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Nachrichten vom Mars kompakt

11. September 2010

Opportunity auf halbem Weg zu Endeavour – und jetzt geht’s schneller voran

Zwei Jahre hat der Mars Exploration Rover Opportunity gebraucht, bis er am 8. September die Hälfte des 19 km langen Weges zwischen dem 800-m-Krater Victoria und dem nächsten Rand des 22-km-Kraters Endeavour zurücklegte: Ein Dünenfeld hatte einen ca. 7 km langen Umweg erzwungen, und Interessantes am Wegesrand für Stopps gesorgt. Aber jetzt scheint der Weg einfacher zu sein, und bis zum nächsten großen Ziel wird es wahrscheinlich nicht noch einmal so lange dauern. Dort warten die ersten Aufschlüsse von Phyllosilikaten, die je in Reichweite eines Marslanders waren: Diese Art Gips entsteht nur unter geradezu lebensfreundlichen Bedingungen und wurde aus dem Orbit auch schon mancherorts aufgespürt. (Planetary Society Tweet 7., NASA Release, Bild, Cosmic Log 8., Road to Endeavour 10.9.2010)

Gebt dem schweigenden Spirit noch etwas Zeit! Eine überraschende – und widersprüchliche – Pressemitteilung des JPL, die fast wie ein Nachruf klang, versetzte die Fans des anderen Marsrovers Ende Juli in helle Aufregung, aber Gemach: Konkret mitgeteilt wurde nur, dass es diesem seit März schlafenden MER („Spirit offenbar …“) nach neuen Rechnungen möglicherweise so kalt geworden ist, dass seine innere Uhr ausfiel. In diesem Fall würde der Rover in einem zufälligen – und z.Z. nur kurzen – Intervall nach Kommandos von der Erde lauschen, die er sofort quittieren würde. Also wird Spirit seit dem 26. Juli systematisch angefunkt; realistisch mit einer Antwort rechnen kann man aber wohl nicht vor November, aber es kann auch bis April 2011 dauern. Erst wenn dann immer noch nichts vom Mars zurück kommt, darf man Spirit abschreiben. (Planetary Society 31., San Francisco Chronicle 1.8., Planetary Society, Space Today 31., JPL Release, Science@NASA, Spaceflight Now, Planetary Society Blog 30.7.2010)

Experimente für den 2016-er Marsorbiter von NASA und ESA ausgewählt

Unter 19 Kandidaten sind nun fünf Instrumente für den ersten Marsorbiter („Grünes Licht …“) des gemeinsamen Marsprogramms von NASA und ESA ausgewählt worden: Vier haben einen amerikanischen, eines einen belgischen Principal Investigator, aber in der Regel sind bei jedem Instrument Wissenschaftler beiderseits des Atlantiks beteiligt, allerdings nur bei einem – der Marskamera HiSCI aus Arizona – auch deutsche. Der ExoMars Trace Gas Orbiter startet auf einer US-Rakete und setzt nebenher auch einen Landedemonstrator der ESA ab, ferner dient er später als Funkrelais für die aufwändigere Mission von 2018.

Das Hauptinteresse gilt zwar der chemischen Erforschung der Marsatmosphäre mit ihren Spurengasen, die – v.a. das Methan – erhebliche Rätsel aufgeben: Sie werden mit verschiedenen Techniken mit enormer Empfindlichkeit gemessen; MATMOS z.B. könnte bereits drei irdische Kühe (aufgrund ihrer Methan-produzierenden Bakterien) auf dem Mars nachweisen. Aber es sind auch wieder zwei neue Kameras dabei. Die HiSCI ist dabei eine Variante von HiRISE auf dem MRO: Diesmal ist die Auflösung mit 2 m/Pixel geringer, dafür aber das Bildfeld so viel größer, dass der komplette Planet erfasst werden kann. Und zwar sofort in 3D, ähnlich wie mit der HRSC des Mars Express. (JPL, ESA, UA, Caltech Releases 2., Uni Bern PM 3., JPL Release 26.8.2010)

Der nächste Marslander Curiosity ist zum ersten Mal gefahren

Allerding nur einen Meter vor und zurück, nachdem das Mars Science Laboratory im Juli seine 6 Räder nebst Aufhängung und Motoren bekommen hat.Und auch der Robotarm hat sich erstmals bewegt: Das Vehikel ist nun zu 80-90% fertig, und alle wesentlichen Hürden scheinen genommen, so dass es mit dem Start im Fenster Ende 2011 klappen dürfte. Auch der Ärger mit dem Titan-Betrug liegt weitgehend hinter dem gebeutelten Projekt und gilt gleichfalls als zu 80-90% erledigt. (JPL Releases 1., 13., 23.7., 3.9.2010; Spaceflight Now 23., Space Today 24.7.2010. Auch ein JPL Release zur Abstiegs-Filmkamera MARDI und das Planetary Society Blog zum ebenfalls 2011 – als Mitpassagier auf Russlands Fobos-Grunt – startenden ersten chinesischen Marsorbiter Yinghuo-1)

Mars-Scout-Programm beendet – aber Billig-Mars-Missionen dürfen bei „Discovery“ eingereicht werden: Weil sich die NASA in Zukunft auf teure Landeoperationen (inklusive irgendwann einer Sample Return Mission) konzentrieren will, wird die Scout-Reihe für Marsmissionen bis 485 Mio.$ nach nur zwei Missionen, Phoenix (s.u.) und MAVEN (Start 2013) schon wieder eingestellt. Sollte aber doch noch jemand eine vielversprechende „preiswerte“ Marssonde einfallen, dann darf diese künftig im Rahmen der Discovery-Serie von Billigplanetensonden – bis 425 Mio.$ – eingereicht werden, wo der Mars bisher keinen Platz hatte. Die Konkurrenz von anderen spannenden Zielen im Sonnensystem ist dann natürlich gewaltig. (Spaceflight Now 29.7.2010)

CO2-Isotopen-Messungen von Phoenix sprechen für durchgehenden Vulkanismus auf dem Mars

und möglicherweise auch Kontakt der Atmosphäre des Planeten mit flüssigem Wasser bis in die Gegenwart: Das EGA-Spektrometer des TEGA-Instruments auf dem 2008-er Marslander Phoenix hat die Isotopenverhältnisse des CO2 in der Marsatmosphäre genauer als je zuvor bestimmen könnnen – und sie sind nicht so, wie man sie bei einem ‚toten‘ Planeten erwarten würde. Diverse geochemische Prozesse wirken auf dieses Verhältnis ein, und ziemlich klar ist wohl, dass Vulkane beständig CO2 mit leichtem C-12 nachliefern: Ansonsten hätte sich das schwerere Isotop C-13, das leichter in den Weltraum entweicht, längst anreichern müssen, was aber laut den EGA-Daten nicht der Fall ist. Strittiger ist da die andere Schlussfolgerung, dass das CO2 bis in die Gegenwart mit flüssigem Wasser in Kontakt gewesen sein müsse, doch für die beobachtete Anreicherung von O-18 kommen auch andere Prozesse in Betracht. (Niles & al., Science 329 [10.9.2010] 1334-7, auch 1267-8; JPL Release, UA News 9., CSM 10.9.2010)

Erzwingen Phoenix-Erkenntnisse die Neubewertung von Viking-Messungen? Das Fehlen von organischen Substanzen auf der Marsoberfläche, dass die NASA-Lander 1976 gemeldet hatten und das angesichts eines Regens derartiger Verbindungen (die mit Leben erst einmal gar nichts zu tun haben) aus dem Weltraum auf die Oberfläche Verblüffung ausgelöst hatte, ist vielleicht ein Artefakt des Messprozesses. Der 2008-er Lander Phoenix hatte auf der Marsoberfläche Perchlorat nachgewiesen, das mit organischen Verbindungen koexistieren kann – doch wenn man das Gemisch so erhitzt, wie in den Viking-„Labors“ geschehen, wird alle Organik zerstört, weil Perchlorat dann zu einem starken Oxidator wird. Wobei allerdings zwei Chlor-Methan-Verbindungen frei werden – und genau diese hatte Viking damals gemessen, aber sie waren für Rückstände eines Reinigungsmittels gehalten worden.

Ob die neuen Erkenntnisse im Umkehrschluss die Existenz organischer Substanz – welcher Quelle auch immer – auf der Marsoberfläche beweisen, ist allerdings nicht klar: Sie basieren nämlich auf Laborversuchen mit Erdreich aus der Atacama-Wüste als Analog des Marsbodens. (JPL Release 3., Washington Post 4., BBC 6., Science Insider 7., Science Journalism Tracker 8.9.2010) HISTORISCHE ANMERKUNG: Genau dieselbe Erklärung (minus das Atacama-Experiment) sorgte bereits im Frühjahr 2009 für Aufsehen; ein längerer Artikel wurde seither hinter einer Paywall versteckt, aber es gibt Zusammenfassungen bei Softpedia und auf SF- und Verschwörungs-Webseiten (s.a. diese Diskussion) …

Nachrichten aus der Weltraumforschung kompakt

15. Juni 2010

Endlich die ersten Röntgenbilder der Sonne von GOES 15 liefert der Solar X-Ray Imager (SXI) auf dem jüngsten US-Wettersatelliten („Neuester US-Wettersatellit …“) seit Anfang Juni, 1/4 Jahr nach dem Start: Es war zu so gravierenden Problemen gekommen, dass man das Instrument schon fast aufgegeben hatte und die NASA – ungewöhnlich – das Wort „mirakulös“ für die Rettung benutzt … NACHTRAG: Woran’s gelegen hat, weiß man nicht genau, irgendwas Elektrisches.

Sonnensatellit Picard, Satellitenpaar Prisma im Orbit!

Problemlos ist heute in Yasny der Dnepr-Start von drei Satelliten („Nächster Dnepr-Start …“) gelungen: Zwei bilden das Experiment Prisma und werden Formationsflug und Rendezvous demonstrieren, der dritte ist der französische Picard. Mit drei Instrumenten wird er die Variabilität der Sonne und ihre möglichen Auswirkungen auf die Erde überwachen. Das Teleskop SODISM misst hochpräzise den Durchmesser der Sonne (der offenbar konstanter als gedacht ist), während SOVAP und PREMOS die Irradianz der Sonne und ihre Schwankungen in verschiedenen Spektralbereichen verfolgen. (Kosmotras, SSC Releases, Spaceflight Now, Space News, NASA Spaceflight 15.6.2010) NACHTRAG: noch ein bildreicher Artikel über Satelliten & Rakete auf Spanisch und einer auf Deutsch.

Auch China startete heute einen Forschungssatelliten, aber wie so oft erfährt man herzlich wenig über die konkreten Aufgaben von Shijian („Übung“) XII, die grob als „space environment probe, measurement and communications“ beschrieben werden. Der Name für schon früher für Satelliten zum Testen diverser Technologien und Messungen des erdahen Raumes verwendet; der Start war der 125. einer ‚Langer Marsch‘. (Xinhua, Eureka, Spaceflight Now, Space Today 15.6.2010)

Die Einschlagsstelle von SMART-1 auf dem Mond gefunden?

Noch sind es nur die Spekulation eines – allerdings erfahrenen – Planetenkundlers, aber ein kleiner Krater mit hellen „Spritzern“ auf einem Bild des Lunar Reconnaissance Orbiter würde gut dem extrem flachen Absturz des ersten europäischen Mondorbiters im Jahre 2006 passen (siehe Artikel C35 und MEPCO News). Die Stelle ist nicht ganz da, wo es die ESA erwartet hätte, aber sie scheint plausibel – und andere Kandidaten sind nicht in Sicht. (Planetary Society Blog 15.6.2010)

Das Wasser, das LCROSS freischlug, hatte mehr als eine Quelle: So wurde es soeben auf einer Videokonferenz zum Stand der Auswertung des Mond-Crashs vom Oktober 2009 berichtet. Die Kältefalle Cabeus hatte demnach alle Arten von flüchtigen Substanzen eingesammelt, darunter >150 kg Wasser, mit einem Anteil am hochgeschleuderten Material von 6±2 Gewichts-Prozent. Entgegen ersten Berichten haben übrigens doch einige Sternwarten auf der Erde Spuren des freigesetzten Wasserdampfs gesehen, und das HST registrierte sein Abbauprodukt OH. (NLSI Video Conference 15.6.2010)

Nach fünf Jahren festgestellt: Spirit sah einen Karbonat-Klotz

Jetzt hat der seit Monaten „schlafende“ Marsrover Spirit doch tatsächlich eine potenziell bedeutende Entdeckung gemacht – nachdem es endlich gelungen ist, die staubige Verunreinigung seines Mini-TES ‚wegzurechnen‘, die 2005 Messungen am Felsen Comanche behindert hatte. Zusammen mit den (per se nicht schlüssigen) Direktmessungen der beiden Spektrometer APXS und Mößbauer steht nun fest, dass der mindestens 3.5 Mrd. Jahre alte Brocken aus Magnesium-Eisen-Karbonat besteht, chemisch ähnlich einem einsamen aus dem Orbit entdeckten Karbonat-Aufschluss in Nili Fossae und den Einschlüssen im Marsmeteoriten ALH 84001. Nach Karbonaten, wurde auf dem Mars lange gesucht, sollte man sie doch als Rückstand einer weithin vermuteten frühen dichten CO2-Atmosphäre vermuten. Ob Spirits Zufallsfund (der zu 16 bis 34 Gewichtsprozent aus Karnbonat besteht) nun nahelegt, dass es tatsächlich große – aber versteckte – Karbonatvorkommen gibt, ist indes nicht klar: An dieser Stelle tritt es nämlich zusammen mit vulkanischem Olivin auf und kam vermutlich aus der Tiefe, als Wasser hindurchfloss. Welches immerhin einen neutralen pH-Wert hatte und damit lebens(entstehungs)freundlicher gewesen wäre als das extrem saure, dessen Hinterlassenschaften der andere MER Opportunity desöfteren in Meridiani Planum gefunden hat. (ASU, JPL Releases, Uni Tübingen PM 3., Uni Mainz PM 4.6.2010; Nature News, BBC, Scientific American, Space.com 3., Space Today 4., Planetary Society Blog 10.6.2010)

Radarblicke „unter“ die Nordpolarkappe des Mars mit dem SHARAD des Mars Reconnaissance Orbiter haben gezeigt, dass es vor allem die Wirkung des Windes und vom ihm transportierten Materials ist, die in Millionen Jahren das Muster der North Polar Layered Deposits (NPLD) – des größten bekannten Eis-Reservoirs des Planeten – bestimmt: So kommt es sowohl zu auffälligen Spiralmustern wie auch dem 2 km tiefen Canyon Chasma Boreale. (Holt & al./Smith & Holt, Nature 465 [27.5.2010] 446-53; University of Texas, NASA Releases 26.5.2010) NACHTRAG: Science@NASA dazu.

Verfrühte Spekulationen über Methan-basiertes kaltes Leben auf dem Saturnmond Titan

Publizistisches Eigentor der NASA: Da wird aus mehreren schon einige Monate alten Papers eine tolle Story von Methan-verschlingenden eiskalten Organismen auf dem Saturnmond Titan gestrickt, auf die sonst kaum jemand gekommen wäre, die Medien fahren mehr oder weniger drauf ab – und dann sieht sich das Cassini-Team genötigt, auf einer eigenen Webseite dagegen zu halten. Konkret beobachtet worden waren von verschiedenen Cassini-Instrumenten ein unerwartetes Defizit von Azethylen auf der Titanoberfläche und eine überraschende Höhenabhängigkeit von Wasserstoff in der Atmosphäre darüber. Aus letzterer war mit einem Modell berechnet worden, dass es einen großen Strom von Wasserstoff in den Boden gäbe – was zusammen mit den fehlenden Azethylen zu der Hypothese passen würde, dass dort Lebensformen Stoffwechsel betreiben, die flüssiges Methan (praktisch die einzige unter Titan-Temperaturen noch flüssige Substanz) statt Wasser als Lebenselixir verwenden. Nun ist die organische Chemie auf diesem Mond aber bekanntermaßen ziemlich komplex, und ein unbekannter katalytischer Prozess könnte genau so gut für das Azethylen-Defizit sorgen, während der Wasserstoff-Transport als unbewiesen gilt. Ja, wenn man einen Titan-Länder mit ausgefuchsten Detektoren hätte … (JPL Release 3., Bild der Wissenschaft 5., „Gegendarstellung“ des Cassini-Teams, Universe Today, Discovery, Tracker 7., New Scientist, TIME 10., AstroBiology, Washington Examiner 15.6.2010)

Kleine Saturnmonde erst ‚vor kurzem‘ aus den Saturnringen geboren? So erklärt ein zweistufiges – aber immer noch stark vereinfachtes! – Modell die Herkunft von Prometheus, Pandora, Epimetheus und Co., die außerhalb des A-Rings um den Saturn ziehen und dort nicht schon vom Beginn des Sonnensystems gewesen sein können (Kometentreffer hätten die <50 km großen Körper längst zerstört). Nach dem Modell, das ihre Eigenschaften (etwa ihre Dichte von nur ~0.6 g/cm^3) gut produziert, bilden sich in den Ringen Klumpen, die zu Monden zusammen finden – welche dann durch Drehimpuls-Transfer nach draußen geschoben werden. Auch der harte Außenrand des A-Rings wird reproduziert – und der mysteriöse F-Ring erweist sich als Abfallprodukt der Mondbildung, die das mit Abstand jüngste Akkretionsphänomen im Sonnensystem wäre. (Charnoz & al., Nature 465 [10.6.2010] 752-4, auch Burns, ibid. 701-2; Nature News, Scientific American, Space.com 9.6.2010)

Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt

7. April 2010

Bizarres Temperaturmuster auf Saturnmond Mimas

Der Cassini-Vorbeiflug an Mimas im Februar hat nicht nur interessante Bilder im sichtbaren Licht geliefert, sondern auch eine bemerkenswerte Temperaturkarte des CIRS-Instruments, die rechts dem visuellen Bild überlagert wurde. Die Oberfläche ist ausrechnet am Morgen (linker Rand) mit 92 Kelvin am ‚wärmsten‘, und die Grenze zwischen der warmen Zone – von der man leider nicht weiß, wie weit sie sich auf die Rückseite fortsetzt – und dem mit 77 K deutlich kühleren Rest verläuft ausgesprochen scharf und mit einem Knick. „Eigentlich“ hätte es in der Mitte des Mimas-Scheibchens am wärmsten sein sollen, aber hier fällt nur der große Krater Herschel als moderater ‚Hotspot‘ mit 84 K auf. Das absonderliche Temperaturmuster muss etwas mit der thermischen Trägheit des Bodens zu tun haben, aber eine offensichtliche Erklärung erschließt sich nicht: Schon werden weitere Cassini-Beobachtungen dieses überraschend interessanten Saturnmonds vorbereitet und sogar spezielle Messungen von der Erde aus. (JPL Release, Planetary Society Blog 29., Space Today 30.3.2010)

Der Bau der Raumsonde Juno zum Jupiter hat begonnen, bei LockMart in Denver: Gestartet werden soll im August 2011, mit der Ankunft 2016. Neun Instrumente – die in den nächsten Monaten integriert werden – soll sich um Innenleben, Atmosphäre und Polarlichter des Riesenplaneten kümmern. (JPL Release 5.4.2010)

Spirit offenbar in erwarteten Winterschlaf gefallen

Am 30. März hat sich der Marsrover bei Kontakten im Wochenrhythmus nicht beim Orbiter Odyssey gemeldet, wie zuletzt am 22.3.: Damit dürfte Spirit nunmehr in einem Low-Power-Modus angekommen sein, der eigentlich zu überleben sein müsste. Zumindest hat die Bordelektronik fabrikneuer MER die tiefsten Temperaturen, die nun vor Spirit liegen, überstanden, doch nach über 2200 Marstagen mit ihren harschen Temperaturzyklen sieht es vielleicht anders aus. Noch ist man am JPL jedoch voller Optimismus, dass sich Spirit in einigen Monaten wieder melden wird. Und dann darf auch wieder versucht werden, den Rover ganz aus seiner Sandfalle zu befreien und ein wenig herum zu fahren, um neue Bereiche des interessanten Bodens zu erreichen: So lange die relativen Positionsveränderungen auf 1 cm genau bekannt sind (was kein Problem darstellt), wird dadurch die geplante Analyse des Rotationsverhaltens des Mars durch präzise Radiovermessung von Spirits Position auch nicht gefährdet. (Details zum Low Power Mode, JPL Release, Plan. Soc. 31.3., Space Today 1.4., Universe Today 28.3., 2.4.2010) NACHTRAG: Da sitzt Spirit!

Doch 3D-Zoom-Kameras für das Mars Science Laboratory? Aus Kostengründen war die Hauptkamera des nächsten Marsrovers „Curiosity“ 2007 vereinfacht worden, doch inzwischen hat sich die NASA – nicht zuletzt durch den Einfluss des Star-Regisseurs James Cameron, der an der Kameraentwicklung beteiligt ist – eines Besseren besonnen und läßt für 5 Mio.$ doch die alte Version mit 3D-Zoom-Optik und echtem HD-Video mit 10 Bildern/Sekunde bauen: Wenn sie bis Dezember fertig wird, darf sie statt der einfacheren Kamera an Bord. Die meisten technischen Probleme des MSL – Start weiter für Oktober 2011 geplant – scheinen inzwischen gelöst, auch wenn die Leistung der Radioisotopenbatterie etwas zu wünschen übrig lässt. Und auch die Auswahl des Landeplatzes macht Fortschritte; womöglich kommt aber noch ein 5. Kandidat dazu. (MSSS Release 6.4., Air & Space Blog 23., Planetary Soc. Blog 26., Space.com 31.3.2010. Und aktuelle Bilder des MSL in einer Reportage von This Week in Space vom 26.3.2010) NACHTRAG: Nach einem Monat wachen auch andere auf …

Israelisches Astro-Teleskop von indischer Rakete geflogen

Die Anschuldigungen fliegen hin und her: Warum verweigert die indische Weltraumbehörde ISRO plötzlich dem israelischen Weltraumteleskop TAUVEX („Im Januar …“) den Mitflug auf dem Geosynchronous Satellite Launch Vehicle (GSLV), wenn es am 15. April mit einer selbstentwickelten kryogenen Oberstufe den Nachrichtensatelliten GSAT-4 startet. Offiziell heißt es, man habe plötzlich erkannt, dass das Instrument mit seinen 3 UV-Teleskopen aus der geostationären Bahn schlechtere Daten als aus einer niedrigeren liefern werde, weshalb man es auf eine andere Rakete geschoben habe. In Israel mutmaßt man jedoch, dass das GSLV-D3 als zu schwach erkannt worden sei, um die zusätzlichen 80 kg von TAUVEX zu tragen. (Brahmand, Deccan Herald 6., Parabolic Arc 7.4.2010) NACHTRAG: BBC zur Oberstufe. NACHTRAG 2: Parallel Spirals zum Flug.

Naher Vorbeiflug am Phobos geglückt – und am Mittwoch gibt’s auch pretty pictures

5. März 2010

Genau nach Plan ist vor zwei Tagen die größte Annäherung des Mars Express („Morgen engste …“) an den Phobos verlaufen, und in zwei Tagen geht es wieder dicht an Marsmond heran: Dann kann zum ersten Mal in der Serie von insgesamt 12 Flybys auch die Kamera HRSC arbeiten, deren Bilder ungefähr nach drei Tagen vorgezeigt werden sollen. Während der Annäherung am 3. März war der Mars Express hingegen so inaktiv wie nur möglich: Allein der passive Teilchendetektor ASPERA nahm Daten auf, die aber erst später zur Erde gefunkt werden sollten. Denn der bordeigene Sender des Mars Express war abgeschaltet: Stattdessen sendete die 70-Meter-Antenne des Deep Space Network in Spanien eine extrem stabile Trägerwelle zur Raumsonde, 100’000-mal besser als was der eigene Sender kann, die der Mars Express dann unverändert zurückschickte und die die 70-m-Schüssel wieder auffing.

Zugleich lauschten noch drei kleinere Radioteleskope in Finnland, Spanien und Deutschland auf das Signal, von denen es mindestens zwei klar empfingen: Zusammen mit den spanischen Aufzeichnungen wird sich in den nächsten ca. 2 Wochen ein superpräzises Bild der Sondenflugbahn ergeben und wie sie vom Schwerefeld des Phobos verändert wurde, was sich durch einen Doppler-Effekt bemerkbar macht. Dem Vernehmen nach ist die Qualität der Daten exzellent: Nicht nur die Gesamtmasse des Marsmonds wird sich daraus ergeben, sondern wohl auch einiges zur Massenverteilung in seinem Inneren. Das wiederum verspricht einerseits Erkenntnisse über den Aufbau und vielleicht auch die (immer noch ungeklärte) Herkunft des Phobos, zum anderen ist die Kenntnis seines exakten Schwerefeldes wichtig für die Landung der russischen Sonde Fobos-Grunt, die 2011/12 starten und binnen drei Jahren eine Phobos-Probe zur Erde bringen soll. Auch die Bilder der HRSC am Sonntag, wenn der Mars Express bis auf 107 km an den Mond heran kommen wird, dürften bei der Auswahl des Landeplatzes eine Rolle spielen.

Vorgestern war der Mars Express sogar bis auf 67 km an die Oberfläche des Mondes heran gekommen, doch auch gleich drei Gründen war da kein Betrieb der Kamera möglich gewesen: Erstens war auf der überflogenen Seite Nacht, zweitens hätte sich die Sonde gar nicht schnell genug drehen können, um während des Vorbeihuschens die HRSC auf einen festen Punkt der Oberfläche auszurichten – und dritten war es für die ultrapräzisen Dopplermessungen ohnehin zwingend erforderlich, dass die Hochgewinnantenne des Mars Express permanent zur Erde zeigte. Damit dies ohne Unterbrechung der Fall war, hatte man auch die Überflughöhe durch ein kleines Extramanöver von 50 auf 67 km anheben müssen – ein zu starkes Manöver kurz davor hatte nämlich die Bahn der Sonde versehentlich so verschoben, dass sie kurz hinter dem Phobos verschwunden wäre. Der Bahnvermessung hat die leichte Vergrößerung des Mindestabstands dem Vernehmen nach nicht geschadet: So lange man deutlich unter 100 km blieb, war der Schwerkrafteffekt stark genug.

ESA Phobos Blog, v.a. am 5., 4. und 3. März sowie zu den ASPERA-Messungen und HRSC-Nicht-Messungen, der Bahnänderung, den vielen Antennen – und zur Verfolgung des Mars Express während des Flyby durch einen Amateurfunker mit 3.5-m-Schüssel. Außerdem ESA Release, BBC, Science Blogs 4., Science Blogs 3.3.2010.

Spirit-Fahrer sind sich sicher: Wir kommen wieder frei – und können zumindest noch ein wenig herumfahren

Inzwischen steht der Marsrover Spirit still („Spirit fährt nun gar nicht mehr“) und dürfte irgendwann zwischen jetzt und Ende April auch die ersten Male in eine Art Schlafzustand rutschen, wenn die Sonnenenergie zu schwach wird – im schlimmsten Fall wird er monatelang nicht ansprechbar sein. Aber wenn die Elektronik den vierten und schwierigsten Winter übersteht und der Strom ab etwa September wieder reichlicher fließt, dann ist es nach Einschätzung des Projekt womöglich nur eine Frage von Wochen, bis sich der Rover ganz aus seiner Sandfalle befreit haben kann! Schon bei der offiziellen Einstellung der Befreiuungsversuche am 26. Januar hatte man im Spirit-Team die Endgültigkeit der Verwandlung des Rovers in einen stationären Lander nicht wahrhaben wollen – und Spirit selbst wohl auch nicht.

Denn bei seinen letzten 10 Fahrmanövern bis zum 8. Februar legte der Rover doch glatt 34 Zentimeter in die richtige Richtung zurück, während er sich in den Wochen zuvor nur um Millimeter bewegt hatte! Eine „Brustschwimmen“ getaufte Wackelbewegung der Räder in Kombination mit beherzten Fahrmanövern hatte das möglich gemacht – und wenn die Sonne nicht gerade jetzt zu tief gesunken wäre, dann könnte Spirit womöglich bereits frei sein. „I think we solved the extrication problem,“ glaubt MER-Forscher Ray Arvidson – und inzwischen scheint es bereits quasi NASA-Politik geworden zu sein, die letzte Phase der Befreiung nach dem Winter nachzuholen. Doch auf große Fahrt wird der beliebte Marsrover auch dann nicht gehen: Mit nur noch 4 von 6 Rädern funktionsfähig ist er doch sehr behindert.

Aber die wieder gewonnene Freiheit wird ihm helfen, bestimmte Ziele in seiner unmittelbaren und an spannender Geologie reichen Umgebung anzusteuern – während er gleichzeitig im globalen Maßstab als „stationär“ betrachtet werden kann und das dann zunächst im Mittelpunkt stehende Radio-Science-Experiment zur Marsrotation nicht gestört wird. Und was der unverwüstlichliche Spirit danach noch treiben kann – wer weiss. Die – siebte! – Missionsverlängerung für beide Mars Rover ist jedenfalls gerade beantragt worden. (Universe Today 3., Planetary Society und Nature Blogs, New Scientist 2.3., Planetary Society News 28.2.2010. Auch Martian Chronicles, Planetary Society Blog 5.3.2010 zu wissenschaftlichen MER-Ergebnissen, MarsPages 4.3.2010 zu Opportunitys Fortschritten und Planetary Society Blog 3.3.2010 zum neuesten Mars-Unfug, diesmal affiger Art …)

Der Mars Reconnaissance Orbiter hat bereits 100 Terabit Daten zur Erde gefunkt, seit er vor genau vier Jahren in die Umlaufbahn eintrat (siehe Artikel B99): Das ist mehr als dreimal so viel wie alle Daten aller Raumsonden, die jemals über die Mondbahn hinaus ins Sonnensystem vorgedrungen sind! Mit bis zu 6 Megabit/Sekunde kann der MER über seine 3-m-Antenne senden: U.a. hat er den halben Mars mit 6 m und fast 1% der Oberfläche mit 30 cm pro Pixel abgelichtet. (JPL Release 3.3.2010)

Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt

23. Februar 2010

Rund 30 Fontänen auf dem Saturnmond Enceladus zeigt laut BU diese neue Version eines bekannten Mosaiks aus Cassini-Bildern vom November-Flyby, von denen 20 zuvor unbekannt waren. Unter den heute veröffentlichten Produkten des Besuchs sind auch Temperaturkarten des „Tigerstreifens“ Baghdad Sulcus. (JPL Release 23.2.2010. Auch ein Cassini Release und Space Today zu chemischen Direktuntersuchungen der Fontänen, die für flüssiges Wasser im Inneren von Enceladus sprechen sollen) NACHTRAG: erste Gedanken zu den Sulcus-Temperaturen.

Mars Express fliegt 12x am Phobos vorbei – und kommt am 3.3. bis auf 50 km heran!

Am 16.2. hat eine Serie immer engerer und dann wieder entfernterer Vorbeiflüge des ESA-Orbiters an Phobos begonnen, die bis zum 26.3. dauert und deren „Höhe“punkt am 3. März die engste Begegnung einer Raumsonde mit dem Marsmond sein wird – die Wissenschaftler wären gerne noch näher heranmanövriert, aber die Flugkontrolleure bestanden auf 50 km Mindestabstand. Aus Beleuchtungsgründen sind erst ab dem 7.3. Nahaufnahmen möglich (u.a. von der möglichen Landestelle der russischen Sonde Fobos-Grunt), aber bei den größten Annäherungen sollte sich u.a. messen lassen, welche Teile von Phobos den Orbiter stärker anziehen: Das erlaubt Rückschlüsse auf sein Innenleben. (ESA PM 16.2.2010, ESA Phobos Fly-By 2010 Blog, insbesondere vom 16. und 11., ScienceBlogs 23.2.2010) NACHTRAG: ein weiterer ESA Press Release zum engsten Vorbeiflug.

Spirit fährt nun gar nicht mehr und wartet auf seinen 4. Mars-Winter – leider mit den Solarzellen weiterhin um 9° nach Süden geneigt, während die Sonne immer tiefer im Norden steht: Zwar hat sich der Marsrover zuletzt noch erstaunlich weit bewegt, aber leider dabei seine Neigung nicht optimieren können. Daher ist davon auszugehen, dass von März bis mindestens September, vielleicht sogar 2011, alle Kommunikation zum Erliegen kommt – aber Spirit wird immer wieder checken, ob wieder genug Strom vorhanden ist, um via Mars Odyssey anzurufen: Die Zeiten von dessen Überflügen sind einprogrammiert, und Spirits Uhr läuft weiter. (JPL Release 11., MarsPages 12., Raumfahrer 13.2.2010. Auch Wehklagen von Cumbrian Skies 13.2. – kann den mal jemand trösten? – und ein JPL Spotlight 22.2. mit sonifizierten Roverfahrten sowie BBC 17.2.2010 zum Status des nächsten Rovers MSL, den manche für eine schlechte Idee halten)

Die erste Falcon 9 steht am Cape auf der Rampe

Allerdings wurde die neue Rakete („Alle Teile …“) jetzt nur für einen ‚feuchten‘ Probe-Countdown und eine 4-sekündige Testzündung der 1. Stufe in den nächsten Tagen aus ihrer Montagehalle an der Rampe 40 der Cape Canaveral Air Station herausgerollt und aufgerichtet (Abb.), dann geht es wieder zurück ins Häuschen, und gestartet wird frühestens am 22. März, wahrscheinlicher Ende April oder im Mai. Hersteller Space X um den rührigen Visionär Elon Musk (38) lässt sich nicht drängen, hat man doch den milliardenschweren NASA-Auftrag, 12-mal mit der wie die Rakete größtenteils in-house entwickelten Dragon-Kapsel Lasten zur ISS zu befördern, was das erste Mal der ersten Hälfte 2011 stattfinden könnte.

Zumindest Musk selbst hat auch keine Zweifel, dass sich die Dragon mit relativ wenig Aufwand zu einem bemannten System umbauen lässt: Da fehle eigentlich nur noch ein Rettungssystem für den Fall eines Fehlstarts. Für den kommerziellen Astronauten-Träger in den LEO, den die NASA nun anstelle des Space Shuttle wünscht, gilt das als heißer Anwärter, zumal Musk einen Ticketpreis von nur 20 Mio.$ verspricht – da ist selbst die Soyuz inzwischen deutlich teurer geworden. (Space.com 23., 18., Discovery 22., Spaceflight Now 20., New York Times 16.2.2010. Und Spaceflight Now 18.2.2010 über die mögliche Verwendung des für die Ares I entwickelten Rettungssystems)

Die ISS ist jetzt zu gut 98% fertig, hat eine Masse von 363 Tonnen und ein bewohnbares Volumen von 352 Kubikmetern, nachdem beim fünftletzten Shuttlebesuch der Node 3 „Tranquility“ nebst Aussichtskuppel „Cupola“ installiert werden konnte – hier der Anblick nach Endeavours Ablegen. Die letzten 4 Shuttles (der nächste Start ist für den 5. April geplant) werden nur noch Vorräte, Experimente – darunter aber das gewaltige Alpha Magnetic Spectrometer, das gerade beim ESTEC getestet wird – und Kleinteile anliefern. (NASA Releases 23., 21., Space.com 23., Spaceflight Now 21., ESA Release 16.2.2010)

NASA, SwRI und Co. investieren in Experimente auf suborbitalen Raumflügen – Forscher gleich mit an Bord

Großer Andrang herrschte letzte Woche auf einer Next-Generation Suborbital Researchers Conference in Colorado, auf der zahlreiche Interessensbekundungen zu hören waren, kleine wissenschaftliche Experimente an Bord von suborbitalen Raumschiffen aus der erwarteten All-Tourismus-Branche mitfliegen zu lassen – und das SwRI hat gleich angekündigt, selbstverständlich würden die eigenen Leute auch an Bord sein, um die Experimente zu betreuen. Während dieses Institut für drei solche Einsätze 1 Mio.$ einsetzen will, hat die NASA bei derselben Gelegenheit gleich die Investition von 75 Mio.$, verteilt auf 5 Jahre, angekündigt. Als geeignetes Vehikel wird immer wieder der „New Shepard“ von Blue Origins ins Spiel gebracht – die Firma war zwar auch da, erlaubt aber nach wie vor so gut wie keine Einblicke in ihren Status. (Commercial Spaceflight 22., 18., The Space Review 22., SwRI Releases 21., 18., Planetary Society Blog 19., Cosmic Log, Universe Today, Parabolic Arc 18.2.2010) NACHTRAG: noch ein längerer, ein mittellanger und ein kürzerer Artikel über das Meeting.

Der „GoreSat“ alias DSCOVR könnte 2013 starten, nachdem der politischen Wirren zum Opfer gefallene und jahrelang eingelagerte Erdbeobachter im neuen NASA-Etatplan wieder vorkommt. (Science Insider 3.2.2010) Und Frankreich und Deutschland wollen zusammen für 120 Mio. Euro einen CH4 Atmospheric Remote Explorer alias Charme bauen, dessen Hauptinstrument ein vom DLR entwickeltes Lidar ist. (BMWi PM 4., Space News 12.2.2010)

Befreiungsversuche Spirits aufgegeben – aber wirklich für immer?

27. Januar 2010

Es hatte sich schon seit einigen Wochen abgezeichnet: Vor dem nahenden Winter würde Spirit seiner Sandfalle nicht entkommen können. Seit gestern nun steht fest: Der letzte große Befreiungsversuch wird eingestellt und alles daran gesetzt, den betagten Marsrover winterfest zu machen, so daß er künftig als stationärer Lander arbeiten kann. Oder etwa doch nicht? „NASA has designated the once-roving scientific explorer a stationary science platform,“ heißt es in der Erklärung der NASA, die bei einer Telecon erläutert wurde, doch einer der Rover-„Fahrer“, Scott Maxwell, sieht die Lage anders: „If Spirit feels up to it, we might even get properly back on the road again next year,“ wenn der Winter überstanden und die stationäre Forschung erledigt ist. Zwar ist Spirit nach dem Ausfall von zwei seiner 6 Räder (und ein drittes macht auch Ärger) in keinem guten Zustand mehr, aber gerade in den letzten Tagen war der Rover doch merklich vorangekommen – manche hätten es wohl gerne noch weiter versucht.

Schon Mitte Februar jedoch wird die Sonne so flach auf Spirits Solarzellen scheinen, daß der Strom für weitere Fahrversuche nicht mehr reichen wird. Daher wird bereits seit Mitte Januar durch spezielle Fahr- bzw. Wühlmanöver daran gearbeitet, die Solarzellen etwas der Sonne entgegen zu drehen: Derzeit ist der Rover um 9° nach Süden gekippt, waagerecht oder etwas gen Norden wäre besser. Auch im besten Fall ist allerdings zu erwarten, daß die Leistung der Solarzellen – die fast komplett in die Heizung der Roversysteme investiert werden wird – im März oder April so weit zurückgeht, dass Spirit in einen „stable fault mode“ gerät und sich u.U. bis zu einem halben Jahr lang kaum oder gar nicht mehr meldet. Die Temperatur an Bord (dank radioaktiver Heizelemente immer noch höher als draußen) dürfte nachts bis auf -45°C sinken: Ein fabrikneuer Marsrover müsste das aushalten, aber nach 6 Jahren auf dem Mars mit fortwährenden starken Temperaturschwankungen sieht das vielleicht anders aus.

Falls Spirit sich nach dem Winter wieder erholt, steht schon ein neues wissenschaftliches Programm für den stationären Lander bereit: Insbesondere soll seine Position im Raum lange Zeit sechs Monate lang penibel über die Laufzeit der Funksignale vermessen werden. So lassen sich die Lage der Marsachse und vor allem ihre leichten Schwankungen bestimmen, woraus sich wiederum schließen lassen sollte, ob der Mars (wie allgemein erwartet) einen festen Kern besitzt oder aber doch einen flüssigen, der es trotzdem nicht schafft, ein Magnetfeld zu erzeugen. Ähnliche Messungen mit dem Mars Pathfinder schienen bereits 1997 den festen Kern bewiesen zu haben, aber das wurde nun auf der Telecon indirekt bestritten: Erst die intensive Verfolgung Spirits über einen deutlich längeren Zeitraum verspräche klare Erkenntnisse.

Während der Rover schon mal da sitzt, kann er auch verfolgen, wie Atmosphäre und Oberfläche miteinander wechselwirken und Veränderungen des Marsbodens mit der Zeit verfolgen, auch mit seinem Mikroskop. Zum Glück ist Spirit sein Unfall ja in einer besonders interessanten Region widerfahren: Der helle Boden unter der trügerisch festen Kruste ist außerordentlich reich an Sulfaten, die einst von Fumarolen hinterlassen worden sein dürften. Auch wenn sich Spirit nicht mehr befreien kann: Gelegentlich ein wenig den Ort verlagern, um neue Bodenstellen in Reichweite zu bekommen, sollte er schon schaffen – und sollte er dabei „versehentlich“ aus der Grube hüpfen, wäre es auch recht; bloss auf große Fahrt wird er mit nur noch 3 bis 4 Rändern (während die anderen klemmen und sich nicht etwa frei drehen) auch dann kaum mehr gehen. Ob der stationäre Betrieb übrigens Geld sparen wird, konnte auf der Telecon keiner sagen; beide Rover in Fahrt zu halten, kostete jedenfalls bisher 20 Mio.$ im Jahr.

Space.com, AW&ST, Space Today, KosmoLogs, LichtEcho, Welt der Physik 27., Planetary Society Blog, Sky & Tel., BBC, LA Times, Scientific American, Cosmic Log, Nature Blog, SpaceWriter, MarsPages 26., New York Times 25., Space News 24.1.2010. Auch ein JPL-Release zu den Untersuchungen Opportunitys am von einem Impakt aus der Tiefe hochgerissenen Felsen Marquette Island – diesem Rover geht es weiter prächtig, und er hat am 12. Januar seine Weiterfahrt angetreten.

Seen auf dem Mars auch noch vor 3 Milliarden Jahren?

Das Marszeitalter des Hesperian galt bislang als wenig attraktiv, schien der Planet doch da bereits eine gefrorene Wüste geworden zu sein – aber jetzt sind auf Bildern des Mars Reconnaissance Orbiter Spuren mehrerer 20 km großer Seen aus dieser Ära vor „nur“ 3 Mrd. Jahren entdeckt worden, verbunden durch Abflusskanäle wie in irdischen Thermokarst-Landschaften: Die Auszählung von über 35’000 Impaktkratern soll eine eindeutige Datierung liefern. Offenbar hat der Mars auch im Hesperian noch Zeiträume unbekannter Länge erlebt, in denen – nach starkem Vulkanismus, Impakten oder Achsverlagerungen – eine dichte Atmosphäre flüssiges Wasser ermöglichte. (Imperial College Release, BBC 4., Physics World, Ars Technica, Spiegel 6.1.2010. Auch ein JPL Release zu einem MRO-Special von Icarus und ein NASA Release, das Planetary Society Blog und CosmicLog zum neuen HiWish-Angebot des Projekts)

Kein Lebenszeichen des Phoenix hat Mars Odyssey bei insgesamt 30 Überflügen des polaren NASA-Landers vom 18.-21. Januar empfangen, der nach einer kurzen aber heftigen Mission verstummte und einfror („Bilder von Phoenix …“). Im Februar und März, wenn noch etwas mehr Sonne auf die Landestelle fällt, wird wieder gelauscht, aber die Hoffnung ist praktisch null. (Space Today 22.1.2010)

Sechs Jahre Spirit auf dem Mars – und bald nur noch Schweigen?

4. Januar 2010

In der vergangenen Nacht vor sechs Jahren ist der erste Mars Exploration Rover ohne jedes Problem auf dem Mars gelandet (siehe Artikel 813, 815 und 820), und auch wenn der Boden des Kraters Gusev zunächst eher uninteressant erschien, so hat Spirit schließlich in den 2 1/2 km entfernten Columbia Hills genug spannende Bodenchemie vorgefunden. Und das nahezu reine Siliciumdioxid, das Spirits lahmendes Rad einmal unter der Bodenkruste freilegte, erklärte MER-Chef Squyres gar für jedes Stück Mars, das er von allen am liebsten in einem irdischen Labor hätte. Mit der großen Marsrundfahrt ist es seit letztem Mai bekanntlich vorbei – und der große Befreiungsversuch kommt nicht voran, zumal auch das mirakulös wiederbelebte rechte Vorderrad nicht wirklich einsatzfähig ist, und der Rover mit jedem Fahrversuch eher tiefer einsinkt. In Interviews äußern sich Spitzenmanager des MER-Projekts inzwischen deutlich pessimistischer als noch vor einem Monat.

Jetzt soll wenigstens versucht werden, Spirit um vielleicht 5° so zu kippen, dass die tiefe Wintersonne steiler auf die Solarzellen fällt – die derzeit leider in die falsche Richtung zeigen. Energiemäßig wird es im kommenden Winter äußerst knapp, v.a. in den Wochen um die Sonnenwende im Mai, und es könnte leicht passieren, dass der Rover komplett ausfällt. Wenn die Sonne dann allerdings wieder höher steht, könnte Spirit noch einmal zu sich kommen und als feste Station u.a. sehr genaue Messungen des Rotationsverhaltens des Mars erlauben. Angesichts des Spirit-istischen Dramas fast vergessen: Der zweite Marsrover Opportunity hat sich die letzten Wochen intensiv den kuriosen Felsbrocken Marquette angeschaut, der im Gegensatz zu ersten Vermutungen kein weiterer Meteorit sondern ein alter Marsstein aus der Tiefe ist, von einem Impakt freigelegt.

Poster zu sechs Jahren auf dem Mars, Erinnerungen an die Landung; Astronomy Now, Space Today, Spiegel 4., Cumbrian Sky, Mars Pages 3., BBC Blog, Space.com, Mars Pages 2.1.2010, JPL Release, Blog, Science@NASA, Planetary Society 31.12.2009.

Nachrichten vom Mars kompakt

20. Dezember 2009

Spirit-istische Überraschungen: ein Rad streikt, ein „kaputtes“ geht wieder

Auch wenn der festgefahrene Marsrover Spirit bisher kaum vorangekommen ist: Für Aufregungen ist er allemal gut. Das rechte Hinterrad ist Ende November ausgefallen und hat sich bisher nicht wieder in Betrieb nehmen lassen (im Nachhinein sieht es so aus, alt hätte es schon im März kurz Ärger gemacht) – aber dafür läuft plötzlich das seit 2006 ausgefallene und eigentlich längst für nutzlos gehaltene rechte Vorderrad wieder, wie dieser „Film“ vom 2117. Sol = 16. Dezember zeigt. Die neue Rädersituation wird wohl ein Überdenken der Befreiungs-Strategie erzwingen; überdies ist auch noch ein seltsames Elektrikproblem aufgetreten. Und langsam rückt auch der nächste Winter näher, in dem Spirit nicht gut relativ zur schrägen Sonne steht, wenn er sich nicht rührt: Diesmal ist die Gefahr größer denn je, dass der Rover es nicht schafft … (Updates 17., 15., 10., MarsPages 17., Spaceflight Now 16., Space.com 11., Spaceflight Now 9.12.2009)

Beide NASA-Marsorbiter arbeiten wieder einwandfrei

Sowohl der Mars Reconnaissance Orbiter wie Mars Odyssey sind auch ihren Safe Modes befreit worden und liefern wieder wissenschaftliche Daten bzw. stehen als Relaissatelliten für die Marsrover zur Verfügung. Warum der Computer des MRO viermal Resets erlitt, ist nach wie vor unklar, aber Software-Änderungen im nichtflüchtigen Speicher sollen nun dafür sorgen, dass künftige Störungen – so sie denn wieder kommen – nicht kritisch werden können. (HiRISE Blog 17., JPL Releases 16., 8.12.2009)

Grünes Licht für das gemeinsame Marsprogramm von ESA und NASA

hat es auf einer Sitzung des ESA-Rates am 16. und 17. Dezember gegeben, womit im Januar die Ausschreibung für die Instrumente des 2016-er Orbiters kommen kann: Trace Gas Orbiter soll er heißen (womit die Aufgaben schon umschrieben sind: Studium der kleinen aber relevanten Bestandteile der Marsatmosphäre) und im Januar 2016 starten, vermutlich zusammen mit einem Landedemonstrator der ESA, der eine kleine Wetterstation absetzen könnte. 2018 startet dann der große ExoMars-Rover der ESA zusammen mit einem kleinen Rover der NASA, der bereits mit dem Probensammeln für eine späteren Rücktransport zur Erde beginnen könnte, und 2020 wird es vielleicht auch wieder Starts geben. Seitens der ESA stehen für die 2016-er und 2018-er Mission nun definitiv 850 Mio. Euro zur Verfügung. (AO-Vorankündigung; BBC 20., ESA Release 18., Spaceflight Now 14.12.2009) NACHTRAG: mehr zum Orbiter 2016.

Raumfahrt-Nachrichten kompakt

2. Dezember 2009

Erste neuseeländische Rakete bis in den Weltraum gelangt – so scheint es

Der Start der 6 m langen und 60 kg schweren Atea-1 am 30. November ist dem Anschein nach gelungen, und bei korrekter Flugbahn hätte sie mit rund 120 km Gipfelhöhe klar die „Grenze des Weltraums“ von 100 km passiert haben müssen: Wissen wird man das aber erst, wenn die kleine Nutzlast gefunden wurde, in der die tatsächlichen Flugdaten gespeichert sein sollten, denn die Funkverbindung war verloren gegangen. Heute wurde noch im Meer gesucht; bisher ist nur die 1. Stufe der privat finanzierten Rakete geborgen. (Homepage; TVNZ, 3News 2., NZ Herald, 3News, TVNZ 1.12., Waikato Times, Wired, NZ Herald, AartScope, 3News, Universe Today 30., On Orbit 29.11.2009)

Japan startet Aufklärungssatellit fast im Geheimen: Ohne Vorankündigung hat eine H2-A am 28.11. einen weiteren optischen Satelliten für die Konstellation der „Information-Gathering Satellites“ gestartet, von denen damit vier (3 optische, 1 Radar) einsatzfähig sind. (Spaceflight Now, Mainichi Daily News, Space Today 28.11.2009) NACHTRAG: ein später Artikel auf Deutsch – der auf ein bemerkenswertes Video des Starts aus einem Flugzeug verweist.

Jetzt auch Mars Odyssey in Safe Mode

Der Marsorbiter seit 2001 hat am 28.11. offenbar denselben Speicherfehler erlitten wie schon 2008 einmal – jetzt wird der Rechner sorgsam wieder hoch gefahren; als gefährlich gilt die Lage nicht. Nur die beiden Marsrover müssen so lange direkt mit der Erde kommunizieren, da ja auch der MRO im Safe Mode ist. (JPL Release 30.11., New Scientist, MarsPages 1., Space Today 2.12.2009)

Spirit ist bisher knapp 2 cm weit vorangekommen, seit der Befreiungsversuch begonnen hat: 16 mm nach vorne, 10 nach links und 5 nach unten, während sich die Räder 9.5 m weit gedreht haben – gerade klemmt es mal wieder. (JPL Release 1.12.2009) Unterdessen wird die Sulfat-Entdeckung am „Unfallort“ gefeiert, die auf wässrige Chemie in der Vergangenheit hinweist – ohne das Durchbrechen der Bodenkruste wäre sie gar nicht zustande gekommen … (Science@NASA 2.12.2009)

Ungleichmäßige Verteilung der Titan-Seen ein Orbit-Effekt?

Obwohl die Bahn Saturns um die Sonne nur wenig exzentrisch ist, reichen leichte Schwankungen der Insolation der Titanoberfläche nach einem neuen Modell aus, um Regen und Verdunstung so zu beeinflussen, dass am Ende viel mehr Seen auf der Nordhemisphäre zustande kommen. (JPL Release 30.11., New Scientist 1., AstroBiology 2.12.2009) NACHTRAG: noch ein Artikel auf Deutsch.

Das Methan auf dem Mars bleibt rätselhaft, ist die Quintessenz einer Spezialtagung: Für die Quelle existieren immerhin eine ganze Reihe plausibler Szenarien (zwischen denen man allerdings nicht unterscheiden kann), für die gewaltige Senke („Das Methan-Mysterium …“) indes gibt es „noch nicht einmal eine Vorstellung des Prozesses“ … (KosmoLogs 25.-27.11.2009) NACHTRAG: In einem langen Artikel in Nature vom 28.1.2010 über dieselbe Tagung gibt’s natürlich auch keine Antworten – die nur neue Missionen liefern könnten.

„Bittersüße“ Telecon: Spirits Befreiungs-Versuch ab Montag

12. November 2009

spirit_view

Am Montag wird der Marsrover Spirit die ersten Kommandos bekommen, und sich aus der Misere zu befreien, in der er seit April steckt: Der Boden sah so aus wie immer, aber plötzlich war der Rover durch die harte Kruste (duricrust) eingebrochen, und im weichen Material darunter fanden seine Räder einfach keinen Halt mehr. Umfangreiche Experimente in einem Sandkasten haben klar gemacht, dass Spirit in einer sehr schwierigen Situation steckt, bei der ein spitzer Stein unter dem Boden auch nicht gerade hilft, war auf einer Telecon heute abend zu hören, die als „bittersüß“ anmoderiert wurde – da fürchteten die ersten Zuhörer schon, die NASA habe aufgegeben.

Aber nein: Am kommenden Montag werden die ersten Kommandos zu Spirit geschickt, um zu versuchen, auf dem gleichen Weg wieder heraus zu kommen, wie der Rover (rückwärts wie immer seit eines der 5 Räder kaputt ist) hineingefahren ist. Man wird jeweils einen Tag die Räder drehen lassen und dann den – vermutlich nur minimalen – Fortschritt ausgiebig analysieren. Nach mehreren solcher Zyklen wird dann beurteilt, ob es so weiter gehen kann. Eine Weiterfahrt in der ursprünglichen Richtung erschien jedenfalls noch viel weniger vielversprechend, da Spirit dann hätte bergauf fahren müssen. Auch wenn alles unternommen werden soll, um aus dem Loch herauszukommen (mindestens bis Februar soll das versucht werden, dann gibt es einen großen Review der Lage): Zumindest ist der Rover an einer besonders interessanten Stelle stecken geblieben, genau einer lokalen geologischen Grenze nämlich.

Der aus dem Boden aufgewühlte grobe Sand („Ulysses“ im Bild der Front-Hazcam) ist der sulfatreichste, auf den irgendein Rover stieß; weiter rechts sieht es ganz anders aus. Und ein technisches Problem scheint zumindest gelöst zu sein: Das Flash Memory funktioniert wieder. Falls also am Ende gar nichts mehr geht: Als ortsfeste Wetterstation wäre Spirit immer noch nützlich. NACHTRAG: ein NASA Press Release anlässlich der Telecon – von einer „high probability“, dass die Befreiung fehlschlägt, war da aber nicht so explizit die Rede gewesen; dieser Artikel gibt den „spirit“ m.E. besser wieder. Auch: ein langer Artikel zu Spirits Lage vor der Telecon. NACHTRAG 2: weitere detaillierte Zusammenfassungen der Telecon hier, hier und hier. NACHTRAG 3: noch ein langer und ein mittellanger Artikel.