press Releases hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier, der Webcast und daraus der Start, Details zu den Satelliten Simba, PICASSO, FSSCat F, ESAIL (mehr), Hämarik, CICERO, Iris, IOD-5 TARS und den 26 Doves und Artikel hier, hier, hier, hier, hier und hier. Und schon bald der nächste KI-Satellit der ESA – und ein chinesischer Start einer Art Weltraum-Flugzeug: Gedanken zum Orbit hier und hier.

Vom Falcon-Start weitere Fotos hier und hier, der Webcast und das Aussetzen der Starlinks daraus als Clip und Screenshots, ein offizielles Wort zu ersten Tests der Konstellation und Artikel zu Start wie Status hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. Derweil hat es den ersten unkontrollierten Reentry eines früh ausgefallenen Starlinks gegeben, die Versagensrate wirft Fragen auf, es gab einen Vortrag zu Megakonstellationen und astronomischen Folgen – und jetzt will auch das Pentagon hunderte Satelliten haben. Ein weiterer ‚Starship‘-Protoprototyp hat ebenfalls gestern einen Hüpfer getan: ein Screenshot aus diesem Webcast, weitere Bilder hier, hier und hier und Artikel hier, hier und hier. Und beim letzten Electron-Start war noch ein firmeneigener Satellit an Bord: Artikel hier, hier, hier und hier.

Zwar ein Uralt-Bild des Hubble Space Telescope, noch mit der Kamera WFPC2 aufgenommen, aber trotzdem schön: ein kleiner Ausschnitt aus dem 10- bis 20’000 Jahre alten Supernova-Überrest Cirrus-Nebel. Auch die Fertigstellung des Hauptspiegel für’s Roman ST, geb. WFIRST, die Wiederaufnahme der Starts von Forschungsraketen und Flügen von SOFIA, die ruhige Cruise von Hope zum Mars, Fortschritte bei ExoMars mit dem Rover, der Einsatz von KI für’s Weltraumwetter, DNA Damage and Survival Time Course of Deinococcal Cell Pellets During 3 Years of Exposure to Outer Space auf der ISS als Beitrag zur Panspermie-Forschung, was letztens sonst auf der ISS geforscht wurde (u.a. zu Meteoren), die weiterhin ergebnislose Suche nach dem kleinen Leck, ein weiterer Booster-Test für das SLS, ein Talk über Apollo und die Medien, ein eventuelles juristisches Kuriosum um die Apollo-Steine (es ist jedenfalls schwierig mit dem Mond-Recht) – und ein Astronautical Glossary. [20:30 MESZ]

Ungewöhnliche Gravitationwelle – mit Leuchten?

2. September 2020

Das Signal ist stark, die Interpretation der Daten der drei aktiven Gravitationswellen-Detektoren (2 x LIGO + VIRGO) aber nicht ganz so eindeutig wie bei den bisher publizierten Ereignissen: GW190521, dessen vorläufige Bezeichnung S190521g war, hatte am 21. Mai 2019 – während des ersten Teils des Detektor-Laufs O3 – nur 1/10 Sekunde gedauert und nur 4 Schwingungen mit 30-80 Hertz umfasst (oben vom LIGO-Livingston-Detektor, x-Achse mit 0.05-Sekunden-Raster). Dazu könnten im Prinzip eine ganze Reihe exotischer Deutungen passen, aber wahrscheinlichsten scheint den Auswertern wie bei den meisten Gravitationswellen-Ereignissen zuvor die Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher in einer sehr fernen Galaxie (Leuchtkraftdistanz diesmal grob 5 Gigaparsec, Rotverschiebing 0.8±0.3) – allerdings mit deutlich höheren Massen als bisher gesehen, was sind dem kürzeren Signal und der niedrigeren Frequenz niederschlägt:

Die beiden Schwarzen Löcher hatten nämlich der Analyse zufolge 85(+21/-14) bzw. 66(+17/-18) Sonnenmassen (oben: Wahrscheinlichkeiten für das größere in der x- und das kleinere in der y-Achse), und heraus kam ein neues Schwarzes Loch von 142(+28/-16) Sonnenmassen, während rund 8 Sonnenmassen in Energie umgewandelt wurden: ein deutlich dickerer Fall als alle zuvor vom Projekt selbst publizierten (unten), auch wenn andere Auswertergruppen in den Runs O1 und O2 ebenfalls extra-fette Verschmelzungen gesehen zu haben glauben. Das resultierende Schwarze Loch wäre der erste quasi direkt nachgewiesene Vertreter der hypothetischen Intermediate Masse Black Holes (IMBH) mit 100 bis 100’000 Sonnenmassen zwischen den stellaren und den supermassiven in Galaxienzentren, für deren Existenz es bisher nur kontroverse Röntgenbeobachtungen gab. Und mindestens das schwerere der beiden Verschmolzenen hätte schon zuvor eine unerwartet große Masse besessen. Denn schwerer als 60 bis 65 Sonnenmassen dürfte kein durch Stellarevolution – Stichwort: Paar-Instabilität – entstandenes Schwarzes Loch sein (erst ab grob 120 Sonnenmassen wären sie dann wieder ‚erlaubt‘), und die Wahrscheinlichkeit, dass das schwerere Schwarze Loch weniger als 65 Sonnenmassen hatte, beträgt nur 3.2 Promille. Da müssen also alternative Entstehungswege untersucht werden, z.B. dass es selbst das Produkt einer früheren Verschmelzung war.

Und dann war da noch eine mysteriöse Beobachtung der Zwicky Transient Facility gewesen (Press Releases hier, hier und hier), die 34 Tage nach S190521g ein Aufleuchten in einer fernen Galaxie registriert hatte: hier die Lichtkurven im g- und r-Band, x-Achse in 100 Tages-Raster, y-Achse in 0.2 mag. Die ZTF-Beobachter halten einen Zusammenhang mit der Gravitationswelle für wahrscheinlich (deren LIGO/VIRGO-Analyse sie nicht kannten, aber aus den wenigen in Echtzeit publizierten Informationen über das Ereignis waren auch sie auf insgesamt involvierte 150 Sonnenmassen gekommen) und denken dabei an das vor einem Jahr postulierte Ram-pressure Stripping of a Kicked Hill Sphere in der Akkretionsscheibe eines Aktiven Galaktischen Kerns als Emissionsprozess. Die LIGO/VIRGO-Autoren nehmen das erst vor zwei Monaten publizerte ZTF-Paper unkommentiert zur Kenntnis, weisen aber darauf hin, dass elektromagnetische Strahlung überhaupt nur dann zu erwarten wäre, wenn die Schwarzloch-Verschmelzung in solch einer AGN-Scheibe stattgefunden hätte – die überdies eine gute Umgebung für hierarchisches Schwarzloch-Wachstum wäre.

„The LIGO results are very exciting,“ schreibt dazu der erste Autor des ZTF-Papers Matthew Graham diesem Blog: „they agree with our mass estimate as well as our prediction that there was a high likelihood of significant spin as required for a merger in an AGN accretion disk. The LIGO results suggest that we are looking at a 2g + 2g merger so the two black holes were the results of previous mergers and this scenario really requires an AGN accretion disk environment.“ Allerdings hatte die ZTF-Quelle eine Rotverschiebung von 0.44, während LIGO die Schwarzen Löcher bei grob 0.8 sieht. Graham: „As you note the spatial localization has been revised so that the distance has increased somewhat and that places our quasar just outside the new 90% confidence limits so the likelihood of association is reduced. However, until the full data is released by LIGO I cannot say by how much. This is a stunning result, though, and raises as many questions as it answers.“ NACHTRÄGE: jede Menge weitere Links inkl. zweier Papers, auf denen dieser Artikel basiert, ein detaillierter Hintergrund (mit Erwähnung der ZTF), eine Zusammenfassung in Deutsch, die Frage der Distanz, Press Releases in vielen Sprachen hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier, Artikel hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier und schon früher hier – und ein Webinar, ein Mini-Video und das Ganze in 13 Minuten erzählt („Streifzüge durch das Universum“ Nr. 28).